Stratspieler
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Vor einiger Zeit stellte ich die Ibanez AGS73FM-VLS vor. Meine Begeisterung zu dieser Gitarre artikulierte ich hinreichend, verbunden mit Recherche und Suche nach einer weiteren Ibanez, diesmal...
Warum?
...konsequenter in Richtung Jazzgitarre und "Ruhigeres" gehend. Gitarren, die Rockgeschichte schrieben, habe ich bereits.
Nach geraumer Zeit wurde ich fündig, ein erstes Foto des entsprechenden Erwerbes stellte ich zum Schluß des Reviews der obengenannten Gitarre vor.
Hier nun das Review zur Ibanez AF85VLS-12-01, mein "Brotkasten".
Die Auswahl der vielen Gitarren, die Ibanez auf dem Markt hat, war angesichts der mannigfaltigen Vielfalt für mich nicht ganz so einfach. Eine Gitarre schöner als die andere, Jazz vs. lieber doch nochmal universell einsetzbare? Eines wußte ich: allzu schwülstig sollte sie nicht sein und es darf kein Bigsby dabei sein. Verguckt habe ich mich schlußendlich in diese hier:
Die Gitarre wurde lt. Seriennummer 2004 in China gefertigt. So alt ist sie noch gar nicht, hat aber aufgrund ihrer Bauweise und den elfenbeinfarbenen Bindings eine schöne Oldscool-Anmutung.
Specs
Im Gegensatz zu anderen solcher AF85 in Violin Sunburst, bei denen der Body aus flamed maple gefertigt ist, besteht bei dieser Gitarre nicht nur ihr Pickguard, sondern auch ihr Body und die Zargen komplett aus sogenanntem flamed sycamore. Vermute ich jedenfalls. Als "Sycamore" findet man die Bezeichnung "Amerikanische Platane", aber auch "Bergahorn". Normales Riegelahorn ist es offenbar nicht, wie andere Fotos solcher Gitarren zeigen, die man im web sieht und die es auch gibt. Was auch immer es letztendlich wirklich ist, mir gefällt die Holzart dieser Gitarre außerordentlich gut.
Hier ein paar Bilder, wobei ich mich allerdings vor lauter Spiegelungen kaum retten kann:
Auch die Rückseite des Bodys besteht aus dieser Holzart:
Die war letztendlich ausschlaggebend für den Kauf - nichtsahnend, dass ich dann erst einmal doch mit der Gitarre etwas behumpst wurde.
Angeblich in Topzustand entpuppte sie sich als nicht ganz makellos: Die Tone-Potis krachen, der des Neck-Pickups ist kurz vor dem Aufgeben seines Geistes. Die im Meinl-Shop bestellten Ersatzpotis habe ich da, bei Gelegenheit tausche ich sie aus. Desweiteren müffelt die Gitarre aus dem oberen F-Loch nach einem Gemisch aus süßlich riechendem Parfüm und Nikotin. Schnüffelt man mit der Nase direkt dran, so ist das ziemlich scheußlich. Zum Glück riecht man das in normaler Spielhaltung nicht ständig: Nur ab und zu verbreitet sich aus dem schwingenden Body ein kleines Wölkchen. Wie ich diesen Mief raus bekomme, weiß ich zurzeit noch nicht. Verschlimmbessern möchte ich hier aber erst einmal nichts.
Vorn saß am venezianischen Cutaway (gefällt mir bei diesen Gitarrenbodys besser als das spitze, florentinische) offenbar mal ein Aufkleber drauf. Der wurde stümperhaft entfernt, was Kratzer zur Folge hatte. Die konnte ich inzwischen auspolieren, so dass sie nun so gut wie unsichtbar sind.
Rückseitig sind auch ein paar Kratzer drauf, das ist aber tolerabel. Die Gitarre ist nun mal nicht neu. Aber dennoch: Ich habe mich schlußendlich durch ihr für mich wunderbares Äußere blenden lassen und sicherlich zuviel bezahlt. Ein Abholen mit vorherigem Beschnarchen war leider nicht möglich. OK, Potitausch ist zum Glück für mich kein Problem und ein rückseitiges Auspolieren feinerer Kratzer geht probemlos. Das mildert den Unmut über meinen Leichtsinn gehörig und ja - ich lerne diese Gitarre dadurch nur um so besser kennen.
Risse oder anderweitige, ernsthafte Blessuren sucht man vergebens. Die Anpassung des Halses an den Body ist nach wie vor makellos und hinsichtlich der Bindings ähnlich meiner Ibanez AGS73FM-VLS:
Die Kopfplatte mit ihrem jetzt älteren "Artcore-Blitz" ist angeschäftet. Die Abdeckung des Halsstabes ist klassisch:
Der Hals der AF85 ist ein Slim Taper Neck, versehen mit der typischen Volute:
Er besteht aus drei Teilen Mahagoni:
Das hält dem vergleichsweise gewaltigen Zug der Saiten spielend stand und das sah ich auch beim Wechsel der Saiten: Das Ding verbiegt sich sichtbar keinen Meter.
Die Mechaniken sind augenscheinlich baugleich mit denen, die ich bei der AGS73FM-VLS schon zeigte und beschrieb. Das Ibanez-Wiki beschreibt sie als "Ibanez die-cast-Mechaniken". Bei dieser AF85 sind sie top. Sie gehen haptisch solide und vermitteln Wertigkeit. Die der anderen Ibanez - sie sind brauchbar, ja. Aber sie vermitteln dort den Eindruck, eben doch offenbar welche der günstigeren Sorte zu sein. Da hat man gespart. So jedenfalls mein Eindruck, der sich nun bestätigt hat.
Nebenbei: Schön, dass auf der Kopfoberseite rückseitig über den Mechaniken noch nicht diese selten dämlichen Entsorgungshinweise stehen, die aus meiner Sicht nichts, aber auch gar nichts auf einem Instrument zu suchen haben...
Das Griffbrett besteht aus Rosewood und ist mit Abalone-Einlagen ausgelegt. Aufwändig gestaltet, bestens verarbeitet:
Schaut man sich die Bünde an
so bin ich etwas perplex und ratlos.
Die Bundkronen sind nicht verrundet, sondern flach. Ich kann es mir nicht vorstellen, dass das so sein muss. Einerseits. Andererseits: die Bundkronen sind seltsam gleichmäßig flach. So als hätte sie jemand komplett völlig plan abgeschliffen. Keine Spielspuren, keine ungleichmäßigen Abflachungen oder noch stehende Verrundungen an den Bundenden. Nichts! Die Abstände der Saiten zu den Bundkronen sind unglaublich gering, auch wenn das Foto u.U. etwas anderes vermittelt. Nichts scheppert, gar nichts. Die Ibanez lässt sich aufgrund der extrem gering eingestellten Saitenhöhe zu den Bundkronen und aufgrund der dazu passend eingestellten Halskrümmung perplexerweise unglaublich leicht und schnell bespielen. Hat da jemand gewaltig dran herumgepfuscht oder ist das so ab Werk abgerichtet? OK, es sind dicke Flatwounds drauf! Später dazu mehr, wenn ich meinen Test beschreibe.
Fahre mich mit der Kamera den Body von unten nach oben hoch...
...dann sehe ich, dass das VT50-Trapez leicht nach oben gebogen ist. Hier habe ich mich bei zwei Verkäufern erkundigt, die ebensolche Instrumente anboten: Bei ihren Gitarren ist das mit den Trapezen auch so. Ob Alterserscheinung oder nicht - das funktioniert alles bestens.
Die Bridge und die Pickups. An der Bridge schafft ein ACH2:
...und am Neck ein ACH1:
Man beachte die Konstruktion des Necks und dessen Anpassung / Unterfütterung an den Body:
Klang
Puh, schwierig. Da ist eine Jazzgitarre. Zwar kann sie auch zerren, aber mich interessiert eigentlich nur ihr cleaner Ton.
Hinsichtlich der Ampauswahl zum Testen und Kennenlernen schälte sich sehr schnell der Fender Blues DeVille mit seinen Jensen C10, die ich anstelle der blauen AlNiCos eingesetzt hatte, als bestens geeignet heraus. Was bei dieser großen Kiste mit seinen Clean-Reserven nebst etwas Hall für eine Nutzung als "Jazzamp" nicht sonderlich schwierig ist:
Zunächst wollte ich nicht so richtig warm werden; allerdings eingedenk aller Tatsachen, dass so eine Gitarre Neuland für mich ist. Aufgezogen waren lt. Verkäufer 011-052er Elixir-Saiten, was aber aufgrund der farbigen Markierung ihrer Ballends so nicht stimmen konnte. Es müssen D'Aaddario Flatwounds sein, entweder ECG24, also 011-050 oder ECG25, resp. 012-052. Ich habe es nicht nachgemessen. Jedenfalls ganz schöne Abschleppseile...
Der Satz flog erst einmal runter und ich zog meine D_Addario EXL 010 Nickel Wounds drauf. Mein "Quasi-Goldstandard". Denn nach Neujustage der Bridgehöhe und der Halskrümmung war es mir nun erst einmal wichtig, die Pickups kennenzulernen.
Nach vielem Hin und Her merke ich: Nee, ist nicht so mein Ding. Hier muß ich etwas ausholen: Die Gitarre wurde in einem einschlägigen Musiker-Fachblatt in deren Heft 01/2004 (downloadbar im Musik-Media-Verlag GmbH & Co KG Köln -> Google) vorgestellt. Bemängelt wurde der nicht so gute Klang der Pickups im Vergleich zur ansonsten sehr guten Verarbeitung und relativ edlen Anmutung der Gitarre - das wäre in sich nicht stimmig, die Gitarre hätte Besseres an Pickups verdient. So jedenfalls meine Lese. Und ja - es stimmt. Denke ich jedenfalls (möglicherweise beeinflusst). Aber: seinerzeit gab es offenbar noch nicht die Pickups, die in der AGS73FM-VLS drin sind, die Classic Elite Humbucker. Inwieweit die erst später neu entwickelt wurden, weiß ich nicht, aber der Unterschied ist deutlich hörbar. Die ACH1 und ACH2 sind sicherlich jazzgerecht voll auf Linie und sie lassen es selbst mit Flatwounds nicht an Höhen fehlen, keine Frage. Aber die Classic Elites sind vergleichsweise dynamischer, spritziger, lebendiger; ich wage es gar nicht zu schreiben: "feingeistiger", klangformender als die in ihrer Impulsantwort relativ trägen und etwas dumpfen ACHs. So jedenfalls wieder mein Empfinden als Stereotyp, welches ich auch immer schon bei den Epiphone The Dot schrieb: Deren Originalpickups sind sicherlich gut, aber vergleicht man diese z.B. mit Gibson 57' Classics, dann sind die Epiphones einfach nur dumpf und der Aha-Effekt kommt bei den Gibson-Pickups. Natürlich ziehe ich hier in Betracht, dass die AGS73 und AF85 bautechnisch unterschiedlich sind und dass ich es persönlich eben doch lieber "knackiger" in der Wiedergabe mag.
Da täuschten auch die EXL110er nicht drüber hinweg, mit denen sich die AF85 trotz ihrer seltsamen Bünde hervorragend bespielen lässt. Blöderweise ist jetzt eines der Bundenden hochgekommen (beschrieb ich in einem anderen Thread), das werde ich bald richten.
Fazit und Ausblick
Die AF85-VLS-12-01 aus der Artcore-Serie klingt klasse und mein Jammern ist nur Meckern auf hohem Niveau. Auch die dünnen 010er D'Addarios machen auf ihr einen ganz guten Job - der jedoch flugs dahin war, als ich wieder die Flatwounds aufzog, die ich wohlweislich nicht entsorgt, sondern nach Reinigung gut verwahrt hatte. Mit diesen, solchen Saiten lebt die Gitarre auf und liefert auch mit den ACH-Pickups einen vollen und klaren, definierten Ton mit viel "Holz" darin. Dafür ist sie gebaut. Endloses Sustain gibt es nicht, ist aber auch nicht nötig. Vielleicht lasse ich diese Pickups drin, vielleicht steige ich aber um auf die aus meiner Sicht lebendigeren Classic Elites (so man die überhaupt irgendwo bekommt) oder auf andere Humbucker. Hinsichtlich der Saiten werde ich nach dem Wechsel der Tone-Potis sehr wahrscheinlich auf Thomastik JS112 umsteigen. Ich denke, das wird dieser Gitarre nochmal einen Zugewinn an Klang geben.
Ja, es ist ein anderes, für mich neues Spielen. Für Bendings habe ich mit diesen dicken Saiten keine Kraft in den Fingern und ob es aufgrund fehlender Hirnwindungen bei mir auch nur ansatzweise in Richtung Jazz gehen wird, weiß ich jetzt noch nicht. Aber eines weiß ich: Man kann mit so einer Gitarre auch jazzfremd richtig warm werden. Es ist wie ein Back To The Roots, als man mal mit Lagerfeuerakkorden anfing und so eine Gitarre kann mehr als nur das. Diese in meinen Augen zeitlose Schönheit wird bei mir bleiben.
Warum?
...konsequenter in Richtung Jazzgitarre und "Ruhigeres" gehend. Gitarren, die Rockgeschichte schrieben, habe ich bereits.
Nach geraumer Zeit wurde ich fündig, ein erstes Foto des entsprechenden Erwerbes stellte ich zum Schluß des Reviews der obengenannten Gitarre vor.
Hier nun das Review zur Ibanez AF85VLS-12-01, mein "Brotkasten".
Die Auswahl der vielen Gitarren, die Ibanez auf dem Markt hat, war angesichts der mannigfaltigen Vielfalt für mich nicht ganz so einfach. Eine Gitarre schöner als die andere, Jazz vs. lieber doch nochmal universell einsetzbare? Eines wußte ich: allzu schwülstig sollte sie nicht sein und es darf kein Bigsby dabei sein. Verguckt habe ich mich schlußendlich in diese hier:
Die Gitarre wurde lt. Seriennummer 2004 in China gefertigt. So alt ist sie noch gar nicht, hat aber aufgrund ihrer Bauweise und den elfenbeinfarbenen Bindings eine schöne Oldscool-Anmutung.
Specs
Im Gegensatz zu anderen solcher AF85 in Violin Sunburst, bei denen der Body aus flamed maple gefertigt ist, besteht bei dieser Gitarre nicht nur ihr Pickguard, sondern auch ihr Body und die Zargen komplett aus sogenanntem flamed sycamore. Vermute ich jedenfalls. Als "Sycamore" findet man die Bezeichnung "Amerikanische Platane", aber auch "Bergahorn". Normales Riegelahorn ist es offenbar nicht, wie andere Fotos solcher Gitarren zeigen, die man im web sieht und die es auch gibt. Was auch immer es letztendlich wirklich ist, mir gefällt die Holzart dieser Gitarre außerordentlich gut.
Hier ein paar Bilder, wobei ich mich allerdings vor lauter Spiegelungen kaum retten kann:
Auch die Rückseite des Bodys besteht aus dieser Holzart:
Die war letztendlich ausschlaggebend für den Kauf - nichtsahnend, dass ich dann erst einmal doch mit der Gitarre etwas behumpst wurde.
Angeblich in Topzustand entpuppte sie sich als nicht ganz makellos: Die Tone-Potis krachen, der des Neck-Pickups ist kurz vor dem Aufgeben seines Geistes. Die im Meinl-Shop bestellten Ersatzpotis habe ich da, bei Gelegenheit tausche ich sie aus. Desweiteren müffelt die Gitarre aus dem oberen F-Loch nach einem Gemisch aus süßlich riechendem Parfüm und Nikotin. Schnüffelt man mit der Nase direkt dran, so ist das ziemlich scheußlich. Zum Glück riecht man das in normaler Spielhaltung nicht ständig: Nur ab und zu verbreitet sich aus dem schwingenden Body ein kleines Wölkchen. Wie ich diesen Mief raus bekomme, weiß ich zurzeit noch nicht. Verschlimmbessern möchte ich hier aber erst einmal nichts.
Vorn saß am venezianischen Cutaway (gefällt mir bei diesen Gitarrenbodys besser als das spitze, florentinische) offenbar mal ein Aufkleber drauf. Der wurde stümperhaft entfernt, was Kratzer zur Folge hatte. Die konnte ich inzwischen auspolieren, so dass sie nun so gut wie unsichtbar sind.
Rückseitig sind auch ein paar Kratzer drauf, das ist aber tolerabel. Die Gitarre ist nun mal nicht neu. Aber dennoch: Ich habe mich schlußendlich durch ihr für mich wunderbares Äußere blenden lassen und sicherlich zuviel bezahlt. Ein Abholen mit vorherigem Beschnarchen war leider nicht möglich. OK, Potitausch ist zum Glück für mich kein Problem und ein rückseitiges Auspolieren feinerer Kratzer geht probemlos. Das mildert den Unmut über meinen Leichtsinn gehörig und ja - ich lerne diese Gitarre dadurch nur um so besser kennen.
Risse oder anderweitige, ernsthafte Blessuren sucht man vergebens. Die Anpassung des Halses an den Body ist nach wie vor makellos und hinsichtlich der Bindings ähnlich meiner Ibanez AGS73FM-VLS:
Die Kopfplatte mit ihrem jetzt älteren "Artcore-Blitz" ist angeschäftet. Die Abdeckung des Halsstabes ist klassisch:
Der Hals der AF85 ist ein Slim Taper Neck, versehen mit der typischen Volute:
Er besteht aus drei Teilen Mahagoni:
Das hält dem vergleichsweise gewaltigen Zug der Saiten spielend stand und das sah ich auch beim Wechsel der Saiten: Das Ding verbiegt sich sichtbar keinen Meter.
Die Mechaniken sind augenscheinlich baugleich mit denen, die ich bei der AGS73FM-VLS schon zeigte und beschrieb. Das Ibanez-Wiki beschreibt sie als "Ibanez die-cast-Mechaniken". Bei dieser AF85 sind sie top. Sie gehen haptisch solide und vermitteln Wertigkeit. Die der anderen Ibanez - sie sind brauchbar, ja. Aber sie vermitteln dort den Eindruck, eben doch offenbar welche der günstigeren Sorte zu sein. Da hat man gespart. So jedenfalls mein Eindruck, der sich nun bestätigt hat.
Nebenbei: Schön, dass auf der Kopfoberseite rückseitig über den Mechaniken noch nicht diese selten dämlichen Entsorgungshinweise stehen, die aus meiner Sicht nichts, aber auch gar nichts auf einem Instrument zu suchen haben...
Das Griffbrett besteht aus Rosewood und ist mit Abalone-Einlagen ausgelegt. Aufwändig gestaltet, bestens verarbeitet:
Schaut man sich die Bünde an
so bin ich etwas perplex und ratlos.
Die Bundkronen sind nicht verrundet, sondern flach. Ich kann es mir nicht vorstellen, dass das so sein muss. Einerseits. Andererseits: die Bundkronen sind seltsam gleichmäßig flach. So als hätte sie jemand komplett völlig plan abgeschliffen. Keine Spielspuren, keine ungleichmäßigen Abflachungen oder noch stehende Verrundungen an den Bundenden. Nichts! Die Abstände der Saiten zu den Bundkronen sind unglaublich gering, auch wenn das Foto u.U. etwas anderes vermittelt. Nichts scheppert, gar nichts. Die Ibanez lässt sich aufgrund der extrem gering eingestellten Saitenhöhe zu den Bundkronen und aufgrund der dazu passend eingestellten Halskrümmung perplexerweise unglaublich leicht und schnell bespielen. Hat da jemand gewaltig dran herumgepfuscht oder ist das so ab Werk abgerichtet? OK, es sind dicke Flatwounds drauf! Später dazu mehr, wenn ich meinen Test beschreibe.
Fahre mich mit der Kamera den Body von unten nach oben hoch...
...dann sehe ich, dass das VT50-Trapez leicht nach oben gebogen ist. Hier habe ich mich bei zwei Verkäufern erkundigt, die ebensolche Instrumente anboten: Bei ihren Gitarren ist das mit den Trapezen auch so. Ob Alterserscheinung oder nicht - das funktioniert alles bestens.
Die Bridge und die Pickups. An der Bridge schafft ein ACH2:
...und am Neck ein ACH1:
Man beachte die Konstruktion des Necks und dessen Anpassung / Unterfütterung an den Body:
Klang
Puh, schwierig. Da ist eine Jazzgitarre. Zwar kann sie auch zerren, aber mich interessiert eigentlich nur ihr cleaner Ton.
Hinsichtlich der Ampauswahl zum Testen und Kennenlernen schälte sich sehr schnell der Fender Blues DeVille mit seinen Jensen C10, die ich anstelle der blauen AlNiCos eingesetzt hatte, als bestens geeignet heraus. Was bei dieser großen Kiste mit seinen Clean-Reserven nebst etwas Hall für eine Nutzung als "Jazzamp" nicht sonderlich schwierig ist:
Zunächst wollte ich nicht so richtig warm werden; allerdings eingedenk aller Tatsachen, dass so eine Gitarre Neuland für mich ist. Aufgezogen waren lt. Verkäufer 011-052er Elixir-Saiten, was aber aufgrund der farbigen Markierung ihrer Ballends so nicht stimmen konnte. Es müssen D'Aaddario Flatwounds sein, entweder ECG24, also 011-050 oder ECG25, resp. 012-052. Ich habe es nicht nachgemessen. Jedenfalls ganz schöne Abschleppseile...
Der Satz flog erst einmal runter und ich zog meine D_Addario EXL 010 Nickel Wounds drauf. Mein "Quasi-Goldstandard". Denn nach Neujustage der Bridgehöhe und der Halskrümmung war es mir nun erst einmal wichtig, die Pickups kennenzulernen.
Nach vielem Hin und Her merke ich: Nee, ist nicht so mein Ding. Hier muß ich etwas ausholen: Die Gitarre wurde in einem einschlägigen Musiker-Fachblatt in deren Heft 01/2004 (downloadbar im Musik-Media-Verlag GmbH & Co KG Köln -> Google) vorgestellt. Bemängelt wurde der nicht so gute Klang der Pickups im Vergleich zur ansonsten sehr guten Verarbeitung und relativ edlen Anmutung der Gitarre - das wäre in sich nicht stimmig, die Gitarre hätte Besseres an Pickups verdient. So jedenfalls meine Lese. Und ja - es stimmt. Denke ich jedenfalls (möglicherweise beeinflusst). Aber: seinerzeit gab es offenbar noch nicht die Pickups, die in der AGS73FM-VLS drin sind, die Classic Elite Humbucker. Inwieweit die erst später neu entwickelt wurden, weiß ich nicht, aber der Unterschied ist deutlich hörbar. Die ACH1 und ACH2 sind sicherlich jazzgerecht voll auf Linie und sie lassen es selbst mit Flatwounds nicht an Höhen fehlen, keine Frage. Aber die Classic Elites sind vergleichsweise dynamischer, spritziger, lebendiger; ich wage es gar nicht zu schreiben: "feingeistiger", klangformender als die in ihrer Impulsantwort relativ trägen und etwas dumpfen ACHs. So jedenfalls wieder mein Empfinden als Stereotyp, welches ich auch immer schon bei den Epiphone The Dot schrieb: Deren Originalpickups sind sicherlich gut, aber vergleicht man diese z.B. mit Gibson 57' Classics, dann sind die Epiphones einfach nur dumpf und der Aha-Effekt kommt bei den Gibson-Pickups. Natürlich ziehe ich hier in Betracht, dass die AGS73 und AF85 bautechnisch unterschiedlich sind und dass ich es persönlich eben doch lieber "knackiger" in der Wiedergabe mag.
Da täuschten auch die EXL110er nicht drüber hinweg, mit denen sich die AF85 trotz ihrer seltsamen Bünde hervorragend bespielen lässt. Blöderweise ist jetzt eines der Bundenden hochgekommen (beschrieb ich in einem anderen Thread), das werde ich bald richten.
Fazit und Ausblick
Die AF85-VLS-12-01 aus der Artcore-Serie klingt klasse und mein Jammern ist nur Meckern auf hohem Niveau. Auch die dünnen 010er D'Addarios machen auf ihr einen ganz guten Job - der jedoch flugs dahin war, als ich wieder die Flatwounds aufzog, die ich wohlweislich nicht entsorgt, sondern nach Reinigung gut verwahrt hatte. Mit diesen, solchen Saiten lebt die Gitarre auf und liefert auch mit den ACH-Pickups einen vollen und klaren, definierten Ton mit viel "Holz" darin. Dafür ist sie gebaut. Endloses Sustain gibt es nicht, ist aber auch nicht nötig. Vielleicht lasse ich diese Pickups drin, vielleicht steige ich aber um auf die aus meiner Sicht lebendigeren Classic Elites (so man die überhaupt irgendwo bekommt) oder auf andere Humbucker. Hinsichtlich der Saiten werde ich nach dem Wechsel der Tone-Potis sehr wahrscheinlich auf Thomastik JS112 umsteigen. Ich denke, das wird dieser Gitarre nochmal einen Zugewinn an Klang geben.
Ja, es ist ein anderes, für mich neues Spielen. Für Bendings habe ich mit diesen dicken Saiten keine Kraft in den Fingern und ob es aufgrund fehlender Hirnwindungen bei mir auch nur ansatzweise in Richtung Jazz gehen wird, weiß ich jetzt noch nicht. Aber eines weiß ich: Man kann mit so einer Gitarre auch jazzfremd richtig warm werden. Es ist wie ein Back To The Roots, als man mal mit Lagerfeuerakkorden anfing und so eine Gitarre kann mehr als nur das. Diese in meinen Augen zeitlose Schönheit wird bei mir bleiben.
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