Gibson: Weather Checkings - warum mit Rasierklinge statt echtem Nitrolack?

  • Ersteller EAROSonic
  • Erstellt am
EAROSonic
EAROSonic
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
24.11.24
Registriert
24.09.07
Beiträge
7.664
Kekse
85.751
Ort
Südwesten
Hallo,

hab da mal eine Verständnisfrage bzgl. der Weather Checkings (Risse im Nitrolack) speziell bei Gibson Gitarren. Vielleicht kann mich / uns jemand darüber erhellen, wenn interessant. Tom Murphy "stellt" die Risse mittels Rasierklingen her. Nun besass ich bis vor kurzem eine von Florian Jäger gemakeoverte Gibson Les Paul R7 Goldtop VOS. Sie wurde komplett neu lackiert und nach kürzester Zeit entstanden die begehrten Weather Checkings:

1707660766856.png
1707660800040.png


Sie tauschte ich gegen eine Gibson Les Paul Custom, die von GibZone ebenfalls komplett neu mit Nitro lackiert wurde und gleichermaßen die begehrten Risse ohne mechanische Nacharbeit aufweist:

1707660956838.png


Florian Jäger teilte mir im Rahmen des Goldtop Makeover mit, dass der von Gibson verwendete Lack nur noch einen Nitroanteil von 3 - 5 % aufweisen würde, damit er weiterhin so genannt werden darf. Meine Frage lautet nun, ist es Gibson nicht möglich, ebenso wie bei Jäger und GibZone mit entsprechendem Lack zu arbeiten, die von sich aus reissen und müssen daher den Umweg über das Murphy Lab gehen? Ist es in den USA vielleicht grundsätzlich verboten mit solch hochprozentigen Nitrolacken wegen Umweltauflagen zu arbeiten? An & für sich beträfe es vornehmlich die Instrumente aus dem Custom Shop und da nicht jeder solche Risse lohnswert erachtet, wäre die Stückzahl doch recht begrenzt.

Dieser Umstand interessiert mich in der Tat sehr und bedanke mich schon mal vorab für Eure Antworten.
 
Naja, "echter" Nitrolack ist halt brutal teuer, weil der Lackierprozess häufig wiederholt werden muss und zwischendurch lange Trockenzeiten (also Leerlaufzeiten) entstehen.

Außerdem gelten auch in den USA sehr hohe Auflagen für die Verwendung von Nitrolacken, wie du richtig erkannt hast.

Alles in Allem ist es für Gibson also aller Wahrscheinlichkeit einfach günstiger, das so zu lösen.
 
Zudem gibt es unglaublich viele Käufer, die den optischen Zustand so lange wie möglich neuwertig halten wollen. Dazu muss er strapazierfähiger sein und u.a. UV-strahlungsresistenter sein.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Murphy wird für seine Arbeiten bestimmt auch ne Stange Geld erhalten. Sowas ist ja nicht in 2 - 3 Stunden erledigt. Schaute jetzt mal auf die Schnelle, was Nitrolack kostet. Entdeckte Preise zwischen um 16 bis 20 € pro Liter bzw. Kilo. Normale Lacke liegen ebenfalls in dieser Range. Eventuell liegt es auch daran, dass die Rissbildung bei Nitrolack unvorhersehbar ist. Wenn man also ein historisches Instrument nachbilden möchte, will der Eigner vielleicht auch genau das auf seiner Gitarre vorfinden. Ich weiß es nicht. Für mich wäre das so oder so kein Proargument für die Rasierklingenarbeit.

Zudem gibt es unglaublich viele Käufer, die den optischen Zustand so lange wie möglich neuwertig halten wollen. Dazu muss er strapazierfähiger sein und u.a. UV-strahlungsresistenter sein.
Dieser Umstand ist mir durchaus bewußt und auch nachvollziehbar. Deswegen schrieb ich auch, dass es für einen kleineren Kundenstamm interessant wäre. Von daher wären es wohl eher keine 100e Instrumente pro Tag. Gibson schreibt doch auch jedes Jahr "noch authentischer". Von daher gehört für mich echter Nitrolack schon dazu. Bei Fender ist das allerdings auch nicht anders. Besitze eine Road Worn Strat im Nitrokleid. Da stellten sich bis dato auch keine Risse ein, was ich persönlich schade finde.

Ich sah bis dato noch keinen von Murphy "geageden" Lack. Kann mir daher darüber auch kein Urteil bilden, wie gut das ausschaut. Ich für mich finde das mit dem echten Nitrolack und echten Rissen sympathischer.
 
Problem wäre: Was ist ein kleiner Kundenkreis für Gibson im Endeffekt? Das werden die sicher mal durchdiskutiert und verworfen haben?!

Für mich persönlich wäre ein Murphy Aging uninteressant, da auch dieses nicht so viel besser/echter aussieht, als die klassischen Agings. Was Gibson und viele andere Konzerne Jahr für Jahr uns weismachen möchten, ist halt mit Vorsicht zu genießen. Man erkennt den echten Lackschaden eben schon.
 
Es könnte sein, dass die ganz neuen Murphy Lab Gitarren anders sind. In der Vergangenheit liefen die Risse nicht korrekt, bei den neuen 2024er Modellen, die ich gesehen habe, sieht es ziemlich richtig aus. Entweder die Risse entstehen "natürlich" oder Gibson hat etwas dazugelernt und lässt die Rasierklinge nun korrekt laufen!
(Ich beschäftige mich beruflich u.a. damit, wie Spannungsrisse verlaufen, daher bin ich für dieses Thema etwas sensibel :D )
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Wenn irgendjemand in einem x-beliebigen Lack mit Hilfe eines harten Gegendstandes Kratzer reinmacht, dann ist das ja dreifacher Fake

1. kein weather checking - weather checking ensteht durch einen klimatischen Einfluß auf den Lack und das Holz einer Gitarre
2. nicht original alt
3. außer bei einem Nitro-Lack gibt es so gut wie kein Weather-Checking
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Schaute jetzt mal auf die Schnelle, was Nitrolack kostet. Entdeckte Preise zwischen um 16 bis 20 € pro Liter bzw. Kilo. Normale Lacke liegen ebenfalls in dieser Range.

Wo hast Du die denn entdeckt?

So günstig habe ich schon ewig keinen Lack mehr eingekauft.

*
 
Und ich schrob ja oben auch, dass der Prozess teuer ist. Nicht die Lackdose.

Mit Poly bügelst du halt einmal rüber, mit „echtem Vintage Nitro“ eher 5 - 12 mal und musst zwischendurch immer wieder trocknen lassen und wieder anschleifen. Der Verarbeitungsprozess verursacht die Kosten - nicht das Preisschild auf der Lackdose.

Und Gibson wird sich halt mit dem Lackierprozess irgendwo dort ansiedeln, wo das Verhältnis aus Kosten und Nachfrage nach „Nitrolack“ eben für sie am besten passt.
 
Hier hatte ich welchen gesehen. Weiß allerdings nicht, ob der für unsere Zwecke geeignet wäre. Wie beschrieben, einfach nur mal nach Nitrolack gesucht.

Würde mich mal interessant, was teurer ist, die Arbeit vom Tom oder die Mehrfachlackierung.
 
Wenn man in Guugel nach

how are Gibson Guitars painted
mit welcher Farbe sind Gibson Gitarren lackiert
mit was lackiert Gibson Gitarren

wird als Ergebnis immer "mit Nitrolack" oder "several coats of a high-quality nitro-cellulose lacquer" geantwortet.

Deine Thread-Überschrift .... "Rasierklingen statt echter Nitrolack" induziert bei mir den Gedanken, dass Gibson keinen Nitrolack benutzt.

Was ist denn nun richtig. Nitrolack oder nicht Nitrolack? ;)
 
Ich habe eine nicht gerelicte CS R7, die jetzt mittlerweile über 10 Jahre alt ist und eine Gibson high gloss ES335 Block, die fast so alt ist. Keine der Gitarren zeigt bisher irgendwelche Risse im Lack. Sie werden regelmäßig gespielt, sehen aber wenig UV-Licht und kein extremen Temperaturschwankungen.
Auf der anderen Seite habe ich mir mal einen nirtolackierten MTJ Body mit Softrelic für eine Cabronita Tele besorgt, wo die Alterung aber immer noch laufend fortschreitet. Der Lack ist extrem empfindlich und an der Armauflage/Kante schon komplett weg.

D.h. für mich: Ein Relique Job von Murphy erzeugt eine "Bild", dass dann aber auch (im Wesentlichen) so bleibt (bleiben soll).
Nimmt man "Reiß-Lack", um die Risse "schnell" zu bekommen, kann man den Prozess u.U. nicht stoppen/kontrollieren.

Wenn irgendjemand in einem x-beliebigen Lack mit Hilfe eines harten Gegendstandes Kratzer reinmacht, dann ist das ja dreifacher Fake

1. kein weather checking - weather checking ensteht durch einen klimatischen Einfluß auf den Lack und das Holz einer Gitarre
2. nicht original alt
3. außer bei einem Nitro-Lack gibt es so gut wie kein Weather-Checking
Relic ist letztlich immer dann Fake, wenn man damit eine Eindruck/Image erwecken möchte. Man kann es aber auch einfach als eine von viele Arte sehen, wie man das Aussehen einer Gitarre gestaltet.

Schaffe ich das "Gealtert Finish" mit einem stabilen Lack durch mechanischen Einsatz, sieht die Gitarre (bei pfleglicher Behandlung) auch nach Jahren noch genauso aus, wie am ersten Tag. Das "Bild" bleibt wie es ist.
Nimmt man Lack, der von selbst schnell altert, wird sich das Aussehen der Gitarre verändern bzw. läuft die Alterung im Zeitraffer ab.
Was einem da lieber ist, ist IMO eine Frage, was man möchte. Murphy ist bekannt dafür, dass er das Aussehen alter Les Plaus sehr authentisch reproduzieren kann. Bei den Collector Choice Modellen wie Sandy &Co sind das z.B. mehr oder weniger exakte Repliken berühmter Bursts. Da kann ich mir gut vorstellen dass, Leute die das kaufen, möchten, dass sich dieses Aussehen sich nicht drastisch ändern soll.
Möchte ich jedoch mal/schnell meine eigene "Nr. One", habe aber weder die Zeit noch die Gigs, wo die Gitarre so ihr Finish bekommt, ist ein schnell reißender Nitrolack vielleicht die bessere (und günstigere) Alternative.
 
Deine Thread-Überschrift .... "Rasierklingen statt echter Nitrolack" induziert bei mir den Gedanken, dass Gibson keinen Nitrolack benutzt.
Überlegte länger wegen die Threadtitel und fand letztendlich doch nicht den korrekt passenden. Mit echtem Nitrolack meine ich den, wie er in den 1950ern plus verwendet wurde und nicht den mit dem geringen Anteil an Nitro. Erdbeerjoghurt heißt ja auch so, obwohl nur wenig davon enthalten ist. :biggrinB:

Meine Goldtop wurde 2013 gemakeovert. Die Lackstabilität hat in der Zeit nicht gelitten. Wenn ich eine Veränderung beobachten konnte, dann die, dass sich vielleicht in den ersten zwei, drei Jahren nach der Lackierung weitere Risse gebildet hatten. Dann kam dieser Prozeß zum Stillstand. Wird interessant sein zu sehen, was diesbezüglich mit meiner Custom geschieht, denke allerdings nicht, dass sie sich noch groß verändert.
 
lediglich meine goldtop hat risse entwickelt, meine anderen gibsons sind aktuell rissfrei.
BackgroundEraser_20240123_081714196.jpg


eine meiner SGs befindet sich im ungeheizten proberaum.....der auch mal negative temperaturen hat, oder auch schon mal +40°C.
bisher keine risse oder sonstige nachteile.
 
Zuletzt bearbeitet:
@DarkStar679: ich kann es nicht genau erkennen, handelt es sich bei Deiner Goldtop um eine 2015er? Wenn ja, so eine besitze ich ebenfalls. Bei meiner haben sich bis dato keinerlei Risse eingestellt.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Meine Frage lautet nun, ist es Gibson nicht möglich, ebenso wie bei Jäger und GibZone mit entsprechendem Lack zu arbeiten, die von sich aus reissen und müssen daher den Umweg über das Murphy Lab gehen?

Servus ... alter Nitro ist in großer Menge (also für Firmen) schwer zu lackieren, da dem doch einige Umweltauflagen entgegen stehen. Kleine Gitarrenbauer tuen sich da leichter.

Murphy unterscheidet in 4 Relic Stufen. Meine ist Heavy (es gibt noch Ultra, da ist ein Teil des Lackes am Hals bereits ab). Murphy folgt dabei einer relativ strikten Schablone. Also einer Beschreibung wo welche Stellen wie viel Relic abbekommen. (Fender ist da "freier" in der Ausführung - und dann halt auch öfters mal völlig over the Top). Aus meiner Sicht geht es auch bei denen weiter. Es wird also weiteres Relic dazu kommen. Allerdings sieht es bei mir nicht wirklich nach der Gleichförmigkeit der Rasierklinge aus. Soweit mir bekannt, ist da auch Temperatur mit im Spiel.

Grundsätzlich ist das Wort Nitro und der Lackbeschreibung aber immer "relativ" zu betrachten. Da gibt es so viele "Geschmacksrichtungen" wie es Gewürze auf einem Markt in Asien gibt.

IMG_8843.jpg


IMG_2351.PNG


Gruß
Martin
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 3 Benutzer
@DarkStar679: ich kann es nicht genau erkennen, handelt es sich bei Deiner Goldtop um eine 2015er? Wenn ja, so eine besitze ich ebenfalls. Bei meiner haben sich bis dato keinerlei Risse eingestellt.
ja, 2015er. hängt meistens an der wand. meine reservegitarre für auftritte
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Vielleicht sollte ich meine auch mal an die Wand hängen und nicht immer im Koffer aufbewahren... :biggrinB:
 

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben