[Amp] Gibson GA77-RVT Vanguard

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“Wie – Gibson baute auch Röhrenamps?“

Die zugegeben etwas provokative Frage soll Kenner jetzt nicht düpieren; wissen sie doch zur Genüge, dass es einst eine regelrechte Hochzeit von Gibson-Amps in Konkurrenz z.B. zu Fender auf dem Markt gab. Ich schreibe meine Frage lediglich für alle diejenigen, die das Board hier oft nur mit Gibson und „Les Paul“ oder „ES-335“ verbinden, den Finger hebend; nee, da hat es nicht nur Gitarren, sondern da hatte es auch hervorragende Amps, von denen ich einen hier gerne vorstellen möchte.

Ein eher technisches Review über so eine relativ seltene Art dieser Spezies? Lohnt sich denn das noch? Ich denke ja. Diese Amps werden immer wieder mal angeboten, offenbar fanden viele damals ihren Weg über den großen Teich nach Europa. Und es lohnt sich, auch abseits vom üblichen Mainstream einen Blick über den klanglichen Tellerrand zu werfen, denke ich, so dass solche Amps nicht in Vergessenheit geraten. Leiste ich somit für Interessierte eine kleine Pionierarbeit. :D

Ich versuche aber auch zu erklären, warum so eine betagte Röhren-Diva (andere Sichtweise meines damaligen Rundfunkmechanikermeisters, die ich inzwischen übernommen habe, liegt wohl am Alter: "so eine alte Gurke") hinsichtlich ihres Reparatur- und heutigen Kostenaufwandes inzwischen kein Spielkram mehr ist. Heute haben wir moderne Technik, die für einen geringeren finanziellen Aufwand (ein OX zum Beispiel kostet neu deutlich weniger als der Gebrauchtpreis dieses Amps und hier sind noch keine Reparaturkosten berechnet!) einen Hörgenuß spendiert, der nicht nur in einer - hm - ebenbürtigen Liga spielt, sondern der dazu noch deutlich variabler in seiner Anwendung ist. Was also ist zumindest der Lohn der Mühe, sich so einen Amp anzuschaffen? Was kommt heraus, wie klingt’s?

--

Gibson GA77-RVT Vanguard

So lautet der etwas sperrige Name dieses schon betagten, schweren Amps, dessen Griff offenbar nicht mehr original ist und wo sich das G beim Transport des Besitzers vom Kauf nach daheim gewissermaßen ins Zerbröseln verabschiedet hat:

Pic_001.jpg


Pic_002.JPG


Ich habe es noch nicht herausgefunden, woraus sich dieser Name zusammensetzt. Meine Vermutung: „R“ steht für Reverb, „T“ für Tremolo. Wofür das „V“ steht, weiß ich nicht, entweder für Vibrato, was ja eigentlich nicht stimmt, oder für Vanguard = Avantgarde? Ich vermute diese Namenskonstellation daher, weil es im Zuge meiner Recherchen auch einen „RET“ gab, dessen „E“ für Echo steht.

Zum Amp findet man wenig bis nichts im Web. Außer diverse Annoncen.

Eine Information findet sich hier, die besagt: „…The GA-77RVT Vanguard amp. It was introduced in 1962 and replaced by the GA-77RET in 1965. A few remaining amps were shipped in 1966 and 67. Most GA-77RVTs were covered in smooth brown tolex and brown Saran grill cloth with tan stripe. At first a tolex fabric with a texture more like modern guitar case tolex covering was used but this was changed into a chiseled like texture tolex sometime in 1963. In 1964 a rough weave black tolex and silver Saran grill cloth was used. This should make it easy to date a GA-77RVT at a glance….”

Der hier vorgestellte Amp wurde lt. Angabe des Verkäufers nur 1964 produziert.

Man findet im Web eine Bedienungsanleitung, jedoch zeigt sie den falschen Schaltplan. Den falschen?

Nun ja: Es gab bislang speziell für diesen Amp im Web keinen. Das war zunächst verwunderlich, denn in sehr vielen „Schematic-Heavens“ tummeln sich massenhaft Schaltpläne für Gibson-Amps. Aber eben nicht für diesen.

In einem amerikanischen Forum suchte jemand vor Jahren für diesen Amp verzweifelt einen Schematic, fand jedoch auch nichts, behalf sich selbst und veröffentlichte – nichts. Meine Anfrage bei Gibson ging ins Leere. Gibson bedankte sich zwar freundlich, verwies aber darauf, dass das alles schon zu alt sei, man hätte diesbezüglich nichts mehr – und sendete mir einen falschen Schaltplan. Genau der einzige zu diesem Amp, der sich im Web findet. Und der stimmt eben nicht. Warum?

Nur 1964 produziert: Gibson himself hat innerhalb der kurzen Serie dieses GA-77RVT von 1962 bis 1965 nicht nur massiv in dessen Schaltung herumgewirtschaftet und geändert, sondern auch noch die Röhrenbestückung variiert. Veröffentlicht wurde offenbar nichts und im Web gibt es nur eine einzige verfügbare Version des Schematics - für mich die falsche. Sie mag zur Bedienungsanleitung passen, aber eben nicht zum hier vorgestellten Amp. Weiß der Geier, wer diese eine Version ins Netz gestellt hat. Besser als nichts, aber eben die nicht passende.

Auch eine Anfrage des Besitzers des Amps bei einem bekannten Kolumnenschreiber in einem „Musiker-Fachmagazin“ ging ins Leere. Man habe leider nichts. Das wunderte mich dann nicht mehr wirklich, weil

a) dort kennt man rein technikbezogen (!) offenbar nur Fender und Marshall und
b) was das „Musiker-Fachmagazin“ nicht hat, kann es auch weltweit nicht geben, sic! :D

--

Der jetzige Besitzer erstand den GA77-RVT in Kommission mit dem Hinweis „Funktion einwandfrei“. Die erste Funktionsprobe bei mir war ernüchternd: Geliefert wurden gerade mal etwas über drei Watt, dann setzten hässliche Verzerrungen ein. Klanglich war alles extrem dünn und spitz und wehe, man drehte den oder die Treble-Regler auch nur einen Hauch auf, sofort wurde alles extrem scharf schneidend und spitz im Ton. Eine gründliche Reparatur war angezeigt.

Mir blieb nichts weiter übrig, als den Schematic selbst zu erstellen:

Pic_004.jpg


Das hat mehrere Abende gedauert. Aber zum Glück kochte man auch bei Gibson nur mit Wasser und mit Hilfe von zusätzlichen Schematics, die zum Glück noch im Web auffindbar sind…

- GA-30RVT
- GA-75
- GA-77RVT (richtig: die eine, falsche Version mit anderer Beschaltung und anderer Röhrenbestückung)

…flossen in geduldiger Fleißarbeit viele Details aus den einzelnen Schaltungen in Verbindung mit der vorgefundenen Verdrahtung des Amps, in dem schon vor mir jemand „drin“ war, gut zu sehen an den blauen Elkos und den heißgeklebten Netzteilelkos...

Pic_010.jpg


…zu einem Ganzen zusammen.

Und hiermit sozusagen auferstanden aus der Versenkung und möglicherweise erstmals überhaupt in einem öffentlichen Forum im Web Stratspieler proudly presents den Schematic des GA77-RVT dieser Version:
Gibson_GA-77RVT_Schematic_web.jpg


In einem speziellen Forum für Amp-Gurus habe ich ihn bereits veröffentlicht und ich habe ihn inzwischen auch Gibson gesendet als kleines Dankeschön für deren Zuarbeit. Da ich rein gar nichts über den Amp finden konnte, insbesondere keine technischen Dokumentationen zu Prüfzwecken, habe ich einen zweiten Schematic erstellt. Darin sind AC-Signalspannungen notiert, sowie erstellte Prüf- und Meßpunkte, so dass ich überhaupt erst einmal eine Art „technisches Gefühl“ für die Kiste bekam. Diesen Schematic zeige ich hier nicht, der würde nur Verwirrung stiften.

Dafür zeige ich hier gerne einmal das Thema „Schutzerde an Masse“ im Anlieferungszustand:

Pic_018.jpg


PE (grün) wurde einfach an die Masse des Netzschalters gelötet, der irgendwie mit dem Chassis verschraubt ist… Der Besitzer wunderte sich nicht, warum es ab und an so seltsam kribbelte und fragte richtigerweise sofort nach, ob da was mit der Schutzerde nicht stimmen könnte...

Und hinter dem Pfeil ist der Death-Cap zu erkennen, der da schlummert...

Ich sehe nun die aufmerksamen Betrachter des Schematics den Finger heben: „Moment mal, was für ein Schaltzeichen hast du denn für den Optokoppler verwendet? Das ist doch niemals eine Spule?“ Richtig, stimmt! Im Optokoppler arbeitet rechts neben dem CdS-Widerstand selbstverständlich eine Glimmlampe und keine Spule. Ich habe nur der Originalität wegen das als Spule so gelassen. In einem anderen, zeitgenössischen Schaltplan von einem Gibson-Amp mit Optokoppler, den ich gefunden habe, ist das auch fälschlicherweise als Spule gezeichnet.

--

Die vorliegende Amp hat die Röhrenbestückung 6EU7 – 6EU6 – 12AU7 – 6EU7 – 6EU7 – 6FQ7 – 6L6GC – 6L6GC – OA2.

Im Bild ist das von rechts nach links bei abgenommener Rückwand gut zu sehen. Man beachte die waagerecht liegenden Röhren auf dem senkrechten Chassis, montiert über den gewaltigen JBL-Fünfzehnzöller:

Pic_003.JPG


6EU7? 6FQ7? OA2? Ja, es sind aus heutiger Sicht und obendrein hier in Europa sowas wie Exoten. Wobei die 6EU7 in ihren Daten der 12AX7 identisch ist. Die 6FQ7 ist meinem jetzigen Wissen nach nicht so 1:1 mit einer geläufigen Doppeltriode ersetzbar. Allen 6er Röhren gemein ist, dass sie eine andere Sockelschaltung haben als die Doppeltrioden der 12er Typenbezeichnung. Ein „Einfach austauschen“ der 6er gegen 12er ist also nicht drin, dazu müsste man erst die Beschaltungen an ihren Fassungen ändern. Will man das? Weil das kostet Zeit! Aber die Exoten-Röhren? Gibt es die für lau??

Bei der OA2 handelt es sich um einen Glimmstabilisator, der dafür sorgt, dass die angeschlossenen Stufen mit einer stabilisierten Versorgungsspannung von +150 Volt betrieben werden. Wir Bastler unter uns haben Ersatz inform der deutschen StR-Glimmstabis vorrätig.

Da der Stabi nur eine Hilfsfunktion hat, lasse ich ihn im Blockschaltbild des Amps einfach mal weg:
Gibson_GA-77RVT_Block_Sc_web.jpg


Man sieht erst einmal zwei mehr oder weniger identisch aufgebaute Kanäle 1 und 2. An den Kanal 2 ist parallel der Reverb- und Tremolopfad angeflanscht. Dazu später mehr. Über die Mischwiderstände R1 und R2 mit unterschiedlichen Werten gelangt die NF in den PI, der hier als Kathodynstufe aufgebaut ist. Da diese Art der Phaseninverter nichts verstärken, hat Gibson mit V6 eine Art „Nachbrenner“ spendiert, damit genügend (Doppel-)Wumms :)D) zur Ansteuerung der hundsordinären Gegentaktendstufe vorhanden ist. Im Grunde genommen ist das alles nichts allzu Aufregendes, wenngleich der Amp dennoch diverse Schmankerl bereit hält. Das fängt bei den Klangregelstufen an und hört beim Fotowiderstand LDR-1 auf. Auch dazu erst später mehr.

Gibson hat die Gitterwiderstände des Nachbrenners aufgeteilt und dem Amp dadurch eine „Monitor“-Buchse spendiert. Wer möchte, kann hier gemäß Bedienungsanleitung in Wort und Bild NF entnehmen und sie weiteren Anwendungszwecken zuführen.

Wer sich einmal genau den Schaltplan anschaut, dem fällt am Kathodenwiderstand des PI ein Elko auf, 20µF/6V. Nanu? Nur 6V? Tatsächlich! Man hat es hier offenbar gut gemeint und versucht, der Stromgegenkopplung mittels des Elkos wirksam zu begegnen. Nur liegt am Elko eine viel zu große Gleichspannung gegen Masse an. Und natürlich ist der tatsächlich ab Werk (!) so dimensionierte Elko (die kathodenelkos sehen nicht so aus, als wurden die jemals ausgetauscht) mehr oder weniger durchgeschlagen und dient(e) nur noch als hochohmig gewordener Widerstand…

(Wird fortgesetzt)
 
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Deswegen habe ich es aber nicht geschrieben. Also von wegen: "Schaut mal, was der Stratspieler gemacht hat!"

Nein, ich habe das aus folgendem Grund geschrieben, den ich hier mal zum Verständnis bewusst spaßig übertrieben darstellen will. Aus der Sicht eines Techs:

- Kunde sieht auf YT einen Amp. "Boa ey, geiler Sound, Röhrenamp, alt, Gibson, Vintage und überhaupt. Habbe will!!!"

- Kunde (Laie!) sieht nicht, dass die Gitarre am Amp gar nicht in dessen Hall-Kanal steckt. Sound ist aber verhallt
=> Somit ist er nachbearbeitet worden (aus welchen Gründen auch immer, sei es die Kiste für einen verkauf oder sich selbst zu hypen oder sonstwas!)

- Kunde kauft enthusiastisch für richtig Kohle (weil siehe oben "Boa ey, geiler Sound....") die Kiste (und somit nach seinem ersten "Fehler", einen falschen Sound zu hören, als zweiten Fehler eine superteure Katze im Sack)

- Kunde zum Tech: "Mach mal!"

- Tech: "OK!" (und denkt "Oha, wat 'ne Gurke!") :)

- Tech fragt unter seinen Spezies rum, fängt an zu recherchieren und stellt fest, dass es zu diesem Amp nichts gibt. Nicht mal weltweit.

Je nach Tech...

...die einen können anhand der Sockelschaltung der Röhren loslegen und messen. Bei bekannten Amps kann man aufgrund eigener Erfahrungen Schlussfolgerungen auf das Verhalten der einzelnen Stufen ziehen und Fehler bereits jetzt schon erkennen und beheben. Bei manchen Fender-Amps geht das inzwischen fast schon im Schlaf. Demzufolge sind Reparaturzeiten kurz und hält sich der Kostenaufwand für den Kunden in gewissen Grenzen (auch wenn viele angesichts der heutigen Röhrenpreise bereits schon beim Nennen der zu erwartenden Preise nur für Röhren sinnbildlich und verständlicherweise aus ihren Latschen kippen).

...andere Techs fangen nun bei völlig unbekannten Amps am besten mit einem Schematic an, um - wie ich schrieb - überhaupt erst mal "ein Gefühl" für die Kiste zu kriegen: Was will sie von mir? Wo gibt sie mir schnelle und sinnvolle Anhaltspunkte zum Messen, ohne sinnlos und vor allem zeit- und somit kostenaufwändig (!) darin "herumstochern" zu müssen? Und gibt es vielleicht nicht doch idealerweise sogar eine Prüfvorschrift? Tja, woher nehmen, wenn nicht stehlen? Haben ein Gewehr! Nix! Also beginnt man zu recherchieren, beginnt, so einen Schaltplan zu erstellen, in der Hoffnung, dass da nicht schon jemand anders die Kiste verbastelt hat und ja noch alles Original ist... Hier hilft wieder Erfahrung (..."die kochen auch nur mit Wasser"...) und wenn man das alles fertig hat, ist ein Blockschaltbild auch kein Aufwand mehr und schwupps - man hat das Geheimnis dieser Kiste entschlüsselt. Somit kann es passieren:

- ...Tech zum Kunden: "Ha, musste recherchieren, Schematic erstellen, riesiger Zeitaufwand, weissu was kostet? Reparaturkosten kommen dazu, Exotenröhren - hey, kostet in Summe Gebrauchtkleinwagen!"

- Kunde: "Oha, konnte ich nicht wissen! Habe so schon viel Kohle bezahlt! Verkäufer sagte "Funzt einwandfrei"! War doch nur, weil siehe oben "Boa ey, geiler Sound....""

--

Ist, wie schon geschrieben, übertrieben. Änlichkeiten mit der Realität wären rein zufällig. Oder?

:D
 
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Wann kommt’n Teil 2?
 
OK, da bereits schon vorbereitet, kann er schnell kommen. :D

Mache ich weiter mit dem Amp, dann sind einige Worte zum Lautsprecher zu verlieren.

Ich schrieb es schon: Ein beeindruckendes Kaliber, dieser JBL D130F!

Pic_005.JPG


Massives Chassis, kein Blech, Riesenmagnet, gewichtsmässig gefühlt im Kilotonnenbereich und von der Funktion her technisch wie neu, wie sich später noch zeigen wird. Wenn er denn mit dem für ihn vorgesehenen Input gefüttert wird. Der Weg bis dorthin war aber noch weit.

Viele Bilder, die man im Web sieht, zeigen diesen bzw. so einen Amp mit einem anderen Speaker. Auch hier nur eine Vermutung: Dieser Amp ist u.a. mit dem originalen Netztrafo bestückt, der für die damaligen 220 Volt vorgesehen ist. Eine Spannungsumschaltung gibt es nicht, kein Umbau. Das Netzkabel ist mit einem Schukostecker versehen - alt, aber vorschriftsmäßig. Ich denke, dass diese Amps für den Export bestimmt waren und daher mit diesen schußsicheren, vermutlich teueren Speakern ausgerüstet wurden. Belegen kann ich das allerdings nicht.

In der seitlichen Ansicht kann man gut das massive und schwere Chassis des Speakers sehen. Unter dem Speaker ist der Reverbtank montiert, der trotz seiner Jahre einwandfrei funktioniert (der Farbstrich stammt von mir):

Pic_006.JPG


Eingangs zeigte ich es schon und auch im Schematic kann man es gut erkennen: Die beiden Schalter für Reverb und Tremolo sind in einem Kunststoffgehäuse drin. Es verzieht sich bereits. Die Bodenplatte aus Preßspan ließ sich aber noch gut herausziehen. Alles ist fest mit dem Amp verkabelt, Chinchstecker zum Chassis findet man hier keine:

Pic_007.JPG


Die Funktion der Schalter ist aus dem Schematic zu ersehen. „Reverb“ schaltet das Signal einfach gegen Masse (die Abschirmung) kurz. Und wird der Frequency-Regler mit „Tremolo“ von Masse weggeschaltet, so liefert der Phasenschieberoszillator nix mehr – Tremolo ist aus. Ganz einfach.

--

Wirft man einen Blick auf das Bedienpanel, so erklärt sich dann auch der Schematic hinsichtlich seiner zugehörigen Elemente.

Pic_008.JPG


Die Knöpfe sind aufgesteckte Gibson-Hut-Knöpfe für die Riffelachsen der Potis. Ihre Zahlen sieht man nur von der Unterseite.

Etwas fremd ist sicherlich vielen von uns der Netzschalter rechts. Er ist als Drehknopf ausgeführt. „OFF“ ist klar, der Amp ist ausgeschaltet.

Pic_009.JPG


Dreht man ihn nun auf „STAND BY“, so geht der Netztrafo in Betrieb und liefert alle benötigten Spannungen. Die HV allerdings wird noch nicht zu den Vorstufenröhren durchgegeben, sondern gelangt nur bis zum 22nF-Kondensator, der hinter dem 4KOhm-Hochlastwiderstand liegt. Die Endstufe bekommt hochspannungsmäßig bereits schon alles, was sie braucht. Zur Wahrnehmung dient eine normale 6,3V-Bajonettglühlampe, die wie ihr rotes „Jewel“ baugleich á la Fender daherkommt. Erst die beiden nächsten „ON“-Schaltschritte schließen den Kondensator kurz und die HV geht jetzt an die Vorröhren. Die rote Kontrolllampe wird ausgeschaltet, die grüne gleicher Bauart eingeschaltet, der Amp ist betriebsbereit.

2x „ON“?? Ja. Und zwar konnte der Death-Cap in seiner Position von – ich schreibe jetzt mal – Phase und Null gewechselt werden, um Brumm oder anderweitige Störungen aus dem Netz zu unterdrücken. Das ist nun Geschichte, denn dieser Cap ist nicht mehr.

Etwas ungewohnt ist die Anschaltung der HV zum CT des OT. Denn sie liegt hinter der Drossel. Bei den meisten Fenders und vielen anderen Amps hingegen liegt der CT unmittelbar am Ladekondensator vor der Drossel. In unserem Fall hier muss die Drossel Strom abkönnen einerseits und andererseits ist es ein Zeichen, dass der Amp unter allen Umständen mit einer brummfreien Betriebsspannung versorgt sein soll – Clean, Clean und nochmals Clean…

Das passt irgendwie - und aber auch nicht. Schaut man sich die Schaltung des Amps einmal vergleichend mit anderen Amps dieser Zeit an, so fällt mir jedenfalls auf, dass er auch schon wegen seiner Klangregelschaltung relativ aufwändig gestaltet wurde. Hier wurde im Vorstufenbereich nicht gespart, das ganze wirkt „eher wie ein hochwertigeres Radio denn wie ein Gitarrenamp“. Der Aufwand wurde in der Endstufe nicht getrieben; hier hätte man mithilfe eines verschachtelten OT in Ultralinearschaltung sogar in Richtung „HiFi“ gehen können. Ist aber nicht. Fender wollte seinerzeit nie Amps, die zerren. Vermutlich wollte auch Gibson das nie und irgendwie wollte man sich wohl sicherlich von der Konkurrenz (nur klanglich?) absetzen. Wie also wird der Amp klingen, wenn er denn mal läuft? Schaun' mer mal... :whistle: :)

--

Der Aufwand mit dem Glimmstabi ist beachtenswert. V3II dient mit dem Einstellregler an ihrer Kathode als steuerbarer (Vor-) Widerstand für die im LDR-1 eingebaute Glimmlampe. Mit dem Regler „Factory Adjustment“ wird der Grundstrom durch die Röhre und damit die Höhe ihres Widerstandes eingestellt, was sich in einer nachweislichen Änderung des messbaren Spannungsabfalls an ihrer Anode bemerkbar macht. Somit wird das Ganze in gewissen Grenzen „vorgespannt“. Die vom Depth-Poti kommende Amplitude steuert mit ihrer Größe die Stärke der Anodenstromschwankung und in Verbindung mit ihrer Vorspannung die Ansprechempfindlichkeit der Lampe. Dazu muss man wissen, dass es hierbei nicht um eine Glühlampe handelt, die mehr oder weniger hell leuchten kann, sondern um eine gasgefüllte Glimmlampe, deren Zusammenhang zwischen Zünd- und Brennspannung nicht ganz trivial ist. Aber seinerzeit hatte man eben nichts besseres.

In Abhängigkeit vom voreingestellten Grundstrom und damit der anliegenden Spannung zündet die Lampe vermutlich eher oder später, glimmt dadurch auch mehr oder weniger an ihren beiden Elektroden, was sich als stärkere oder schwächere „Modulation“ des NF-Signales zeigt, wenn ihr Vorwiderstand, sprich V3II, nun auch noch durch die Höhe der Amplituden mehr oder weniger stark in seinen Werten schwankt. Ich vermute, dass dieses „Factory Adjustment“ darauf hinweisen soll, dass die Lampe in ihrer Grundeinstellung nicht überreizt werden sollte, um ein Durchschlagen zu verhindern.

Damit würde das Vorhandensein des Stabis klar sein: Ohne ihn würden spannungsmäßig aufgrund seinerzeit schwankender Netz- und somit Betriebsspannungsverhältnisse unter Umständen zu undefinierte Verhältnisse an der Glimmlampe auftreten. Das versucht man, durch den Stabi zu vermeiden. Ob hingegen der Tremologenerator seine Frequenz so genau einhält, du lieber Himmel! Ist ja kein Messgerät. Wer hört das schon, wenn so ein Tremolo in seiner Frequenz mal etwas taumeln würde. :D

--

Wo ist er, der LDR-1?

Das Chassis ist rückseitig gut abgeschirmt („Huch, ist ja wie bei meinem alten Kurzwellen-Empfänger“ entfuhr es mir überrascht, als ich das Chassis endlich draußen hatte. Was nur geht, wenn man die Frontplatte mitsamt dem Speaker ausbaut...):

Pic_013.jpg


Da ist das Corpus Delicti…

Pic_014.jpg


…welches mir im Laufe der Arbeiten an dem Amp noch ganz schön Kopfzerbrechen bereiten sollte. Links in der Ümhüllung eingebettet, liegt der CdS-Widerstand. Rechts daneben, die Glimmlampe. Schaut man genauer hin, so sieht man, dass die Umhüllung bereits porös geworden ist und einen Riß bekommen hat.

(Wird fortgesetzt)

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Einwurf:

Man lässt im Nachgang die Arbeit Revue passieren, die Gedanken sacken und surft eher träge zum Amp. Und schon kommt der Zufall und sagt: „Schau‘ mal, was
gefunden!“

Hier finde ich jetzt einen Link, der mir einen Hinweis zum LDR gibt und zwar speziell zum darin verwendeten Leuchtmittel. Es kann nämlich durchaus sein, dass es sich doch nicht um eine Glimmlampe handelt, wie ich ursprünglich annahm, sondern tatsächlich um eine Glühlampe.

Das würde ganz einfach die Differenzspannung (die man über die Kathode mittels des Einstellpotis voreinstellen kann) von der Anode V3II zur notwendigerweise stabilisierten Betriebsspannung erklären. Der Strom fließt auch durch die zur Triode in Reihe geschalteten Glühlampe und lässt sie im Ruhezustand bereits mehr oder weniger leuchten – nämlich je nach Höhe der Differenzspannung. Die Einstellung („Factory Adjustent“) ist so zu tätigen, dass die Glühlampe nur bei maximaler Amplitude des Tremologenerators hell leuchten soll, aber noch nicht durchbrennen darf: V3II steuert durch und zieht einen höheren Strom, weil ihre Gitterspannung aufgrund des maximal positiven Amplitudenhubes maximal positiv wird. Was zur Folge hat, dass die Differenzspannung, d.h. der Spannungsabfall an ihrer Anode steigt bis zu einem Maximum, welches nicht überschritten werden darf.

Eigentlich ganz einfach. :gruebel:

Hätte ich den Amp noch, dann könnte ich das fix mittels einer Durchgangsprüfung an der Lampe überprüfen. Bislang hatte ich mich gedanklich zu sehr auf eine Glimmlampe festgelegt und daher ist mir der Gedanke an eine Glühlampe gar nicht gekommen und somit habe ich das auch nicht geprüft. Der Amp ist derzeit zum ausgiebigen Testen beim Kunden. OK, beim nächsten Mal weiß ich mehr dazu!

Dessenungeachtet: Die Lampe ist nicht das Problem, sondern der Fotowiderstand.

(Wird fortgesetzt)
 
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Ich hoffe, ihr seid noch etwas leidensfähig angesichts meiner sehr technisch-trockenen Darstellung. Aber allzu sehr werde ich nicht mehr damit langweilen, versprochen! Zwei aus meiner Sicht wesentliche Dinge möchte ich gerne noch zur Schaltung des Amps loswerden, dann ist es so gut wie geschafft. 🙂

Die Treble-Regler.

Haben wir im Fender nur einen Tone-Stack, der die Höhen (flapsig geschrieben) nur mehr oder weniger bedämpft, so liegt der Sachverhalt hier anders. Dazu ein Bild, welches die AC-Spannungen aufzeigt:

Bild__Spannungen.jpg


Oben sieht man den Kanal 1 mit seiner eingespeiste Spannung von 37 mV an der Inputbuchse 1 und waagerecht dazu die gemessenen Spannungen.
Darunter findet man die analog dazu am baugleichen Kanal 2 eingespeisten und gemessenen Spannungen.

Die rot und grün markierten Spannungen sollen uns noch nicht interessieren, sondern erst einmal nur die an den Steuergittern der Röhre 5 eingespeisten 37 mV mit ihrer Anmerkung 2).

Dreht man den oder die Treble-Regler auf (vergleiche dazu auch mit dem Schematic), so passiert folgendes:

Dreht man sie auf, so dreht man sie gegen Masse. Dadurch wird der Wechselspannungskurzschluss der beiden Kondensatoren 0,022 µF und 0,22 µF durch den Widerstand des Potis mehr und mehr bedämpft und somit wirkungsloser. Infolgedessen werden jetzt nicht nur mehr Höhen durchgelassen, sondern es steigt die Verstärkung der Röhrenstufe – und zwar so dermaßen gewaltig, dass sich bei voll aufgedrehten Höhen ein eingespeister Sinus an den nachgeschalteten Stufen problemlos zu einem Rechteck verformen lässt.

Und bei nicht abgeschirmtem Chassis tritt Selbsterregung = Schwingneigung auf.

Wohl gemerkt: bei 1000 Hz. Bei höherer Frequenz reagiert die Treblestufe in beiden Kanälen geradezu gemeingefährlich. Bei 1000 Hz mag das ja alles noch angehen, aber die Signale der Gitarre liefern ja mehr. Und je höher die Frequenz, umso wirksamer die Bedämpfung des HF-Kurzschlusses, um so mehr steigt die Verstärkung der Stufe…

…was bei Dauertonmessungen mit hoher Frequenz > 3000 Hz und voller Leistung dazu führt, dass die die Endstufe in den Schirmgitterbetrieb geht, so dass deren Schirmgitterwiderstände bei falscher Dimensionierung beginnen, sich rauchend zu verabschieden (Hinweis an die Techs – Obacht, nicht machen oder wenn, dann bitte nur kurz). :opa:

Im ganz normalen Spielbetrieb passiert nichts. Man merkt eben nur den starken Höhenhub, wenn man zu unvorsichtig am Regler dreht. Oder gemessen und in AC-Spannungswerten ausgedrückt:

  • Treble zu: 152 mV -> Vu = 4,11 (im Bild dargestellt)
  • Treble auf: 350 mV -> Vu = 9,49
  • Treble zu: 450 mV -> Vu = 12,16 (im Bild dargestellt)
  • Treble auf: 870 mV -> Vu = 23,51

Hinsichtlich der höheren Spannungen am Kanal 2 ist das klar: R2 ist nur etwa 0,3x so groß wie R1. Folglich „geht da mehr durch“.

Alle Spannungsangaben gelten stets unter der Beachtung eines unverzerrten Sinus. Während aller Messungen hing immer ein Oszilloskop mit am Amp bzw. an den zu überwachenden Punkten:

Pic_015.jpg


(Wer's bemerkt: Der heiße Lötkolben (rote Kontrolleuchte ist an, Voltmeter zeigt an) begann, mir die graue Netzstrippe des NF-Röhrenvoltmeters anzukokeln... Unten rechts... :facepalm1:)

Die Potiwiderstände sind mit den Jahren mehr oder weniger stark nach unten gedriftet, lassen sich aber dennoch gut verwenden.

Alles gut?

Ja, wenn er nicht wäre. Nämlich

Der Fotowiderstand.

Oft genug habe ich es angedeutet und hier nun ausführlicher. Schauen wir uns wieder das Bild mit den Spannungen an und achten dieses Mal auf die Markierungen (ggf. den Schematic mit zur Hand nehmen).

Grün markiert: Die gemessene Spannung am Steuergitter der zuständigen Triode (Röhre 4) des Kanales 1 bei eingespeisten 37 mV an der Klinkenbuchse 1 des Kanales 1.
Rot markiert: das Gleiche für den Kanal 2.

Die 1) steht lediglich für die Stellung der Regler: L voll auf, B, M und T sind voll zu. Im Channel 2 sind R und D zu. Das aber nur nebenbei.

Man sieht, dass im eigentlich baugleichen Kanal 2 statt der 204 mV gerade mal nur 6,1 mV ankommen, also nur das 0,03fache der oberen Spannung.

Warum ist das so?

Das liegt am Fotowiderstand. Er zieht die ankommende NF-Spannung runter nach Masse. Er ist hier die Achillesferse im Amp. Dazu ein weiteres Bild:

Bild__RDC.jpg


Natürlich ist es relativ einfach, mal den blau beschriebenen Eingangswiderstand an den Steuergittern der Röhre 4 zu messen. Man findet, dass Re1DC und Re2DC identische Werte haben – als DC-Werte. Das verwundert nicht ansatzweise, denn so ein LDR hat einen Dunkelwiderstand von > 20MOhm (gemessen und mit baugleichen CdS-Widerständen vergleichen, die ich im Fundus habe) und somit sind in dieser Hinsicht beide Kanäle auch völlig identisch wirkend.

Aber unsere NF ist eine Wechselspannung. Der DC-Eingangswiderstand nützt uns hier somit gar nichts.

Und damit bin ich mit meinem Latein am Ende.

Klemme ich an α (Bild oben) nur mal den LDR ab (lasse die Bedämpfung des Kanales durch den Reverb-Pfad stehen), so reagiert der Kanal völlig korrekt: Die eingespeisten 37 mV gehen über den kleineren R2 so dermaßen bis zum Steuergitter der Röhre 5 durch, dass ein richtiger Wumms dort ansteht. Oder vorgreifend in Spannung ausgedrückt: Ich erhalte bei 37 mV und 1000 Hz an Kanal 2 Buchse 1 an meinem Load mit 16 Ohm eine verzerrungsfreie Spannung (unverzerrt geht es noch viel höher, ist dann aber nur noch als Blödsinn zu messen) von 26,5 Volt. Was rund 44 Watt macht, wenn ich mich nicht verrechnet habe. L dabei voll auf, die übrigen Regler variiert bis kurz vor Schwingungseinsatz. Man kann für diesen Test nicht mal richtig den Reverb-Regler aufdrehen, sofort schaukelt sich der Hall auf.

Tja: Aber eben nur mit abgeklemmtem Fotowiderstand.

--

Ich kann nur vermuten, dass der Fotowiderstand wie ein Kondensator wirkt, der die ankommende NF nach Masse kurzschließt. Dementsprechend folgerichtig muss ich meinen NF-Generator am Steuergitter der Röhre 5 des Kanales 2 weiter aufdrehen, um die 37 mV einzuspeisen, als wenn ich damit am Kanal 1 wäre. Warum der LDR das tut, weiß ich nicht. Alterung? Normales Verhalten? :gruebel:

Zum Thema „Alterung“ schreibt das Web nur: „…unterliegen keiner Alterung“. In elektrotechnischen Foren gibt es ähnlich gelagerte Meinungen dazu. Die Hobbyfotografen schreiben hier allerdings etwas ganz anderes, dass nämlich solche Cadmiumsulfid-Widerstände sehr wohl altern, was sie nämlich dadurch bemerken, dass sie – in ihre Belichtungsmesser eingebaut – mit zunehmendem Alter falsche Meßwerte für Belichtungszeit und Blende liefern! Allerdings arbeiten derartige Belichtungsmesser nicht mit Wechsel- sondern oft mit Gleichspannungen (und in Brückenschaltungen). Somit hilft mir ihr Ansatz nicht weiter.

Selbst ein Zollner gibt hier keine erschöpfende Auskunft (und das geht mir nicht runter wie Öl).

Gibson hält sich hierzu auf Anfrage – wen wundert’s – bedeckt. Auch die Bedienungsanleitung gibt nichts her: Soll der Kanal so unempfindlich sein? Oder anders gefragt: Wieviel Eingangsspannung soll dieser Kanal „Instruments“ bekommen, um verzerrungsfrei 50 Watt an den Speaker zu liefern? Ich weiß es nicht. Und überhaupt, wo ich schon mal frage: Sind die 50 Watt nur eine Werbeaussage oder was liefert der Amp wirklich?? Zum jetzigen Zeitpunkt wusste ich dazu – nichts.

Was ich nur zusammentragen kann: Leo Fender baute möglicherweise aus gutem Grund in seine Amps solche Optokoppler eben nicht „vorn“ in die NF-Pfade ein, die nur relativ kleine NF-Spannungen verarbeiten. Sicherlich dachte er damals noch nicht an Alterung der LDR, wohl aber vielleicht daran, dass deren "Kondensatorwirkungen" (die mäanderförmigen, lichtempfindlichen Leiterbahnen auf dem Dielektrikum?) die kostbare NF-Spannung nicht ruinieren soll und daher wirken bei seinen Amps die Fotowiderstände, salopp gesprochen, in einem Amp „erst weit hinten“, wo genügend Pegel da ist? Genial, wenn er hier vorausschauend gedacht hat. :gruebel:

Nun brauche ich Leute mit fundierten Kenntnissen über solche alten CdS-Widerstände. Anders komme ich an dieser Stelle nicht weiter. An meinen im Fundus liegenden CdS-Widerständen werde ich mich, wenn ich Zeit finde, mit Kapacitance-Messungen beschäftigen. Herzlichen Dank an dieser Stelle für jede Zuarbeit.

(Wird fortgesetzt)


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Das nenne ich Passion. Mensch, da steckt vieleicht Arbeit und viel Liebe zum Detail drin, wie Du die Fehlersuche schilderst.
Es tut mir leid, dass ich kaum ein Wort verstanden habe, aber ich bewundere Menschen, die sich mit dem Elektrogedöns auskennen.

Ich schätze, Du hast ihn noch nicht zum Singen gebracht.
Ich bin durch Zufall über eine Soundkostprobe von Deinem Modell gestolpert bei meinem Lieblingsverstärkertester.


View: https://www.youtube.com/watch?v=rhBtD1KDMFg
 
Wahnsinnig tiefgreifend. Das ist Meisterklasse (y)(y)
 
Hallo Stratspieler,
Schöner Artikel. Ich hatte vor Jahren einen Ga 45 und einen GA 75, aber weiss nicht mehr welches der Zahlreichen 75er Abwandlungen ich hatte. Bei Pittmann findet man ja einige Gibson Schaltbilder, aber dein Exemplar ist nicht dabei. Danke für die Arbeit an dem Schaltbild. Bekannt waren ja ehr die kleinen Amps, wie der GA5, der von Cooder und Lindley gespielt wurden.
Ich fand die 45er und 75er zwar interessant, aber die waren schon recht leise und hatten einen jazzigen Ton, der aus der R/C Kombination resultierte die ähnlich wie eine HiFi Loudness arbeitet. Der Aufbau ist ja auch schon als Chaotisch anzusehen.
Als kleine technische Anmerkung … die Phasen Inverter (PI) Stufe ist eine Kathodyn Schaltung, die eine Verstärkung von < 1 hat, daher hat der Elko über den 2.2k Widerstand keine Gegenkopplungsfunktion, sondern dient der Signal Symmetrierung, da dieser Verstärker keine Gegenkopplung vom Ausgang hat und Symmetrie wichtig ist. Da die Spannung am Elko zwar gegen Masse 57V bzw. 56V beträgt, also die Spannung über den Elko ca 1V beträgt, ist ein 6V Typ OK.
Alles in allem ein schöner Artikel. Tolle Arbeit
Gruss
 
Das nenne ich Passion. Mensch, da steckt vieleicht Arbeit und viel Liebe zum Detail drin, wie Du die Fehlersuche schilderst...

Danke! :)

Du hast ihn noch nicht zum Singen gebracht...

Doch, er singt. Ich habe nur noch nicht Zeit zum Schreiben gefunden. Bitte noch etwas Geduld. Zurzeit steht ein "Dr. Z" auf dem Werkstatttisch, der soll zügig wieder singen.

Ich bin durch Zufall über eine Soundkostprobe von Deinem Modell gestolpert...

Das war der akustische Kaufgrund für den Kunden. Was ich bewusst spaßig-überspitzt hier schrieb. Was im Enthusiasmus des "Habbe will" aber überhört wurde und was ich eingangs schrieb: Man hört einen Hall, aber die Gitarre steckt nicht im Hallkanal. Es ist ein Ton zu hören, den der Amp per se so nicht liefert.
 
Das war der akustische Kaufgrund für den Kunden. Was ich bewusst spaßig-überspitzt hier schrieb. Was im Enthusiasmus des "Habbe will" aber überhört wurde und was ich eingangs schrieb: Man hört einen Hall, aber die Gitarre steckt nicht im Hallkanal. Es ist ein Ton zu hören, den der Amp per se so nicht liefert.
Das versteh ich nun wieder nicht, dass der Ton ohne Hall ein völlig anderer sein soll bei einem Verstärker. Johan fügt immer noch ein wenig Hall in der Software hinzu, den Rest (Hall im Raum)) erledigt das zweite Mikro in 3-4 m Entfernung. Es sei denn, Johan doppelt die Aufnahmespur leicht versetzt, damit es fetter klingt - sodaß ein "falscher" und imposanter Eindruck entsteht. :unsure: Würde aber nicht darüber hinwegtäuschen dass der Amp in besagtem Video nur heiße Luft liefert .. also .. zusammen mit der Paula kommt da schon ordentlich Druck und Dynamik zustande.
 
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.. also .. zusammen mit der Paula kommt da schon ordentlich Druck und Dynamik zustande.

Ja, kommt und darüber werde ich auch in der Fortsetzung meines Reviews schreiben.

Zu YT: Das ist nur meine rein persönliche Abneigung, wenn jemand einen Amp vorstellt und dann wird auf ihm gezerrt und dann noch mit einer Paula drauf herumgefiedelt. :gruebel:

Für mich muss so ein "fremder Amp" erst einmal clean klingen (können im Sinne von "Vorstellen, d.h. er muss zeigen, was er kann"). Gezerrt wird aus meiner Sicht klanglich oft viel kaputt gemacht, klanglich "gleichgeschaltet", klanglich viel komprimiert, wenn Stufen übersteuert werden oder je nach Wumms in ihre Sättigung kommen. Wenn Arbeitspunkte von Endstufen wandern, weil deren Betriebsspannungen durch Belastung der Netzteile absinken, dann ändert sich auch ihr Dynamikverhalten; die Impulsantwort des Amps.

Vielleicht bin ich da zu falsch: Wenn ich einen Rennwagen vorstelle, dann präsentiere ich ihn im Rennbereich, was er so drauf hat, klar. Stelle ich einen "normalen Wagen" vor, dann zeige ich ihn unter normaler Belastung. "Rennen" kann man damit vielleicht auch, was seine Endgeschwindigkeit angeht, aber das ist dann für so ein Auto eher ein Grenzbereich.

Hier gehe ich angesichts der Schaltung, des zeitlichen Erscheinens und vonseiten des Herstellers aus, dass der Amp ursprünglich nicht für Zerrbetrieb vorgesehen war.

Aber natürlich: Jeder hat da seine eigenen Vorstellungen und Vorlieben. Und "Vielzerrer" hören da aus ihrer Erfahrung mit verschiedensten Amps mit Sicherheit schon bei so einer Vorstellung mehr heraus als ich. :)
 
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Die Beschreibung mit dem Rennwagen trifft es schon ganz gut. Gemäß des Baujahres ist der Gibson eher nicht für den Vollgasbereich konstruiert worden.
Naja, aber man kann es ja mal ausprobieren - tja und dann hat es ziehmlich vielen Musikern und Zuhörern gefallen, wenn es anfängt zu verzerren - die wilde Zeit der Rockmusik nahm ihren Lauf. :giggle:
Wem sage ich das, Du operierst die Kisten tagtäglich am Herzen und kennst die Eingeweide. ;)

Kannst ja mal bei einigen Videos von Johan Segeborn reinhören. Er läßt alte Fender wie Marshalls klingen, oder sagen wir mal so, oben rum klingen sie alle relativ ähnlich, aber sagenhaft, jedenfalls für meine Ohren. Ich kann mich kaum satt hören in seinem Kanal, er fährt diese alten Amps am Limit und es klingt fantastisch.
Ich denke, dass er sich schon damit auskennt und weiß was er tut. Wissenschaft im Sinne klassischer Rockmusik!
 
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So, der überwiegende Teil des Technisch-Trockenen ist geschafft. Bevor ich nun zur sicherlich am meisten interessierenden Frage komme, wie es denn nun klingt, möchte ich noch kurz einige Worte zum Anlieferungszustand des Gibsons verlieren.

Alle Kathodenelkos waren hochohmig geworden. Ebenso die Kohlepress-Schirmgitterwiderstände der beiden Endröhren. Überdies hatte jemand am Netztrafo herumgebastelt und dessen Mittelanzapfung für die HV eine Diode verpasst:

Bild__Modifikation_Netzteil.jpg


Amp-Spezies, die ich dazu befragte, konnten mir nicht helfen, eine Antwort blieb aus. Ich konnte mir keinen Reim aus dieser Schaltungsmaßnahme machen, also flog die rot markierte Diode raus und der Anschluß ging wieder an Masse. Die originale Doppeldiode KX1663 oder KXI663 flog auch über’n Jordan, da an ihr ebenfalls Manipulationen festzustellen waren. Ich habe sie nicht durch 1N4007, sondern durch hochwertigere UF5408 ersetzt.

Die Prüfung der Röhren ergab, dass sie ziemlich runter waren. In der Tabelle habe ich einmal die Istwerte ihrer Anodenströme rot gegen die Sollwert grün und ihre Noch-Leistungsfähigkeit schwarz in % dargestellt:

Bild__Röhrentest.jpg


Auch wenn die beiden JJ 6L6GC noch jeweils rund 92% und 99% an Anodenstrom brachten, sowie eine der 6EU7 mit ihren 96,7% auch noch recht gut da stand – der Amp lieferte nichts. Oder anders: Er schaffte in seinem LDR-freien Kanal 1, der sozusagen mein Testkanal wurde, gerade mal verzerrungsfreie 3,47 Watt und dann war Schluß.

Das Überprüfen des OT ergab ein gut funktionierendes Übersetzungsverhältnis und keine versteckten Windungsschlüsse. Neue Endröhren lieferten immer noch nichts, es kam einfach nicht genug Pegel an die Endstufe heran. Das hat mir eine ganze Weile Kopfzerbrechen bereitet, denn eigentlich lieferten andere Amps auch mit solchen mehr oder weniger ausgelutschten Röhren immer noch irgendetwas. Egal, an welcher Stelle ich Signal mit entsprechend hoher Spannung einspeiste. Hier war dem nicht so, trotz aller Überprüfungen und Kontrollmessungen. Die Drift der Potis ist zu verschmerzen, die Werte der Kohlepresswiderstände nebst diverser, gemessener Kondensatoren liegen alle immer noch innerhalb ihrer Toleranzen. Selbst die weiße, silikonähnliche Klebemasse zeigt keine hinterfiesen Schlüsse oder Hochohmigkeiten gegen irgendwas wegen luftfeuchtigkeitsbedingter Veränderungen des Materials. Der Gibson wollte einfach nicht. Also konnten es nur noch die Vorröhren sein. So dass ich mich dann schließlich nach allem Abwägen und schweren Herzens in Absprache mit dem Besitzer entschloss, dem Amp nicht nur neue Endröhren, sondern eben auch einen kompletten Satz neuer Röhren zu spendieren. Was ich eigentlich ungern mache, wenn Vorröhren irgendwie noch Leben zeigen und vor allem angesichts der derzeitigen Preise. Der Spannungsstabi OA2 ist soweit in Ordnung, der musste nicht ersetzt werden.

Dirk konnte wenigstens relativ günstig die Tung-Sol 6L6 Reissues liefern. Die übrigen Röhren lieferte TAD. Die 6EU7 sind alle Tung-Sol, die 12AU7 stammt von EH und die 6FQ7 ist eine NOS-Röhre von General Electric.

In Summe kosteten die 8 Röhren eben mal runde 282,- Euro dazu. Ohne Versandkosten. Alleine die 4 (vier!) 6EU7 kosten derzeit etwa 151,- Euro.

Der Entschluss war richtig. Und im Nachhinein erfuhr ich vom jetzigen Besitzer, dass er sich mit dem Verkäufer bezüglich eines Preisnachlasses einigen konnte.

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Zwischenzeitlich bestrich ich den Riß (Pfeil) im „Gehäuse“ des Optokopplers…

Pic_014.jpg


…mit schwarzer Vergusspampe, um sicher zu gehen, dass keinerlei Fremdlicht mehr meine NF-Spannungsmessungen stören würde. Auf dem Bild übrigens gut zu erkennen sind noch die schwarzen, originalen Kathodenelkos, die ich gegen neue austauschte. Desweiteren erneuerte ich den Anschluß des Kabels für die Schutzerde. Zur Erinnerung:

Vorher:

Pic_018.jpg


Jetzt (muss mir Ersatz zum Crimpen besorgen):

Pic_019.jpg


Zur Anwendung kam hier eine Zahnscheibe mit Lötöse für zwei Bohrungen, durch die die Litze hindurch musste.

Die neuen Röhren wurden bald geliefert. Röhren rein, Amp noch mit all seiner an ihn verkabelten Meßtechnik eingeschaltet und gemessen, ich konnte nichts Auffälliges feststellen. Alle DC-Spannungen stimmten bzw. lagen so, wie ich mir das vorstellte. Das übrigens extreme Brummen im Kanal 2 bei ausgebautem Amp kommt vom Steuergitter Röhre 2, Pin 8. Schließt man es kurz oder zieht den Stecker vom ebenfalls ausgebauten Reverb-Tank ab, dann ist das Brummen weg. Ist der Amp zusammengebaut, dann brummt nichts.

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Ich gleite gedanklich ein wenig ab: Kennt ihr das? Nach Tagen der Arbeit. Man kennt die Gurke inzwischen in- und auswendig, alles ist gemessen, geprüft und bedacht, kurzum: durch. Nun kann sie nur noch liefern…

Es kommt für einen Moment dieses Irrationale, diese Metaebene aus gemessenen Spannungswerten, Rechnen, Kopfzerbrechen, vielleicht aus Erfahrung, vielleicht aufgrund des Anblickes und Geruchs der heißen Endröhren, des satten, aber nicht angestrengten Brummens des Netztrafos… Es ist nicht nur das Denken. Es ist dieses Gefühl, diese Bestätigung: „Jetzt köchelt der Amp zufrieden vor sich hin, so ist es richtig, so hat es zu sein“. Ein Vorher hat nicht gepasst und nicht gestimmt. Jetzt ist erst der richtige Punkt erreicht, ein Moment des entspannten Zurücklehnens.

--

Eine Brummprobe an der Inputbuchse des Kanales 1 liefert nun einen ordentlich Wumms. Die eingespeiste Testspannung meiner inzwischen fertiggestellten Prüfvorschrift liefert handfeste und vor allem reproduzierbare Werte und jetzt geht es nur noch entweder mit Gehörschützer oder mit dem umschaltbaren Loadwiderstand ("Loadi"), den ich mir einst baute.

Bitte, Sie wünschen, wir spielen: 37 mV / 1000 Hz Input am Kanal 1, Buchse 1 liefern bei entsprechender Einstellung der Regler (Loudness dabei voll auf) einen sauberen, verzerrungsfreien Sinus von 26,8 Volt an den Speaker oder an den Load, was nach Herrn Ohm rein rechnerisch 44,89 Watt macht.

Das ist doch schon mal was! Und dreht man am „gemeingefährlichen“ Höhenregler oder an der Frequenz des Tongenerators oder dreht Mid Range und Bass entsprechend dazu, so geht das alles noch etwas durchdringender. Der Gehörschützer täuscht nicht. Lieber auf "Loadi" umgeschaltet, besser ist das. Und messen kann man diesen sich verformenden Sinus eh' nicht mehr.

Hm, warum dann also nicht einfach mal eine Gitarre am Kanal 1 testen? Bauen wir den Amp zusammen! :)

(Schluß folgt)
 
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Das erste Einschalten des zusammengebauten Amps überraschte mich dann doch. Denn ich hörte – so gut wie nichts. Kein störendes, nur ganz leises Rauschen, kein Brummen mehr, nichts weiter. Oha!?

Und mir kam angesichts des Drüber-Nachdenkens über den Amp („Wie testen, wenn der Kanal 2 wegen des LDR nur sehr wenig liefert?") eine simple Idee:

Pic_016.jpg


Einfach patchen.

--

Strat in den Kanal 1.

Und es haute mich sprichwörtlich aus den Socken. Das hatte ich nicht erwartet.

Vorsicht, jetzt kommt viel Subjektives. Man sehe es mir bitte nach: Sachlich zu bleiben, wird jetzt schwierig!

Ich habe schon viele alte Amps repariert und hinterher probegespielt, resp. getestet. Im Gedächtnis geblieben von allen sind mir bisher nur zweie, nämlich damals der BF Vibrolux Reverb mit seinen bestens erhaltenen Oxford-Speakern und nur einer (!) der vielen SF Twin Reverbs: Tonfülle, Klarheit, ausgewogene Wiedergabe und vor allem diese unglaubliche Dreidimensionalität, dieses „Ton im ganzen Raum, warum hört man, verdammt noch mal, keine Punktschallquelle mehr?“.

Nun gesellt sich dieser GA77-RVT Vanguard dazu.

Der Klang mit der Strat ist unglaublich. Clean, clean und nochmals clean. Runter vom tiefsten Bass bis hoch zu den Höhen (Treble-Regler dabei fast zu). Man kann Loudness aufdrehen bis zum Anschlag – und der Speaker schiebt achselzuckend und drückt, knallt die Bässe raus, ohne zu mulmen, ohne zu matschen, ohne zu dröhnen, ohne zu flattern. Unglaublich, wie stabil der läuft und wie phantastisch das klingt. Die Klangregler greifen – anders als ein Fender Tonestack – mit großer Wirkungsbreite ins Geschehen ein. Eine gegenseitige Beeinflussung ist kaum hörbar. Der Treble-Regler mit seiner davor hängenden, eigenen Triodenstufe (hinreichend erklärt) kann den Klang heftig bissig machen oder eben auch total „weich“.

Und nun der gepatchte Kanal 2 dazu und man beginnt zu träumen. Reverb je nach Reglerstellung bis zum Abwinken, lediglich das Tremolo muss man relativ weit aufdrehen. But so what. Allen Ernstes nimmt man diesem Amp sofort eine Authentizität seines Tones ab, dass man glaubt, man höre einen alten Originalsong unmittelbar in dieser Zeit.

Und alles mit einer Dynamik... Man dreht voll auf und hört jetzt die Gitarre mit dem Amp regelrecht atmen, wenn man die Saiten auch nur hauchzart berührt.

Pic_017.jpg


Wechselt man auf Humbucker (bei mir war es meine Ibanez AS93, Review mit Bildern wird mal folgen) und reguliert am Amp jetzt auch bei Bedarf die Höhen nach: Auch hier kommt eine Wiedergabe, dass man glaubt, man träumt. Von Jazz bis Brett ist alles drin. Kein Mulm, kein Matsch, keine künstlich gepushten Frequenzbereiche, nichts.

Ungelogen, es klingt einfach phantastisch. So etwas habe ich schon lange nicht mehr gehört. Punkt.

Nur so nebenbei: Wenn ein Kunde da ist und seinen Amp testet, sitze ich meistens schräg hinter dem Amp. Die meisten Amps klingen aus dieser Sitzposition irgendwie komisch. Der Gibson nicht. Und man spürt bei hohen Lautstärken den Luftdruck der Speakermembran gegen die Wade, wenn eine Strat ihr tiefen Töne herausknallt.

--

Hinterher, beim Drüber-Nachdenken war es mir dann klar, warum der Amp so klingen muss. Eine aufwändige Schaltung hinsichtlich ihrer Klangregler, gepaart mit zwei „dicken Eisen“ bezüglich der Trafos. Dazu ein außergewöhnlich guter Fünfzehnzöller. Der Vergleich hinkt, aber meine beiden Excelsioren mit ihren Billigst-Fünfzehnzöllern lassen das erahnen, in welche Richtung das gehen muss. Ein Fünfzehnzöller hat nun mal eine andere Tiefe in seinem Klang. Das alles zusätzlich gewürzt mit Hall und Tremolo, dann vom Hersteller Gibson, der sehr wahrscheinlich in Konkurrenz zu Fender stand und möglicherweise tonal mehr bieten wollte (vielleicht ließ Lester Polsfuss grüßen?).

Da kommt eben keine von einem großmäuligen Controlling, welches zwar vielleicht irgendwo günstig einkaufen kann, aber ansonsten technisch von Tuten und Blasen keine Ahnung hat, kostenoptimiert hergestellte und künstlich auf Tiefbass abgestimmte Möchtegern-Großsein-Hasenkiste. Dieser Gibson wurde sinnbildlich aus dem Vollen gefräst. So einfach ist das. Der Amp spielt „einfach so“. Ohne Netz und doppeltem Boden.

Thema Patch: Da der Reverb vor dem Loudness-Regler abgezweigt wird (siehe Blockschaltbild), hat man auch bei zugedrehter Loudness des Kanales 2 immer den Reverb im Kanal 1 da, sowie das Tremolo. Das Ganze lässt sich wie ein aufwändiges, mit diversen Reglern versehenes On-Board-Effektgerät betrachten, welches durch das Patchen parallel zum Kanal 1 geschaltet ist und man kann mit den Reglern des Kanales 2 Reverb und Tremolo vorzüglich mit vielen Facetten würzen.

Ihr lest es: Meine Begeisterung kennt keine Grenzen.

--

Auch wenn der Kanal 2 wegen des Fotowiderstandes nicht korrekt funktioniert??

Darüber habe ich mir lange den Kopf zerbrochen. Laut Bedienungsanleitung ist der Kanal 2 für „Instruments“ und der Kanal 1 für „Microphone“. Was bedeutet „Instruments“? Konkret: Wieviel Eingangsspannung muss der Kanal eigentlich kriegen, um seine rund 50 Watt zu liefern? Kann und konnte der das überhaupt oder ist der LDR schon immer die Achillesferse dieses Kanales gewesen? Gibson hat wie alle Hersteller auch nur Werbung gemacht. Hat man es also auch "einfach nur" mit technischen Daten nicht so genau genommen? Ich weiß es nicht und konnte bislang nichts dazu recherchieren. Außer, dass ich eben sehe und höre, dass auf YT im Kanal 1 eine Les Paul dran hängt und natürlich kann die dann „braten ohne Ende“ (wo es mich angesichts dieses Amps schüttelt… :ugly:).

Soll man den Amp nun so lassen oder soll man angesichts des Themas „Fotowiderstand“ weiter dran basteln? Freilich kann man an der Schaltung, resp. Einspeisung des Tremolo- und Reverbanteiles experimentieren. Aber ich will nichts verschlimmbessern. Und - Raubt man so einem Amp nicht ein Stück seiner Originalität; nur, damit er „um jeden Preis“ funktioniert?

Bei dem Sound und der Patchmöglichkeit habe ich mich entschieden, die Arbeiten zunächst nicht weiter fortzusetzen. Der Kunde hat ihn so zurück bekommen.

Mein vielleicht falscher Denkansatz: Hat jemand einen Oldtimer (Auto oder Motorrad), so ändert er ja auch nichts an dessen Bedienelementen; also vertauscht z.B. Kupplung und Bremse am Lenker oder baut sich eine Servolenkung ein oder andere Schalter und ein anderes Radio. So ein Oldtimer ist wie ein Oldtimer zu bedienen und das ist eben so ein Amp auch. Warum womöglich verschlimmbessern, wenn es mit dem Patch geht? Und kommt Zeit, kommt Rat. Vielleicht gibt es eine Idee bezüglich des LDR, auf die man nur noch nicht gekommen ist? Der Kunde kann den Amp problemlos spielen.

Erst vor wenigen Tagen bekam ich die Information, dass der Vorbesitzer diesen Amp auch gepatcht spielte. Muss angesichts des damaligen Gesamtzustandes scheußlich geklungen haben… Wahrscheinlich gezerrt mit einer Les Paul dran… :ugly:


Was bleibt?

Angesichts der jetzigen Entwicklung bezüglich Verfügbarkeit und Preislage alleine nur schon für Röhren und für solche Amps generell und hinzukommend, dass die moderne Technik (ich denke hier nur mal an das Ox und frage mich: Was kommt danach?) immer besser, immer „betörender“ wird – zwar nur simuliert und nicht „in Echt“, aber sei es mal drum. Wenn letztendlich die Ohren und ein Geldbeutel eines modernen, pragmatisch, „anders“ (z.B. auch mythen- und legendenbefreit) denkenden Kunde entscheidet: Wer wird sich künftig so einen Amp zulegen, schleppen und spielen?

* Sammler, die das nötige Kleingeld haben und die sich solche Amps hinstellen als Wertanlage oder um sich an ihnen zu erfreuen
* Sammler mit noch mehr nötigem Kleingeld, die solche Amps auch spielen möchten und die befreundete Techs haben, so dass das Thema „kostet Kleinwagen“ aufgrund Einigung unter Freunden gut geht
* Sammler, die solche Amps spielen möchten, wo das Geld keine Rolle spielt, weil sie jeden Tech bezahlen können…

Aus meiner Sicht wandeln sich solcherart Röhrenverstärker vom alltäglichen Gebrauchsgegenstand zum teuren Luxusobjekt für Liebhaber:

* angesichts der zu zahlenden Preise für die Geräte selbst und für immer notwendiger werdendes Reparaturmaterial (das Alter schlägt gnadenlos zu)
* hinsichtlich der praktischen Anwendbarkeit (die im Vergleich zur derzeitigen und sich weiter entwickelnden Technik eingeschränkt bleibt).

Was bleibt: Es sind diese herrlichen Boliden, die aus einer anderen Zeit zu uns kommen.

--

Ich bedanke mich für das geduldige Mitlesen und für die immer wieder freundliche Duldung der Administration, meinen überwiegend sehr technisch-trockenen Stoff hier in Wort und Bild niederschreiben zu dürfen.

:hat:
 
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die immer wieder freundliche Duldung der Administration, meinen überwiegend sehr technisch-trockenen Stoff hier in Wort und Bild niederschreiben zu dürfen.
Zugegeben verstehe ich (wie vermutlich auch manch anderer) bei weitem nicht alles, lerne aber auch als "alter Sack" noch gerne :) . Daneben fasziniert eben auch, wie begeistert sich jemand in technische Finessen hineinfuchst, Überlegungen nachgeht und seine (Lösungs)Wege kommuniziert :great:.

LG Lenny
 
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Freut mich, dass die Operation gelungen ist.
Kann mich @C_Lenny nur anschließen, dass Dein Review einen hohen Lernfaktor hat, was man denn so erwarten darf bei einem sehr betagten Verstärker.
Der Käufer hat sich echt verhauen, denn ich konnte in einem anderen Video hören, dass der Amp durchweg einen wunderschönen Cleansound hatte, auch weit aufgedreht.
Bei einem Peavey aus den 80gern wäre er günstig rangekommen und seine Soundvorstellungen wären auch getroffen.
 
Ich danke herzlich.

Mir war es wichtig, nicht aufzuzeigen, wie man sich als technisch unbedarfter Soundbegeisterter und Liebhaber umgangssprachlich gesagt "in die Nesseln setzen kann", wenn man so eine "alte Gurke" kauft und dabei - wie in diesem Fall - rein technisch gesehen, eine ziemliche Katze im Sack bekommt, zu der es auch eben nichts weiter gibt oder gab, bis auf ein paar YT-Videos.

Auch möchte ich kein "Boa ey, schaut mal, was ich alles kann", das ist mir ganz wichtig!

Hier war es das Aufzeigen des Aufwandes, der Überlegungen nicht von Seiten eines Käufers. Das lesen wir im Board ja genug. Hier war es mein Versuch, erstmalig (?) einmal die Seite desjenigen zu zeigen, der so eine "Gurke" dann vom Käufer vertrauensvoll in die Finger kriegt: "Mach mal!" - und sich dann, etwas übertrieben geschrieben, die eine oder die andere Nacht den Kopf kratzt, wie man an Unterlagen kommt, wie man dann so einen Amp letztendlich nicht verhunzt, sondern versucht, behutsam in Grenzen zu bleiben; einen Spagat zwischen Aufwand, Nutzen und vor allem Kosten zu schaffen. Was nicht immer leicht ist und angesichts solcher alten Amp-Diven im heutigen Kontext der Politik-, Preis-, und Rohstoffsituation möglicherweise immer schwieriger wird. Eine allgemeine Antwort oder Verfahrensweise gibt es hier sicherlich nicht, jeder Schuster (Tech) wird hier bei seinen Leisten bleiben.

Zugegeben verstehe ich (wie vermutlich auch manch anderer) bei weitem nicht alles...

Um nicht hinsichtlich der Klangergebnisse alles allzu schwülstig oder subjektiv zu machen, flossen bewusst viele technisch-trockene Betrachtungen mit ein; wissend, was Du geschrieben hast. Aber ich brauchte diese Betrachtungen schon auch, um meine dargelegten Überlegungen quasi "zu grundieren". :)
 
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