Die weitgehende Entwertung des Leittons - und seine endgültige Zerstörung in Moll

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Mein nächster Stolperstein bei Doris Geller:

Bezugspunkt ist eine solche Kadenz als Ausgangspunkt für eine Modulation, Dp / Tg ist der angesteuerte Drehpunkt ("Dp" heißt hier aber dennoch Dominantparallele, nicht Drehpunkt :biggrinB: ):

| _ T D Tp | Dp _ _ _ | bzw.

| _ I V VIm | IIIm _ _ _ | bzw.

| _ C G Am | Em _ _ _ |

Es geht geht aber im Folgenden nicht um die Modulatrion selbst, sondern um die Tauglichkeit der Dp / des Tg / IIIm als Pivot:

"Man wird feststellen, dass die Kadenzen zur III. Stufe etwas unbefriedigend klingen. Der Vollständigkeit halber sind sie hier dennoch aufgeführt, denn es ist grundsätzlich möglich, auch über die III. Stufe zu modulieren. Der Grund für die klanglichen Mängel liegt in der Entwertung (in Moll sogar der Zerstörung) des Leittons: In Dur ist der 7. Tonleiterton die Quinte der Dominantparallele, also ein stabiler Ton, der aufgrund seiner Tonfunktion (reine Quinte) keinerlei Leittonbestrebungen hat. Das Ohr jedoch ist es gewohnt, diese Tonleiterstufe als Leitton zu hören und gibt sich mit der spannungslosen Quintfunktion nicht zufrieden. Dies ist auch der Grund für das seltene Erscheinen des Molldreiklangs auf der III. Stufe in der klassisch-romantischen Literatur." (Doris Geller, S. 14)

Ist das nun eine exotische Erklärung or is it me?

Ja, die IIIm klingt unbefriedigend - ich würde meinen, weil wir (nach dem TS zur VIm) mit der IIIm weiter im Tonikabereich bleiben, obwohl wir ja die Absicht haben, in eine neue Tonart aufzubrechen - klar, das ist blöd.

Aber bei ihr klingt es so, als würde die IIIm (bzw. ihre vermaledeite Quinte) die gesamte Ausgangskadenz diskreditieren. o_O Was ich nicht nachvollziehen kann... Oder versteht Ihr sie anders?

P.S.: Und wenn dem so wäre - weshalb spielen wir nicht IIIm7no5 ?
 
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Lieber Heiner,

ich hatte mir mal vor vielen Jahren die Mühe gemacht aus Doris Gellers diatonisch/variantischer Modulation eine Tabelle zu erstellen.
Mit Hilfe dieser Tabelle ist es möglich von der III Stufen einer Dur Tonart aus ohne weitere Probleme in andere benachbarte Tonarten zu modulieren.
1650674572738.png



Beispiel:

1650711098921.png

 

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P.S.: Und wenn dem so wäre - weshalb spielen wir nicht IIIm7no5 ?

Sie spricht ja der Quinte durch ihre relative "Gehaltlosigkeit" den Leitton-Charakter ab.
Wenn man sie dann gleich ganz weglässt ("no5"), hat man erst recht keinen Leitton.
Abgesehen davon, dass die Quinte als Oberton zum Grundton sowieso immer ein wenig mitklingt, ob man will oder nicht (es sei denn, man spielt nur reine Sinustöne).

Viele Grüße
Torsten
 
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Lieber Heiner,

ich hatte mir mal vor vielen Jahren die Mühe gemacht aus Doris Gellers diatonisch/variantischer Modulation eine Tabelle zu erstellen.
Mit Hilfe dieser Tabelle ist es möglich von der III Stufen einer Dur Tonart aus ohne weitere Probleme in andere benachbarte Tonarten zu modulieren.


Danke, Cudo, diese Tabelle gehört eigentlich noch in das Buch - vermutlich möchte sie, dass man sie sich selbst erstellt, was ich mir nun sparen kann. :)

Du siehst bei der IIIm kein Problem... - oder erledigst es durch IIIm7no5?


Sie spricht ja der Quinte durch ihre relative "Gehaltlosigkeit" den Leitton-Charakter ab.
Wenn man sie dann gleich ganz weglässt ("no5"), hat man erst recht keinen Leitton.

So meint sie es nicht, Torsten - den Leiton hier (noch) nicht zu spielen, ist kein Problem (denn das geschieht bspw. bei den Varianten mit S, Sp, Tp auch nicht). Das Problem sei, den Leitton als Quinte zu spielen, weil eben die spannungslose Quintposition im Widerspruch zur Spannungsfunktion des Leittones stünde - was den Leitton auch über diesen Akkord hinaus seiner Wirkung beraube (sie schreibt an anderer Stelle wörtlich, der Leiton würde "ausgeschaltet"). Das gehe eben so weit, dass Komponisten der romantischen Klassik die IIIm vielfach komplett gemieden hätten. Die konnten natürlich nicht einfach auf IIIm7no5 ausweichen... :biggrinB:

Abgesehen davon, dass die Quinte als Oberton zum Grundton sowieso immer ein wenig mitklingt, ob man will oder nicht (es sei denn, man spielt nur reine Sinustöne).

Das leuchtet mir nicht ein, weil zwischen den Obertönen standardmäßig viel gravierendere Interferenzen wirken als eine vergleichsweise harmlose "Quintendiskreditierung"... außerdem spräche das doch dann gerade dafür, dass Ihre Erklärung fehlgeht, da der Leitton ja nicht nur bei IIIm, sondern auch bei I und VIm als Quinte im Obertonspektrum erscheint.
 
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Danke, Cudo, diese Tabelle gehört eigentlich noch in das Buch - vermutlich möchte sie, dass man sie sich selbst erstellt, was ich mir nun sparen kann. :)

Du siehst bei der IIIm kein Problem... - oder erledigst es durch IIIm7no5?
Die Tabelle ist ja eigentlich im Buch drin, nur nicht so zusammengefasst.
Ich höre bei den Beispielen im Buch mit IIIm als Drehpunktakkoord eigentlich nichts Störendes.

Ich habe damals, als ich das Buch kaufte, über einige der Kapitel eine Zusammenfassung geschrieben. Für die diatonisch-variantische Modulation habe ich mir sogar noch eine eigene Grafik erstellt.






Vorgehensweise bei diatonisch & diatonisch-variantischer Modulation

Aufgabe der Ausgangs- und Zielkadenz ist es, die beiden verbindenden Tonarten eindeutig klarzustellen. Dazu sollen möglichst alle Tonleitertöne jeder Tonart erklingen, was durch das Erscheinen der drei Hauptfunktionen oder deren Nebenstufen gegeben ist.
Die Ausgangstonika steht besser auf leichtem und der Umdeutungsakkord auf schwerem Taktteil. Die Zieltonika steht auf schwerem Taktteil.



Bemerkung zur Ausgangskadenz
Die Ausgangskadenz zur I Stufe endet auf dem Sextakkord der Tonika, weil die Grundstellung einen Schlusseffekt hervorrufen würde.


Bemerkung zu den Umdeutungsakkorden
Dursubdominante und Molldominante der Moll-Ausgangstonart sind als Umdeutungsakkord weniger geeignet, weil sie diese nicht befriedigend darstellen (b6 Stufe und Leitton!).
In der Mollzieltonart dagegen sind S und d gute Umdeutungsakkorde, gesetzt nach S folgt unmittelbar s und nach d folgt D.


Bemerkung zur Zielkadenz
Erscheint die Tonika der Zieltonart vor dem Ende der Modulation in Grundstellung entsteht eine verfrühte Schlusswirkung.
Wenn die Dominante der Zielkadenz Umdeutungsakkord ist, kann die Zielkadenz nicht mit der Subdominante beginnen.


Bemerkung zur diatonisch-variantischen Modulation

Verwendet man ausschließlich leitereigene Akkorde von Dur und Moll ist maximal eine Modulation in eine 2 Quinten entfernte Tonart möglich. Schließt man in Dur Tonart die Moll-Varianttonart (Molldur) mit ein, sind Modulationen in bis zu 6 Quinten entfernte Tonarten möglich. Im klassischen Sinne zählen zur Moll-Varianttonart die Akkorde s, , sN und sP. Schlüsselton ist dabei die b6 der Tonart.

1650714631266.png



PS
Das Buch von dem hier die Rede ist heißt "Modulationslehre" von Doris Geller und ist bei Breitkopf & Härtel erschienen. Übrigens sehr zu empfehlen!
 
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Ich habe damals, als ich das Buch kaufte, über einige der Kapitel eine Zusammenfassung geschrieben. Für die diatonisch-variantische Modulation habe ich mir sogar noch eine eigene Grafik erstellt.

Hab ich mir dankbar abgespeichert und in meine Notizen eingefügt - ich bin auch durch Deine Empfehlung hier auf das Buch gekommen, hat bei mir nur 14 Jahre gedauert. Der geringe Umfang des Buches täuscht, es steckt viel drin.

Die Sache mit der IIIm scheint erst einmal rätselhaft zu bleiben - ich kann nicht nachvollziehen, dass sie insbesondere den Trugschluss zur IIIm nicht gelten lassen will, ich empfinde das als ebenso guten Drehpunkt wie den TS zur VIm, jedenfalls mit Septakkorden:
| _ Cj7 Dm7 G7 | Em7 A7 Dj7 A7 | Dj7 ...
 
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Hi

Mal total off topic aber warum sind deine Beiträge im Darkmode blau geschrieben und dadurch fast nicht zu erkennen ?
Das Zitat von dir ist sogar gänzlich unleserlich. Soll das so sein oder ist da was schief gelaufen .....?

Danke + Gruß
 
[... ]warum sind deine Beiträge im Darkmode blau geschrieben und dadurch fast nicht zu erkennen ?
Das Zitat von dir ist sogar gänzlich unleserlich. Soll das so sein oder ist da was schief gelaufen .....?

Danke + Gruß
Oh - das ist nicht beabsichtigt - ich verwende den Darkmode nicht, deshalb ist es sehr gut leserlich - aber offenbar benutzt Du ihn...

Danke für den Hinweis!
 
Mal total off topic aber warum sind deine Beiträge im Darkmode blau geschrieben und dadurch fast nicht zu erkennen ?
Solche Entdeckungen an die Moderation melden, damit wir es mitkrigen und intern bei der Farbwahl bachten können.
Ich habe im Beitrag 1 jetzt die Schriftfarbe entfernt.

Es war ein dunkles Blau, das im roten oder blauen Normalmode überhaupt nicht wiedergegeben wird und im Darkmode natürlich nicht mehr viel anzeigt.
Der Sinn von willkürlicher Farbwahl ist eigentlich, einzelne Worte hervorheben zu können, weniger die "kreative Artikelgestaltung". :D

Gruß Claus
 
| _ Cj7 Dm7 G7 | Em7 A7 Dj7 A7 | Dj7 ...
Hier hast Du

Bemerkung zur Zielkadenz
Erscheint die Tonika der Zieltonart vor dem Ende der Modulation in Grundstellung entsteht eine verfrühte Schlusswirkung.

nicht beachtet und Deine Schlußkadenz klingt dadurch auch nicht wirklich schlüssig.

Wenn Du im rein diatonischen Bereich einen Ganzton hoch modulieren wolltest, wäre es eigentlich diese Variante -->

1650744489628.png
 
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verfrühte Schlusswirkung.

Ja, lieblos zusammengeschustert, also:

1. Ausgangskadenz am Beispiel C-Dur:
| _ T D7 Tp | Dp _ _ _ | bzw. | _ C G7 Am | Em _ _ _ | ist Gellers diatonisch erste Wahl,
mE gibt es die schöne Alternative:
| _TMA7 Sp7 D7⤻ | Dp7 _ _ _ | oder | _ CMA7 Dm7 G7 ⤻ | Em7 _ _ _ | - analog zu Gellers Version über klassischen Trugschluss | _ T S D ⤻ | Tp _ _ _ |.


2. Zielkadenz am Beispiel D-Dur:
| Sp S6 DT D7 | T _ _ _ | bzw. | Em Em/G D/A A7 | DMA7 _ _ _ |
mE gibt es die schöne Alternative:
| Sp7 Tp7 Sp9 D7 | TMA7 _ _ _ | bzw. | Em7 Hm7 Em9 A7 | DMA7 _ _ _ | - ich finde, durch Hm7 (oder GMA7) wird nach dem Pivot sofort und sanft die Umdeutung eingeleitet.

Geller:
| _ C G7 Am | Em Em/G D/A A7 | DMA7 _ _ _ |

Alternative:
| _ CMA7 Dm7 G7 ⤻ | Em7 Hm7 Em9 A7 | DMA7 _ _ _ |
 
"Sanft" klingt anders. Das Hm7 an dieser Stelle kommt eher wie ein Donnerwetter daher. :)
Stimmt - besser ist es, das Em einfach stehen zu lassen und auf 3 das f# hinzuzunehmen.

Es ist eine Aufgabe, die 46 Übergänge von Dur zur Dur, Dur zu Moll, Moll zu Moll und Moll zu Dur durchzugehen.
 
Bezugspunkt ist eine solche Kadenz als Ausgangspunkt für eine Modulation, Dp / Tg ist der angesteuerte Drehpunkt ("Dp" heißt hier aber dennoch Dominantparallele, nicht Drehpunkt :biggrinB: ):

| _ T D Tp | Dp _ _ _ | bzw.

| _ I V VIm | IIIm _ _ _ | bzw.

| _ C G Am | Em _ _ _ |
Ich sehe hier keine Modulation. Solange man nicht weiß, wo es hingehen soll, kann man die Tauglichkeit eines Drehpunktes nicht beurteilen.
 
[...] Solange man nicht weiß, wo es hingehen soll, kann man die Tauglichkeit eines Drehpunktes nicht beurteilen.
Nicht abschließend beurteilen, möchtest Du sagen. Bis zum Drehpunkt kann man die Kadenz schon beurteilen, weil da bereits Probleme auftreten können, so, wie Frau Geller es halt bei der IIIm sieht - was ja auch Anlass dieses Diskussionsfadens war. Mein Fazit: keiner der anwesenden Mitlesenden kann die üble Aura der IIIm bestätigen. Ich selbst kann mich nun, da ich Frau Gellers Ansicht kenne, in ihren abwertenden Charakter (den der IIIm) hineinsteigern, aber nur in der Dreiklangswelt - in der Vierklangswelt kann ich das Problem mit der III nicht wahrnehmen, halte am Trugschluss zur IIIm fest.
 
Ich finde schon auch: Die Frage ist doch immer: Wie soll´s nach dem IIIm dann weitergehen ?
Davon hängt letztlich alles ab.

Nachsatz: So, wie es in der Musik IMMER darum geht, wie´s weitergeht ...

Thomas
 
vorher frage ich mich: warum soll es weitergehen?
Das kannst Du gern machen, doch Deine Gründe liegen außerhalb der Musik. Du kannst auch einfach aufhörn und ne Schmalzstulle essen.
Nenn mir einen musikalischen Grund, der die "Warum"-Frage beantwortet, und ich glaube Dir, dass Du hier nicht nur herumtrollst und Pseudotiefgang vorgibst.
 
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