Uhu Stick
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Da ja im Netz immer wieder die große Preisgüte von Harley Benton gelobt wird, hab ich für unsere Gitarrenschüler 2 der günstigsten Harley Benton Akustikgitarren und einen „mittelpreisigen“ HB Bass als Leihinstrumente gekauft.
Hiermit möchte ich mal meine Eindrücke wiedergeben, was ich nach mehreren Monaten Spielen davon halte, insbesondere in Hinblick auf die oftmals gelobte Qualität.
Kurz noch: Soundbeispiele wird es hier nicht geben. Es gibt genügend Leute die die Gitarre besser als ich abnehmen können und das bei Youtube und Co. hochgestellt haben.
Die erste Gitarre ist die Harley Benton Delta Blues O, die am 9.10.23 89€ gekostet hat. Damit war sie die 5. Günstigste der Folk Gitarren Sparte von HB (Harley Benton).
Out of the Box macht sie erstmal einen ganz guten Eindruck. Das ändert sich auf den 2. Blick aber recht schnell. Das Holz wirkt dünn. Fast schon zerbrechlich. Die Gitarre ist auch sehr leicht.
Die Mechaniken sind schwergängig. Und das sogar nicht mal konsistent. Ein paar sind schwerer als die Anderen. Die Stimmstabilität geht aber, auch über Wetterschwankungen in Ordnung. Zumindest solang die Temperatur im Raum einigermaßen stabil bleibt.
Mit Plektron gespielt, ist der Ton relativ harsch (Werkssaiten). Um mangelnde Höhen beim Fingerspiel braucht man sich keine Sorgen machen. Die Lautstärke, die die Gitarre dabei produziert ist absolut gewöhnlich. Zum Klang lass ich mich mal nicht aus, weil: Geschmackssache.
Die offenporige Lackierung ist auf gutem Niveau. Das Finish fühlt sich, um es in Worte zu packen, trocken, extrem Satinartig, und absolut unklebrig an. Und es ist überall gleichmäßig und gut aufgetragen. Das scheint das Spezialgebiet von HB zu sein.
Wirklich unzufrieden bin ich mit den Bünden und dem Griffbrett. Das Griffbrett ist äußerst trocken und rau. An einem Bund waren sogar noch Klebereste (siehe Bild).
Die Bünde kamen korrodiert an und sind damit so eklig rau, dass bei einem Vibrato ein Ton von alleine kommt. Ohne Anschlag wohlgemerkt. Ich persönlich halte die Bünde auch für zu flach. Man hat sehr viel Griffbrettkontakt. Imo wirkt sich das arg negativ auf Bendings, Slides und Vibratos aus.
Für einfaches Akkorde-Schrammeln ist dieser „Extra-Gripp“ irrelevant. Aber für eine deklarierte Bluesgitarre, deren Spielweisen sich ja durch Bendings, Vibratos, Slides und dergleichen auszeichnen, finde ich das arg suboptimal. Das man hier Small-Bünde verbaut hat, erklärt sich mir nicht.
Auch unterqualitativ ist der Sattel. In diesem haben die Saiten nach nicht mal 2 Wochen schon herbe Kerben hinterlassen. „ABS“ als Sattelmaterial hat Thomann wohl deswegen dort hin geschrieben, damit dort nicht „Kunststoff“ steht.
Überstehende Bünde sind kein Thema. Das die Verrundungsarbeit aber Lowest Quality ist, ist aber nicht wegzudiskutieren.
Mein Plädoyer
Die Gitarre find ich für den Preis in Ordnung. Aber eben „für den Preis“ und der ist das unterste Ende der Fahnenstange.
Ist sie spielbar? – Ja, mit starken Einschränkungen.
Würde ich sie mir privat kaufen? – Nein, definitiv nicht.
Für anspruchslose oder finanzschwache Gitarristen mag sie durchaus ihr Geld wert sein. Für Leute die eine langfristigere Anschaffung oder Ansprüche haben, kann ich aber die Gitarre nicht empfehlen.
Hier lohnt es sich meiner Meinung nach eindeutig tiefer in die Taschen zu greifen, um vernünftige Griffbretter, Bünde und Sättel zu bekommen.
Dieses setzt sich bei der zweiten Gitarre fort.
Kommen wir zur Harley Benton D-120NT, die inkl. der Gigtasche 99€ gekostet hat. (Ohne Tasche 79€) Diese war am 9.10.23 die drittgünstigste Dreadnought Gitarre.
Auch hier hab ich Out of the Box erstmal einen guten Eindruck gehabt, der beim genaueren Hinsehen und Anspielen wieder schnell verschwand.
Die Mechaniken sind ähnlich inkonsistent in ihrem Widerstand wie die der Delta Blues. Die Stimmstabilität ist auch dieselbe wie zuvor.
Die Lackierung des Korpuses finde tatsächlich zufriedenstellend. Auch hier ist wieder alles glatt und gleichmäßig lackiert. Am Hals genau dasselbe. Die Zargen und das Binding sind tatsächlich auch gut geworden. Also Lackieren kann Thomann. Leider hat in der Fabrik der Werker eine sichtbare Macke in die Decke mitten im Sichtbereich gehauen (siehe Bild).
Das Griffbrett der D-120 ist keine Fingerweide, allerdings eeetwas glatter und weniger rau, als das der Delta Blues. Klebereste gibt es hier nicht. Dafür leider ein nochmals krasseres Problem mit rauen Bünden. Die sind so rau, dass ich mich zuweilen frage, ob ich hier noch Bendings mache oder schon spanabhebende Bunddrahtbearbeitung betreibe (siehe Video). Das sind nicht nur die zwei Bünde, sondern fast das komplette Griffbrett runter. Hier war ich echt kurz davor die Gitarre wegen Mangel zurückzuschicken. Die Verrundungsarbeit ist akzeptabel, aber eben auch nur „erwarte das, was du bezahlt hast“. Die Bundenden stehen aber nicht über.
So, und nun was imo richtig Unerklärliches.
Nach einem Monat hörte ich auf einmal ein Rascheln im Korpus der Gitarre beim Spielen. Ich staunte nicht schlecht, als ich daraufhin ein dickes Stück Schleifpapier aus dem Korpus zog. Offenbar hat das in der Fabrik jemand in der Gitarre vergessen. Es ist sogar noch mitlackiert. Wie das passieren kann, ist mir ein Rätsel.
Mein Plädoyer
Jemandem der schnell mit Gitarre anfangen möchte, wenig Geld hat, und noch nicht weiß, wie sich eine bessere Gitarre anfühlt, mögen die Probleme mit den Bünden vielleicht noch nicht auffallen. Mir tun sie es massiv.
Da sich dieselben Probleme bei zwei Gitarren der untersten Preisklasse anfinden, denke ich, dass diese Probleme grundlegend in diesem Preissegment sein könnten. Abgesehen von Floskeln wie „gut für den Preis“ sind das für mich keine objektiv „guten“ Instrumente.
Ist sie spielbar? – Ja, auch hier wieder mit starken Einschränkungen.
Würde ich sie mir privat kaufen? – Nein, ebenfalls definitiv nicht.
Die unter-100€ Region kann ich damit Keinem mehr ruhigem Gewissens nahelegen.
Für das Bass Review siehe:
https://www.musiker-board.de/thread...-benton-pj-74-vw-vintage.749929/#post-9660227
Hiermit möchte ich mal meine Eindrücke wiedergeben, was ich nach mehreren Monaten Spielen davon halte, insbesondere in Hinblick auf die oftmals gelobte Qualität.
Kurz noch: Soundbeispiele wird es hier nicht geben. Es gibt genügend Leute die die Gitarre besser als ich abnehmen können und das bei Youtube und Co. hochgestellt haben.
Delta Blues O
Die erste Gitarre ist die Harley Benton Delta Blues O, die am 9.10.23 89€ gekostet hat. Damit war sie die 5. Günstigste der Folk Gitarren Sparte von HB (Harley Benton).
Out of the Box macht sie erstmal einen ganz guten Eindruck. Das ändert sich auf den 2. Blick aber recht schnell. Das Holz wirkt dünn. Fast schon zerbrechlich. Die Gitarre ist auch sehr leicht.
Die Mechaniken sind schwergängig. Und das sogar nicht mal konsistent. Ein paar sind schwerer als die Anderen. Die Stimmstabilität geht aber, auch über Wetterschwankungen in Ordnung. Zumindest solang die Temperatur im Raum einigermaßen stabil bleibt.
Mit Plektron gespielt, ist der Ton relativ harsch (Werkssaiten). Um mangelnde Höhen beim Fingerspiel braucht man sich keine Sorgen machen. Die Lautstärke, die die Gitarre dabei produziert ist absolut gewöhnlich. Zum Klang lass ich mich mal nicht aus, weil: Geschmackssache.
Die offenporige Lackierung ist auf gutem Niveau. Das Finish fühlt sich, um es in Worte zu packen, trocken, extrem Satinartig, und absolut unklebrig an. Und es ist überall gleichmäßig und gut aufgetragen. Das scheint das Spezialgebiet von HB zu sein.
Wirklich unzufrieden bin ich mit den Bünden und dem Griffbrett. Das Griffbrett ist äußerst trocken und rau. An einem Bund waren sogar noch Klebereste (siehe Bild).
Die Bünde kamen korrodiert an und sind damit so eklig rau, dass bei einem Vibrato ein Ton von alleine kommt. Ohne Anschlag wohlgemerkt. Ich persönlich halte die Bünde auch für zu flach. Man hat sehr viel Griffbrettkontakt. Imo wirkt sich das arg negativ auf Bendings, Slides und Vibratos aus.
Für einfaches Akkorde-Schrammeln ist dieser „Extra-Gripp“ irrelevant. Aber für eine deklarierte Bluesgitarre, deren Spielweisen sich ja durch Bendings, Vibratos, Slides und dergleichen auszeichnen, finde ich das arg suboptimal. Das man hier Small-Bünde verbaut hat, erklärt sich mir nicht.
Auch unterqualitativ ist der Sattel. In diesem haben die Saiten nach nicht mal 2 Wochen schon herbe Kerben hinterlassen. „ABS“ als Sattelmaterial hat Thomann wohl deswegen dort hin geschrieben, damit dort nicht „Kunststoff“ steht.
Überstehende Bünde sind kein Thema. Das die Verrundungsarbeit aber Lowest Quality ist, ist aber nicht wegzudiskutieren.
Mein Plädoyer
Die Gitarre find ich für den Preis in Ordnung. Aber eben „für den Preis“ und der ist das unterste Ende der Fahnenstange.
Ist sie spielbar? – Ja, mit starken Einschränkungen.
Würde ich sie mir privat kaufen? – Nein, definitiv nicht.
Für anspruchslose oder finanzschwache Gitarristen mag sie durchaus ihr Geld wert sein. Für Leute die eine langfristigere Anschaffung oder Ansprüche haben, kann ich aber die Gitarre nicht empfehlen.
Hier lohnt es sich meiner Meinung nach eindeutig tiefer in die Taschen zu greifen, um vernünftige Griffbretter, Bünde und Sättel zu bekommen.
Dieses setzt sich bei der zweiten Gitarre fort.
Harley Benton D-120NT
Kommen wir zur Harley Benton D-120NT, die inkl. der Gigtasche 99€ gekostet hat. (Ohne Tasche 79€) Diese war am 9.10.23 die drittgünstigste Dreadnought Gitarre.
Auch hier hab ich Out of the Box erstmal einen guten Eindruck gehabt, der beim genaueren Hinsehen und Anspielen wieder schnell verschwand.
Die Mechaniken sind ähnlich inkonsistent in ihrem Widerstand wie die der Delta Blues. Die Stimmstabilität ist auch dieselbe wie zuvor.
Die Lackierung des Korpuses finde tatsächlich zufriedenstellend. Auch hier ist wieder alles glatt und gleichmäßig lackiert. Am Hals genau dasselbe. Die Zargen und das Binding sind tatsächlich auch gut geworden. Also Lackieren kann Thomann. Leider hat in der Fabrik der Werker eine sichtbare Macke in die Decke mitten im Sichtbereich gehauen (siehe Bild).
Das Griffbrett der D-120 ist keine Fingerweide, allerdings eeetwas glatter und weniger rau, als das der Delta Blues. Klebereste gibt es hier nicht. Dafür leider ein nochmals krasseres Problem mit rauen Bünden. Die sind so rau, dass ich mich zuweilen frage, ob ich hier noch Bendings mache oder schon spanabhebende Bunddrahtbearbeitung betreibe (siehe Video). Das sind nicht nur die zwei Bünde, sondern fast das komplette Griffbrett runter. Hier war ich echt kurz davor die Gitarre wegen Mangel zurückzuschicken. Die Verrundungsarbeit ist akzeptabel, aber eben auch nur „erwarte das, was du bezahlt hast“. Die Bundenden stehen aber nicht über.
So, und nun was imo richtig Unerklärliches.
Nach einem Monat hörte ich auf einmal ein Rascheln im Korpus der Gitarre beim Spielen. Ich staunte nicht schlecht, als ich daraufhin ein dickes Stück Schleifpapier aus dem Korpus zog. Offenbar hat das in der Fabrik jemand in der Gitarre vergessen. Es ist sogar noch mitlackiert. Wie das passieren kann, ist mir ein Rätsel.
Mein Plädoyer
Jemandem der schnell mit Gitarre anfangen möchte, wenig Geld hat, und noch nicht weiß, wie sich eine bessere Gitarre anfühlt, mögen die Probleme mit den Bünden vielleicht noch nicht auffallen. Mir tun sie es massiv.
Da sich dieselben Probleme bei zwei Gitarren der untersten Preisklasse anfinden, denke ich, dass diese Probleme grundlegend in diesem Preissegment sein könnten. Abgesehen von Floskeln wie „gut für den Preis“ sind das für mich keine objektiv „guten“ Instrumente.
Ist sie spielbar? – Ja, auch hier wieder mit starken Einschränkungen.
Würde ich sie mir privat kaufen? – Nein, ebenfalls definitiv nicht.
Die unter-100€ Region kann ich damit Keinem mehr ruhigem Gewissens nahelegen.
Für das Bass Review siehe:
https://www.musiker-board.de/thread...-benton-pj-74-vw-vintage.749929/#post-9660227
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