Man muss für die Preise auch die Arbeitszeit im Auge behalten.
In solchen Gitarren stecken oft über 100 Stunden Arbeitszeit. Dann relativiert sich so ein Preis ganz schnell. 4-6000€ ist aktuell relativ normal für handgebaute Gitarren.
Und für die Gitarrenbauer lohnt es sich nicht günstige Modelle für 2-3000€ anzubieten, weil da die Konkurrenz mit Seriengitarren einfach zu groß ist.
Es sind zumeist individuelle Anfertigungen für Leute, die den besonderen Kick oder etwas Individuelles suchen, oder eben etwas, das der Markt (gerade) in der Form nicht her gibt.
Guitardoc LuK war mir persönlich jetzt kein Name, daher bin ich ein wenig überrascht über die Preise, die da aufgerufen werden, aber so lange sich die Dinger verkaufen macht er ja alles richtig.
Empfindlicher damit umgehen als mit anderen Gitarren ist prinzipiell keine schlechte Idee, weil ja oft die Hölzer auch dünner ausgearbeitet sind, etwas mehr auf Luftfeuchtigkeit achten sollte man auch, aber letztlich: Es ist eine Gitarre und kein Blatt Papier, das verknicken kann. Die halten schon was aus und wenn erstmal die erste größere Macke drin ist, kommt man vielleicht auch auf die Sichtweise, dass so ein Instrument gespielt werden möchte und Spielspuren eben dazu gehören.
Es war auf jeden Fall ein interessantes Video, so als Einblick in die Abläufe, persönlich empfinde ich aber einige Aussagen in dem Video eher seltsam, wenn nicht gar fragwürdig..
Sehr prominent hier "Team Fichte", wo im Video gesagt wurde, dass "alles andere nicht funktioniert"..
Ich verstehe, dass man eine eigene Präferenz hat (und Fichte ist mit Sicherheit das am weitesten verbreitete Deckenholz, keine Frage), aber es gibt so viele erfolgreiche Gegenbeispiele, dass ich es persönlich schwer finde diesen extremen Standpunkt zu vertreten..
Man denke an die Martin D-15 Serie oder andere Vollmahagoni-Gitarren, man denke an Lowden, die in vielen ihrer Topmodelle mit (Sinker) Redwood als Deckenholz arbeiten, Maton baut seit einiger Zeit recht prominent Serien mit Gitarren mit heimischen (australischen) Deckenhölzern: Blackwood und Bunya, Voll-Koa-Gitarren sind ein Ding, sehr viele prominente Gitarrenbauer bauen auch mit Zeder. Wenn Leute wie Somogyi, der Gitarren "ab 50.000$" baut Zeder und Redwood als Option anbietet oder Greenfield oder Ryan, die alle erst ab fünfstelligen Beträgen überhaupt anfangen zu bauen, alternative Deckenhölzer anbieten und auf Jahre ausgebucht sind.. nun, ich weiß nicht ob das dann ein haltbarer Standpunkt ist zu sagen, dass nur Fichte funktioniert. Letztlich ist das für mich vor allem Geschmacksache, wo es kein richtig oder falsch gibt.
(Ich hab Gitarren mit Fichte und Zeder.. finde beides gut... und den oft genannten "Vorteil", dass sich Fichte noch entwickelt, hab ich noch nie verstanden.. ist es nicht besser, wenn es gleich super klingt, anstatt erst in 10-20 Jahren? (mal davon abgesehen, dass sich mein Gehör in der Zeit deutlich verschlechtert, mein Spielstil, Fähigkeiten etc pp und Vergleiche überhaupt nicht möglich sind?))
Oder Aussagen wie "muss Dreadnought und traditionell sein, sowas wie Löcher in der Zarge ist Firlefanz".. Puh.. mag daran liegen, dass ich viel Fingerstyle spiele und höre, aber es gibt ne ganze Menge erfolgreiche Gitarristen, die keine Dreadnought spielen.. Greenfield und Ryan haben nichtmal Dreadnought Modelle als Standard auf ihren Seiten..
Ich empfinde hier die Sichtweise im Video als sehr eingeschränkt, rückgewandt (nicht zwangsläufig schlecht!) und nicht sonderlich vertrauenserweckend. Die Entwicklung geht ja weiter und es hatte Gründe, dass nach der Dread auch andere Gitarrenformen noch prominent geworden sind und vorher andere prominent waren. Zu sagen, dass nur die Dreadnought die perfekte Form ist, mit der Begründung, dass das Volumen da passt.. nunja.. man kann ne OM auch tiefer machen (ist meine Lakewood z.B. Da ist die untere Zarge breiter als die obere und sie hat etwas mehr Volumen, als Standard), klar, ist hier für das Video vermutlich auch vereinfacht, aber wirkt auf mich schon etwas engstirnig.
Auch sowas: Zitat aus dem Video: "J200.. klingt nicht"... nun.. ein paar Leute, wie Elvis Presley, Bob Dylan, George Harrison oder Bruce Springsteen haben da eine Handvoll ..ähm.. "mäßig" bekannter Stücke auf der J200 geschrieben.. Der ältere Herr ist mir da im Video doch manchmal ein wenig zu undifferenziert.
Auch der ganze Hype um die Hölzer, die er da hat.. geh mal bitte zu irgendeinem x-beliebigen Gitarrenbaumeister.. keiner von denen verbaut Hölzer, die nicht über zig Jahrzehnte abgelagert sind. Das ist der absolute Standard.
Mag sein, dass er da eine größere Menge hat als andere Gitarrenbauer, aber bei der Handvoll Gitarren, die solche Luthiers bauen.. braucht man auch nicht Hunderte Böden auf Vorrat. Die suchen sich schon alle ihre Holzstücke raus, denn jeder Gitarrenbauer weiß, dass das die Grundlage ist. Die haben alle da ihre Schätze im Holzlager mit relativ einzigartigen Hölzern.
Also insgesamt mein Fazit:
Gutes, interessantes Video, dass einem einen vernünftigen Eindruck gibt und einige Arbeitsschritte beleuchtet, aber von der Philosophie her, gibt es auch noch ganz andere Gitarrenbauer.
Da muss einfach jeder selbst entscheiden, wo persönliche Präferenzen liegen und mit wem man auf einer Wellenlänge ist.