Anfängerfehler!
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Gibson ES-390 Custom Shop Cherry Red
Das Suchen und Finden ist ja irgendwie Teil des Gear-Nerd-Daseins und dieses Mal hat es wirklich Spaß gemacht. Wann immer mir bei einem Gitarrensound so richtig das Herz aufgeht, handelt es sich entweder um eine Strat oder eine (Semi-)Hollowbody. Bei Paulas passiert mir das eigentlich nie. Jedenfalls habe ich mir vor geraumer Zeit einer ES-335 zugelegt und die auch gerne gespielt. Aber irgendwie habe ich doch häufiger zur Strat gegriffen, weil der Sound am Ende nicht meiner war. Man wird mich vielleicht auslachen, aber sie klang halt doch irgendwie "paulesk" und in meinen Ohren ein wenig zu breit und fett. Da die 335 ein echter Schnapper war und der Preis über die Zeit ordentlich in die Höhe gegangen ist, habe ich sie schließlich verkaufen können und mir die 390er gekauft.
Moment... 390er? Mir sagte es jedenfalls nichts, ist die doch irgendwie ein absolutes Nischenprodukt von Gibson. Es gab wohl mal eine Serienproduktion, aktuell ist sie aber neu nirgendwo verfügbar. Wie es der "Zufall" endloser Recherche bei EBK und Reverb so wollte, bin ich über die 390er gestolpert und musste erstmal recherchieren, was das eigentlich für eine Gitarre ist.
Grundlagen und Spezifikationen:
Die 390er ist eine Hollowbody (also ohne Sustainblock) mit kleinerem Korpusmaß als die 335er. Sie ist wohl etwas größer als eine Paula aber merklich schlanker als die 335er, die ich ob ihrer Größe nie besonders angenehm auf dem Schoß fand. Die Maße sind exakt gleich zu denen der 339er, die wohl etwas bekannter ist. Allerdings ist sie dank fehlendem Sustainblock erheblich leichter. Mein Exemplar hier bringt 2,46 kg auf die Waage, was manchmal schon fast irritierend leicht ist.
Das Design ist klassisch und schreit "Gibson". Im Gegensatz zu den Serienmodellen, die wohl größtenteils in Anlehnung an die 330er mit P90ern gebaut wurden, hat mein CS-Modell hier Mini-Humbucker eingebaut.
Made In Memphis Custom Shop, 2013
´60s Cherry High Gloss Nitro Finish
Laminated Maple/ Poplar/ Maple Top, Back & Sides
Mahogany Neck
60s Slim Taper Neck Profile
Rosewood Fretboard
´63 Block Inlays
Nut width 42,5 mm
Bone Nut
22 Frets
Gibson Mini-Humbucker
3-Way Toggle Switch
2x Volume, 2x Tone Controls
Tone Pro AVR-2 Tune-o-Matic Bridge
Trapeze Tailpiece
Kluson Single Line Tuners
Weight: 2,46kg
Verarbeitung und Optik:
Als bekennender Gibson-Fanboy war ich nach dem Kauf einer American Professional II etwas konsterniert. Die Fender fühlte sich erheblich besser verarbeitet an als die 335er. Hier bei der reviewten Gitarre ist von der wohl manchmal nachlässigen (schlampigen?) Endkontrolle nichts zu merken. Das Modell hat keinerlei Makel in der Verarbeitung. Das Binding in Creme an Hals und Korpus ist so perfekt ausgeführt wie die Lackierung. Die Bundabrichtung weist keine scharfen Kanten oder überstehenden Bundstäbchen auf. Auch die F-Löcher sind sauber lackiert und geschliffen. Auch die Inlays sind perfekt eingelegt und machen optisch einiges her. Das Holz ist in seiner Maserung eher schlicht aber gut durch die dünne Nitro-Lackierung zu erkennen. Ich finde die Gitarre wirklich schön und trotz der Tatsache, dass sie kein Klassiker ist und vermutlich nicht werden wird, sehr klassisch.
Bespielbarkeit und Halsprofil:
Der 60s Slim Taper Neck ist recht breit aber relativ flach und kommt meinen großen und durch das Klettern teils etwas deformierten Händen sehr entgegen. Das String-Spacing ist großzügig und gibt mir mit meinen bescheidenen Spielfähigkeiten genug Raum, ohne allzu sehr auf eine absolut aufrechte Position der Finger achten zu müssen. Die Hochglanz-Lackierung fällt nicht unangenehm auf beim Spielen, auch an heißeren Tagen und mehr Schweiß nicht. Erstaunlih finde ich es, dass die 390er nicht kopflastig ist, was ich angesichts des Gewichts erwartet hätte. Sie findet genau mittig ihr Gleichgewicht. Einziges Manko ist hier tatsächlich manchmal das geringe Gewicht. Wenn ich nach längerer Zeit von der schwereren Strat wechsle, verlasse ich mich auf ein Eigengewicht der Gitarre, das nicht mehr vorhanden ist. Das führt zu viel Bewegung "im Gesamten", weil sie halt alles mitgeht und die Massenträgheit einem hier nicht in die Karten spielt.
Saitenlage und Setup:
Das ist tatsächlich schwer zu beurteilen, da die Gitarre schon einmal durch die Hände von Bigfoot-Guitars ging und dabei geplekt wurde. Ich habe sie vom dortigen Käufer bekommen, wie sie ab Werk war, wusste er also auch nicht. Jedenfalls ist es möglich die Saitenlage auf ein absolutes Shred-Level zu bringen ohne Schnarren oder abnehmendes Sustain. Allerdings mag ich das nicht und habe die Saitenlage für einen kleinen Zugewinn an Tone ein ganzes Stück angehoben. Alles ist oktavrein eingestellt und auch den Saitenwechsel auf einen Hybridsatz 9er/10er hat sie nach Justierung des Halsstabs gut verkraftet.
Pickups und Ton:
Die beiden PUs sind Mini-Humbucker, die eine ordentliche Portion Höhen und Schärfe mitbringen sollen (!). Höhen ja, ungenommen klingen die PUs toll und höhenreich. Die Schärfe einer Strat erreicht sie damit aber keinesfalls. Insgesamt ist der Ton luftig, offen, transparent. Gleichzeitig bringt sie aber diese Wärme und Fülle mit, die für meine Ohren Hollowbodies so wohlklingend machen. Das ist ein völlig anderer Ton als der einer 335er. Da wo die 335er zwar warm und offen drückt, klingt die Gitarre hier voll und voluminös ohne das Pressen im Bassbereich. Das macht sie bestimmt ungeeignet für einige Musikstile, zumal sie als Hollowbody recht anfällig für Feedback ist. In mein Beuteschema passt der Sound allerdings zu 100% und im Clean- und Crunchbereich klingts großartig.
Zubehör:
Ein schöner cremefarbener Lederkoffer mit pinkem Plüsch. Klassisch, stylish und sehr wertig. Leider wiegt der Koffer erheblich mehr als die Gitarre selbst und alle Vorteile des leichten Gewichts beim Transport gehen verloren. Dafür sieht man arschcool aus mit so einem Lederkoffen. Drinnen sind alle Werkzeuge die man braucht, Zertifikate und als Case-Candy ein Ersatz für die Trussrod-Abdeckung.
Fazit:
Gibson kann, wenn Gibson will. Mir fehlt der Vergleich zu anderen Custom Shop Modellen, aber die hier ist in jeder Hinsicht sehr hochwertig in Verarbeitung, Optik und Hardware. Die Gitarre ist ungewöhnlich, was mich eher interessiert als abschreckt und tatsächlich war sie für eine Gibson aus dem Custom Shop sogar sehr erschwinglich. Die sonstigen CS-Modelle von Gibson empfinde ich für die Preise jenseits der 3000 Euro als zu teuer, als dass sie für mich in Frage kämen.
Auf der 390er jedenfalls spiele ich unwahrscheinlich gerne mein Blueszeug, wenn es nicht gerade in Richtung basslastiger Delta-Blues-Sachen geht. Da fehlt dann der Druck "untenrum" und ich bevorzuge die Strat.
Ich hoffe euch interessiert die Nischen-Gibson, die irgendwie viele Gibson-Klassiker vereint ohne dabei modern zu sein. Fragen beantworte ich wie immer gerne und hoffe euch gefällt das Review.
Viele Grüße
Anfängerfehler!
Das Suchen und Finden ist ja irgendwie Teil des Gear-Nerd-Daseins und dieses Mal hat es wirklich Spaß gemacht. Wann immer mir bei einem Gitarrensound so richtig das Herz aufgeht, handelt es sich entweder um eine Strat oder eine (Semi-)Hollowbody. Bei Paulas passiert mir das eigentlich nie. Jedenfalls habe ich mir vor geraumer Zeit einer ES-335 zugelegt und die auch gerne gespielt. Aber irgendwie habe ich doch häufiger zur Strat gegriffen, weil der Sound am Ende nicht meiner war. Man wird mich vielleicht auslachen, aber sie klang halt doch irgendwie "paulesk" und in meinen Ohren ein wenig zu breit und fett. Da die 335 ein echter Schnapper war und der Preis über die Zeit ordentlich in die Höhe gegangen ist, habe ich sie schließlich verkaufen können und mir die 390er gekauft.
Moment... 390er? Mir sagte es jedenfalls nichts, ist die doch irgendwie ein absolutes Nischenprodukt von Gibson. Es gab wohl mal eine Serienproduktion, aktuell ist sie aber neu nirgendwo verfügbar. Wie es der "Zufall" endloser Recherche bei EBK und Reverb so wollte, bin ich über die 390er gestolpert und musste erstmal recherchieren, was das eigentlich für eine Gitarre ist.
Grundlagen und Spezifikationen:
Die 390er ist eine Hollowbody (also ohne Sustainblock) mit kleinerem Korpusmaß als die 335er. Sie ist wohl etwas größer als eine Paula aber merklich schlanker als die 335er, die ich ob ihrer Größe nie besonders angenehm auf dem Schoß fand. Die Maße sind exakt gleich zu denen der 339er, die wohl etwas bekannter ist. Allerdings ist sie dank fehlendem Sustainblock erheblich leichter. Mein Exemplar hier bringt 2,46 kg auf die Waage, was manchmal schon fast irritierend leicht ist.
Das Design ist klassisch und schreit "Gibson". Im Gegensatz zu den Serienmodellen, die wohl größtenteils in Anlehnung an die 330er mit P90ern gebaut wurden, hat mein CS-Modell hier Mini-Humbucker eingebaut.
Made In Memphis Custom Shop, 2013
´60s Cherry High Gloss Nitro Finish
Laminated Maple/ Poplar/ Maple Top, Back & Sides
Mahogany Neck
60s Slim Taper Neck Profile
Rosewood Fretboard
´63 Block Inlays
Nut width 42,5 mm
Bone Nut
22 Frets
Gibson Mini-Humbucker
3-Way Toggle Switch
2x Volume, 2x Tone Controls
Tone Pro AVR-2 Tune-o-Matic Bridge
Trapeze Tailpiece
Kluson Single Line Tuners
Weight: 2,46kg
Verarbeitung und Optik:
Als bekennender Gibson-Fanboy war ich nach dem Kauf einer American Professional II etwas konsterniert. Die Fender fühlte sich erheblich besser verarbeitet an als die 335er. Hier bei der reviewten Gitarre ist von der wohl manchmal nachlässigen (schlampigen?) Endkontrolle nichts zu merken. Das Modell hat keinerlei Makel in der Verarbeitung. Das Binding in Creme an Hals und Korpus ist so perfekt ausgeführt wie die Lackierung. Die Bundabrichtung weist keine scharfen Kanten oder überstehenden Bundstäbchen auf. Auch die F-Löcher sind sauber lackiert und geschliffen. Auch die Inlays sind perfekt eingelegt und machen optisch einiges her. Das Holz ist in seiner Maserung eher schlicht aber gut durch die dünne Nitro-Lackierung zu erkennen. Ich finde die Gitarre wirklich schön und trotz der Tatsache, dass sie kein Klassiker ist und vermutlich nicht werden wird, sehr klassisch.
Bespielbarkeit und Halsprofil:
Der 60s Slim Taper Neck ist recht breit aber relativ flach und kommt meinen großen und durch das Klettern teils etwas deformierten Händen sehr entgegen. Das String-Spacing ist großzügig und gibt mir mit meinen bescheidenen Spielfähigkeiten genug Raum, ohne allzu sehr auf eine absolut aufrechte Position der Finger achten zu müssen. Die Hochglanz-Lackierung fällt nicht unangenehm auf beim Spielen, auch an heißeren Tagen und mehr Schweiß nicht. Erstaunlih finde ich es, dass die 390er nicht kopflastig ist, was ich angesichts des Gewichts erwartet hätte. Sie findet genau mittig ihr Gleichgewicht. Einziges Manko ist hier tatsächlich manchmal das geringe Gewicht. Wenn ich nach längerer Zeit von der schwereren Strat wechsle, verlasse ich mich auf ein Eigengewicht der Gitarre, das nicht mehr vorhanden ist. Das führt zu viel Bewegung "im Gesamten", weil sie halt alles mitgeht und die Massenträgheit einem hier nicht in die Karten spielt.
Saitenlage und Setup:
Das ist tatsächlich schwer zu beurteilen, da die Gitarre schon einmal durch die Hände von Bigfoot-Guitars ging und dabei geplekt wurde. Ich habe sie vom dortigen Käufer bekommen, wie sie ab Werk war, wusste er also auch nicht. Jedenfalls ist es möglich die Saitenlage auf ein absolutes Shred-Level zu bringen ohne Schnarren oder abnehmendes Sustain. Allerdings mag ich das nicht und habe die Saitenlage für einen kleinen Zugewinn an Tone ein ganzes Stück angehoben. Alles ist oktavrein eingestellt und auch den Saitenwechsel auf einen Hybridsatz 9er/10er hat sie nach Justierung des Halsstabs gut verkraftet.
Pickups und Ton:
Die beiden PUs sind Mini-Humbucker, die eine ordentliche Portion Höhen und Schärfe mitbringen sollen (!). Höhen ja, ungenommen klingen die PUs toll und höhenreich. Die Schärfe einer Strat erreicht sie damit aber keinesfalls. Insgesamt ist der Ton luftig, offen, transparent. Gleichzeitig bringt sie aber diese Wärme und Fülle mit, die für meine Ohren Hollowbodies so wohlklingend machen. Das ist ein völlig anderer Ton als der einer 335er. Da wo die 335er zwar warm und offen drückt, klingt die Gitarre hier voll und voluminös ohne das Pressen im Bassbereich. Das macht sie bestimmt ungeeignet für einige Musikstile, zumal sie als Hollowbody recht anfällig für Feedback ist. In mein Beuteschema passt der Sound allerdings zu 100% und im Clean- und Crunchbereich klingts großartig.
Zubehör:
Ein schöner cremefarbener Lederkoffer mit pinkem Plüsch. Klassisch, stylish und sehr wertig. Leider wiegt der Koffer erheblich mehr als die Gitarre selbst und alle Vorteile des leichten Gewichts beim Transport gehen verloren. Dafür sieht man arschcool aus mit so einem Lederkoffen. Drinnen sind alle Werkzeuge die man braucht, Zertifikate und als Case-Candy ein Ersatz für die Trussrod-Abdeckung.
Fazit:
Gibson kann, wenn Gibson will. Mir fehlt der Vergleich zu anderen Custom Shop Modellen, aber die hier ist in jeder Hinsicht sehr hochwertig in Verarbeitung, Optik und Hardware. Die Gitarre ist ungewöhnlich, was mich eher interessiert als abschreckt und tatsächlich war sie für eine Gibson aus dem Custom Shop sogar sehr erschwinglich. Die sonstigen CS-Modelle von Gibson empfinde ich für die Preise jenseits der 3000 Euro als zu teuer, als dass sie für mich in Frage kämen.
Auf der 390er jedenfalls spiele ich unwahrscheinlich gerne mein Blueszeug, wenn es nicht gerade in Richtung basslastiger Delta-Blues-Sachen geht. Da fehlt dann der Druck "untenrum" und ich bevorzuge die Strat.
Ich hoffe euch interessiert die Nischen-Gibson, die irgendwie viele Gibson-Klassiker vereint ohne dabei modern zu sein. Fragen beantworte ich wie immer gerne und hoffe euch gefällt das Review.
Viele Grüße
Anfängerfehler!
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