Meine Verstärker sind nicht nach der Qualität ausgewählt sondern nach der Größe und den digitalen Sounds. Fender Mustang und Line6 Amplifi.
Mein Ansatz wäre ein anderer. Klar - Helix, Axe FX und Kemper sind schon tolle Geräte, aber halt auch "nur" Modeller. Obwohl ich selber auch ein Axe FX II XL+ habe, habe ich dennoch zumindest beim "lauten" Spielen für mich zu Hause - sprich ohne Kopfhörer - einfach viel mehr Spaß mit meinem Röhrenkram. In dem Fall diverse 19" Preamps (Groove Tubes Trio, Egnater ie4, Brunetti usw.) mit Röhrenendstufe und 2x12" Box. Das Spielgefühl ist mMn doch um ein paar Nuancen besser, die Sounds empfinde ich als vielschichtiger und inspirierender.
Was würdest du (Ihr) als Verstärker kaufen wenn Ihr 3 E-Gitarren aus dem Custonshop habt. Strat Gilmour, Telecaster und LesPaul habt.
Antwort
ich würde mir kaufen .......... weil..............................
Das ist auch genau der Punkt: Über einen guten Modeller mit seinen zahllosen Amp Sims und Einstellmöglichkeiten bis hin zum virtuellen Bias der Röhren bekommt man eigentlich jede Gitarre irgendwie zu einem guten Sound.
Den Unterschied der Qualität zwischen einer Mittelklasse- und einer absoluten Top-Gitarre spürt man an einem richtig guten Röhrenamp mMn aber deutlicher. Ich habe den Eindruck, dass das auch die Zielrichtung der ganzen Frage ist.
Zu Recht wurde hier schon mehrfach gefragt, welche Amp-Models Du denn besonders gerne spielst, denn daran solltest Du Dich auch bei der Suche nach dem Wunsch-Amp orientieren. Allzu viel Power muss er dabei nicht haben, schließlich klingen die meisten Röhrenamps erst dann, wenn sie zumindest ein bisschen lauter aufspielen dürfen - auch weit unterhalb der Endstufenverzerrung. Das liegt auch nicht nur am Amp selbst, sondern (oft sogar noch mehr) auch an den für sie passenden Lautsprechern. Leistungsstarke Speaker klingen leise meist wenig lebendig. Weil alles an Ihnen einfach robuster gebaut ist, können sie im untersten Leistungsbereich einfach nicht so sensibel reagieren.
Die von den Modellern gewohnte Vielfalt wirst Du halt bei einem Röhrenamp kaum finden. Gerade viele der edelsten Röhrenamps sind oft sogar sehr konsequent auf nur ein, zwei ausgeprägte Soundcharaktere festgelegt, die sie dann halt auch super abliefern. Ich habe aber den Eindruck, das ist
nicht das, was Du suchst.
Auch Pedale hast Du keine erwähnt. Das schließt für mich einen Fender Deluxe Reverb oder dergleichen eigentlich aus, denn ohne Verzerrer muss man schon deutlich über Zimmerlautstärke spielen, um auch nur halbwegs Zerre zu bekommen. Als Blues-Purist siehst Du dich ja nun offenkundig auch nicht, also sollte in Sachen Gain bei Bedarf schon vom Amp selbst was kommen. Ein Marshall JVM zB ist im Prinzip schon ziemlich vielseitig und für so ziemlich jede Musikrichtung tauglich, aber er klingt dabei halt immer eindeutig nach Marshall. Die Versionen mit vielen Schaltmöglichkeiten sind mit 50 Watt dann auch schon etwas grenzwertig fürs Zuhause-Spielen. Auch liegt der Schwerpunkt ihrer Varianten trotz eines guten Cleansounds doch schon auf den stärker verzerrten Soundvarianten.
Von daher habe ich mal drei sehr verschiedene Amps in unterschiedlichen Preisklassen ausgesucht, die ich als besonders vielseitig empfinde, vor allem auch im weiten Feld der Classic Rock-Sounds:
Zahlenmäßig auf den ersten Blick nicht wahnsinnig umfangreich sind die Eingriffsmöglichkeiten beim
Koch Studiotone XL, aber dafür sind sie sehr logisch und man kommt auch ohne große Lernkurve mMn schnell zu sehr deutlichen Variationen. Die Klangregelung ist für meine Ohren sehr sehr gut abgestimmt - es passiert richtig was, aber es klingt eigentlich immer schlüssig und gut. Hat mich beim Anspielen sehr beeindruckt, weil er weder ein Fender noch ein Marshall oder ein Vox sein will, aber viele Sachenauf seine eigene Weise sehr schön abdeckt, die für die verschiedenen anderen Hersteller jeweils typisch sind. Der Mid Shift verändert den Ton sehr deutlich, ebenso der Bright Switch. Viele Amps, gerade Mehrkanaler, klingen bei leicht angezerrten bis Crunch-Sounds nicht so überzeugend wie Clean und HiGain. Der Koch bringt diese Zwischentöne schon bei gut verträglicher Lautstärke in ungewöhnlich guter Qualität, wie gesagt immer mit einer gewissen eigenen Note:
Koch Amps Studiotone XL Combo
Es gibt auch den kleineren Studiotone, den hab ich aber noch nicht anspielen können. Ich finde den zusätzlichen Volume-Regler für die Overdrive+ Stufe beim XL aber auch sehr sinnvoll. Man kann halt sehr viel besser 3 richtig verschiedene Sounds einstellen, die man dann auf Abruf hat. Der kleine Studiotone hat da eine festgelegte Steigerung, sowas ist für mich am Schluss dann doch immer zu wenig oder zu viel.
Aus Deinen Custom Shop-Geschossen erlaube ich mir mal zu schließen, dass der Preis nicht das wichtigste Kriterium ist. Deshalb traue ich mich mal, an dieser Stelle auch zwei weitere Amps zu nennen, die preislich schon etwas jenseits der Mittelklasse liegen:
Hochqualitative Amps mit sehr vielen Eingriffsmöglichkeiten und Soundvarianten bietet die
Mark Five-Serie von Mesa/Boogie. Das große Topmodell hat 90 Watt, das würde ich jetzt nicht wählen. Das Teil braucht schon ein bisschen Dampf, um seine Qualitäten auszuspielen. Es gibt aber auch die kleineren Combos: Den Mark Five: 20 mit 1x10" Speaker und den Mark Five: 35 als 1x12" Combo, mit denen kannst Du wirklich alles von Clean bis Metal in einer hervorragenden Qualität abdecken.
Durch die Positionierung der Klangregelung im Signalweg in Kombination mit dem nachgeschalteten Graphic EQ hat man hier ungewöhnlich viel Zugriff auf den Charakter der Verzerrungen, zusätzlich zur Klangregelung im üblichen Sinn, die hier dann aber auch gleich 5 Regler aufweist, nämlich besagten Graphic EQ. Bei den meisten Amps mit Zerre sind die Klangregler nämlich nachgeschaltet, können also das Ausmaß der Zerre in den einzelnen Frequenzbereichen nicht mehr beeinflussen. Boogies sind sch...teuer, man muss erst ein bisschen lernen, wie man bei den vielen Reglern ans Ziel kommt, dafür hat man eben sehr viel Flexibilität.
Mesa Boogie Mark Five: 35 1x12 Combo
Noch vielfältiger gehts wohl nur mit dem Combo von
Synergy:
Synergy SYN-30 Combo
Das ist im Grunde das Gegenstück zum Modelling in Röhrenausführung. Mit den einsteckbaren (in sich wiederum 2-kanaligen!) Modulen hast Du eine unglaubliche Bandbreite an Sounds, ein dritter Kanal ist der schon fix im Amp enthaltene Cleankanal. Wirst Du einer Richtung mal überdrüssig, kannst Du mit einem neuen Modul in eine ganz andere Richtung gehen. Nicht immer klingt das natürlich 100% wie der Boogie, Dumble oder Friedman, der mit dem jeweiligen Modul gemeint sein soll (dazu sind zu viele Teile jenseits des Preamps an einem Sound beteiligt), aber schon ganz schön nah dran und vor allem immer richtig gut. In etlichen Fällen wird sogar der Original-Markenname verwendet, dann hat auch idR der entsprechende Hersteller das Modul mit entworfen. Der Soldano hat mich zB sehr begeistert. In Bezug auf eine ausgewogene Kombination von Qualität und Vielfalt in Röhrentechnik gibt es mMn nichts vergleichbares.
Um ehrlich zu sein, sind das auch drei Amps, um die ich selber schon länger herumschleiche, um mal was etwas leichter transportables als Alternative zu meinem Rack zu haben. Der Koch ist da natürlich der mit Abstand günstigste, der will mir nicht so recht aus dem Kopf... Boogie ist der Klassisker unter den Tausendsassas und der legendäre Name (samt Werterhalt), der Synergy das modernste und fast schon unbegrenzt vielseitige Konzept.
Natürlich gibts auch jede Menge weiterer Mehrkanalamps, die was taugen und viel können, dabei aber mit einer etwas eindeutigeren Ausrichtung im Grundsound. Deshalb nur als ergänzende Nennung:
ENGL Screamer 50 II: Bekannt für Metal, kann aber auch ganz anders. Fetziges Anzerren ist auch drin, es muss nicht immer HiGain sein. Clean geht es auch richtig glasklar. Klingt insgesamt dabei immer etwas straffer und härter, könnte man auch als "modern" umschreiben - das muss man speziell als Classic Rocker & Blueser schon mögen. Der in Version II eingeführte schaltbare Mid Boost kann den Sound nochmal deutlich anders prägen, aber doch eher in Richtung durchsetzungsfreudig als kuschelig singend. Für Santana wär er also wohl weiterhin eher nix. Dabei könnte aber auch viel am Speaker liegen, denn der Vintage 30 ist halt schon ein Charakterkopf.
Fender Super-Sonic 22: Ein interessanter Amp für Fender-Liebhaber, die deren typischen Cleansound lieben, aber auch mal einen fett singenden Leadsound haben wollen, ohne Zerrpedale zu bemühen. Leider hört man ab und zu auch was von Qualitätsproblemen an ein, zwei Stellen im Amp, wobei ich die Häufigkeit nicht beurteilen kann. Es gibt aber Spezis wie Captain Körg, die diese typischen Schwachstellen kennen und beseitigen können. Interessant sind die zwei Gain-Regler im Lead-Channel, die nicht etwa umschaltbar sind, sondern beide zugleich aktiv sind und in ihrer Kombination der Verzerrung einen unterschiedlichen Charakter verleihen können. Bei Bedarf liefert der Super-Sonic dadurch sehr viel Gain, aber er klingt auch dann immer "amerikanisch", ohne diesen rauhen Unterton eines Marshall.
Marshall DSL40CR: Dürfte einer der meistverkauften Mehrkanal-Combos der Welt sein, aus gutem Grund. Tolles Preis/Leistungsverhältnis, der Werks-Speaker klingt mMn bei Zerre etwas spitz, aber vielleicht gefallen mir gerade deswegen die Cleansounds so gut. Auch die leichter angezerrten Sounds sind schon bei wenig Lautstärke richtig gut, den Amp finde ich auch absolut bluestauglich. Der Marshall-Charakter ist aber immer präsent - wenn man den mag, ist er innerhalb dieses Rahmens auch recht vielseitig.
Gruß, bagotrix