Tablet statt Notenheft - Erfahrungen
Hallo, zusammen,
möchte kurz von meinen jüngsten Erfahrungen mit Tablet auf dem Notenpult berichten.
Haben vor drei Jahren iPads für meine Frau und mich angeschafft, um der Notenflut Herr zu werden und um nicht für jede Musikgruppe vor jedem Einsatz/vor jeder Probe die Notentasche neu packen zu müssen.
Ob iPad oder Android- oder Windows-Tablet ist inzwischen wohl egal. Für jede Variante gibt es inzwischen gut funktionierende Settings und jeder kann nach Vorliebe, Umgebung oder Geldbeutel etwas Passendes finden.
Wir haben uns halt aus verschiedenen Gründen für die Apple-Welt entschieden.
Nutzen es in den Bereichen Posaunenchor (> Partituren), Blasmusik, Orchester (> Einzelstimmen) und Chorleitung (> Partituren).
Uns war wichtig, dass wir nicht illegal handeln mit unseren gescannten Noten.
Die angefragten Verlage haben mir die Erlaubnis zum Einscannen gegeben unter der Voraussetzung, dass wir die Originale zwei Mal besitzen und die Scans nicht weitergeben.
Das ist bei uns der Fall: unsere Regale quellen über vor Notenheften, einiges lagert aus Platzgründen in Kisten im Keller.
Die Notenbibliothek in forScore umfasst aktuell ca. 1.600 pdf-Dateien. Davon sind ca. 70 Notenhefte und -bücher mit je 50-800 Seiten. Der Zähler in meinem Scanner steht inzwischen bei knapp 12.000 Seiten.
Das Einscannen und Bearbeiten (Beschneiden, Begradigen) hat einiges an Zeit gekostet. Aber da viele Notenhefte häufig oder ständig im Gebrauch sind, hat sich der Zeitaufwand in meinen Augen gelohnt.
Wir hatten in den letzten acht Wochen 17 Einsätze/Auftritte und haben dabei ausschließlich Tablets verwendet. Wir sind nach wie vor sehr angetan von unseren digitalen Noten.
Weihnachtsmärkte, Waldweihnachtsgottesdienste, Kurrendeblasen, Gottesdienste u. a.
Eine Setliste für jeden Einsatz ist schnell zusammengestellt und per Airdrop mit den zugehörigen Noten auf das iPad der Chefin übertragen.
Ich leiste mir inzwischen den Luxus, die Noten auf einem iPad Pro 12.9" und das Programm auf einem iPad mini 8,3" anzeigen zu lassen. Damit spare ich mir den Ausdruck des Programmes und kann das Programm auch in Situationen mit wenig Licht lesen.
Als Seitenwender verwenden wir Flic 2 Smartbutton. Umblättern mit einem Klick. Für mehrseitige Musikstücke kann man auf halbseitiges Blättern umstellen.
Bei einem Gottesdienst hantierten die Kolleginnen und Kollegen der Papierfraktion gleichzeitig mit dem dicken Posaunenchoralbuch, mehreren Heften und einem Ordner auf zum Teil sehr fragilen Notenständern.
Einige Stücke waren 4 Seiten lang, die natürlich auch auf jedem Notenständer ausgebreitet wurden, da während des Spielens keine Zeit zum Umblättern besteht. Da wird dann jedes Notenpult 84 cm breit und der Platz bei einer 20-köpfigen Gruppe auf begrenztem Raum allein für die Noten sehr eng.
Während die anderen hektisch nach jedem Musikstück den Notenständer mit den Noten für das nächste Stück versorgen mussten, brauchten wir nur in aller Ruhe ein Mal zu klicken.
Ein weiterer unschätzbarer Vorteil der Tablets ist das Licht. Pultleuchten sind seitdem überflüssig. Die Tablets bringen ihr eigenes Licht mit.
In manchen Kirchen ist es in manchen Bereichen am Tag schon dunkel, bei Freilufteinsätzen im Winter auf Märkten oder im Wald nach 17:00 Uhr ist es ganz duster.
Kein Problem: es gibt ja Pultleuchten. Aber teilweise auf wackligen Notenständern montiert, Lichtstärke oder Batterien nicht ausreichend, vier Seiten kann man damit auch nicht ausleuchten.
Noten oder Pultleuchten fallen runter. Beim Versuch, das Fallen zu verhindern, wird schon Mal ein ganzer Notenständer umgeworfen, der für eine kleine Kettenreaktion in der Nachbarschaft sorgt. Es ist also immer etwas los.
Unser Highlight ist immer noch der Gottesdienst, bei dem vor der Schlussmusik der Küster plötzlich auf der Empore oder in der gesamten Kirche das Licht ausschaltet, um für eine besonders schöne Stimmung zu sorgen. Die Orgel hat ja ihr eigenes Pultlicht.
Für mächtig Stimmung hat er damit jedenfalls bei den Bläsern gesorgt, weil die auf einmal im Dunklen saßen. Ist uns in unserem Bläserleben bisher zweimal passiert. War nur teilweise lustig.
Dieses Szenario hat inzwischen seinen Schrecken verloren.
Mit dieser Ausstattung sind wir erstaunlich flexibel. Organistin spontan vor der Christvesper: "Ich spiele zum Ausgang "Hark! the herald-angels sing". Wenn ihr die Noten habt und die Tonart passt, könnt ihr mitspielen." Noten waren in der Bibliothek, Tonart passte. Setlist ergänzt und wir waren im Spiel. Das gemeinsame Schlussstück hat richtig Spaß gemacht, obwohl ungeprobt. No risk, no fun.
Unser Fazit: Tablets kosten Geld bei der Anschaffung und Zeit für die Notenbestückung. Aber erleichtern doch so einiges im Bläseralltag.