[Review] Beyerdynamic DT 900 ProX

rbschu
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Wo fängt man an, wenn man über so einen neuen Kopfhörer wie den Beyerdynamic DT 900 PRO X etwas berichten will...? Soll ich mal historisch beginnen? Mein erster „richtiger“ Kopfhörer war wohl ein Glücksgriff, denn in meiner Erinnerung muss sich alles daran messen. Er war ein Sennheiser HD 414, den man in den späten 60ern und 70ern selbst in renommierten Studios nutzte. Von da ab hatte Sennheiser bei mir ein Stein im Brett; ich besaß diverse Nachfolgemodelle, aber irgendwie klangen sie einfach schlechter als mein erster. Ca. 50 Jahre später hängen bei mir ein HD 480 sowie ein HD 480 II (beide offene Bauweise), die zwar gut und ermüdungsfrei auf dem Ohr sitzen, aber doch irgendwie dumpf klingen. Daneben besitze ich noch einen AKG 271 Studio (geschlossen) sowie einen geschlossenen Superlux HD 631. Die beiden Letzteren kann man für Mikrofonaufnahmen nutzen, aber klanglich empfinde ich sie als ernüchternd bis muffig. Offenbar fehlte mir ein wirklich guter, offener Kopfhörer und ich war gewillt, abseits von den teuren Sennheisers (HD 600 oder HD 650) mal einem anderen Anbieter eine Chance zu geben. Nachdem ich mir die Website von Beyerdynamic ausgiebig zu Gemüte geführt und verstanden hatte, dass bei deren KHs jedes einzelne Bauteil ausgetauscht werden kann, falls notwendig und ich sowieso die Verschleißprobleme mit den Steckerchen und Kopfhörerkabeln von Sennheiser satt hatte, war das für mich ein gewichtiges Argument, mal einen der neu konzipierten Misch- und Masteringgrade Kopfhörer aus der mittleren Preiskategorie von Beyerdynamic zu bestellen (ca. 250€ Anfang 2020). Für die HighEnd-Klasse fehlte mir noch die Traute. Als der Tag der Tage kam und per Email die Vorankündigung zum Zeitpunkt der postalischen Auslieferung benannt wurde, bin ich zum ersten Mal in meinem Leben dem Postauto entgegen geradelt und habe mir meinen KH aushändigen lassen, um nicht sinnlos wartend herum zu sitzen und vor Neugier zu platzen.

DT 900 ProX Überblick.JPG


Konkrete technische Daten lassen sich der Website von Beyerdynamic entnehmen. Eine Zusammenstellung meiner entstandenen Eindrücke sieht wie folgt aus:
- klasse stabile Verpackung, will ich zum Einstieg erwähnen. :whistle:

- Transport- oder Schutzbeutel belastbarer Art in Schwarz ist dabei, so dass der KH nicht zu staubt, wenn er eine Weile in der Wohnung rumliegt oder irgendwohin mitgenommen wird. Macht guten Eindruck.

- Zwei gestreckte Kabel mit vergoldeten Steckern sind inklusive, einmal in 1,8m und einmal in 3m Länge. Die Kabel selbst hinterlassen einen hochwertigen und robusten Eindruck.

- Was für mich ja ein wesentliches Kaufkriterium war, ist die Mini-XLR Steckverbindung zwischen Kabel und KH. Das ist solide, kunststoffummantelt, aber natürlich etwas filigraner als die gewohnten XLR-Metallbolzen, die man schwerlich am Kopf umher tragen kann. Selbst wenn mal eine Kabelzuleitung defekt werden sollte, ist hier ein problemloser Austausch gewährleistet. Bei dem in der nachfolgenden Abbildung sichtbaren 6,3mm Klinkenstecker am anderen Kabelende handelt es sich um einen im Lieferumfang enthaltenen vergoldeten Adaptor, der per Gewinde auf den vergoldeten originären Miniklinkenstecker aufgeschraubt werden kann (vgl. Bild oben). Gut.

DT 900 ProX Stecker.JPG


- Der Kopfhörer ist nicht leicht, aber auch nicht zu schwer, macht soliden Eindruck. Die Anpassung an die Kopflänge (!) geht gut und über leichte Rastpunkte. Die Ohrschalen werden stabil von Metallhaltern getragen, die in das Kopfteil übergehen. Sieht gut aus und wirkt dauerhaft belastbar.

DT 900 ProX links Detail.JPG


- Die beiden Hörer machen gleichfalls einen stabilen Eindruck, sind aber eben aus Plastik, wie ja praktisch bei 99% aller Kopfhörer. Die Ohrpolster sitzen gut, umgeben die Lauscher vollständig und drücken nicht. Das Ohr selbst befindet sich somit in einer Art "Kuhle", die von den Velourspolstern ausgespart wird. Dadurch entsteht also kein Druck auf die Ohren selbst, bzw. Ohrmuscheln, sondern der Kontakt mit dem Kopf geschieht über die Schädelknochen. Sehr gut.

DT 900 ProX Ohrmuscheln.JPG


- Ich habe den KH (48 Ohm) zunächst mit meinem HighRes-Player (vgl. mein diesbezügliches Review) verbunden, um zu sehen/hören, welche Lautstärke an meinen Mixen erreicht wird. Ich muss tatsächlich nicht so weit aufdrehen wie bisher mit meinen höherohmigen. Dadurch hält eine Akkuladung deutlich länger als bei 180 Ohm oder gar noch mehr und auch am Kopfhörerverstärker im Studio ergeben sich keine Nachteile. Sehr gut.

- Vom Klangerlebnis bin ich überrascht. Nicht so sehr davon, wie der KH überträgt - ich hatte Klasse erwartet -, sondern wie gut ich meine Grobmixe an den Monitoren doch bereits abgemischt hatte (überwiegend in 24bit WAV). Am HiRes-Player habe ich den Equalizer auf neutral/off gestellt. Alles klingt sehr transparent, Höhen gut und Bässe nicht übertrieben. Sehr ausgewogen.

- Hoch erfreut, ja wirklich, war ich, selbst bei meinen alten Aufnahmen aus den 80er Jahren Details herauszuhören, die meine anderen Kopfhörer versteckt hatten oder nicht übertragen wollten (AKG K271 Studio sowie Sennheiser HD 480 I und II. Vom Superlux HD 632 will ich gar nicht reden). Großartig! So als hätte man den Vorhang weggezogen. Sodann habe ich mir, immer noch voller Neugierde, eine professionelle Klangquelle auf meinem HiRes-Player gesucht, nämlich die HiRes-Edition der LP 'Fireball' von Deep Purple (1971). Hört sich gut an, keine Beschwerden. Man begegnet deutlich dem damals vorherrschenden, sehr "analogen" Klangstil. Nicht so glockig klar wie Produktionen aus den 90ern, bzw. im Digitalzeitalter. Im Song 'No, no, no' fällt mir der tiefe Orgelbass auf, den ich sonst nicht wahrgenommen habe. Ich erinnere mich auch nicht daran, dass ich derlei noch von Vinyl her kenne. Ist schon lange her. Aber die LP - eigentlich sind es ja nun Digitaldaten - klingt sehr sauber und das Klangspektrum scheint erweitert zu sein. Kein Wunder, denn vom HiRes-Player und HiRes-Material mal abgesehen, überträgt der Beyerdynamic DT 900 PRO X bereits ab 5 Hz, kriegt also die tiefsten Bässe offengelegt, wenn sie denn im Ausgangsmaterial vorhanden sind.

Ich würde mal meinen, der offene KH ist fürs Aufnehmen ohne Mikrofonbeteiligung und fürs Mixen ausgezeichnet geeignet. Natürlich ersetzt kein Kopfhörer eine gute Abhöre, aber der DT 900 PRO X entspricht durchaus dem, was ich von meinem „Traumkopfhörer“ erwartet habe. Es scheint, als sei dieses Produkt wirklich mit Liebe zum Detail und in absoluter Präzision erdacht und gebaut worden. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob dieser Eindruck trügt oder sich bewahrheitet.

Noch ein Zusatz: Den KH habe ich am ersten Tag ununterbrochen 6 Stunden lang getragen und Musik damit gehört; keine Ermüdungserscheinungen am Ohr, kein Drücken und kein Schwitzen. Fabelhaft. Damit kann man den ganzen Tag oder die ganze Nacht arbeiten. Einen solchen KH hatte ich noch nie. Man sollte sowas ja nicht laut sagen, aber für das, was dieser KH leistet, ist er viel zu billig. :engel:

Und Sparfüchse hergehört! Sollte jemand Bedarf an einem Kopfhörer zum reduzierten Preis haben, empfehle ich die Beyerdynamic Website, die einen Outlet-Store beinhaltet und hin und wieder „Refurbished“-Modelle aller Typen anbietet, die so aufbereitet wurden, dass sie fabrikneuen Modellen entsprechen.

Absolute und uneingeschränkte Kaufempfehlung.
 
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Vielen Dank für deinen Bericht. (y)

Ich liebäugle momentan auch mit einem Update. :geek:
Bisher habe ich nur positives über die Beyerdynamic Kopfhörer gehört.
Ich selber nutze momentan den DT880 PRO (halboffen, 250 Ohm) als Referenz und bin damit sehr zufrieden.
 
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Danke für das Review.
Was mich noch interessiert: Die Beyerdynamic, die ich bisher gehört habe, tendierten zu einer Betonung des Bassbereiches. Sie klangen also nicht sehr neutral.
Wie ist das bei diesem hier? Du schreibst, dass der Bass Dich beeindruckt hat, aber ist er nicht überbetont?
Grüße
 
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Nein, ich habe nicht den Eindruck, dass der Bass überbetont ist. Er bringt eben meiner Ansicht nach nur das, was auch vorhanden ist, zum Vorschein.
 
1stdiva
  • Gelöscht von DirkS
  • Grund: Auf Userwunsch (falscher Thread)
Stratomano
  • Gelöscht von DirkS
  • Grund: Erledigt, da Bezugspost gelöscht
1stdiva
  • Gelöscht von DirkS
  • Grund: Erledigt, da Bezugspost gelöscht
Hast du oder sonst jemanden einen Vergleich zum DT990 Pro (ohne X)?
Ich habe bei dem immer das Gefühl, dass die Höhen viel zu scharf sind.
Am liebsten würde ich dort mit einem Shelf ab 14 kHz einfach absenken.

Der Neumann NDH 20 hat das Problem der Höhen gar nicht, aber bei diesem finde ich den unteren Bereich Low-Mid etwas penetrant.
Nicht so basslastig wie ein DT770 z.B. aber dennoch relativ stark im Vordergrund.

Sind bei diesem hier auch solch scharfe/präsente Höhen da? Du schreibst ja, dass du stundenlang ohne Pause und Ermüdung hören kannst.
Das wäre eben genau der Fall. Aber der Direktvergleich zum DT990 wäre dennoch interessant.Insbesondere, weil gerade in den Höhen doch jeder anders hört (je nach Umständen/Alter/etc.).
Ich kann diese leider noch nicht direkt vergleichen, da mein Laden des Vertrauens diese noch nicht vorrätig hat.

Cheers,
Ian
 
Hast du oder sonst jemanden einen Vergleich zum DT990 Pro (ohne X)?
Nun, ein Freund von mir hat sich kürzlich den DT990 gekauft, weil ich von meinem Beyerdynamic so begeistert war, aber ihm ca. 250€ zuviel Geld waren. Da wir misslicherweise 50km voneinander entfernt wohnen, konnte ich besagten noch nicht mit meinem vergleichen. Ich wäre selbst glücklich, mal einen direkten Vergleich zu bekommen, am gleichen KH-Verstärker und bei gleichem Signal... Aber leider kann ich dazu noch nichts sagen. Wenn es sich ergibt, pflege ich das hier aber nach.

Cheers zurück,
rbschu
 
Kenne den DT900proX und 990Edition (250Ohm). Der DT900proX ist neutraler/flacher abgestimmt als der badewannige DT990. Den 990 etrage ich ohne EQ kaum, die Höhen sind sehr krass und auch der Oberbass zu boomy.

Hier gibts Messungen, auch im Vergleich...
 
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