Ich verbinde mit meinen 90er ( bis in die 200er) Musikproduktionen viele Experimente welche aus Unkenntnis und Mangel geboren waren. Es gab im Umfeld einen Typen der machte mit dem Computer Musik, das faszinierte mich schon, doch als ich die Musik hörte war der erste Glanz ab. Heute weiß ich, das lag an seinen Kompositionen, nicht am Computer.
Alleine finanziell war das einfach nicht drin.
So stöpselten wir einfach alles zusammen was wir finden konnten und irgendein Geräusch von sich gab. Flohmärkte waren eine wahre Fundgrube. Die Digitalisierung schwämmte uns für ein paar Mark veraltete Gerätschaften in die Hände welche wir selbst nicht kannten oder nur Ansatzweise voll ausschöpfen konnten. So ersetzte das Revox A77 ein HiFi Tapedeck im Proberaum zunächst vor allem weil es cooler aussah und unser „Studio“ so an Glanz gewann.
Der Juno 60 kostete mich 30 Mark und überforderte vor allem dadurch dass er nicht auf Knopfdruck echte Streicher spielte wie der Synthesizer der Tanzband aus dem Nachbarsdorf. Alleine den Arpeggiator mit der Boss Drummachine eines Kollegen zu synchronisieren dauerte Tage. Da fehlten uns einfach die passenden Kabel und Kenntnisse. Wir lernten Kompromisse in Lösungen zu wandeln und mit den Geräten zu interagieren.
Wir haben dann mit Endlosbändern Loops geschnipselt. Am 8Track Recorder zusammengeführt, Gitarren drübergelegt und wieder verfremdet. Der Regler für die Bandgeschwindigkeit war Segen und Fluch zugleich. Alte Casio Plastikhupen mit Phaser, Verzerrer und co wurden in Synthesizer verwandelt.
Ich baute mir damals einen Unterbrechungstaster um Stutter Effekte zu erschaffen. Das Ding benutze ich heute noch.
Ich denke im Großen und Ganzen gibt es einfach zwei Arten sich seiner Musik zu nähern.
Die experimentelle und die geplant zielorientierte.
Beide interagieren und sind ohne Frage weder unterschiedlich zu bewerten noch voneinander zu trennen.
Einmal nutzt man, was man vor sich hat und schaut was damit geht oder daraus wachsen kann. Und einmal schaut man, wie man mit dem was vor einem liegt das was im Kopf ist realisieren kann.
Musiker_innen mit einem primären Hang zum Letzteren hatten es damals schon sehr schwerer. Da war dann alles einfach nur Sauteuer und unerreichbar weit weg.
Beispiel:
Der o.g. Freund hatte einen Boss DR? gekauft, der Klang einfach schon „echter“ als sein Roland Tr808. ;-)
Ich kann mich an einige Diskussionen und sein Leid erinnern als er versuchte Songs aufzunehmen welche eben nicht nach Heimstudio sondern „Echt“ klingen sollten. Ich verstand das lange nicht, dachte ich mir doch, toll das Ding macht BummTschak und klingt halt wie es klingt, dann machen wir halt daraus was. Er hingegen, wollte mit der Maschine die Realität nachbilden. Ich sagte die DrumMachine ist kein Schlagzeug sondern ne Drummachine und die klingt halt so.
Als er EazyDrummer entdeckte und Logic und co, war er endlich glücklich und konnte sehr erfolgreich umsetzen was in ihm war und ist.
Hier schaffte die neue Technik und ihre einfach Verfügbarkeit sowas wie seine kreative Emanzipation. Bedingungen die Gleichberechtigung zwischen beiden Ansätzen umsetzbar machen.
Genau diese Trennung fällt mir auch im MB oft auf.
Mir ist immer noch fremd wenn diskutiert wird wie der eine Tubescreamer besser als der andere klingt oder was für den perfekte Gilmoresound wichtig ist. Aber ich verstehe warum dies für manche wichtig ist.
Ach Ja, genannter Freund zeigte mir auch dieses Forum ;-)
Er hatte ja nun auch nen Computer