Akkordanalyse in "After the love has gone"

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Hallo zusammen,

ich arbeite zur Zeit an einem Artikel über Pivot-Akkorde, den ich (vielleicht etwas zu vorschnell?) bereits bei WP veröffentlicht habe.
Unter anderem habe ich als Anwendungsbeispiel "After the love has gone" von E,W & F genommen, da ich in einem Interview mit Jay Graydon (dem Komponistenpartner von David Foster) gelesen habe, dass für Maurice White von E,W & F das Lied umgeschrieben wurde. Dabei wurde auch ein Pivot-Akkord eingesetzt.

Der Originalsong steht komplett in A-Dur. Die E,W & F Version steht in der Strophe in F-Dur. Der Refrain wiederum geht über einen Pivot-Akkord nach As-Dur, bzw. Fis-Dur (je 2 x 4 Takte abwechselnd). Dem vorgeschaltet ist ein Pre-Chorus von zunächst 4 Takten in F-Dur und dann 4 Takten in H-Dur.

Eine ziemlich wilde Harmonisierung. Wer sich das genauer anschauen möchte, hier der Link zu einer sehr guten Darstellung: After the love has gone

Mein Problem ist nun: Was ist das für ein Akkord am Ende der ersten 4 Takte des Pre-Chorus? Es soll laut Webseite ein B9sus4 (engl. Schreibweise) sein. Klickt man in den Takt und hat auf die Chorus-Darstellung umgeschaltet, sieht man folgende Töne: h im Bass, darüber cis - e - a.

Weder die Stufendarstellung noch die Akkordbezeichnung machen für mich einen Sinn in Bezug auf die Ausgangstonart F-Dur. Ich könnte mir dagegen ein A-Dur mit None im Bass vorstellen. Das wäre in Bezug auf F-Dur möglicherweise als Dominante der Tonikaparallele d-moll zu interpretieren.

Alles in allem eine wilde Angelegenheit. Wie seht ihr das an dieser Stelle?

Danke im Voraus für die Tipps und Hilfestellung.

Beste Grüße
 
Was ist das für ein Akkord am Ende der ersten 4 Takte des Pre-Chorus?
Ich höre da einen H7sus (Amaj79/H).
Die daran anschließende Passage ist in H-Dur, und der H7sus (funktioniert dann quasi als zwischenzeitlicher I7) leitet vorzüglich zum folgenden Emaj7-Akkord, der als IV funktioniert, über.

Thomas

PS: In solchen Fällen ist es wirklich hilfreich, eine ganz konkrete Aufnahme und eine Zeitangangabe der betreffenden Stelle zu verlinken, damit man sich nicht mühsam alles selber zusammensuchen muß und damit am Ende auch alle vom selben sprechen.
Nur ein Hinweis.
 
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Es soll laut Webseite ein B9sus4 (engl. Schreibweise) sein. Klickt man in den Takt und hat auf die Chorus-Darstellung umgeschaltet, sieht man folgende Töne: h im Bass, darüber cis - e - a.
Das wären die 9, 11, und Dominant 7 des B7sus (dt. B=H), also akkorddefinierend 7 & 11 plus die Tension 9.
Der Eintritt des "nicht diatonischen" Akkords B7sus in der zweiten Takthälfte deutet an, dass die Tonart F-Dur verlassen werden könnte. Ob das tatsächlich passiert wie im Beispiel, das hängt von der weiteren Akkordfolge ab.

Die Grafik bei Hook Theory zeigt das gut.
hook theory 1.jpg


Eine fallende Quint des Grundtons (B -> E) ist bei Akkordfortschreitungen sehr "gehörlogisch".
Der kleine Trick ist in diesem Fall, dass B7sus als Zwischendominante V7/IV erscheint, die neue Tonart H-Dur wird erst anschließend etabliert bzw. bestätigt.

Weder die Stufendarstellung noch die Akkordbezeichnung machen für mich einen Sinn in Bezug auf die Ausgangstonart F-Dur.
Welcher "Sinn" wird denn für eine Modulation erwartet?
Die Ausgangstonart F-Dur wurde mit dem B7sus im Songbeispiel offenbar verlassen, es braucht deshalb auch keinen weiteren Bezug darauf.

Grundsätzlich kann man von einer Ausgangstonart in jede andere Dur- oder Molltonart modulieren.

Gruß Claus
 
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@Thomas, @Claus,

schon mal danke für eure Reaktion auf meine Anfrage. Was den Akkord angeht, liege ich ja nicht so ganz falsch.

Was mich nun noch umtreibt, ist die Frage, was für eine Art Modulation hier vorliegt. Salopp gesagt, ist es eine „Hauruck“-Modulation? Also eine abrupte Modulation?

Denn mit der Ausgangstonart F-Dur hat der Akkord ja überhaupt nix gemeinsam, oder? Außerdem komme ich mit den Stufenbezeichnungen an dieser Stelle gar nicht klar. Worauf beziehen die sich denn?

Beste Grüße
 
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Denn mit der Ausgangstonart F-Dur hat der Akkord ja überhaupt nix gemeinsam, oder?
Genau, siehe meinen letzten Absatz nach dem Zitat im vorigen Beitrag von mir oder weiter unten in diesem Beitrag.

Stufenbezeichnungen beziehen sich immer auf die gerade vorliegende Tonart, in der Grafik von Hook Theory sieht man das sehr gut.
Links liegt F-Dur vor, also steht die I für F, II für G, III für A usw.
Rechts geht es in H-Dur weiter, also steht die I für H, II für C#, II für D# usw.

Ein nur kurzer Tonartwechsel ohne Kadenz wird in der klassischen Harmonielehre Ausweichung genannt.
Auch die im Pop sehr beliebte Rückung ist ein Tonartwechsel ohne Modulation, z.B. der letzte Chorus in Whitney Houston, I Will Always Love You.
Meinst Du das mit "Hauruck"?

Was Du mit "pivot chord" bezeichnest, wird in der klassischen Harmonielehre als Umdeutungsakkord bezeichnet und der ist je nach Eigenschaft weiter beschreibbar.
Ein Umdeutungsakkord kann diatonisch sein, aus erweiterter Tonalität stammen, chromatisch sein oder enharmonisch umdeutbar.
Es ergibt eine Menge Stoff, die sich ergebenden Beziehungen der Akkordtöne in Tonarten zu untersuchen, zumal von jeder Tonart in jede Tonart moduliert werden kann.
Ausführliche Kapitel findest Du dazu in Standardwerken wie z.B.
Hermann Grabner, Handbuch der funktionellen Harmonlehre, Kassel 2005 (10. Auflage).
Erich Wolf, Die Musikausbildung Bd II, Harmonielehre, Wiesbaden 1992 (6. Auflage).

Wie oben schon erwähnt, der H7sus ist eine Zwischendoiminante, die harmonisch zum Emaj7 gehört. Emaj7 steht in H-Dur auf der Vierten Stufe und wird daher als Subdominante oder IV bezeichnet.
Daraus ergibt sich, dass ein Dominantseptakkord, der sich nach Emaj7 auflöst,als V7/IV bezeichnet werden kann. Falls es gebraucht wird, eine Zwischendominante nennt man im Englischen "secondary dominant (chord)".
Man erkennt Zwischendominanten daran, dass sie sich in andere Stufenakkorde als den Tonikaakkord auflösen, wie eben H7->E in H-Dur.
Die Tonika ist der Akkord auf der ersten Stufe einer Tonart, daher als Stufenakkrod mit der I bezeichnet.

Dass sich in Popsongs und den daraus abgeleiteten Jazz-Standards Tonarten mehr oder weniger häufig ändern ist ein häufiger Fall.
Man findet das schon seit Jahrhunderten in Volksliedern, z.B. Innsbruck, ich muss dich lassen.

Gruß Claus
 
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... der H7sus ist eine Zwischendoiminante ...
Ich bin da auch ganz dieser Meinung und will keinesfalls haarspalten, und ich weiß auch, daß der Akkord als so etwas gut funktioniert ... aber - rein akademisch gesprochen - kann ein sus-Akkord überhaupt als (Zwischen-)Dominante gelten ?

Ich meine mich dunkel zu erinnern, daß es so eine Diskussion schon einmal hier gab. Deren Ausgang ist mir aber bedauerlicherweise nicht mehr in Erinnerung ...

Thomas
 
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Hallo Claus,

vielen Dank für deine ausführlichen Erklärungen. Wenn ich dich also richtig erstehe, liegt hier am Ende des Pre-Chorus eine Ausweichung vor. Wenn ich der Literatur glauben darf, ist es sogar eine sog. "förmliche Ausweichung" (sie endet ja in den nachfolgenden vier Takten über Emaj7 - g#m7 - c#m7 auf Hmaj9 als Tonika). Richtig?

Mit "Hauruck" meinte ich, dass an dieser Stelle eine Modulation vorgenommen wird, die eigentlich keine ist, oder doch? Halt so ähnlich wie bei einer Rückung (das ist wirklich "Hauruck").

Was mich an den Stufenbezeichnungen so irritiert hatte, war der Umstand, dass ich krampfhaft versucht hatte zu verstehen, wieso H9sus4 eine Dominante von F sein sollte. Nach wie vor verstehe ich nicht, auf welche Tonika die dort angegebene Stufenbezeichnung V9sus4 sich bezieht. H ist die Dominante von Fis. Hmmm...

Noch weniger verstehe ich die zusätzliche Stufe VII0. H ist die siebte Stufe von C. ????

Nun noch eine andere Sache: Der Pre-Chorus endet mit einem dis in der Melodie, welches im ersten Takt des folgenden (eigentlichen ) Chorus als es umgedeutet wird. Aus der vorhergehenden Tonika H wird schlagartig ein As als Tonika. Das cm7 übernimmt den Übergang. Was für eine Modulation ist das denn nun?

Beste Grüße
 
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....kann ein sus-Akkord überhaupt als (Zwischen-)Dominante gelten?
Danke, auf jeden Fall ist das ein interessanter Einwand, hatte ich nicht auf dem Schirm. :eek2:

Wenn ich dich also richtig erstehe, liegt hier am Ende des Pre-Chorus eine Ausweichung vor.
Ausweichung oder Modulation ist eine Frage der Kadenz, ich würde "Modulation" bejahen. Ob das so gedeckt ist, müsste ich weiter nachschauen, auch im Hinblick auf die eigenen Gepflogenheiten in der Akkordskalentheorie gegenüber der klassischen Harmonielehre. Vielleicht kommentieren da inzwischen noch Andere aus der MuTh zur Klärung des Sachverhalts.
Auch ob der "H-Dur Teil" unter Pop-Kriterien als Kadenz gesehen werden kann, würde ich ebenfalls bejahen, weiß das aber nicht mit Sicherheit.

Es gibt bekanntlich Modulationen, die über Akkorde gesteuert werden, die sowohl in der Ausgangs- wie in der Zieltonart enthalten sind, aber eine notwendige Bedingung ist das m.W. nicht.

Die Modulation in den Chorus Hmaj7 -> cm7 würde ich als chromatisch bezeichnen. Es geht dann in Ab-Dur diatonisch weiter mit Grundtönen im Quintfall, sehr schön finde ich Takt 8/9 die Rückung F#- Dur-> A Dur über die Medianten im Ganztonschritt.

Gruß Claus
 
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Bei Punkt 1 handelt es sich um eine direkte Modulation, auch Rückung genannt. Sie tritt hier nach Abschluss einer musikalischen Phrase ein, welche dann in der neu eintretenden Tonart wiederholt wird. Das ist ein gebräuchliches Stilmittel. Der Akkord B9sus (= V7/IV) gehört bereits zur neu eintretenden Tonart. Dieser vorbereitende Akkord ist nicht unbedingt erforderlich. Oft tritt bei direkter Modulation die neue Tonart direkt ein.

Bei Punkt 2 würde ich sagen es handelt sich um eine tonzentrale Modulation. Der zentrale Ton ist der Melodieton der sich von der Durterz von BMA7 in die Mollterz von Cm verwandelt.
Der folgende C-Teil steht komplett in Gb Dur und fängt auf deren #IV Stufe an.
Die eigentlich gebräuchliche Akkordfolge für diese Stufenbewegung wäre:
| #IVm7(b5) | V7/IIIm7 | IIIm7 | V7/IIm7 |
| IIm7 | V7/IMA7 | IMA7 | IMA7 |
Nun hat man aus den ersten beiden Akkorden Mollseptakkorde gebildet, die ja auch in Quintfallsequenzen gespielt werden können. Ein schöner Effekt.

Punkt 3 würde ich als Drehpunktmodulation (Pivot Modulation) bezeichnen.
Gb9sus ist der Tritonusstellvertreter vom folgenden C9sus. Ob diese Akkorde mit "sus" gespielt werden spielt dabei keine Rolle.
Apropos: Sekundärdominanten verlieren durch "sus" Zusatz nicht ihre ursprüngliche Wirkung.

Punkt 4 ist wieder eine Direkte Modulation (siehe Punkt 1).


After The Love Has Gone 2.jpg
 
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Lieber Cudo II,

auch dir herzlichen Dank für deine Analyse. Sehr, sehr aufschlussreich.

Dein Punkt 3 ist für mich von höchsten Interesse, denn danach habe ich gesucht. Leider sind meine Kenntnisse, was Jazz-Akkorde angeht, nicht sehr ausgeprägt.

Das Prinzip des Tritonusstellvertreters (auch Tritonussubstitution genannt, richtig?), so denke ich, habe ich nun nach eigenen Recherchen verstanden. Könntest du mir freundlicherweise nun noch auseinanderdröseln, wie der Pivot-Akkord zu identifizieren ist? Wo sind die Gemeinsamkeiten zwischen Ges9sus und C9? Das scheint ja der Pivot-Akkord zu sein, oder?

Beste Grüße
 
Das Prinzip des Tritonusstellvertreters (auch Tritonussubstitution genannt, richtig?), so denke ich, habe ich nun nach eigenen Recherchen verstanden. Könntest du mir freundlicherweise nun noch auseinanderdröseln, wie der Pivot-Akkord zu identifizieren ist? Wo sind die Gemeinsamkeiten zwischen Ges9sus und C9? Das scheint ja der Pivot-Akkord zu sein, oder?
Stellvertreterakkorde müssen im Allgemeinen charakteristische Töne der zu vertretenden Stufe beinhalten. Bei Tritonusstellvertretern (Tritonussubstitutionen) sind das die Töne b7 und M3.
Im obigen Beispiel wird aber bei beiden Akkorden die M3 durch die sus4 ersetzt. Der Substitutionseffekt ist dadurch natürlich ziemlich abgeschwächt.
Pivot Chord wäre der Gb9sus der als subV7/I der folgenden Tonart (F-Dur) analysiert werden kann.
Spiel doch die Stelle mal mit Gb7 und C7, dann wird es klarer.
 
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Was mich an den Stufenbezeichnungen so irritiert hatte, war der Umstand, dass ich krampfhaft versucht hatte zu verstehen, wieso H9sus4 eine Dominante von F sein sollte. Nach wie vor verstehe ich nicht, auf welche Tonika die dort angegebene Stufenbezeichnung V9sus4 sich bezieht. H ist die Dominante von Fis. Hmmm...

Noch weniger verstehe ich die zusätzliche Stufe VII0. H ist die siebte Stufe von C. ????
Ich glaube, die Jungs von der "Hakentheorie" wollten benennen, wie das H9sus4 aus Sicht der Ausgangstonart F-Dur klingt - oder zumindest einzuordnen ist: also als Zwischendominante der siebten Stufe* der Ausgangstonart F, eben V zu vii = H(9sus4) zu E°.

Didaktisch finde ich das aber irreführend, denn diese Benennung lenkt davon ab, wie die Passage tatsächlich funktioniert - schließlich versteht man das H(9sus4) ja erst, wenn das Ej7 erklingt - und zwar quasi als dessen (Zwischen-)dominante:

Der kleine Trick ist in diesem Fall, dass B7sus als Zwischendominante V7/IV erscheint, die neue Tonart H-Dur wird erst anschließend etabliert bzw. bestätigt.

Bei einer direkten Modulation macht eine funktionale Benennung aus Sicht der Ausgangstonart mMn nur Sinn bis vor der Rückung, denn dann kommt ja der gewollt aufschreckende Bruch, der erst nachträglich verstanden wird. Die Bezeichnung "V9sus4/vii°" suggeriert ja geradezu eine Pivot-Modulation, die hier aber nicht kommt - und die eben das ganze Gegenteil einer direkten (Hauruck-) Modulation beabsichtigt: die Vermeidung eines Bruchs und eine eher subtile Umdeutung.

*Kennt Ihr ein Song-Beispiel, in dem eine V7/vii° vorkommt?
 
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Ich kann mir allerdings keinen Bezug auf die Ausgangstonart vorstellen, geschweige denn hören, wenn der Umdeutungsakkord im Quintenzirkel gegenüber liegt und sich eindeutig in den "astreinen" IVmaj7 der neuen Tonart auflöst, wie es sich für eine Zwischendominante gehört. :nix:

Gruß Claus
 
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Ich glaube, die Jungs von der "Hakentheorie" wollten benennen, wie das H9sus4 aus Sicht der Ausgangstonart F-Dur klingt - oder zumindest einzuordnen ist: also als Zwischendominante der siebten Stufe* der Ausgangstonart F, eben V zu vii = H(9sus4) zu E°.
Die Definition von Zwischendominanten gibt das nicht her. Da Zwischendominanten auf diatonischen Stufen stehen, ist die Bezeichnung V7/VIIo nicht zulässig.
Der Akkord B#7sus (C7sus) mit der Bezeichnung V7/VIIo soll sich auf der Seite hooktheory.com auf die voirhergegangene Tonart F#-Dur beziehen.

Hallo UL Flieger,

apropo Pivot Chord Modulation ...
1677881360986.png

Hier hat Bb13 in beiden Tonarten eine Funktion und ist somit Vermittler (Drehpunktakkord).

1677881826959.png

Im B-Teil von "April In Paris" hat B13 eigentlich Funktion V7/IIIm7, wird aber im Nachhinein als V7/I gehört.
 

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Die Definition von Zwischendominanten gibt das nicht her. Da Zwischendominanten auf diatonischen Stufen stehen, ist die Bezeichnung V7/VIIo nicht zulässig.

Demnach wäre "irreführend" noch zu diplomatisch - ich habe Hooktheory angeschrieben, sie mögen das ändern. Es ist einfach schade, wenn ein so gutes Konzept fehlerhaft bleibt. Hier haben sie halt zusätzlich das Problem, dass sie den halben Takt H<sup>9sus4</sup> harmonisch dem nächsten Formteil zuschlagen müssten, was auch wieder ein Layout-Problem nach sich zieht.

Hinsichtlich des Wiki-Artikels könnte man diese Stelle aber sehr schön zur Abgrenzung von "Direkter Modulation" gegenüber "Pivot-Akkord-Modulation" anführen, insofern der Bezug zur Ausgangstonart fehlt.
 
Hallo ihr alle zusammen,

fantastisch, was sich hier für eine tolle Diskussion bzgl. meines Songbeispiels und der Suche nach dem Pivot Akkord entwickelt hat. Erstmal dafür herzlichen Dank!

Ich muss gestehen, dass vieles an dieses theoretischen Dingen seit meinem Studium vor fast einem halben Jahrhundert verloren gegangen ist bzw. vergessen wurde. In meiner anschließenden Tätigkeit als "Schulmeisterlein" musste ich mich weitaus profaneren Sachen bei den Schülern rumschlagen und als Klarinettist hatte ich eh nicht soviel damit am Hut.

Was nun die Suche nach dem Pivot Akkord angeht, muss ich erklären, dass ich durch ein Interview mit Jay Graydon, dem Komponistenpartner von David Foster, darauf gekommen bin, da ich den Ausdruck vorher noch nie gehört hatte.

Jay Graydon sagte dazu:

"By the way, the Airplay version is the original version of the song with the verses in the key of A. The EWF version verses are in the key of F, using a "shotgun pivot chord" halfway through the B section as to get in the proper key for the choruses. Note that the EWF version features the high harmony part in the choruses, which makes the listener think that is the melody! That always bothered me since it is very difficult for one singer to sing the song as the vocal range is much too wide."

Die Airplay-Version ist übrigens die Originalversion des Songs mit den Strophen in der Tonart A. Die Strophen der EWF-Version sind in der Tonart F, wobei ein "Shotgun-Pivot-Akkord" in der Mitte des B-Teils verwendet wird, um für die Refrains in die richtige Tonart zu kommen. Man beachte, dass in der EWF-Version die hohe Harmoniestimme in den Refrains vorkommt, was den Hörer glauben lässt, das sei die Melodie! Das hat mich immer gestört, da es für einen Sänger sehr schwierig ist, das Lied zu singen, da der Stimmumfang viel zu groß ist.


Die Band Airplay war ein einmaliges Projekt von Graydon/Foster.

Eine interessante Frage ist, was meint Graydon mit dem "shotgun"? Ich habe ihn direkt deswegen angeschrieben, mal sehen was und ob er antwortet.

Wenn "haiiiner" sagt, dass an der betreffenden Stellen, die ihr analysiert habt, kein Pivot-Akkord vorliegt, wo soll der dann nach Aussage von Mr. Graydon denn sein??

Beste Grüße
 
The EWF version verses are in the key of F, using a "shotgun pivot chord" halfway through the B section as to get in the proper key for the choruses.
Ich verstehe das so:

Der B9sus am Ende des B-Teils (ich verwende die Formbezeichnungen aus @CUDO II 's Leadsheet) ist Zwischendominante zum ersten Akkord Emaj7 (V/IV) aus dem B'-Teil.
Er könnte aber auch tritonussubstituierte Zwischendominante zum ersten Akkord Bbmaj7 (V/IV) aus dem B-Teil sein. Das wäre dann korrekterweise ein Cb9sus. D.h. wir stellen uns vor, der B'-Teil würde ohne Modulation in der selben Tonart wie der B-Teil weitergehen, dann stünde am Anfang wieder der Bbmaj7. Und zu dem wäre der Cb9sus eine tritonussubstituerte Zwischendominante.

Und so ähnlich wird es dann ja auch gehandhabt, wenn man in der Coda den letzten Akkord (1st Ending) im B''-Teil anschaut. Der B''-Teil wird wiederholt, es folgt also wieder der Bbmaj7. Allerdings ist der Cb7-Akkord hier nicht als sus, sondern als (#11) ausgeführt.

Und diese Modulation vom B-Teil in die Tritonustonart im B'-Teil ist eben ziemlich hauruckmäßig, bzw. gunshot-mäßig. Pivot-Chord wäre dann B9sus/Cb9sus.

Viele Grüße,
McCoy
 
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Noch ein Nachtrag:

"haiiner", sag mir doch bitte, welche Gemeinsamkeit bzw. welche Funktion das Bb13 im Song "Emily" in Bezug auf die vorherige Tonart C-Dur und die Zieltonart A-Dur hat. Ich erkenne es im Moment nicht direkt. Bb-Dur ist ist ja nicht direkt diatonisch mit C- bzw. A-Dur
Beitrag automatisch zusammengefügt:

McCoy, wenn ich deine Antwort richtig interpretiere, dann gibt es eigentlich in diesem Song keinen echten Pivot-Akkord. "Pivot" bedeutet ja, dass es ein Akkord ist, der sowohl in der Ausgangs- als auch in der Zieltonart vorkommt (unter Umständen sogar als enharmonische Verwechslung). Aber hier gibt es jede Menge Akkorde, die "um die Ecke" mit der vorherigen bzw. nachfolgenden Tonart zu tun haben, aber keinen eigentlichen Drehpunkt darstellen. Oder sehe ich das falsch?

Und "shotgun" würdest du mit "Hauruck" übersetzen? Wenn dem so ist, dann ist dieser Song ein falsches Beispiel für den Pivot-Akkord.

Hinsichtlich des Wiki-Artikels könnte man diese Stelle aber sehr schön zur Abgrenzung von "Direkter Modulation" gegenüber "Pivot-Akkord-Modulation" anführen, insofern der Bezug zur Ausgangstonart fehlt.
@ haiiner, verstehe ich dich richtig, dass du meinst, im Artikel sollte noch als Gegenbeispiel zum Pivot-Akkord die "Direkte Modulation" angeführt werden?

Beste Grüße
UL-Flieger
 
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Noch ein Nachtrag:
"haiiner", sag mir doch bitte, welche Gemeinsamkeit bzw. welche Funktion das Bb13 im Song "Emily" in Bezug auf die vorherige Tonart C-Dur und die Zieltonart A-Dur hat. Ich erkenne es im Moment nicht direkt. Bb-Dur ist ist ja nicht direkt diatonisch mit C- bzw. A-Dur

Bb13 ist ja subV/vi in C-Dur und subV/I in A-Dur. Außerdem ist Bb13 dominantisierte SS in C-Dur.

@ haiiner, verstehe ich dich richtig, dass du meinst, im Artikel sollte noch als Gegenbeispiel zum Pivot-Akkord die "Direkte Modulation" angeführt werden?

Vielleicht wäre es besser, dafür einen eigenen Artikel zu schreiben und den dann als Abgrenzung zu verlinken.

Eine subV-Funktion als Pivot ist schon ein Extrem-Beispiel für einen unbedarften Wikipedia-Leser. Man könnte das als Beispiel aus dem Jazzbereich anführen.
 
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