Man kann prinzipiell nicht den "Amp in the room" Sound so einfach über eine einfache lineare Übertragungsfunktion (nichts anderes ist eine IR) abbilden.
Schauen wir uns die beteiligten Komponenten dazu genauer an. Der Verstärker selbst spielt dabei weniger eine Rolle, aber die Box umso mehr. Diese hat nicht einfach nur eine Übertragungsfunktion, sondern im Grunde unendlich viele verschiedene und zwar je Richtung im dreidimensionalen Raum. Eine IR kann man nur von einer davon erzeugen, unabhängig davon, ob das dazu verwendete Mikrofon linear ist oder selbst mit seinem Übertragunsverhalten in die IR eingeht.
Die andere wichtige Komponente ist der Raum selbst. Wir hören nie nur den direkten Sound, sondern immer eine Kombination aus Direktschall und den Raumreflexionen. Hier kommen das in der Regel chaotische Abstrahlverhalten von Gitarrenboxen und das ebenso chaotische Reflexionsverhalten unterschiedlichster Räume zusammen. Letzteres hängt neben den Raumreflexionen auch von der Position der Box im Raum ab.
Grundsätzlich kann man natürlich eine IR eines bestimmten Lautsprechers an einer bestimmten Position in einem bestimmten Raum erzeugen. IRs werden ja schließlich auch in Hallprogrammen verwendet. Sie muss nur lang genug sein, um alle Reflexionen mit aufzunehmen.
Problematisch wird es dann, wenn man bedenkt, dass diese IR dann wieder über einen anderen Lautsprecher mit in der Regel stark abweichendem Rundstrahlverhalten an einer anderen Position in einem anderen Raum wiedergegeben wird. Das damit der gleiche Klangeindruck entsteht, ist unwahrscheinlich.
Natürlich kann man über Kopfhörer das Thema Abstrahlverhalten und Raum der Wiedergabekette aus der Gleichung entfernen. Aber um damit tatsächlich in die Nähe des Live-Höreindrucks zu kommen, müssten die IRs (2 wegen Stereo) in der Tat über einen Kunstkopf (
https://de.wikipedia.org/wiki/Kunstkopf) erzeugt werden. Mikrofone alleine sind nicht mit Ohren zu vergleichen, sondern haben ebenfalls ein richtungs- und frequenzabhängiges Übertragungsverhalten. So eine IR funktioniert dann aber auch nur über Kopfhörer.
In eine IR gehen im wesentlichen 3 Komponeten ein, die alle ein mitunter wildes richtungs- und frequenzabhängiges Übertragungsverhalten aufweisen (Box, Mikro, Raum). Und bei der Wiedergabe passiert das gleiche, aber anders, da andere Komponenten verwendet werden.
Und dann haben wir auch nur das lineare Übertragungsverhalten betrachtet, weil IRs prinzipiell keine nicht-linearen Effekte abbilden können. Genau diese gibt es aber beim laut gespielten Gitarrenverstärker mit Gitarrenbox in durchaus relevantem Maße. Daher halte ich den Anspruch "soll leise mit Simulation so klingen wie laut mit realem Equipment" für prinzipiell nicht erfüllbar, zumindest nicht mit der vergleichsweise einfachen IR-Technik. Was gut geht, ist "klingt mit Simulation so, wie reales Equipment abgenommen und abgehört".
Ich persönlich komme ohne"Amp in the room" Sound gut klar. Aber ich bin zur Zeit auch hauptsächlich Wohnzimmergitarrist und bevorzuge live InEar, für aufgeräumte Sounds und vor allem kontrollierte Schalldruckpegel. Vermutlich kann ich mit einem aufgerissenen Stack gar nichts anfangen, die Erfahrung fehlt mir zugegeben noch.