Auch mich treibt die Frage um, in wie fern es sinnvoll ist, Griffbretthölzer zu ölen. Ich finde viele Antworten bisher aber recht polarisierend und würde mich dem Thema gerne hier im Team nähern. Ich zweifle nämlich daran, dass es auf die Frage "Ebenholz ölen?" ein einfaches Richtig oder Falsch gibt. Anscheinend gibt es hier viele User mit sehr unterschiedlichen Expertisen. Manche verstehen etwas von der Chemie und manche haben Erfahrung mit der langjährigen Anwendung bestimmter Öle auf bestimmten Hölzern.
Ich selbst baue Gitarren und verwende angesichts der vielen Arbeit für Griffbretter nur sorgfältig abgelagertes unbehandeltes Ebenholz. Dieses Holz ist so dicht und standfest, dass es sich ohne irgendeine weitere Behandlung polieren lässt. Gleichwohl ist und bleibt natürlich selbst dieses Holz ein poröser Werkstoff und er hat eine beanspruchte Oberfläche, auf der sich je nach individueller Nutzung und (Trocken-)Pflege Schmutz ab- und einlagern wird.
Vielleicht können wir gemeinsam herausfinden, was dem Holz im Laufe jahrelanger Benutzung als Griffbrett gut tut. Ich werde hier direkt meinen Beitrag dazu leisten. Und vielleicht kommen wir zusammen zu einer qualifizierten Antwort, die viel besser ist, als die eines einzelnen (weiter oben zitierten) Autors. Der hat sich schließlich auch nur selbst zum Experten ernannt...und soviel, wie der Schwarm weiß er ganz sicher auch nicht.
Zunächst mal sind wir uns wohl alle einig, dass es sehr unterschiedliche Öle gibt. Ich habe grade mal nachgelesen und laut Wiki nennt sich alles Öl, was eine organische und nicht wasserlösliche Flüssigkeit ist. Aber dann geht es schon los mit volllständig verdunstenden Ölen (ätherische Öle), fetten Ölen, Erdöl und seinen Folgeprodukten (Mineralöle), Pflanzenölen...ich verstehe viel zu wenig von dieser Chemie, als dass ich mich trauen würde, daraus eine bestimmte Wechselwirkung mit irgendeinem bestimmten Holz ableiten zu können. Aber ich verstehe aus handwerklicher Erfahrung etwas vom Verhalten von Hölzern und vom Verhalten bestimmter Öle auf deren Oberflächen und aus professionellen Erfahrungen in der Automobilindustrie auch ein wenig von der grundsätzlichen Fähigkeit organischer Materialien, Feuchtigkeit aus der Luft aufzunehmen. Und da kann ich nur sagen, dass selbst Kunststoffe Wasser aufnehmen, das kann man in jeder Materialspezifikation für industrielle Kunststoffe nachlesen.
Also hier mein Beitrag:
1. Kein Lack und kein Öl der Welt wird es vollständig verhindern, dass irgendein Holz den Schwankungen der umgebenden (Luft-)feuchtigkeit folgt. Aber die verschiedenen Holzsorten reagieren darauf unterschiedlich empfindlich und sie sind auch unterschiedlich schnell in ihrem Wasseraufnahme- und Trocknungsverhalten. Hydrophobe Beschichtungen verzögern natürlich den Feuchtigkeitsausgleich mit der umgebenden Luft. Und das ist für die Vermeidung einer Rissbildung im Holz grundsätzlich gut, denn Holz quillt, wenn es Wasser aufnimmt. Wenn ein Holzkörper zu wenig Zeit bekommt, seine innere Feuchtigkeit auszugleichen, dann ergibt sich ein inneres Feuchtigkeitsgefälle, d.h. dass der Körper nur an einer Seite quilllt oder schrumpft, sich also wölbt, und wenn seine Elastizität dazu nicht ausreicht, wird er zwangsläufig Risse bilden. Dieser Effekt ist bei Ebenholz sehr unwahrscheinlich, weil es Feuchtigkeit schon im natürlichen Zustand nur sehr langsam aufnimmt und abbaut. Ich würde hier klar sagen, dass Ebenholz bei Innenraumanwendungen keiner Versigelung bedarf und in einer gemäßigten Klimazone auch keiner Luftfeuchteregulation des Raumklimas. Dieses Holz dürfte sogar unbehandelt in Bad oder Küche verbaubar sein, ohne Risse zu bilden, solange es nicht direkt über dem Kochfeld in der Dampfwolke verbaut wird. Im doppelten Wortsinne spannend wird es bei einem Griffbrett aber, weil dieses auf einer anderen Holzsorte aufgeleimt ist, und sowas ist konstruktiv immer kritisch. Glücklicherweise werden Gitarren und die diesbezüglich ähnlichen aufgebauten Streichinstrumente schon seit vielen Jahrhunderten gebaut, und deshalb können wir darüber sicher sein, dass bestimmte Materialkombinationen dauerhaft stabil sind (etwa Ahorn/Ebenholz oder Mahagoni/Ebenholz). Bei vielen der moderneren Hölzer und deren Kombinationen habe ich da so meine Zweifel. Und auch bei der Eignung der verwendeten Leime, die in den Instrumenten-Spezifikationen leider nie angegeben werden...da dürfte sich Low-Cost-Ware sehr deutlich vom Premiumsegment unterscheiden, allein schon wegen der langen Trocknungszeiten dauerhaft geeigneter Leime für den Instrumentenbau. Jedenfalls muss man das Komposit betrachten, denn das ist geeignet, auf Feuchtigkeitsschwankungen zu reagieren, wie ein Bimetall auf Temperaturschwankungen. Daher werden meine Hälse mit einem unbehandelten Ebenholz vorne von hinten auch nur mit Wachs oder Öl oder einer Kombi daraus behandelt, aber nicht lackiert. Das ist vergleichsweise feuchtedurchlässig. Alte Geigen wurden mit Schellack poliert, das ist m.K. ebenfalls sehr feuchtedurchlässig, allemal im Vergleich zu modernen PU-Lacken. So kann der Hals von allen Seiten Feuchtigkeit relativ gleichmäßig aufnehmen und abgeben.
2. Öl, egal wie oft man es aufträgt und egal welche Sorte man verwendet, dringt nach meiner Erfahrung selbst in offenporige Hölzer bestenfalls 1mm tief ein, in Ebenholz sicher nur 1-2 Zehntel Millimeter. Von einer "Nährung" der Holzes kann daher keine Rede sein und sowas brauchen die längst verstorbenen Zellen des Holzes auch nicht. Ferner kann ich sagen, dass Öle, abhängig davon, was für Öle sie sind, völlig unterschiedliche physische Effekte auf die Oberfläche des Holzes zeigen werden. Das sieht man bei helleren Hölzern schon an der Verfärbung der Maserung, die sie jeweils auslösen. Was wir Gitarristen bei einem Griffbrett wollen, ist, dass es glatt und geschmeidig ist, die Finger leicht darüber gleiten, es dabei möglichst wenig Schmutz ansammelt und dass es sich nicht verfärbt. Neues frisch poliertes Ebenholz hat diese Eigenschaften. Ich möchte daher behaupten, dass es beim Ebenholz hauptsächlich darum geht, es "porentief" zu reinigen, ohne ihm durch die verwendete Reinigungschemie zu schaden. Ebenholz ist von Natur aus extrem dunkel, das Auswaschen nachträglich zugefügter Pigmente ist daher eher unwahrscheinlich. Und hier sind nun die Chemiker gefragt: Ich vermute, dass der Schmutz, der sich auf einem Griffbrett ansammelt, hauptsächlich aus Staubpartikeln besteht, der in eingetrocknetem Handschweiß gebunden ist und vielleicht bei Rauchern zusätzlich aus Zigarettenruß. Gesucht sind also Reinigungsmittel, die zugleich unverdächtig sind, den Holzwerkstoff selbst anzugreifen, dabei aber solcherlei Verschmutzungen anzulösen. Da die Eigenschaften von rohem poliertem Ebenholz bereits ideal für ein Griffbrett sind, sollte solch ein Reinigungsmittel nach meiner Einschätzung möglichst vollständig verdunsten, während bei anderen Holzsorten durchaus filmbildende/fetthaltige Produkte zur Verzögerung der Feuchteregulation und zur Vernetzung feinster aufgerichteter Holzfasern sinnvoll sein dürften. Hier ist dann aber Vorsicht geboten, damit der Film nicht zu dick wird und seinerseits dafür sorgt, dass sich Schmutzpartikel innerhalb seiner Schichtstärke anreichern. Im Grunde müsste bei so einer Oberfläche immer möglichst erst mit dem Schmutzfilm auch der alte Schutzfilm heruntergewaschen werden, bevor ein neuer aufgetragen wird.
Haben die Chemiekenner hier für das Ebenholz einen Tipp, welche Pflegemittel gut dazu geeignet sind, eingetrockneten Handschweiß zu lösen ohne das Holz anzugreifen, ohne dauerhaft eigene Rückstände zu hinterlassen und auch ohne die Bundstäbchen aus Neusilber oder Edelstahl anzugreifen? Das Mittel müsste nicht sofort verdunsten, aber zumindest in ein/zwei Monaten. Und der Vollständigkeit halber: Vielleicht auch gleich einen zweiten Tipp, für die Hölzer, denen eine kleine "Dampfsperre" gut tut, also filmbildende "Imprägnierungen"?
Sollte ich selbst aus meiner Erfahrung jetzt einen Tipp abgeben, wäre meine Einschätzung und Erfahrung, dass eine Reinigung des Griffbrettes mit Lemon-Oil eine gute Wahl ist, solange man mit einem trockenen Küchenpapier alles wieder gründlich abnimmt. Beim Ebenholz wird dann kaum etwas zurückbleiben, weil dieses Material im Vergleich zu anderen Hölzern eine außergewöhnlich geringe Porösität hat. Zugleich eigenen sich Zitrusöle (es geht ebensogut auch Orangenöl) erfahrungsgemäß gut, um fettige Verschmutzungen wie Handschweiß und damit auch die darin gebundenen Schmutzpartikel anzulösen. Und diese Öle verfärben Hölzer erfahrungsgemäß nicht und der anfängliche Glanz nach der Behandlung verschwindet nach einigen Wochen wieder. Daher vermute ich, dass sie langsam wieder abdunsten und keinen sich anreichernden Film aufbauen.
Keep rockin
Sönke