Ist dieser Flügel gestimmt? (Audio-Datei)

  • Ersteller Dustoffreedom
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Hi :hat:

Ich hab die Datei die du oben verlinkt hast, mal durch Melodyne gejagt. Damit die Stimmung des Pianos ein Gesicht bekommt.
Bildschirmfoto 2022-07-09 um 19.19.06.png


Ich versteh zwar nicht viel vom Piano stimmen. Aber ist es nicht so, dass wenn sich ein Instrument wegen Luftfeuchtigkeit oder Temperaturunterschied verstimmt, sich alle Saiten in die selbe Richtung verstimmen?
Hier fällt mir aber auf, dass einige Saiten sehr gut gestimmt aussehen, aber zB Gb ist deutlich zu hoch, und Ab zu tief gestimmt ist. Spannend.

Ich habs zum Vergleich mit Melodyne mal zu 100% gestimmt. Klingt dann so:
 
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Aber ist es nicht so, dass wenn sich ein Instrument wegen Luftfeuchtigkeit oder Temperaturunterschied verstimmt, sich alle Saiten in die selbe Richtung verstimmen?
Nein, das ist nicht so. Aber es geht hier nicht nur um die Tonhöhe einer Taste. Es geht auch um die sogenannte Choir-Reinheit. Ein Choir sind alle Saiten, die eine Taste anschlägt. In der Region sind es drei. Wenn die auch nur leicht gegeneinander verstimmt sind, dann klingt die Taste in sich einfach schief. Unabhängig von der Relation zu anderen Tasten, also unabhängig von Intervallen.

Mit Melodyne klingt das auch nur ein wenig weniger verstimmt. Die Choir-Unreinheit ist immer noch da. Aber wirklich interessant.
 
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Hi,

ich bin eher ein Laie.
Ich hab mir für meinen kleinen Flügel nach unserem Umzug einen Stimmer von Ebay-Kleinanzeigen geholt. Dieser war ein junger Typ (gerade 19) und sagte, er lerne Klavierbauer. Er würde etwa 1h zum Stimmen brauchen.
Der hat eindeutig noch nicht ausgelernt und mit so einer Stimmung schafft er auch die Prüfung nicht ...
 
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Hi :hat:

Ich hab die Datei die du oben verlinkt hast, mal durch Melodyne gejagt. Damit die Stimmung des Pianos ein Gesicht bekommt.
Anhang anzeigen 854609

Ich versteh zwar nicht viel vom Piano stimmen. Aber ist es nicht so, dass wenn sich ein Instrument wegen Luftfeuchtigkeit oder Temperaturunterschied verstimmt, sich alle Saiten in die selbe Richtung verstimmen?
Hier fällt mir aber auf, dass einige Saiten sehr gut gestimmt aussehen, aber zB Gb ist deutlich zu hoch, und Ab zu tief gestimmt ist. Spannend.

Ich habs zum Vergleich mit Melodyne mal zu 100% gestimmt. Klingt dann so:
Anhang anzeigen 854611
Das klingt genauso schlimm (thumbsDown)
 
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So schlecht ist nun die Stimmung nicht. Die Intervalle sind teilweise ein wenig scharf. Ok. Die Stimmung klingt ein wenig unrund und ein paar Chore könnten reiner sein. Gerade noch hinnehmbar. Das mag der Handyaufnahme oder auch dem 150cm Flügel geschuldet sein, der sich möglicherweise nicht ganz korrekt stimmen lässt. Vor allem im Übergang Mittellage Bass wird man schon ganz schön vermitteln müssen. Wer da auf reine oder schwebungsarme Intevalle hofft, die sich auch noch gleichmäßig in der Schwebungszahl verändern, wird enttäuscht werden. Enttäuscht werden wird man möglicherweise auch von unreinen Saiten oder vor allem im Baß von Saiten, die sich einfach nicht zusammenstimmen lassen.

Gut, jetzt hatte der vorherige Stimmer den Flügel immer zur Zufriedenheit gestimmt.

Unterschiedliche Stimmer stimmen unterschiedlich. Klaviere werden gespreizt gestimmt. D.h. dass alle Oktaven zu groß sein werden. Ausgehend von der zuerst gestimmten Oktave in der Mittellage, werden die Töne im Diskant alle viel zu hoch und im Bass viel zu niedrig sein. Unser Ohr misst halt nicht linear. Es geht um das richtige Maß. Und da unterscheiden sich die Stimmer. Der eine stimmt den Diskant höher, der eine den Bass niedriger, usw..

Das nächste Mal den alten Stimmer wieder holen oder bei Bekannten, Musikschulen, etc. fragen, wer empfohlen wird.

Michael
 
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Da habe ich noch eine Frage: Macht man die Spreizung bei kurzen Instrumenten anders als bei langen? Größere oder weniger große Spreizung je nach Länge?

Viele Grüße,
McCoy
 
Da habe ich noch eine Frage: Macht man die Spreizung bei kurzen Instrumenten anders als bei langen? Größere oder weniger große Spreizung je nach Länge?
Echt schwere Frage. Im Prinzip: unterschiedliche Länge = unterschiedliche Inharmonizität. Von daher wird auch unterschiedlich gespreizt. Rein theoretisch müsste bei großer Inharmonizität (also bei kurzen Saitenlängen) auch mehr gespreizt werden. Aber: wenn man das tut, dann kann es auch wieder komisch klingen. Man müsste eigentlich stark spreizen, aber irgendwann klingt es dann übertrieben.

Stimmgeräte z.B. orientieren sich an bestimmten Teiltonpärchen. Z.b. an einer 2:1 oder 4:2 Oktave. Soll heißen bei z.B. einem C zu dem C eine Oktave höher: der 2. Teilton des höheren C wird gestimmt wie der erste Teilton des tieferen C. Das wäre eine 2:1 Oktave. Oder aber der 4. Teilton des höheren C wird so gestimmt wie der 2. Teilton des tieferen C. Das wäre dann eine 4:2 Oktave. So gehen fast alle Stimmgeräte vor. Das menschliche Ohr orientiert sich aber nicht ausschließlich an nur einem Teiltonpärchen. Die anderen Teiltöne werden ja auch noch gehört. Wenn man sich nun sklavisch an einem erstmal ausgewähltem Teiltonpärchen orientiert, dann hat man zwar die Streckung auf dieses Teiltonpärchen hin ausgerichtet, aber andere Teiltonpärchen passen dann wieder nicht so gut zusammen. Und das kann dann komisch klingen. Das meine ich mit übertrieben.
 
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Bass:
Je länger die Basssaiten sind, umso geringer wird die Spreizung im Bass ausfallen. Größere Flügel spreizt man im Bass geringer als kleine Instrumente.
Das kann man so allgemein gültig behaupten.

Diskant:
Für den Diskant ist alles anders. Einerseits sollen Arpeggios brilliant klingen. Andererseits sollen die Akkorde schön klingen. Beides zusammen geht nicht. Blöd.

Was tun im Diskant?
So weit wie möglich mit geringer Spreizung arbeiten. Irgendwann - nach Gusto - im Diskant die Spreizung erhöhen. Damit die Arpeggios nach oben schön perlen und die Stimmung wegflirrt (was für eine schöne Umschreibung).

Michael
 
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Stimmgeräte z.B. orientieren sich an bestimmten Teiltonpärchen. Z.b. an einer 2:1 oder 4:2 Oktave. Soll heißen bei z.B. einem C zu dem C eine Oktave höher: der 2. Teilton des höheren C wird gestimmt wie der erste Teilton des tieferen C.
Mal sehen, ob ich es richtig verstanden habe: Wir nehmen ein kleines a, das die Frequenz von 220 Hz hat und ein entsprechend eine Oktave höheres eingestrichenes a', das eine Frequenz von 440 Hz hat. Der 2. Teilton des höheren a' hat nun eine Frequenz von 880 Hz und klingt wie ein a''. Der 1. Teilton des kleinen a wäre das kleine a selber und hat 220 Hz. Dann wird also 880 Hz zu 220 Hz gestimmt, also 2 Oktaven Differenz? Richtig so?

Ich hätte jetzt gedacht, man stimmt den 2. Teilton des tieferen Tones mit dem 1. Teilton des höheren Tones, denn dann hätten beide in diesem Fall 440 Hz. So mache ich es jedenfalls auf der Gitarre z.B. bei Drop D-Stimmung oder open Tunings.

Auf jeden Fall ein interessantes Thema, und interessant an euren Antworten ist auch, daß ,am sieht, wie jeder Stimmer es ein kleines bisschen anders beschreibt, anders denkt und deshalb auch ein kleines bisschen anders macht. Deshalb ist Stimmung nicht gleich Stimmung.

Noch eine Frage: Versucht man nicht, durch die Spreizung die "pythagoreisch" zu kleinen Quinten etwas zu "weiten"?

Viele Grüße,
McCoy
 
Die Rechnung ist richtig.
Das pythagoräische Komma gilt nur in der Theorie. Praktisch werden eher die Quiten rein sein und die Oktaven leicht schweben. Je kleiner das Instrument ist - höhere Spreizung erforderlich - umso mehr geht die Quinte in den Randbereichen der Klaviatur in Richtung größer als rein.

Michael
 
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Je kleiner das Instrument ist - höhere Spreizung erforderlich - umso mehr geht die Quinte in den Randbereichen der Klaviatur in Richtung größer als rein.
Krass, hätte ich nicht gedacht. (Und nachgeprüft habe ich es auch nie ...) 😮

Viele Grüße,
McCoy
 
Ich hätte jetzt gedacht, man stimmt den 2. Teilton des tieferen Tones mit dem 1. Teilton des höheren Tones, denn dann hätten beide in diesem Fall 440 Hz.
Ups, ja genau. Du liegst richtig. Ich hatte es falsch beschrieben.
 
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Ich dachte, es wird wohltemperiert gestimmt, 1/12 Frequenzverteilung auf jeden Halbton.
 
Theoretisch unterscheiden sich 2 nebeneinander liegende Halbtöne um den Faktor 12. Wurzel von 2.. Theoretisch.
Dann gibt es die Spreizung in der Klavierstimmung und der Abstand vergrößert sich. Und das geilste: der Abstand im Baß ist ein anderer wie der der Mittellage und der im Diskant. Also mal praktisch gesehen.

Michael
 
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Und jetzt für Fortgeschrittene: die Spreizung macht man nicht nur wegen der Inharmonizität (wie die meisten denken). Die macht man auch, weil das menschliche Ohr eine Oktave bevorzugt, die weiter als rein gestimmt ist (also zu hoch). Zumindest in den höheren Lagen (Diskant). Und zwar auch bei Sinustönen. Das beweist, dass es keine Frage der Inharmonizität ist, weil Sinustöne ja keine Inharmonizität haben.. Jedenfalls gibt es Experimente, wo Versuchspersonen ein Sinuston mit 500 Hz von 1 Sekunde Dauer präsentiert wird und anschließend ein zweiter Sinuston von 1 Sekunde Dauer, der die Oktave darstellen soll. Das ganze wird dann mit verschiedenen "Oktaven" gemacht, die von 985 Hz bis 1.035 Hz reichen. Die Versuchspersonen sollen dann sagen, welches Sinuston-Paar die korrekte Oktave darstellt. Die meisten entscheiden sich für 1.010 Hz. Das könnt ihr ja selber mal ausprobieren mit dieser Audiodatei. Wie gesagt: fängt bei 985 Hz an und geht bis 1.035:

https://www.rctn.org/bruno/data/aud...uditory-demonstrations/31 Octave Matching.m4a

Aber verschiedene Klavierstimmer haben tatsächlich verschiedene Präferenzen. Und alte Stimmer tendieren dazu, die höheren Töne krass zu hoch zu stimmen. Dass die obersten Töne von älteren Kollegen um bis zu 50 Cent zu hoch gestimmt werden, ist leider keine Seltenheit.
 
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Ich kann die Sprungtöne Nr. 5, 6 und 7 als Oktave akzeptieren. 1-4 sind zu tief, ab 8 sind sie zu hoch.
 
Ich empfinde Nr. 4 als am stimmigsten.
Ab Nr. 5/6 ist die Okt. zu gross, und kommt sehr rasch in einen wirklich unerträglichen Bereich.

Soweit mein Höreindruck.

Thomas
 
Ich konnte es nur leise hören, und war bei 5/6, ev. noch 7. Interessanterweise wurden die zu großen Oktaven immer "schlimmer", je länger der 2. Ton anhielt. Am Anfang noch nicht ganz so schlimm, dann "rutschte es" nach oben weg?

Gruß,
glombi
 

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