.Jens
Mod Emeritus
Für dieses Review muss ich ein bisschen ausholen, denn der Kauf dieser kleinen Wunderkiste hat eine Historie:
Ich spiele ja immer mal wieder in verschiedenen Bands, derzeit aber hauptsächlich in einer Bluesrock-Combo, wo das Soundspektrum eher überschaubar ist (95% Orgel und EP, plus hier und da ein Moog, ein Clavi, ein Mellotron...). Bis vor kurzem bestand da das Setup aus Hammermechanik-Masterkey (LMK4+) unten, Orgel (HX3) in der Mitte und Kronos als Soundlieferant oben - dessen EPs waren seinerzeit mit ein Kaufgrund, aber 3 Tastaturen sind für diese Combo einfach zuviel.
Dann hatte ich das Crumar Seven entdeckt und wollte ursprünglich die Hammermechanik und den Kronos durch dieses ersetzen und die Orgel einfach draufstellen. Blöderweise kam ich mit der Tastatur des Seven überhaupt nicht zurecht - aber die Sounds hatten es mir angetan. Nicht nur, dass die EPs fantastisch klangen - per Midi über mein vorhandenes LMK gespielt, war auch das Tastaturproblem erledigt.
Genug der Vorrede: die Entscheidung fiel dann recht schnell, das Seven zu retournieren und dafür das GSi Gemini zu bestellen, was im Wesentlichen die selbe Soundengine beinhaltet. Was kann die Kiste jetzt? Es handelt sich um einen klassischen Expander - zwei Midi-Eingänge, zwei Knöpfe, ein Volumepoti, ein Alpha-Dial und Audio-Ausgänge (im Wesentlichen). Die Desktop-Version kommt als 9.5"-Tabletop-Gehäuse daher, die Rack-Version kann das gleiche, nur im anderen Formfaktor (19").
Im Innern werkeln zwei DSPs, die jeweils unabhängig voneinander einen Soundgenerator besitzen - es gibt neben einer Sample-Engine (die allerdings nur mit einer Handvoll von GSi bereitgestellter Samplesets, v.a. akustische Klaviere, bestückt werden können) explizite, sehr detaillierte Modeling-Engines für E-Pianos (Tine + Reed), Orgel (sowohl Hammond als auch Farfisa/Vox und Pfeifenorgel), Clavinet, String Machine, Trompete, Orchester, VA-Synth. Man sieht - es geht im Grunde um Brot- und Butter-Sounds - die aber in sehr gut!
GSi hat ja auch einige dieser Engines als Plugin bzw. App auf dem Markt, etwa die VB3-II, und die gleiche Basis treibt eben auch neben dem Crumar Seven die Mojo-Serie von Crumar an.
Für jeden DSP kommt dahinter eine festgelegte - aber in meinen Augen sehr sinnig gestaltete und durchdachte - serielle Effektkette aus WahWah, Phaser, Chorus, Tremolo/Pan, Spring Reverb, Amp-Simulation, Leslie, Delay, Limiter, Reverb und EQ. Allein der Reverb ist grandios - klingt sehr organisch und "lush". Aber auch die anderen FXe bestechen eigentlich durchgehend durch sehr ansprechende Umsetzung und eine Bedienung, die soviel wie nötig an Parametern bietet, ohne zum unüberschaubaren Parametergrab zu werden. Hätte die Kiste nicht nur ein virtuelles Bedienpanel, wäre es wohl ein "One Knob, One Function"-Design geworden.
Die Verarbeitung fühlt sich wertig an - da wackelt nichts, die Midi-Buchsen sind sogar für meinen Geschmack etwas sehr stramm (das gibt sich vielleicht mit der Zeit noch). Die Bedienung am Gerät beschränkt sich auf die Auswahl der zuvor programmierten Patches - das etwas altbackene LCD-Matrix Display kommt jetzt hell genug, aber unaufdringlicher daher als das Blau im Vorgängermodell (Anmerkung: das 2022 wegen Lieferkettenschwierigkeiten neu aufgelegte Modell hat ein etwas anderes Gehäuse bekommen und bietet jetzt 8 statt 4GB Samplespeicher). Ein paar mehr Zeichen hätten es in der Breite sein dürfen. Dafür ist die Bedienung per Tablet und App sehr gut gelöst, wenn auch grafisch eher schlicht. Dazu wird entweder ein beliebiger Browser verwendet, nachdem das jeweilige Endgerät sich in das vom Gemini angebotene WLAN-Netz eingewählt hat - oder man nutzt eine direkte USB-Verbindung zum Tablet und dort die App, die grafisch etwas schicker ist als die Browservariante. Das Wifi-Modul ist nicht mehr eingebaut, sondern jetzt ein steckbarer USB-Dongle. Das geht besser, aber die direkte USB-Verbindung zu Tablet oder PC ist im Zweifel ohnehin die zuverlässigere Variante, die funktioniert auch sehr stabil.
Einige wird das externe Netzteil stören. Mich stört das an sich weniger, ABER: hier sitzt das eigentliche Netzteil in einem Klotz im Kabel (ähnlich wie bei Laptops) statt im Stecker, und der Kabelteil zwischen Netzteil und Gemini ist sehr kurz - zu kurz, um das Netzteil auf den Boden zu legen, wenn das Gemini auf Tastaturhöhe steht. Das ist nicht so richtig bühnentauglich, und ich werde mir da wohl entweder ein anderes Netzteil besorgen oder zumindest das sekundärseitige Kabel verlängern.
Soundmäßig muss man sagen: das ist in Sachen Vintage-Keys eine Referenz! Die Orgel würde ich jederzeit bedenkenlos auch statt meiner HX3 einsetzen (zumindest als Backup-Lösung - mir würden sonst haptische Zugriegel fehlen und ein separater Audioausgang für ein echtes Leslie), die EPs und das Clavi sind extrem gut gelungen, die Pianos sind immerhin Oberklasse, wenn auch nicht Champions League. Aber auch die sind im Bandkontext sehr gut brauchbar. Bei einigen Engines, z.B. EPs und Clavi geht die Liebe zum Detail so weit, dass z.B. beim Clavi der Tonumfang unterhalb des F einfach aufhört - kompromisslos, das lässt sich wie beim Original auch nicht einfach erweitern
Ein paar mehr unterschiedliche Factory-Patches aus dem Bereich EP/Clav/Orgel hätten es gerne sein dürfen, statt dessen gibt es eine Menge "Klassiker" auch für den VA und einige samplebasierte Sounds, wie z.B. das unvermeidliche Fantasia und solche Dinge. Aber neue Patches sind schnell erstellt, auch wenn 127 Preset-Speicherplätze nach heutigen Maßstäben eher knapp bemessen sind. Ebenfalls nicht mehr ganz zeitgemäß: es fehlt eine "Smooth Transition", bei der man umschalten kann, ohne dass der gerade noch gehaltene Sound abreißt. Zusätzlich genehmigt sich der Gemini bei einigen Sample-Libraries eine (sehr) kurze Gedenksekunde, bis der neue Sound spielbar ist.
Die Werkspresets laden zwar zum Spielen ein, sind aber leider (Luxusproblem!) lautstärkemäßig sehr uneinheitlich programmiert. Ist aber mit zwei Handgriffen änderbar, die Factorypatches sind alle voll editier- und speicherbar.
Alles in allem für mich die perfekte Alternative für alle Fälle und Gigs, bei denen eine Workstation wie der Kronos deutlich "drüber" wäre, aber ein paar Basissounds dennoch in exzellenter Qualität benötigt werden.
Ich spiele ja immer mal wieder in verschiedenen Bands, derzeit aber hauptsächlich in einer Bluesrock-Combo, wo das Soundspektrum eher überschaubar ist (95% Orgel und EP, plus hier und da ein Moog, ein Clavi, ein Mellotron...). Bis vor kurzem bestand da das Setup aus Hammermechanik-Masterkey (LMK4+) unten, Orgel (HX3) in der Mitte und Kronos als Soundlieferant oben - dessen EPs waren seinerzeit mit ein Kaufgrund, aber 3 Tastaturen sind für diese Combo einfach zuviel.
Dann hatte ich das Crumar Seven entdeckt und wollte ursprünglich die Hammermechanik und den Kronos durch dieses ersetzen und die Orgel einfach draufstellen. Blöderweise kam ich mit der Tastatur des Seven überhaupt nicht zurecht - aber die Sounds hatten es mir angetan. Nicht nur, dass die EPs fantastisch klangen - per Midi über mein vorhandenes LMK gespielt, war auch das Tastaturproblem erledigt.
Genug der Vorrede: die Entscheidung fiel dann recht schnell, das Seven zu retournieren und dafür das GSi Gemini zu bestellen, was im Wesentlichen die selbe Soundengine beinhaltet. Was kann die Kiste jetzt? Es handelt sich um einen klassischen Expander - zwei Midi-Eingänge, zwei Knöpfe, ein Volumepoti, ein Alpha-Dial und Audio-Ausgänge (im Wesentlichen). Die Desktop-Version kommt als 9.5"-Tabletop-Gehäuse daher, die Rack-Version kann das gleiche, nur im anderen Formfaktor (19").
Im Innern werkeln zwei DSPs, die jeweils unabhängig voneinander einen Soundgenerator besitzen - es gibt neben einer Sample-Engine (die allerdings nur mit einer Handvoll von GSi bereitgestellter Samplesets, v.a. akustische Klaviere, bestückt werden können) explizite, sehr detaillierte Modeling-Engines für E-Pianos (Tine + Reed), Orgel (sowohl Hammond als auch Farfisa/Vox und Pfeifenorgel), Clavinet, String Machine, Trompete, Orchester, VA-Synth. Man sieht - es geht im Grunde um Brot- und Butter-Sounds - die aber in sehr gut!
GSi hat ja auch einige dieser Engines als Plugin bzw. App auf dem Markt, etwa die VB3-II, und die gleiche Basis treibt eben auch neben dem Crumar Seven die Mojo-Serie von Crumar an.
Für jeden DSP kommt dahinter eine festgelegte - aber in meinen Augen sehr sinnig gestaltete und durchdachte - serielle Effektkette aus WahWah, Phaser, Chorus, Tremolo/Pan, Spring Reverb, Amp-Simulation, Leslie, Delay, Limiter, Reverb und EQ. Allein der Reverb ist grandios - klingt sehr organisch und "lush". Aber auch die anderen FXe bestechen eigentlich durchgehend durch sehr ansprechende Umsetzung und eine Bedienung, die soviel wie nötig an Parametern bietet, ohne zum unüberschaubaren Parametergrab zu werden. Hätte die Kiste nicht nur ein virtuelles Bedienpanel, wäre es wohl ein "One Knob, One Function"-Design geworden.
Die Verarbeitung fühlt sich wertig an - da wackelt nichts, die Midi-Buchsen sind sogar für meinen Geschmack etwas sehr stramm (das gibt sich vielleicht mit der Zeit noch). Die Bedienung am Gerät beschränkt sich auf die Auswahl der zuvor programmierten Patches - das etwas altbackene LCD-Matrix Display kommt jetzt hell genug, aber unaufdringlicher daher als das Blau im Vorgängermodell (Anmerkung: das 2022 wegen Lieferkettenschwierigkeiten neu aufgelegte Modell hat ein etwas anderes Gehäuse bekommen und bietet jetzt 8 statt 4GB Samplespeicher). Ein paar mehr Zeichen hätten es in der Breite sein dürfen. Dafür ist die Bedienung per Tablet und App sehr gut gelöst, wenn auch grafisch eher schlicht. Dazu wird entweder ein beliebiger Browser verwendet, nachdem das jeweilige Endgerät sich in das vom Gemini angebotene WLAN-Netz eingewählt hat - oder man nutzt eine direkte USB-Verbindung zum Tablet und dort die App, die grafisch etwas schicker ist als die Browservariante. Das Wifi-Modul ist nicht mehr eingebaut, sondern jetzt ein steckbarer USB-Dongle. Das geht besser, aber die direkte USB-Verbindung zu Tablet oder PC ist im Zweifel ohnehin die zuverlässigere Variante, die funktioniert auch sehr stabil.
Einige wird das externe Netzteil stören. Mich stört das an sich weniger, ABER: hier sitzt das eigentliche Netzteil in einem Klotz im Kabel (ähnlich wie bei Laptops) statt im Stecker, und der Kabelteil zwischen Netzteil und Gemini ist sehr kurz - zu kurz, um das Netzteil auf den Boden zu legen, wenn das Gemini auf Tastaturhöhe steht. Das ist nicht so richtig bühnentauglich, und ich werde mir da wohl entweder ein anderes Netzteil besorgen oder zumindest das sekundärseitige Kabel verlängern.
Soundmäßig muss man sagen: das ist in Sachen Vintage-Keys eine Referenz! Die Orgel würde ich jederzeit bedenkenlos auch statt meiner HX3 einsetzen (zumindest als Backup-Lösung - mir würden sonst haptische Zugriegel fehlen und ein separater Audioausgang für ein echtes Leslie), die EPs und das Clavi sind extrem gut gelungen, die Pianos sind immerhin Oberklasse, wenn auch nicht Champions League. Aber auch die sind im Bandkontext sehr gut brauchbar. Bei einigen Engines, z.B. EPs und Clavi geht die Liebe zum Detail so weit, dass z.B. beim Clavi der Tonumfang unterhalb des F einfach aufhört - kompromisslos, das lässt sich wie beim Original auch nicht einfach erweitern
Ein paar mehr unterschiedliche Factory-Patches aus dem Bereich EP/Clav/Orgel hätten es gerne sein dürfen, statt dessen gibt es eine Menge "Klassiker" auch für den VA und einige samplebasierte Sounds, wie z.B. das unvermeidliche Fantasia und solche Dinge. Aber neue Patches sind schnell erstellt, auch wenn 127 Preset-Speicherplätze nach heutigen Maßstäben eher knapp bemessen sind. Ebenfalls nicht mehr ganz zeitgemäß: es fehlt eine "Smooth Transition", bei der man umschalten kann, ohne dass der gerade noch gehaltene Sound abreißt. Zusätzlich genehmigt sich der Gemini bei einigen Sample-Libraries eine (sehr) kurze Gedenksekunde, bis der neue Sound spielbar ist.
Die Werkspresets laden zwar zum Spielen ein, sind aber leider (Luxusproblem!) lautstärkemäßig sehr uneinheitlich programmiert. Ist aber mit zwei Handgriffen änderbar, die Factorypatches sind alle voll editier- und speicherbar.
Alles in allem für mich die perfekte Alternative für alle Fälle und Gigs, bei denen eine Workstation wie der Kronos deutlich "drüber" wäre, aber ein paar Basissounds dennoch in exzellenter Qualität benötigt werden.