[Gitarre] Stanford Crossroad T30 AV

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Die Mühlen mahlen langsam. Es ist erstaunlich, dass diese Gitarre noch immer ein Schattendasein als Geheimtipp führt. Sie ist ein Schnäppchen durch und durch!

Das verhilft ihr zu einem Status als ein Unikum, das zwei vordergründig gegensätzliche Aspekte miteinander vereint. Sie ist sowohl eine ideale, weil sehr preisgünstige Einsteigergitarre für den ambitionierten Anfänger, als auch ein professionelles Instrument mit einem atemberaubenden Spektrum. Letzteres vermutet man angesichts des sensationellen Preises vielleicht eher nicht. Ein robuster Koffer komplettiert das Paket.

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Als Alternativen hatte ich eine Heritage H530 (Favorit, aber teuer) für 3k, eine FGN Masterfield für 1,8k und die Godin Kingpin für unter Tausend Euro auf dem Schirm. FGN baut ebenfalls sehr gute Gitarren, mir war aber das Trapez Tailpiece sehr wichtig. Von der Kingpin habe ich dann die Finger gelassen weil ich die akustischen Klangeigenschaften von Kirschholz nicht einordnen kann. Generell war es mir ein Anliegen eine P90 Gitarre anzuschaffen weil ich gerade heute diesen charaktervollen Fiffties Tone am Start haben will, finde ihn wieder hochaktuell.

Ich spiele darüber hinaus, um die Relation dieses Reviews einordnen zu können eine Gretsch G6120-1959LTV, eine G6120-55VS, Heritage H535, H150, Fender Custom Shop 64 Relic Telecaster.

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Ablauf:

Bezüglich der Specs orientiert sich die Crossroad an einer Gibson ES330, also eine echte Hollowbody die mit P90 Pickups bestückt ist. Dieser Pickup Typ gilt als einer der ersten serienreifen Single Coils, 1936 auf den Markt gekommen sollte er bis Ende der Fünfzigerjahre auf vielen zeitgenössischen Modellen montiert sein. Ohne nun zu weit auszuschweifen zu wollen sei dazu noch gesagt, dass dieser PU Typ sehr viel Schub aus den unteren Mitten mitbringt und ein sehr breites Spektrum an Stilistiken abzudecken in der Lage ist, sozusagen der Antagonist zu den schlanken und auch schlanker klingenden Tele- und Strat SC’s ist.

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Da die Specs weitgehend bekannt sein dürften will ich mich darauf beschränken der Gitarre eine gute Verarbeitung zu attestieren, ansonsten mehr auf die klanglichen Eigenschaften eingehen. Die verwendeten Materialien sind gut, die Fertigung erfolgt auf hohem Niveau und die Intonation stimmt. Besonders erwähnenswert ist für mich noch die Nitro Lackierung! Die Bespielbarkeit und das Handling sind beispielhaft.

Auflauf:

Akustisch angespielt offenbart sich ein voller, resonanter und schöner lebendiger Ton, wenngleich Bauart bedingt etwas boxy klingend. Letzteres hat bereits seinen eigenen Reiz, klingt sehr bluesy im positivsten Sinne. Angesichts der für ein Thinline Modell erstaunlichen Lautstärke wird schnell klar, dass man es mit einer echten Hollowbody zu tun hat, also ohne Centerblock im Body. Der Hals ist schlank, extrem gut bespielbar, dazu noch kommt die Gitarre perfekt eingestellt. Damit ist sie auch hervorragend für das trockene Spiel geeignet. Bereits akustisch zeigen sich stramme Bässe, ausgewogene - dabei das Klangbild wesentlich bestimmende - Mitten und klare Höhen. Dabei präsentiert sich die Gitarre schon in diesem Modus spritzig, organisch und inspirierend.

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Elektrisch verstärkt setzen sich alle genannten positiven Eigenschaften fort, wobei sich eine Eignung für eine erstaunlich komplette Palette an Genres herausstellt. Mir würden hierzu spontan Classic Rock, Bluesrock, Glam, Punk und Wave, Pop, Blues, Jazz, Fusion, Country, Rock n Roll und Rockabilly einfallen.

Dies liegt nicht zuletzt an den exzellenten Pickups. Sie klingen allem voran ausgewogen, ohne eine Überbetonung unangenehmer Mitten. Das ist mir bei einem Pickup, der rauer, archaischer und ungeschminkter daher kommt als seine Artgenossen sehr wichtig. Ich kenne auch P90’s die bezüglich der Mitten schnell nerven können. Die grundsätzliche erwartete Charakteristik dieses PU Typs ist aber in allen Aspekten da.

Die PU’s der Crossroad klingen immer offen und transparent, am Steg mit viel Durchsetzungsvermögen, auf Wunsch schön aggressiv, aber immer - wie in allen Settings - sehr homogen. Die Mittelstellung perlt glockig, dabei mittels der getrennten Volume und Tone Regler sehr gut an die persönlichen Vorlieben des Verhältnisses beider PU’s zueinander anpassbar. Ein Sound der mich an viele 6T’s Soul Klassiker erinnert. Am Hals geht es dann hölzerner zur Sache, hier kommt neben dem Blueser auch der Jazzer voll auf seine Kosten. Für mich klingt sie im besten Sinne amerikanisch, nach Sun, Motown, Blue Note usw.

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Was ich an Single Coils grundsätzlich schätze, und dies gilt für diese P90’s insbesondere, ist das reichhaltige Obertonspektrum das in allen Betriebsmodi präsent ist. Das ist wirklich traumhaft und daraus speist sich auch die von dieser Gitarre ausgehende Inspiration. Einmal in die Hand genommen wird es schwer sie wieder wegzustellen.

Dreht man das Gain auf verwandelt sich der vorzugsweise sehr schöne Ton der Gitarre zunächst in ein bluesiges Sparkle Timbre, weiter aufgedreht in ein geradezu rotziges Monster. Das ist Rock n Roll in Reinkultur, mit zunehmender Zerre geht es dann über AC/DC bis darüber hinaus. Alle bislang genannten Positiveigenschaften bleiben erhalten. Dabei geht es mir so, dass ich zu keiner Zeit lieber mit einem Humbucker zu tun zu haben möchte, im Gegenteil! Akkorde kommen gut aufgelöst und der Lead Tone ist zum Niederknien.

Einzig bei den Bässen ist bei höheren Gain Einstellungen Vorsicht geboten weil deren Intensität analog zur Gain-Reglerbewegung zunimmt. Wer vorzugsweise heftiger unterwegs ist sollte seinen Zerrkanal in dieser Hinsicht zurückhaltender einstellen.

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Zulauf:

Konnte ich meine Begeisterung für diese Gitarre bislang nicht zurück halten und so bleibt mir auch für das Fazit nichts anderes übrig als vergleichbar euphorisch zu schliessen. Das ist im Wortsinne ziemlich großes Kino. Diese Gitarre hat nicht nur ein denkbar großes Spektrum, sie spielt auch cineastisch, macht eine große Bühne auf. Ihre konstruktionsbedingte Anfälligkeit für Feedback im falschen Winkel zum Amp kann man als Manko empfinden, es lässt sich aber auch spieltechnisch nutzen! Im Recordingbetrieb werde ich sie anteilig gar akustisch einsetzen um eine spezifische Klangfarbe einzubringen. Ihre Eignung hat keine Überbetonung hin zum cleanen oder verzerrten Betriebsmodus, was einmal mehr ihre Vielseitigkeit untermauert.

Sie ist in den wichtigsten Genres zuhause, kostet nicht die Welt, ist damit für Einsteiger und fortgeschrittene Gitarristen gleichermaßen eine Option. Eine echte Universalgitarre, die sowohl spezifisch für alles was man „Blue“ nennen könnte prädestiniert ist, aber dennoch darüber hinaus gehen kann. Sie kann „alt“ klingen, so wie man es von Vintage Instrumenten aus den Fuffzigern, Sechzigern und Siebzigern kennt, macht aber auch im modernen Kontext (Wieder?) einen guten Eindruck. Da sie all das Ikonische in der Popularmusik bedienen kann würde es mich sehr wundern wenn sie nicht selbst sehr bald zu verdienter Popularität findet.

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Ich hatte sie mir ursprünglich als Gitarre fürs Büro gekauft (kann da am WE etwas lauter sein) weil ich dort keine 3k Gitarre liegen haben wollte. Geht nicht, weil ich die Finger nicht mehr von ihr lassen kann……

Gespielt habe ich sie mit 10er Saiten über einen 2 x 10“ 5E4 Tweed und einen 2x10“ BF Vibrolux Clone. Soundfiles folgen.

Pro:

Sound!!!!
Optik
Vielseitigkeit
Verarbeitung
Bespielbarkeit, Handling
Gewicht
Koffer
Preis-Leistung

Contra:

Entfällt

Ein Antesten sei jedem Einsteiger, Fortgeschrittenen und insbesondere dem Roots Player, der sein Sortiment um ein charaktervolles Chamäleon erweitern will wärmstens angeraten.
 
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Schönes Review, hat Spaß gemacht zu lesen!

Ich bin ja eigentlich "Akustiker", interessiere mich aber auch für "E", und hatte mir eine Weile ernsthaft überlegt "E" noch richtig mit dazu zu lernen. Der ES335-Typ wäre ganz oben auf meiner Wunschliste gestanden, ich habe mir da auch verschiedene in dieser Preisklasse und höher angesehen - und bin zu genau dem gleichen Ergebnis gekommen, diese Stanford Crossroad war für mich der klare Preis/Leistungs-Sieger. Da hat für mich einfach "alles" gepasst, und das ist bei mir selten ... ;)

Ich habe den Gedanken dann aber doch wieder verworfen, ich will mich doch lieber auf mein eigentliches Thema konzentrieren, anstatt mich zu verzetteln (nur auf einer einfachen Tele daddel ich einfach so zum Spaß auch gern rum). Aber um zum Thema Stanford zurückzukommen ... Stanford war für mich auch bei den Akustikgitarren ein Geheimtipp, auch da gibt es richtig tolle Gitarren, die den Vergleich mit wesentlich teureren Konkurrenten nicht zu scheuen brauchen. Mein Liebling ist z. B. im Moment eine Golden Era P20 Parlor in Sunburst, die ich ausgesprochen gern spiele ... sie wird wohl noch eine blonde Schwester bekommen (anderes Holz, andere Stimmung, und als Backup) ...
 
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Tolles Review! Das gibt Kekse.

Ich habe sie auch schon angespielt und war sehr begeistert.
 
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Danke für Eure Rückmeldungen und dass Ihr das positive Bild bestätigt. Ich bin zwar noch in der Honeymoon Phase, aber auch lange genug dabei zu wissen wo man hinsehen und wo hinhören muss. Akustisch hat sie eine entfernte Nähe zu einer Parlor Gitarre, erst recht wenn man damit alte Aufnahmen assoziiert.

Was ich im Test noch vergessen habe ist, dass mir gefällt dass man die Gitarre trotz der genreübergreifenden Eigenschaften auch als jeweiligen Spezialisten anwenden kann ohne dass man dabei Kompromisse eingehen muss.
Das ist ein Instrument auf der man sich entwickeln kann und das ist das größte Lob das ich vergeben kann.
War einen Test wert ☺️
 
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Wenn ich nicht grad beim allgemeinen Abspecken wäre, könnte diese Gitarre echt was für mich sein
 
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Klasse geschrieben, Gitarre sieht auch toll aus, kingt bestimmt auch so. Büro Gitarre kauf noch eine Andere. Kekse? Klar
 
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Vielen Dank für das schöne review.

Da aber auch die Optik gelobt wurde muss ich hier widersprechen.

Eine so schlechte Lackierung habe ich selten gesehen - und ich hab schon viel gesehen.
 
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Danke für die Blumen. Die matte Lackierung ist zwar auch nicht ganz meins, aber weil es Nitro ist und mir das Modell in der Summe gefällt, also Form und P90's habe ich mich dazu entschlossen sie auch schön zu finden :)
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Wenn ich nicht grad beim allgemeinen Abspecken wäre, könnte diese Gitarre echt was für mich sein
Ich bin da grundsätzlich bei Dir, zuviel Zeug ist eher ein Bremsklotz. Ich bin aktuell bei sieben Gitarren und zwei Amps. Damit ist meine persönliche Grenze nicht überschritten, aber mehr gibts jetzt auch nicht.
 
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Das interessiert mich bei solchen Gitarren ganz besonders (mit der Godin Kingpin II z.B. habe ich lange und schwer geliebaeugelt). Von daher herzlichen Dank für das Review! :great:
 
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@7€nd€r Ich habe die CR30 auch seit kurzem gebraucht ergattert. Ich hätte 3 Fragen:
1) Ist bei dir auch ein ordentlicher Rotz im Ton? Wenn zB meine Strat recht clean am Amp ist, ist die CR30 das nicht mehr.
2) Reagieren die Tone-Potis auch bei dir nur, wenn die Vol-Potis aufgedrehter sind?
3) Passiert auch bei dir bei den Vol-Potis erst am Ende eine klare Klangerveränderung (leiser werden)? Ich denke, dass bei mir lineare Potis drin sind.
Danke :)
 
Könnte mir auch gefallen, dass Schätzchen.
Wie verhält sich denn da der Volume-Regler? Höhenverlust beim zurückregeln?

Wobei ich ja eine ähnliche Gitarre mit P90 PU´s haben. (preiswertes Ding, ein bisschen umgebaut)
Und halt auch noch meine "dicke Berta" (Archtop) mit den drei P90 an Bord.

Trotzdem finde ich die Stanford ja schon irgendwie ganz schnuckelig. ;-)
Aber ich bin mengenmäßig bereits längst jenseits von gut und böse.
 
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Da bei meiner die Lautstärke erst so bei den letzten 25% abnimmt, finde ich, dass man da nicht wirklich einen Höhenverlust wahrnimmt. Tendenziell würde ich vielleicht irgendwann die Elektrik erneuern lassen.
 
1) Ist bei dir auch ein ordentlicher Rotz im Ton? Wenn zB meine Strat recht clean am Amp ist, ist die CR30 das nicht mehr.
2) Reagieren die Tone-Potis auch bei dir nur, wenn die Vol-Potis aufgedrehter sind?
3) Passiert auch bei dir bei den Vol-Potis erst am Ende eine klare Klangerveränderung (leiser werden)? Ich denke, dass bei mir lineare Potis drin sind.
Ja, P90' stehen in Sachen Output moderaten Humbuckern in nichts nach.

Die Potianfragen, es sind derer ja mehrere beantworte ich morgen.......
 
Tolle Gitarre und schöner Bericht! Ich halte sie gerade in meinem Profilbild ;)
 
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hre konstruktionsbedingte Anfälligkeit für Feedback im falschen Winkel zum Amp kann man als Manko empfinden, es lässt sich aber auch spieltechnisch nutzen!
Ein mir sehr naher Ansatz welcher, für mich persönlich, dein großartiges Review noch nachvollziehbarer macht.

Jetzt muss ich mal kurz in mich gehen und senieren……
 
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Ich muss ja meine nochmal zurückschicken, weil der Bridge-PU öfter nicht tut. Zum Glück habe ich Gitarre gebraucht mit Garantie vom Händler gekauft.
 
*Edit: Aus diesem Thread wegen dortiger Anschlussdiskussion nach abgeschlossener Kaufberatung hierher verschoben*
es ist dann eine Stanford Crossroad Thinline 30 geworden.
Ich habe ja auch die CR7...äh...30 ;) Was mich stört sind die (vermutlich linearen) Vol-Regler und die Verkabelung. Gefühlt geht nur laut und aus. Die Tone-Potis reagieren auch nur auf die Einstellung der Vol-Regler. Ist das bei deiner auch so, Logoloock?
 
Grund: siehe edit (grün) by C_Lenny
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Moin schnitzolaus!
gerade mal getestet, die Regelung scheint mirin Ordnung, sicher nicht "ein oder aus" bezüglich der Lautstärke, mind. 4-5 Stufen zwischen "voll" und aus". Ich bin kein Experte für Klangregelung, nutze meit nur "auf" und "etwas zurück", aber es geht schon mehr... HTH, mfG, Geerd
 
Die Vol-Regler reagieren eigentlich erst im unteren Drittel (daher lin. Potis?) und die Tone-Potis erst mit aufgedrehten Vol-Reglern. Ich denke das liegt an der Schaltung.
 

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