Fingers Freddy
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Um Fender Masterbuilts ranken sich ja allerhand Mythen und Diskussionen, und um die von Dale Wilson ganz besonders. Seit April habe ich eine dieser sagenumwobenen Gitarren – und vielleicht helfen meine Erfahrungen ja dem ein oder anderen weiter zu entscheiden, ob sich so eine Irrsinns-Investition lohnt. Um es schon mal vorweg zu nehmen: JA – wenn ihr wisst, was ihr damit anstellen wollt. Aber der Reihe nach!
Warum diese Gitarre?
Vielleicht kennen mich manche hier aus den Demovideos des Münchner Gitarrenshops Ten Guitars. Wie ihr euch vorstellen könnt, bin ich damit in der speziellen, ziemlich luxuriösen Position dauernd High-End-Gitarren spielen zu dürfen. Das ist einerseits ein fantastischer Job – auf der anderen Seite macht es die Auswahl umso schwerer, wenn man selber mal zuschlagen möchte.
Aber nach Jahren hatte ich mich an meiner Suhr Classic Pro satt gehört und auch meine 1974er Strat lieferte nicht mehr den Sound, den ich im Kopf hatte. Also beide Gitarren verkauft, Heizkostenrückzahlung draufgelegt, und schon konnte ich unter ein paar Masterbuilts in unserem Bestand aussuchen.
Hängen geblieben bin ich nach viel hin und her an diesem Traum in 3-Tone-Sunburst – einer 69 Relic von Dale Wilson.
Das lag initial vor allem am Hals, der einfach unfassbar bequem für meine Hand war. Zum Zeitpunkt des Kaufs war ich aber noch weit davon entfernt zu verstehen, was man mit dieser Strat wirklich machen kann. Alles was ich wusste war, dass ich einfach nicht aufhören kann darauf zu spielen – für mich das beste Anzeichen dafür, dass man ein Instrument gefunden hat!
Specs, Optik, Verarbeitung
Erstmal jedoch die Eckdaten. Am augescheinlichsten ist neben dem perfekt getroffenen Farbton natürlich das Relicing, das wirklich vom anderen Stern kommt. Dale Wilson und Vincent van Trigt teilen sich für mich den Thron, was künstliche Alterung angeht, und der Clou daran ist, dass es sich auch so anfühlt wie es aussieht. 10 von 10 Punkten für die Optik!
Ansonsten kommt die Gitarre mit einem relativ flachen „60s Style Oval C“-Hals – mein Kaufgrund Nr. 1 – und Fender Josefina Handwound Fat 60s Pickups, die eine „overwound“, also etwas heißere Version des klassischen 60s Pickups darstellen. Mit 3,45 kg ist sie eher auf der schwereren Seite für eine CS-Strat, da ich aber von Les Pauls komme, kann mich so ein Gewicht nicht schocken.
Die Verarbeitung ist wirklich perfekt. Jede Stelle ist authentisch gerelict – auch wenn ihr den Hals abschraubt und das Innere anschaut. Also von mangelnder Liebe zum Detail kann man hier wirklich nicht sprechen – 10 von 10 Punkte!
Eine Besonderheit der Lackierung dieser Gitarre ist übrigens, dass sie extrem empfindlich ist. Das ist so gewollt, denn schon nach ein paar Wochen/Monaten hat man Dales Relicing schon seine eigenen Spuren hinzugefügt. Ich find meine vielen Pick-Kratzer geil, viele Sammler bestimmt nicht. Sollte man jedenfalls auf dem Schirm haben, bevor man zugreift!
Bespielbarkeit
Nachdem ich ein bisschen mit dem Setup experimentiert hatte, blieb ich bei einer freischwebenden Trem-Einstellung mit vier Federn hängen – genau richtig für den meinen eher moderaten Whammy-Einsatz. Nach der Feinjustierung der Saitenlage für meinen Geschmack war die Bespielbarkeit ein absoluter Traum, mit einer kleinen Ausnahme: Dale schleift seine Bünde ziemlich stark an den Rändern ab, wodurch die tiefe E-Saite öfter mal über die Halskante rutscht. Mit der Zeit gewöhnt passt man die Spieltechnik aber an, sodass das kaum noch vorkommt. Hier würde ich also 8,5 von 10 Punkten vergeben.
Sound
Hier kommen wir zum wichtigsten Punkt und dem Grund, warum ich so ein Review erst jetzt schreiben kann – mehr als ein halbes Jahr nach dem Kauf. Zunächst dachte ich nämlich, ich hätte mir einfach nur eine High-End-Strat mit großer Kopfplatte zugelegt. Je detaillierte ich mich in den Sound der Gitarre fuchste, desto mehr merkte ich aber, dass das gar nicht so einfach ist.
Was macht man als Blues-affiner Gitarrist nämlich zuerst, wenn man eine neue Strat hat? Richtig, ein paar John-Mayer- und SRV-Licks dudeln. Aber egal mit welchem Amp ich die Gitarre spielte, es wollte nie so richtig nach einem von den beiden klingen. Frustrierend. Ich tweakte Pedals, schraubte am Amp rum, aber so einen richtig dick klingender Blues-Ton wollte die Gitarre einfach nicht hergeben. Irgendwie klang es immer zu dünn. Auch beim ersten Gig, bei dem ich die Strat über meinen alten Two-Rock spielte, fehlten mir die saftigen Mitten. Am Ende also doch ein Fehlkauf?
Nein, dafür hatte mich die Gitarre schon viel zu süchtig gemacht. Die Ansprache, die Tiefe des Sounds, die Komplexität der Pickups, die unglaubliche „Holzigkeit“, die eine Dale Wilson auszeichnet – alles war da, nur die Mitten nicht. Daher hatte ich bald die Vermutung, dass ich dieses Instrument einfach noch nicht ganz verstehe. Nach dem Motto: „It’s a feature, not a bug!“
Des Rätsels Lösung kam mir langsam, als ich die Strat irgendwann in meinen Soldano SLO30 einstöpselte. Auf die Idee kam ich erst ein paar Wochen nach dem Kauf, denn so ein SLO ist ja nicht unbedingt der naheliegendste Strat-Amp.
Aber wow … was war DA denn auf einmal los? Overdrive-Kanal eingeschaltet, ein bisschen Okko Diablo drauf und siehe da … keine Spur von fehlenden Frequenzen! Einfach nur satter, aggressiver, schiebender Rocksound. Da musste ich direkt mal ein paar Riffs aufnehmen:
View: https://youtube.com/shorts/baPQL0fWZV0?feature=share
Mir dämmerte es: Ich hatte mir einfach eine brutale Rock-Strat zugelegt! Nach John Mayer wird die niemals klingen, dafür aber den ultimativen High-Gain-Sound mit Singlecoils liefern! Mehr Aufnahmen mit dem Soldano bestätigten das ziemlich eindrucksvoll:
View: https://youtube.com/shorts/USLoOv744Jw?feature=share
Kurz darauf kam mein alter Marshall JMP aus monatelanger Reparatur zurück. Und auch hier einfach ultimativer SOUND!
View: https://youtube.com/shorts/tZnLq4aA-3o?feature=share
View: https://youtube.com/shorts/zj1Igxt6yow?feature=share
Mir war klar geworden: Ich hatte mir eine Spezialistin zugelegt.
Fazit
Ich bin unglaublich froh, die Gitarre gekauft und behalten zu haben. Mittlerweile find ich es wahnsinnig geil, gerade keinen John-Mayer-Ton damit zu haben – denn den will ja jeder heutzutage. Aber wer spielt 2023 schon High-Gain-Stratsounds?
Die große Lehre daraus ist aber: Es gibt nicht DEN Masterbuilt-Strat-Sound und auch die unterschiedlichen Jahreszahlen beziehen sich nicht nur auf die Optik! Eine 59er klingt anders als eine 60er klingt anders als eine 63er klingt anders als eine 69er. Solltet ihr also überlegen, euch eine Masterbuilt zuzulegen, bleiben euch zwei Optionen:
Entweder ihr wisst genau welchen Sound ihr wollt und sucht euch entsprechend eure Gitarre aus – oder ihr macht es wie ich und lasst euch von der Gitarre selbst auf eine Reise mitnehmen. In jedem Fall lohnt es sich zu experimentieren, bis ihr genau wisst, was ihr mit der Masterbuilt wirklich anstellen könnt und unter welchen Bedingungen sie ideal klingt. Investiert ihr die Zeit, kann euch eine solche Gitarre wirklich in den siebten Soundhimmel tragen.
Warum diese Gitarre?
Vielleicht kennen mich manche hier aus den Demovideos des Münchner Gitarrenshops Ten Guitars. Wie ihr euch vorstellen könnt, bin ich damit in der speziellen, ziemlich luxuriösen Position dauernd High-End-Gitarren spielen zu dürfen. Das ist einerseits ein fantastischer Job – auf der anderen Seite macht es die Auswahl umso schwerer, wenn man selber mal zuschlagen möchte.
Aber nach Jahren hatte ich mich an meiner Suhr Classic Pro satt gehört und auch meine 1974er Strat lieferte nicht mehr den Sound, den ich im Kopf hatte. Also beide Gitarren verkauft, Heizkostenrückzahlung draufgelegt, und schon konnte ich unter ein paar Masterbuilts in unserem Bestand aussuchen.
Hängen geblieben bin ich nach viel hin und her an diesem Traum in 3-Tone-Sunburst – einer 69 Relic von Dale Wilson.
Das lag initial vor allem am Hals, der einfach unfassbar bequem für meine Hand war. Zum Zeitpunkt des Kaufs war ich aber noch weit davon entfernt zu verstehen, was man mit dieser Strat wirklich machen kann. Alles was ich wusste war, dass ich einfach nicht aufhören kann darauf zu spielen – für mich das beste Anzeichen dafür, dass man ein Instrument gefunden hat!
Specs, Optik, Verarbeitung
Erstmal jedoch die Eckdaten. Am augescheinlichsten ist neben dem perfekt getroffenen Farbton natürlich das Relicing, das wirklich vom anderen Stern kommt. Dale Wilson und Vincent van Trigt teilen sich für mich den Thron, was künstliche Alterung angeht, und der Clou daran ist, dass es sich auch so anfühlt wie es aussieht. 10 von 10 Punkten für die Optik!
Ansonsten kommt die Gitarre mit einem relativ flachen „60s Style Oval C“-Hals – mein Kaufgrund Nr. 1 – und Fender Josefina Handwound Fat 60s Pickups, die eine „overwound“, also etwas heißere Version des klassischen 60s Pickups darstellen. Mit 3,45 kg ist sie eher auf der schwereren Seite für eine CS-Strat, da ich aber von Les Pauls komme, kann mich so ein Gewicht nicht schocken.
Die Verarbeitung ist wirklich perfekt. Jede Stelle ist authentisch gerelict – auch wenn ihr den Hals abschraubt und das Innere anschaut. Also von mangelnder Liebe zum Detail kann man hier wirklich nicht sprechen – 10 von 10 Punkte!
Eine Besonderheit der Lackierung dieser Gitarre ist übrigens, dass sie extrem empfindlich ist. Das ist so gewollt, denn schon nach ein paar Wochen/Monaten hat man Dales Relicing schon seine eigenen Spuren hinzugefügt. Ich find meine vielen Pick-Kratzer geil, viele Sammler bestimmt nicht. Sollte man jedenfalls auf dem Schirm haben, bevor man zugreift!
Bespielbarkeit
Nachdem ich ein bisschen mit dem Setup experimentiert hatte, blieb ich bei einer freischwebenden Trem-Einstellung mit vier Federn hängen – genau richtig für den meinen eher moderaten Whammy-Einsatz. Nach der Feinjustierung der Saitenlage für meinen Geschmack war die Bespielbarkeit ein absoluter Traum, mit einer kleinen Ausnahme: Dale schleift seine Bünde ziemlich stark an den Rändern ab, wodurch die tiefe E-Saite öfter mal über die Halskante rutscht. Mit der Zeit gewöhnt passt man die Spieltechnik aber an, sodass das kaum noch vorkommt. Hier würde ich also 8,5 von 10 Punkten vergeben.
Sound
Hier kommen wir zum wichtigsten Punkt und dem Grund, warum ich so ein Review erst jetzt schreiben kann – mehr als ein halbes Jahr nach dem Kauf. Zunächst dachte ich nämlich, ich hätte mir einfach nur eine High-End-Strat mit großer Kopfplatte zugelegt. Je detaillierte ich mich in den Sound der Gitarre fuchste, desto mehr merkte ich aber, dass das gar nicht so einfach ist.
Was macht man als Blues-affiner Gitarrist nämlich zuerst, wenn man eine neue Strat hat? Richtig, ein paar John-Mayer- und SRV-Licks dudeln. Aber egal mit welchem Amp ich die Gitarre spielte, es wollte nie so richtig nach einem von den beiden klingen. Frustrierend. Ich tweakte Pedals, schraubte am Amp rum, aber so einen richtig dick klingender Blues-Ton wollte die Gitarre einfach nicht hergeben. Irgendwie klang es immer zu dünn. Auch beim ersten Gig, bei dem ich die Strat über meinen alten Two-Rock spielte, fehlten mir die saftigen Mitten. Am Ende also doch ein Fehlkauf?
Nein, dafür hatte mich die Gitarre schon viel zu süchtig gemacht. Die Ansprache, die Tiefe des Sounds, die Komplexität der Pickups, die unglaubliche „Holzigkeit“, die eine Dale Wilson auszeichnet – alles war da, nur die Mitten nicht. Daher hatte ich bald die Vermutung, dass ich dieses Instrument einfach noch nicht ganz verstehe. Nach dem Motto: „It’s a feature, not a bug!“
Des Rätsels Lösung kam mir langsam, als ich die Strat irgendwann in meinen Soldano SLO30 einstöpselte. Auf die Idee kam ich erst ein paar Wochen nach dem Kauf, denn so ein SLO ist ja nicht unbedingt der naheliegendste Strat-Amp.
Aber wow … was war DA denn auf einmal los? Overdrive-Kanal eingeschaltet, ein bisschen Okko Diablo drauf und siehe da … keine Spur von fehlenden Frequenzen! Einfach nur satter, aggressiver, schiebender Rocksound. Da musste ich direkt mal ein paar Riffs aufnehmen:
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Mir dämmerte es: Ich hatte mir einfach eine brutale Rock-Strat zugelegt! Nach John Mayer wird die niemals klingen, dafür aber den ultimativen High-Gain-Sound mit Singlecoils liefern! Mehr Aufnahmen mit dem Soldano bestätigten das ziemlich eindrucksvoll:
View: https://youtube.com/shorts/USLoOv744Jw?feature=share
Kurz darauf kam mein alter Marshall JMP aus monatelanger Reparatur zurück. Und auch hier einfach ultimativer SOUND!
View: https://youtube.com/shorts/tZnLq4aA-3o?feature=share
View: https://youtube.com/shorts/zj1Igxt6yow?feature=share
Mir war klar geworden: Ich hatte mir eine Spezialistin zugelegt.
Fazit
Ich bin unglaublich froh, die Gitarre gekauft und behalten zu haben. Mittlerweile find ich es wahnsinnig geil, gerade keinen John-Mayer-Ton damit zu haben – denn den will ja jeder heutzutage. Aber wer spielt 2023 schon High-Gain-Stratsounds?
Die große Lehre daraus ist aber: Es gibt nicht DEN Masterbuilt-Strat-Sound und auch die unterschiedlichen Jahreszahlen beziehen sich nicht nur auf die Optik! Eine 59er klingt anders als eine 60er klingt anders als eine 63er klingt anders als eine 69er. Solltet ihr also überlegen, euch eine Masterbuilt zuzulegen, bleiben euch zwei Optionen:
Entweder ihr wisst genau welchen Sound ihr wollt und sucht euch entsprechend eure Gitarre aus – oder ihr macht es wie ich und lasst euch von der Gitarre selbst auf eine Reise mitnehmen. In jedem Fall lohnt es sich zu experimentieren, bis ihr genau wisst, was ihr mit der Masterbuilt wirklich anstellen könnt und unter welchen Bedingungen sie ideal klingt. Investiert ihr die Zeit, kann euch eine solche Gitarre wirklich in den siebten Soundhimmel tragen.