Danke für Noten & Sound.
Welche Rückmeldungen interessieren Dich denn? Ich riskier einmal, subjektiv wie ich bin, meine mehr oder weniger esoterischen Kommentare:
(a) Das ist eine ganz nette Komposition; nicht weit weg von absoluten Mainstream-Mustern, in vielerlei Hinsicht, aber doch auch was Eigenes.
(b) Handwerklich kann man einiges anders machen - die Frage ist dabei natürlich sofort: Was? Da gibt es eine wichtige Richtlinie: Wenn man in einem Stück eine Idee einführt, dann muss sie sich "bewähren". Bewähren kann sie vor allem einmal auf zwei Arten:
- Sie ist eine "selbstverständliche Idee" (in dem Musikstil, um den's geht); oder
- sie zeigt, dass es einen Grund gibt, wieso sie da ist.
-- Einer der wichtigsten, und auch einfachsten, Gründe dafür ist "Wiederholung": Wenn man was "Außer-Gewöhnliches" und es dann wiederholt, dann sagt man "Ich will es aber so!"
Zu viele solche nicht-üblichen Ideen darf man aber nicht liefern, sonst fährt die "Überraschungsaufmerksamkeit" des Zuhörers (oder Mitspielers) gegen die Wand, weil man sich zu viele "möglicherweise interessante Dinge" merken muss. Deshalb sollte man Ideen, die einem nicht als was Spezielles wert sind, doch durch "selbstverständliche Ideen" ersetzen ...
... dazu muss man dann aber wissen (intuitiv und evtl. rational), was die "selbstverständliche Ideen" sind und was als "außergewöhnlich" (manche sagen: "falsch", aber das ist ein Blödsinn) zählt.
Zwei "Handwerksregeln", die ich mir aus den Fingern sauge:
A. Nicht selbstverständlich sind akkordfremde Töne, wenn sie nicht Vorhalte sind.
B. Nicht selbstverständlich sind gleichzeitige Vorkommen verschiedener Alterierungen desselben Tons.
Für A. muss man wissen, was "akkordfremd" ist. Das hängt wieder ab, welche "Akkordsprache" der Musikstil und evtl. auch das Stück "spricht". In der U-Musik kann man, finde ich, wenn es sonst keinen Hinweis auf andere Verhältnisse gibt(!), davon ausgehen, dass 9-Akkorde noch selbstverständlich sind, also 4 Terzen über dem Grundton geschichtet (3, 5, 7 9); außerdem ist eine 6 statt einer 7 "selbstverständlich".
Schauen wir uns Deine Melodie an:
- T.1 (Am F): Alles selbstverständlich.
- T.2 (D E): Das Melodie-A über dem E-Dur ist 11 - etwas zu weit weg für selbstverständlich; außerdem war das A jeweils die Stufe 1, 3 und 5 in den Akkorden davor (Am, F, D) und ist daher ein "Standardton" - "Umverwendung" zum relativ fernen 11 "schockt". Deshalb klingt das A zu E-Dur "falsch". Tatsächlich kommt diese "Idee" in T.6 aber wieder ... und damit hat sie das Zeug zum "Hey - ich will das so!!".
-- Wenn's Dir das wert ist, müsste man die Idee "klarer einführen" - nicht einfach durch eine Bindung "in die 11 reinlaufen", sondern schon neu anspielen, evtl. auf einem späteren Schlag. Und die analoge Idee in T.4 sollte dann vielleicht auch betont werden, nämlich das C, das zuerst 7 des D7 ist, könnte durch Aushalten zu einem 13 des E werden.
-- Wenn Dir diese Idee "A als 11 von E-Dur" aber
nicht wichtig ist, dann gehört sie raus: Am einfachsten, indem das A nur eine halbe Note lang ist, dann eine Pause.
- T.3 (Am F) Alles "selbstverständlich" (Vorhalt D zu C ist die einzige ein wenig spannende Idee).
- T.4. (D E) Alles "selbstverständlich".
- T.5 und weitere (Am F ...): Das G in der Melodie wird "penetrant" und "stellt sich gegen den E(7) mit seinem Gis" = nicht selbstverständliche Idee! Das G kommt nun so systematisch wiederholt vor, dass dies eine Eigenheit des Stücks wird - allerdings: Gegen Handwerksregel B. wird
nicht verstoßen - G+Gis kommen
nicht zugleich ... bis T.12
! - dort passiert der "Clash" ... "schleichend" über eine Überbindung; ohne guten Grund; ohne erklärende Wiederholung, ohne "ich will das"-Klärung treffen sich plötzlich G und Gis! = daher "klingt es falsch". Das sollte nicht sein = entweder
- dort den Clash rausnehmen (Pause? Melodie ändern zu H, C, sonst was);
- oder (viel Arbeit, vermutlich - und wieso??), die Idee "durchziehen", "klarstellen", "wichtig machen".
- Restliche Takte (vor und nach T.12): Sonst passiert harmonisch nichts "Unselbstverständliches" mehr = so lassen.
Es gibt allerdings noch "nicht-harmonisch Unselbstverständliches", das man auch entweder begründen (wiederholen, "nach vorne stellen", ...) sollte; oder eben killen. Ein Fall sind die nicht identischen C/A-Folgen in T.15 und 16 (über den D und C-Akkorden) - warum nicht zweimal genau das Gleiche?
So ... das klingt nun, als ob man (schon) für das "Herrichten" dieser kleinen Melodie eine Doktorarbeit schreiben müsste. Da kann man verschiedene Ansichten haben:
- Es ist schon sehr gesund, solche Detailbegründungen von jedem Kleinschei... einmal selbst durchzudenken: Man lernt daran, ob einem "was einfach so passiert"; oder ob "man es wirklich will".
- Außerdem hilft diese "rationale Herangehensweise" sehr, wenn Leute daherkommen und sagen "das ist falsch" (oder "schlecht", oder "nicht erlaubt" usw.): Wenn man dann erklären kann, wieso man was macht, dann muss der "Gegner" auch argumentieren und nicht nur "einfach (vor)urteilen" - da hört man dann oft "ja wenn Du's so meinst", vielleicht auch mit einem Ratschlag "dann würde ich aber den Text umdrehen ... einen Kick auf die Drum machen, um das hervorzuheben ... in der Wiederholung dasselbe machen ...". Oder man kriegt eben ein besseres Argument entgegengehalten, wieso man's doch anders machen sollte.
- ... oder aber man pfeift auf Analyse, oder zumindest diese Art von Analyse und lebt fröhlich weiter!
(Ich hab gestern ein ganzes Chor-Arrangement von Yesterday geschrieben; heute in der Früh, beim Anhören des MIDI, finde ich mindestens 15 Haare in der Suppe. Ob ich aber wirklich die Lust habe, die nun alle analytisch zu zerpflücken und dann neu zusammenzuschrauben ... mhm. Ich erzähl gern schöne Theorien, aber sich dann selber dran halten ist auch nicht immer lustig. Schaun wir einmal, ob mir die "falschen" Akkorde und Melodieführungen genügend auf die Nerven gehen, oder ob ich ... drauf pfeif ...).
H.M.