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Workshop - "Rock'n Roll" zum Anfassen - elektrische Abnahme einer alten Hoyer-Schlaggitarre
Vorgeschichte
Ich bin ja als Musiker und Techniker im CGS-Schwabbach aktiv und hatte die Ehre im Jahr 2020 die Spende einer Gitarrensammlung entgegennehmen zu dürfen. Eine Frau, die unsere Gemeinde schon einige Jahre besuchte, bekam auf's Herz die Gitarrensammlung ihres verstorbenen Lebensgefährten an die Gemeinde zu spenden, damit die Instrumente bei uns im Lobpreis in den Bands wieder gespielt werden und die Musik machen, die ihr so gefällt.Eine der Gitarren stach deutlich heraus. Um sie geht es in diesem Bericht.
Arnold Hoyer - Gebaut am 9. Dezember 1961
Es ist eine akustische "Schlag-"Gitarre mit F-Löchern und "Rock'n-Roll-Design". Man bezeichnet diese Bauform als "Archtop", da sie keine "Flattop", also keine flache, sondern eine gewölbte Decke hat. Auch der Boden ist gewölbt. Der Korpus ist ziemlich groß. Er hat eine Länge von 52 cm und eine Breite von 42 cm. Letzteres entspricht etwa 16,5 Zoll. Die Zarge ist 7,6 cm hoch. Der höhenverstellbare Holzsteg hat verstellbare Kunststoffrollen unter einem Metallbügel und steht frei auf der Decke, während die Saiten zu einem filigranen Saitenhalter aus Metal weiter laufen, welcher am Endklotz befestigt ist. Die Mensur beträgt 630 mm.Die einteilige Decke hat in etwa eine Dicke von 4 mm und scheint eine Deckschicht aus Ahorn zu haben. Der Boden hat ebenfalls ein zweiteiliges Deckfurnier aus Ahorn. Ich gehe davon aus, dass Decke und Boden auf Furnieren laminiert gepresst wurden. Der Hals ist ebenfalls aus Ahorn. Aus was die Zarge ist, kann ich nicht sagen. Das Griffbrett ist wahrscheinlich aus Palisander und hat große (Zelluloid ?)-Einlagen am .5, 7. und 12. Bund.
Die Archtop stammt wahrscheinlich aus dem Betrieb in Tennelohe bei Erlangen, den Arnold Hoyer, der Sohn von Joseph Hoyer, 1945 nach dem Umzug reorganisierte und sich mit den hochwertigen Instrumenten wohl schnell einen guten Namen verschaffte. (Klick)
Nein, es handelt sich weder um das Model "Solist", oder "Herr im Frack", aber sie hat trotzdem ihren eigenen Reiz! Sie ist in leicht transparentem 3-color-sunburst lackiert und hat schön gleichmäßige Risse im (NC ?)-Lack.
Sie ist damals als reine Akustikgitarre ohne Tonabnehmer gebaut worden.
Arnold Hoyer starb 1967 und erst sein Sohn Walter A. Hoyer verlegte den Schwerpunkt der Firma mehr auf Western- und E-Gitarren.
Warum poste ich das dann im E- und nicht im A-Gitarren-Bereich? Weil ich denke, dass die weitere Modifikation schon sehr stark in diesen Bereich driftet, aber davon später mehr.
Ein Bohrloch in der Zarge, aber kein Abnehmer?
Ich prüfte die Gitarre und stellte den Steg und die Stegrollen erstmal halbwegs passend ein. Für mich war die starke Wölbung des Griffbretts und des Steges sehr ungewohnt und machte mir am meisten Schwierigkeiten.Der Klang war eigenwillig aber hatte durchaus seinen Reiz und die Optik versetzte mich zurück in die Filme der 60er Jahre.
Mir fiel relativ schnell auf, dass sie ein Bohrloch in der unteren Zarge auf Höhe des F-Lochs hatte. Da war wohl mal eine Klinkenbuchse eingebaut gewesen? Ich schaute weiter und entdeckte dann auch jeweils zwei Löcher in der Seite am Ende des Griffbretts. Da war wohl mal einer der typischen floating Nachrüst-Jazz-Tonabnehmer montiert gewesen.
Daraufhin schaute ich, ob man solche Tonabnehmer auch bei Thomann bekommen würde und fand dieses "Zoller"-Exemplar von Shadow:
Shadow AZ48
Ob das allerdings den selben Lochabstand an seinen Befestigungshaltern hätte, konnte ich nicht feststellen.
Aber bevor ich ihre Fähigkeiten als elektrische Jazzgitarre prüfen und dafür gleich so viel Geld ausgeben wollte, entschied ich mich erstmal dafür, den, von meinem Geigenumbau damals übrig gebliebenen, K&K-Piezo unter ihren Steg zu klemmen (siehe Review).
Ein K&K-Big Shot zwischen Korpus und Steg
Um den Piezo halbwegs unsichtbar unter den Steg klemmen zu können, entschied ich mich dazu ihn "von innen" aus dem Bogen heraus auf der Seite der höheren Saiten zwischen Korpus und Steg einzuklemmen und den restlichen Bereich und auch die andere Seite mit 0,5mm Furnier zu unterlegen:Der Klang des Piezos war in den Mitten und Höhen nicht schlecht, hatte aber wenig Volumen im Bass-Bereich. Vielleicht wäre es tatsächlich sinnvoll ihn in Kombination mit dem Zoller-Pickup einzusetzen?
Auf jeden Fall gefiel er mir so gut, dass ich das 3mm-Loch unter dem Steg durch die Decke bohrte um den Piezo dann intern zu eine Klinkenbuchse zu führen, welche ich dann in das vorhandenen Loch in der Zarge schraubte. Das funktionierte einwandfrei, insofern hatte die Hoyer nun einen DiY-Piezo unter dem Steg.
Versuche mit Anklemm-Mikrofonen
Ich testete dann spaßeshalber noch mein Anklemm-Mikrofon mit dem ich bei meiner Geige in der Anfangszeit ganz gute Ergebnisse erreicht hatte (siehe Workshop) und hielt es an verschiedenste Stellen der Decke um eine passend klingende Position zu finden.Als ich dann Richtung des F-Lochs wanderte, merkte ich, dass ich meinem klanglichen Ziel immer näher kam. Das Mikrofon fing immer mehr den Sound der Gitarre ein und er wurde lauter, und voluminöser, je näher ich dem F-Loch kam.
Direkt über dem F-Loch war das wirklich erstaunlich, aber als ich dann spaßeshalber in das F-Loch eintauchte, war ich total verblüft über den Klang! Er war am lautesten und auch schönsten, wenn ich das Mikro ein kleines Stück in das F-Loch eingetaucht hatte. Also genau auf der Höhe der Decke. Wenn ich tiefer eintauchte, oder das Mikro sogar ein Stück in den Korpus ablies, wurde der Klang wieder ausdrucksloser und leiser.
Das hätte ich nicht gedacht! Den Effekt hatte ich bei meiner Geige damals, bei den Abnahmetests, nicht herausgefunden (allerdings war deren F-Loch dafür auch nicht groß genug). Deshalb kam dort ja als Weiterentwicklung nach dem rückkopplungsanfälligen Anklemmmikrofon das "Lanzenmikrofon" in den Korpus (siehe Workshop) und wurde mittlerweile bei meiner neuen Geige ebenfalls dupliziert, da es sich super bewährt hatte (siehe Workshop)!
Aber zurück zur Hoyer: Ich verkantete das Mikro in der halb eingetauchten Position leicht im F-Loch, fädelte das Kabel im Zickzack unter und über den Saiten am Saitenhalter durch und spielte eine Weile.
Der Sound war klasse, aber das Aussehen natürlich nicht wirklich.
Ich testete dann noch verschiedene andere Mikrofonkapseln und fand schließlich eine, bei welcher der Sound noch besser klang. Es war eine 10mm-Kondensatorkapsel mit Nierencharakteristik, welche ich mal vor vielen Jahren bei Conrad gekauft und in meinen damaligen Motorradhelm für mein Funkgerät eingebaut hatte.
Das "versteckte" Mikrofon im F-Loch
Als ich sie so in's F-Loch hielt und mir überlegte wie man sie da vielleicht befestigen könnte, kam direkt die "Inspiration von oben":Wie wäre es, wenn ich das Kabel verdeckt nach vorne führen und das Mikrofon "falschherum" in den kleinen Gummi-Mikrofonhalter aus meiner Schublade stecken und zwei Kupferkabel direkt an die Buchse anlöten und so biegen würde, dass es "von unten" im F-Loch stecken und trotzdem nach unten zeigen würde?
Ok. Die Idee war bei mir klarer vor Augen, als sie mir jetzt mit Worten als Beschreibung gelungen ist, aber ich war begeistert und gleichermaßen gespannt wie das denn wohl in der Umsetzung gelingen und dann in der Kombination mit dem Piezo unter'm Steg klingen würde?
Also lötete ich ein dünnes Mikrofonkabel möglichst flach an die Kapsel, führte es an der Kapselseite vorbei nach vorne, isolierte und beklebte die Kapsel dann mit selbstklebendem Alu-Band und lackierte die später sichtbare Rückseite mit etwas schwarzem Nagellack.
Dann steckte ich die Kapsel "verkehrt herum" in den Gummi-Halter und konstruierte und bastelte aus zwei 2,5mm²-Kupferdrähten einen Halter, den ich direkt an die zu verbauende Klinkenbuchse an Masse anlötete. Um die Buchse dabei immer wieder zielgenau in das schon vorhandene Loch in der Zarge einführen und Maß nehmen zu können, lötete ich einen anderen Draht an einen Klinkenstecker der mir dabei sehr gute Dienste erwies. Mit diesem Draht konnte ich die Buchse zielgenau in das Loch der Zarge manövrieren. Nach einigen Versuchen hatte ich die Halterlänge und Form soweit eingestellt, dass das Mikrofon mittig im runden Ende des unteren F-Lochs saß und konnte die Buchse festschrauben.
Das Ergebnis war aus der Nähe kaum zu sehen und aus der Ferne quasi unsichtbar!
Der Sound war echt gut und gab der Gitarre unter anderem eine Fülle, die sie rein akustisch so nicht hatte!
Und in Kombination mit dem Piezo konnte man beide Systeme auf der PA etwas rechts/links verteilen und hatte einen wirklich guten Sound!
Angeschlossen wurde nach meinem "Standard": Piezo auf die Spitze und Mikro auf den Ring des Stereo-Klinkensteckers. Am Kabelende ging der Piezo unverändert in einen HighZ-Eingang. Das Mikro kam per 3,5mm-Klinke in einen Phantomspeiseadapter, welcher auf XLR wandelte und natürlich eine Phantomspeisung benötigte. Die gemeinsame Masse lief über den Masseanschluss des Klinkensteckers.
Wenn man ein normales Mono-Gitarrenkabel einsteckt, wird nur der Piezo angeschlossen.
Der erste Live-Einsatz auf der Bühne im Saal und auch Open Air
Zu der Corona-Zeit damals spielte ich bei den Streaming-Gottesdiensten meist nicht auf der Bühne, sondern mischte den Sound für unseren Livestream auf YouTube. Also fragte ich einen unserer Gitarristen, ob er nicht mal diese Gitarre spielen möchte, was er dann tatsächlich gleich beim nächsten Gottesdienst im Saal und auch die Woche drauf bei einer "Open-Air-Hochzeit im Grünen" machte.Beide Male klang die Gitarre echt klasse und passte auch gut zu meiner Geige, die ich damals auf der Hochzeit dann per Funk und "Lanzenmikro"-Abnahme spielte.
Wie ging es weiter?
Auf Dauer gesehen kamen wir beide leider nicht so gut mit dem starken Griffbrettradius und der ungewohnten Saitenlage klar. Es war irgendwie schwer auf ihr zu spielen.So gut uns die Gitarre, ihr Flair, ihr Sound und ihr Aussehen auch gefielen, sie passte leider "auf Dauer" weder zu ihm, noch zu mir. Also kam sie kaum aus ihrem Koffer raus.
Zwischenfazit
Die Hoyer Schlaggitarre war wirklich was besonderes und hatte einen eigenen Flair! Sie klang über die Kombination aus Piezo und Mikro wirklich gut und hätte es durchaus verdient öfter zum Einsatz zu kommen, aber leider kamen wir mit ihrem starken Griffbrettradius und der Saitenlage nicht wirklich zurecht. Das ging beim reinen Fingerpicking zwar noch ganz gut, aber mit dem Plektrum wurde es schon beim Strumming wirklich schwer alle Saiten gleichmäßig anzureißen. Beim Melodiespiel mit dem Plektrum wurde es dann bei größeren Saitensprüngen schwer und wir hatten beide festgestellt, dass es leider keine Gitarre war um sie "mal zwischendurch zu spielen und einzusetzen". Schade eigentlich, aber so war es leider.Man müsste sie sicherlich deutlich öfters, oder ausschließlich spielen, dann wäre wahrscheinlich auch die Ergänzung mit dem angedachten Humbucker sinnvoll. So blieb sie meistens im Koffer.
Wirklich schade, dass der Griffbrettradius letzten Endes das "Zünglein an der Waage" war.
Keine Ahnung ob das in den 60ern "in" war, oder nur bei dieser Gitarre so umgesetzt wurde?
...aber das war noch nicht das Ende der Geschichte - Fortsetzung folgt! Versprochen! Stay tuned: Thema Abonnieren