Die Theorie lässt sich damit belegen, dass Touren der ganz Großen wie Die Ärzte, Toten Hosen, Rammstein in Rekordzeit ausverkauft sind, Touren von "Zweitligabands" wie Social Distortion oder Bad Religion aber auch nach 2 Jahren Verschiebung nicht.
Und das betrifft die Dorf- und Hobbybands, in denen viele von uns spielen, noch härter: viele Clubs und Veranstalter scheuen sich davor, Bands, die scheinbar keine große Fanbase haben, zu buchen. Das macht wirtschaftlich sogar Sinn, wenn das Kneipenpublikum genau soviel Umsatz macht wie das Konzertpublikum bei keinem finanziellen Risiko...
Für die "Basis" der Bands wird Booking aber immer frustrierender und Gigs immer seltener.
Kann ich genau so bestätigen!
Bad Religion als zweite Liga zu betiteln ist ja fast schon eine Straftat! Ich hatte fast noch nie so viel Spaß auf einem Gig wie bei Bad Religion - meine Frau wusste bis dahin nicht, dass man rund 2,5 Stunden wie ein Springbok auf dem Fleck springen kann!
Die Sache ist die, dass eben bei vielen Besuchern auch schon eine gewissse Erwartungshaltung an das "Event" rund um die Musik generiert ist, so dass viele "Musikfans" der Musk keine Chance mehr geben. Wie oft hatten wir auch gerade zu den Anfangszeiten schon Gigs gespielt, bei denen dann eben unsere Hardcore-Fanbase anwesend war und nebenbei hat auch noch die lokale Bandszene (aka Musikerpolizei) grimmig und prüfend dreinblickend ihren Weg gefunden und dann war da noch ein Teil aus Zufallsanwesenden, inventarisierten Stammgästen und ein paar wenigen Leuten, die einen fast Last Minute über die Club-Website oder Social Media entdeckt hatten. Und wir haben dann öfter gehört, "ach, eigentlich geh ich nicht auf so kleine Gigs - ich geh nur zu Metallica, Rammstein und Co. und wurde von meinem Freund hier genötigt mitzukommen, aber ihr wart ja megakrass, ich hab direkt ein paar Kumpels 'nen Link zu Euch geschickt". Einerseits ist das ein riesiges Lob, andererseits ein Armutszeugnis der Ignoranz.
In der alternativen Musikszene abseits des Pop & Rock war das in den 90ern irgendwie alles noch anders, aber mittlerweile ist das leider auch alles in den Nischen immer mehr kommerzialisiert. Die bodenständigste Szene ist meiner Meinung nach immer noch die Death Metal Szene mit all ihren mittlerweile existierenden Subgenres, denn da reicht es eigentlich noch, wenn es ein paar Bands gibt, die sich die Finger blutig spielen und die Blasts, Growls, Grunts und Squeals raushauen (gerade im Bereich des Tech Death und Deathcore), es einen halbwegs zusammenklappenden Merchstand mit frischen CDs und relativ erschwinglichen Shirts gibt und das Bier nicht allzu teuer ist.
Wir haben damals mit einem Booker zusammengearbeitet, der auf uns zu kam und uns ein super Angebot gemacht hatte, aber abseits der Gigs haben wir den Rest der Shows (ca. 50%) immer selbst gemacht (in 99% der Fälle ich) und da war es schon vor 10 Jahren so, dass man entweder schon irgendwie einen Namen haben musste, oder und vorallem bei ganz kleinen Gigs, selbst irgendwie das Risiko tragen musste, notfalls indem man irgendwelche Local Heroes mit ins Line-Up nehmen musste, die ihre 5-10 Hardcore Fans im Schlepptau hatten, die dann neben den Stammgästen den Bierkonsum hochgehalten haben oder indem man eben einen kleinen Obolus bekam und der Rest an den Club ging, weil denen eine feste Gage zu risikoreich war oder die AK ging an die Bands, während der Club/die Kneipe eben den Rest der Einnahmen behielt. Diese kleine Club-/Kneipenszene war auch schon vor 10-15 Jahren hart umkämpft. Unser Spielraum damals war dann rasch größer geworden, als wir die ersten Gigs als Vorband von ein paar bekannten Bands gespielt hatten und wir uns kaum noch einen Kopf drum machen mussten mindestens X Zuschauer anzuziehen.
Irgendwie zieht das heute aber eben auch alles nicht mehr, denn das Publikum hat hohe Erwartngshaltungen und viele Locations können sich bestimmte Anschaffungen nicht leisten. Neue Boxen, eine funktionierende Nebelmaschine, bestimmte Strahler und Effekte - zu teuer, die haben mit ganz anderen Problemen zu kämpfen. Selbst wenn dann aber die Boxen neu wären, die Nebelmaschine liefe oder irgendwelche funktionierenden Lichteffekte da wären, das wäre den Leuten noch nicht genug. Selbst in den lokalen Bandszenen ist es unter bestimmten Szenegängern ja abseits des Mainstream meist eher ein Showlauf, als dass es wirklich um die Musik ginge und da kommt die heutige Jugend gerade voll ins Spiel, denn "performen" und dann am besten gleich uploaden, so dass die "Follower" einen sehen ... das funktioniert eben nicht auf irgendwelchen uncoolen kleineren Gigs, da muss es schon das ganz große Tamtam sein, bei dem dann eben auch die Optik stimmt und wenn man nur doof vor einem Stadion steht und behauptet man ginge gleich auf das megakrasse Konzert von Megastar XY.