Olli G
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Review: Red Stuff Varisucker 50W
Ausgangslage und Problem:
Ich besitze in meinem kleinen Kellerstudio einen Fender Hot Rod Deville 212. Der Clean Sound ist einfach traumhaft und er funktioniert als Pedal-Plattform vorzüglich. Aber er ist laut. Höllisch laut. Zudem bin ich Fan davon, Amps per Line-Out und mit Impulse Responses aufzunehmen, daher suchte ich nach einer Möglichkeit, das Line-Signal nach der Endstufe abzugreifen. Besondere Herausforderung: die Gesamtimpedanz vom Deville beträgt 4 Ohm, und es gibt nicht viele Anbieter, die neben 8 Ohm und 16 Ohm auch noch 4 Ohm Varianten ihrer Attenuatoren anbieten.
Ziel ist also eine Aufnahmekette mit Amp > Attenuator mit DI-Out > IR Loader > Interface hinzustellen. Amp, IR Loader und Interface sind vorhanden. Als IR Loader nutze ich das Two Notes Torpedo CAB+. Ich brauche also nur den Teil des Attenuators mit DI-Out. Damit scheidet das Torpedo Captor X aus. Zu teuer, da der IR Loader Teil redundant ist. Manche mögen nun sagen, dann könnte ich ja das Torpedo CAB wieder verkaufen, aber das brauche ich noch für mein Bass-Pedalboard mobil, daher ist eine Voraussetzung, dass das CAB+ bleibt.
Eingeplantes Budget: ca. 200 EUR
Die Contender bis etwa 200 EUR mit Line-Out:
Harley Benton PA-100
Preis zu dem Zeitpunkt: 69 EURPro:
- Günstiger Preis
- Bis 100 Watt
- Integrierte Loadbox (Dummy Load)
- Groß und schwer
- Daher nicht im Amp selbst unterbringbar
- Line-Out nicht regelbar
- Klaut laut Bewertungen ordentlich Höhen aufgrund der Ausführung als ohmsche Last
- Ich habe bei dem Preis Zweifel an der Zuverlässigkeit des Geräts und möchte meinen Amp nicht einer möglichen Schadenssituation aussetzen
Two Notes Torpedo Captor:
Preis zu dem Zeitpunkt: 219 EURPro:
- Integrierte Loadbox
- Bis 100 Watt
- Regelbarer Line-Out
- Stufenlose Leistungsreduzierung
- Groß und schwer
- Daher nicht im Amp selbst unterbringbar
- Nur eine Stufe zur Leistungsreduzierung
Red Stuff Varisucker 50:
Preis zu dem Zeitpunkt: 119 EURPro:
- Klein und leicht
- Montage innen im Amp möglich
- Regelbarer Line-Out
- 2 Reduzierungsstufen
- Innerhalb des Budgets
- Keine Loadbox
- Kein reaktiver Lastwiderstand
- Eigentlich “nur” bis 50 Watt ausgelegt
Die Entscheidung:
Mir gefiel die Idee, den Attenuator direkt im Amp zu verbauen und damit das gesamte Kabelgedöns intern und fest zu lösen. So kann ich den Amp als eine Einheit mit zum Gig nehmen und muss nicht ständig noch ne weitere Kiste rumschleppen und die Kabel immer wieder neu anschließen.Ich muss dazu sagen, dass es den Varisucker natürlich auch in der 100 Watt Variante und mit Loadbox gegeben hätte. Der Preis läge dann vermutlich im Bereich des Torpedo Captor. Meine Befürchtung war allerdings, dass dieses Modell aufgrund der größeren Maße nicht mehr in den Amp passt. Und die 50 Watt Variante sollte man nicht als Loadbox an einem 60 Watt Amp betreiben. Da der Loadbox-Betrieb für mich aber eh zweitrangig ist und Stefan von Red Stuff mir versichert hat, dass die 50 Watt Variante am Deville problemlos betrieben werden könnte, hab ich mir also den Varisucker in der 50 Watt Ausführung bestellt.
“Varisucker” bedeutet hier, dass man ihn mit einer Reduzierung auf 1/4 der Leistung oder 1/10 der Leistung betreiben kann (oder halt ohne Reduzierung). Laut Aussage von Stefan Hüther soll die erste Stufe eine Halbierung, die zweite Stufe eine Viertelung der gefühlten Lautstärke bewirken.
Nun möchte ich gern bestimmte Bereiche des Produkts auf einer Skale von 1 bis 5 Punkten bewerten:
Der Test
Erster Eindruck/Haptik:
Der Varisucker ist komplett aus massiven, aber leichten Aluminiumplatten gefertigt. Die Schalter, Drehregler und Buchsen machen einen sehr soliden Eindruck und wirken stabil. Ich mag es ja, wenn ein Schalter so richtig satt einrastet. Der Regler für die Line-Lautstärke ist nicht zu leichtgängig, das gefällt mir gut. Einzig die Ablesbarkeit der Stellung ist schwierig mit der gleichfarbigen Kerbe. Da der Sucker bei mir aber eh ins Amp-Gehäuse kommt und meist “blind” bedient wird, fällt das kaum ins Gewicht.Punkte Abzug gab es bei meinem Modell dafür, dass die obere Platte mit den Lüftungslöchern recht lose im Gehäuse saß. Diese Platte ist auf Führungsschienen ins Gehäuse eingeschoben und die beiden geschraubten Endplatten halten diese an Ort und Stelle. Aber hier muss ich mal den Support von Red Stuff loben. Er hat mir angeboten, die Platte zu fixieren, und eine Anleitung mitgegeben, um es auch selbst zu erledigen. Ich habe mich dann für die DIY Variante entschieden und die Platte mit Isolierband fixiert.
3,5/5 Punkten
Einbau in den Amp:
Der Einbau ging absolut mühelos, wenn man von den konstruktiven Gegebenheiten des Deville einmal absieht. Um den Sucker an der gewünschten Stelle zu montieren, musste ich das Amp-Chassis und einen der Lautsprecher ausbauen. Dann ging das Ganze recht zügig:- Sucker an der gewünschten Stelle halten, erstes Loch vorbohren (2mm)
- Sucker an erster Bohrung mit Schraube fixieren
- Zweite Vorbohrung auf der anderen Seite vornehmen
- Zweite Schraube eindrehen. Fertig.
Zur Sicherheit habe ich das Stromkabel noch um den Sucker herum verlegt, für den Fall, dass er im Betrieb mal heiß wird und dann das Kabel nicht anschmort. Für den Mehraufwand am Amp kann der Sucker aber nichts. Daher:
5/5 Punkten
Klang:
Die ersten beiden Kategorien waren die Kür. Jetzt kommen wir zum Pflichtteil. Wie klingt der Sucker denn nun? Spürt man einen Höhenverlust aufgrund der ohmschen Last? Die Antwort lautet: Ja, man hört den Höhenverlust. Deutlich? Nein! Es ist nämlich nicht so, dass der Amp total dumpf wird.Zudem kommt auch noch die Psychoakustik mit der Fletcher-Munson-Kurve ins Spiel. Bei höheren Lautstärken empfinden wir Menschen die Höhen und Bässe prominenter als bei niedriger Lautstärke. Wird also ein Amp plötzlich leiser, kann ein gespürter Verlust an Höhen auch diesem psychoakustischen Phänomen liegen. Mein Amp hat einen Presence Regler, mit dem ich dem leichten Höhenverlust – ob nun real oder gefühlt – entgegenwirken kann, wenn ich mal auf niedriger Lautstärke nudeln möchte, ohne meine Familie aus den Betten zu holen.
Insgesamt bin ich also positiv überrascht vom Klang des Varisuckers.
4/5 Punkten
Lautstärkereduzierung:
Hier hab ich mir tatsächlich mehr erwartet als der Sucker liefert. Das mag an meiner Unerfahrenheit mit dem Zusammenhang zwischen Leistung und Lautstärke liegen. Im Nachhinein hätte ich vermutlich eher die Stufen 1/10 Leistung und 1/20 Leistung gewählt, da mir der Deville auch mit der 1/10 Attenuation immer noch einen Tick zu laut ist. Wer also einen leistungsstarken Amp wirklich auf Bedroom Level bekommen möchte, dem rate ich zu 1/10 und 1/20 Stufen. Nichtsdestotrotz ist der Abfall der Lautstärke noch beträchtlich, und ich kann ja am Volume Regler feintunen.3,5/5 Punkten
Regelbarer DI-Out:
Dieses Feature ist ein absoluter Traum. TRS-Kabel in den Sucker und Torpedo CAB, Impulse Response wählen, vom Torpedo CAB direkt in die DAW und fertig ist der produktionsreife Gitarrensound. Per Regler am Sucker noch den Pegel einstellen, damit nichts im Torpedo CAB übersteuert, und man kommt aus dem Grinsen nicht mehr raus.Beim Recording gehe ich nun wahlweise per Mikro an den Speaker und per Sucker-DI-Out entweder ins Torpedo CAB oder direkt in die DAW und kann dann hinterher eine beliebige IR auswählen, die perfekt zum Song passt.
5/5 Punkten