crawltochina
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IBANEZ AZES31 Review
Ein paar Daten:
Allgemeines/ Verarbeitung:
Ich hatte im Rahmen des von hack_meck initiierten Testruns als zweiter Kandidat die Möglichkeit, die Ibanez AZES31 in der Farbe Vermillion auszuprobieren. Danke nochmals an Martin für die Möglichkeit und das entgegen gebrachte Vertrauen! Ich hatte sehr viel Spaß mit dem Instrument!
Die Gitarre kommt ordentlich verpackt ohne Gigbag im typischen “Karton-Sarg”. Neupreis bei Thomann ist 298 €. Wir haben es also mit einem Instrument zu tun, das in der Squier/ Harley Benton-Region wildert.
Entsprechend habe ich auch eine derartiges “Auspack-Erlebnis” erwartet. Soll heißen, ich habe mich auf komplett nicht bearbeitete/ abgerundete Bundenden und eine scharfe Griffbrettkante sowie den einen oder anderen Verarbeitungsfehler eingestellt. Nichts dergleichen habe ich vorgefunden. Die Haptik des Instruments ist für den Preis erstaunlich gut. Die Bünde wurden sichtbar an den Enden bearbeitet und verrundet. Auch gibt es keinerlei “fret sprout”, also überstehende Bünde. Ob das jetzt nur bei diesem Test-Instrument oder serienmäßig bei der AZES-Serie der Fall ist, kann ich natürlich nicht sagen. Ich gehe aber erstmal davon aus, dass Ibanez entsprechend ihrer perfektionistischen Herangehensweise sich auch bei der Einsteiger/ Education-Serie keine Blöße gibt.
Ganz ehrlich, jede mir bislang in die Finger gekommene Mexico-Fender im Bereich 600-900€ fühlt sich an den Bundenden weitaus schlechter an als diese <300€ Gitarre.
Ibanez verkauft die Serie, die es auch für 329 € in einer HSS & Tremolo-Version gibt, als Teil der “AZ Education”-Serie. Vermutlich soll damit suggeriert werden, dass es der Beginn der eigenen Reise in der AZ-Serie ist, man aber keinesfalls hier stehen bleibt, sondern irgendwann bei den großen “echten” AZs ankommt .
Auch um vermutlich nicht zu sehr im eigenen Terrain zu wildern wurden andere deutliche Unterscheidungen von der “großen” AZ gemacht. Der Korpus ist ein wenig kleiner, und die Mensur entspricht nicht der AZ/S-Typ Mensur (648 mm, 25,5”), sondern ist mit 25”, also 635 mm, etwas kürzer gehalten.
Allerdings ist man damit noch nicht einmal bei der kurzen Gibson Mensur (628 mm, 24,5”) angekommen, sondern bei der Mitte, also der PRS-Mensur. Gitarren mit dieser Mensur würde Herr Paul Reed Smith mit der Wood Library für gut betuchte Gitarren-Liebhaber im Hinterkopf wohl nicht als “Lerner-Instrumente” bezeichnen… Es handelt sich m.M. daher vielmehr um eine alternative Mensur, nicht um ein Merkmal eines Lern-/Einsteigerinstruments.
Natürlich gehen Bends durch die kürzere Mensur minimal besser von der Hand, aber hier dürfte jeder Saitenstärkenwechsel mehr bewirken, als die geringfügig kürzere Mensur. Tomo Fujita, seines Zeichens Berklee-Lehrer und YouTube-Koryphäe und maßgeblich an der Entwicklung der AZES-Serie beteiligt, hatte dazu mal gesagt, dass man die Mensur gewählt habe, die bequem für alle Vorlieben zu spielen sei. Ziel erreicht!
Am ehesten dem Merkmal der Lern-Gitarre entspricht noch die etwas kleinere Korpus-Größe. Ich habe ein paar Vergleichsbilder mit meiner American Profession II-Strat angefügt.
Der Unterschied ist optisch gering, aber spürbar. Sie trägt gleichzeitig dazu bei, dass ein oft vorgefundener Nachteil bei günstigeren Instrumenten hier wohl vermutlich nicht vorkommt, nämlich teils sehr schwere Instrumente durch Wegfallen jeglicher Holzvorauswahl. Durch den kleineren und schmalen Korpus aus Pappel werden verschieden schwere Holz-Stücke viel weniger (Achtung, Wortspiel “ins Gewicht fallen”.
Das Test-Exemplar wiegt genau 3 kg, was perfekt zu dem Instrument passt und langes Spielen im Stehen ermöglicht.
Die Tuner haben den von Vintage-Mechaniken bekannten Split-Shaft, also von oben einzufädelnde Saiten. Ich liebe diese Art der Mechanik und habe sie auf vielen meiner Gitarren. Sie halten die Stimmung sehr ordentlich. Auch die Stimmung selbst geht gut von der Hand, keine Ausreisser beim Widerstand o.ä.
Ich kenne es von manchen Instrumenten mit Pappel-Korpus, dass sich die Resonanz-Übertragung nicht so knackig am Instrument anfühlt, eher ein “schwammiges” undefiniertes Gefühl beim Spielen gibt, oder aber sich auch einfach “tot” anfühlt. Das ist bei diesem Instrument nicht im Ansatz der Fall. Die gefühlte Resonanz ist knackig und sehr deutlich und direkt beim Spielen spürbar. So soll es m.E. sein.
Am ehesten der Klasse des Instruments entsprechend fühlt sich noch die Hals-Rückseite an. Dabei ist die Haptik keinesfalls negativ, sondern entspricht dem Gefühl des “rohen Holzes” z.B. einer Squier Affinity am Hals. Allerdings: Ich hatte neulich eine PRS Silver Sky mit Maple Neck für knapp 3.000 € in der Hand, die exakt dieses Anfassgefühl des Halses bietet. Es handelt sich daher m.E. eher um eine Präferenz, als um eine Qualitätsunterscheidung. Unbehandelt ist der Ahorn-Hals nämlich sicherlich nicht, nur vermutlich nicht aufwendig satiniert beschichtet, sondern dünn versiegelt. Das Spielgefühl ist damit wirklich toll, wenn es auch nicht an die m.M.n. perfekte Haptik eines Roasted Maple Necks einer AZ herankommt.
Das Halsprofil geht in die Richtung der AZ-Serie, unterscheidet sich aber dennoch spürbar. Es ist ein mittleres D-Profil, etwas flacher als bei der AZ-Serie, wobei das Griffbrett durch die kürzere Mensur schneller Richtung Korpus breiter wird. Insgesamt ist das Halsprofil ein sehr angenehmes und wohl für sehr viele Hände sehr kompatibles Profil, das dem Ziel dienen dürfte, möglichst wenig “im Weg” zu sein.
Die Lackierung ist super ausgeführt. Ich habe nicht mit der Lupe gesucht, konnte aber bei normaler Benutzung keine erkennbaren Lackfehler o.ä. finden. Der Hals sitzt sehr passgenau in der Halstasche. Auch ist der Saitenverlauf perfekt zentriert über der Mitte des Griffbretts. Letzteres ist ein Merkmal, das mir persönlich sehr wichtig ist, aber selbst bei manch höherpreisigem Instrument oft erschreckend vernachlässigt wird.
Die Brückenböckchen an der festen Brücke sind gebogenes Stahl, vermeiden dabei aber das Fenderproblem der herausstehenden Madenschrauben durch intelligent angepasstes Design.
Insgesamt handelt es sich also um ein sich toll anfühlendes, leichtes und tadellos verarbeitetes Instrument, das keine 300€ kostet.
Als Einsteiger-Instrument erfüllt es exakt den Zweck, den man bei günstigen Gitarren oftmals nicht erreicht: Aus der Box heraus top eingestellt kann man hier sofort loslegen, ohne dass einem scharfe Bünde, 4mm Saitenlage oder ein krummer Hals die Gitarre schon verleiden, bevor man so richtig loslegt.
Wo ist also der Haken? Vielleicht beim Sound?
Sound:
Die Gitarre hat die typische S-Typ-Tonabnehmerbestückung, also drei Single Coils. Alternativ gibt es wie gesagt noch eine Variante mit HSS-Anordnung.
Die Pickups sind als “3 Essentials Single Coils” bezeichnet. Es gibt einen Volumen- und einen Tone-Poti. Zusätzlich zur typischen SSS-Schaltung gibt es noch den sog. “dyna-MIX8”-Schalter, einen kleinen Kippschalter, der über den 5 way Switch alternative Sounds bietet, die weit über die Möglichkeiten einer klassischen S-Typ-Gitarre hinausgehen. Auch hier blitzt wieder der Anspruch von Ibanez durch, hier nicht nur eine Einsteiger-/ Lerngitarre zu liefern, sondern ein vollwertiges, flexibel einsetzbares Instrument. Einen Einsteiger dürfte die vorhandene Möglichkeit über den dyna-MIX8-Schalter, die jeweils nebeneinander gelegenen Single Coil Spulen in Serie als “widespread-Humbucker” zu schalten, sowie dazu noch die Mittelposition einer Tele durch Parallelschaltung der beiden äußeren Single Coils zu simulieren, herzlich wenig interessieren.
Im Gegenteil dürfte die Masse an Ton-Varianten hier bei einem reinen Einsteigerinstrument eher verwirren. Andererseits hatte schon meine 1995 erworbene Billig-Ibanez mit Floyd Rose-Grusel (zu)viele Schaltungen, die ich auch damals als Einsteiger schon nicht verstanden habe . Es ist also wohl auch Teil der Ibanez-DNA, hier das Mögliche zu bieten, statt zu simplifizieren.
Auch die große AZ-Serie bietet diese Varianz an Tönen. An dieser Stelle hat man also nicht den Eindruck, weniger zu erhalten.
Die Tonabnehmer selbst, drei “Ibanez Essential Single Coils”, haben Keramik-Magnete. Und sie bieten auf’s erste Hören genau die Sounds, die man von einer S-Typ-Gitarre erwartet. Gerade die Hals-Position hat einen klaren, stratigen Sound, leicht hohl und mit etwas Zerre angenehm kratzig. Auch Mitte und Bridge bieten die erwarteten Sounds, wobei die Bridge nicht zu schrill und/oder dünn ist, sondern mit Zerre für sich genommen schon genug “Fleisch” bietet. Auch die Zwischenpositionen (2 und 4) haben den erwarteten “Quack”. Soundbeispiele finden sich in meinem von mir unten verlinkten Test-Video.
Typisch für Pickups mit Keramik-Magneten fehlt mir persönlich etwas Charakter und Tiefe im Sound. Die Sounds sind sehr “offensichtlich”, ohne dass es noch viel zu entdecken gibt. Anders kann ich es nicht beschreiben. Das ist keinesfalls schlecht. Im Gegenteil, man bekommt in dieser Preisklasse genau die Sounds, die man von einem derartigen Instrument erwartet. Und das ist für sich genommen schon super! Es gibt keinen Ausfall, kein “zu dumpf” oder “zu schrill”. Und man muss bedenken: Auch die Stock-Pickups der über 1.000 € liegenden ersten AZ Serie trafen nicht jedermanns Geschmack und waren Gegenstand von Kritik. Mit diesen Pickups hier kann man sehr gut arbeiten. Dazu kommt, dass es ja noch die Soundvariationen über den “dynaMIX8”-Schalter gibt, die ebenfalls alle sehr brauchbar sind. Die Schaltung von Neck und Mitte in Serie gibt einen sehr dicken, leicht dumpfen Sound. Mit ausreichend Zerre kann sie damit schön singen. Dennoch ist diese Schaltung nicht mein Favorit. Anders sieht es da mit der Kombination von Neck und Bridge aus, also die “Tele-Schaltung”. Damit gelingen schöne funkige Riffs. Auch die Kombination Mitte und Bridge in Serie überzeugt mich voll und ganz. Es entsteht ein Sound, der an einen Humbucker an der Bridge erinnert. Mit ausreichend Zerre klingen Rockriffs richtig gut.
Es gibt also auch bei den Sounds keinen Ausfall. Alle Soundvariationen bieten eine Eigenständigkeit, die man sonst eher von teureren Instrumenten kennt. Die Pickups sind auch super aufeinander abgestimmt.
Fazit:
Man merkt bei der Ibanez AZES31, dass die gesamte Gitarre nicht nur aus einzelnen Komponenten zusammengesetzt, sondern als Gesamtkonzept entworfen wurde und sehr gut durchdacht ist.
Tomo Fujita als Mastermind hinter der Serie ist natürlich auch als mit Herzblut lehrender Gitarrist prädestiniert für ein Gitarrenkonzept, das gleichermaßen für Anfänger geeignet ist, als auch dem Fortgeschrittenen genug bietet, um als Instrument interessant zu sein.
Für Anfänger ist das Ding mit das beste, was ich bisher in der Preisklasse gespielt habe. Es wurde genau auf die Dinge Wert gelegt, die für eine gute Bespielbarkeit und Haptik entscheidend sind. Astreine Bundbearbeitung, ein sehr kompatibles Halsprofil, gute Balance, geringes Gewicht, klassische Sounds in Kombination mit modernen Erweiterungen, interessante Farben von knallig bis dezent, und besonders wichtig: Kein echter Nachteil. Nichts, was den Preis nahe legt. Sollte Ibanez dieses Level an Qualität durch die Serie halten können, gibt es für Einsteiger m.E. nichts besseres.
Aber auch für den fortgeschrittenen Gitarristen bietet die Serie für den Preis eine gute Alternative zur großen AZ, wenn das Geld gerade mal nicht so locker sitzt. Auch als Modding Plattform kann sie herhalten, da man alles tauschen kann, aber nicht muss. Man kann sich also austoben, ohne den Eindruck zu haben, dass man hier zwingend Hand anlegen muss.
Gut, die Farbe ist nicht so meins. Da würde ich wohl eher zu dem Modell in Ivory (ausgeblichenes Gelb) greifen, oder bei der HSS Variante mit Tremolo das Purist Blue wählen, ein sehr edles türkis-blau. Aber das ist reine Geschmackssache und entzieht sich der Bewertung.
Ich hatte sehr viel Spaß mit der Gitarre.
Parallel habe ich noch ein Review-Video für YouTube aufgenommen. Das Video hat mangels Recording-Equipment nur den Raum-Sound. Auch habe ich keinerlei Professionalitäts-Anspruch, sondern lediglich Spaß bei der Sache ;-). Also bitte ich um Nachsicht bei der Beurteilung.
Wer Interesse hat, kann sich das Video gerne zu Gemüte führen, ggfs. nur zu den Sound-Beispielen spulen.
Die wesentlichen Punkte aus meinem Text finden sich auch in dem Video.
Danke für Eure Aufmerksamkeit und danke an hack_meck für die Gelegenheit, mir dieses Instrument in aller Ruhe anzuschauen.
Ein paar Daten:
- AZ “Education” Serie
- Korpusholz: Pappel
- geschraubter Hals: Ahorn
- Griffbrett: Jatoba
- Mensur: 635 mm (25")
- Griffbrettradius: 250 mm (9,84")
- Sattelbreite: 42 mm (1,65")
- Kunststoffsattel
- 22 Medium Bünde
- Tonabnehmer: 3 Essentials Single Coils
- 1 Volume- und 1 Tonregler
- “dyna-MIX8”-Schalter
- 5-Wege Schalter
- Ibanez Mechaniken
- Farbe: Vermillion
Allgemeines/ Verarbeitung:
Ich hatte im Rahmen des von hack_meck initiierten Testruns als zweiter Kandidat die Möglichkeit, die Ibanez AZES31 in der Farbe Vermillion auszuprobieren. Danke nochmals an Martin für die Möglichkeit und das entgegen gebrachte Vertrauen! Ich hatte sehr viel Spaß mit dem Instrument!
Die Gitarre kommt ordentlich verpackt ohne Gigbag im typischen “Karton-Sarg”. Neupreis bei Thomann ist 298 €. Wir haben es also mit einem Instrument zu tun, das in der Squier/ Harley Benton-Region wildert.
Entsprechend habe ich auch eine derartiges “Auspack-Erlebnis” erwartet. Soll heißen, ich habe mich auf komplett nicht bearbeitete/ abgerundete Bundenden und eine scharfe Griffbrettkante sowie den einen oder anderen Verarbeitungsfehler eingestellt. Nichts dergleichen habe ich vorgefunden. Die Haptik des Instruments ist für den Preis erstaunlich gut. Die Bünde wurden sichtbar an den Enden bearbeitet und verrundet. Auch gibt es keinerlei “fret sprout”, also überstehende Bünde. Ob das jetzt nur bei diesem Test-Instrument oder serienmäßig bei der AZES-Serie der Fall ist, kann ich natürlich nicht sagen. Ich gehe aber erstmal davon aus, dass Ibanez entsprechend ihrer perfektionistischen Herangehensweise sich auch bei der Einsteiger/ Education-Serie keine Blöße gibt.
Ganz ehrlich, jede mir bislang in die Finger gekommene Mexico-Fender im Bereich 600-900€ fühlt sich an den Bundenden weitaus schlechter an als diese <300€ Gitarre.
Ibanez verkauft die Serie, die es auch für 329 € in einer HSS & Tremolo-Version gibt, als Teil der “AZ Education”-Serie. Vermutlich soll damit suggeriert werden, dass es der Beginn der eigenen Reise in der AZ-Serie ist, man aber keinesfalls hier stehen bleibt, sondern irgendwann bei den großen “echten” AZs ankommt .
Auch um vermutlich nicht zu sehr im eigenen Terrain zu wildern wurden andere deutliche Unterscheidungen von der “großen” AZ gemacht. Der Korpus ist ein wenig kleiner, und die Mensur entspricht nicht der AZ/S-Typ Mensur (648 mm, 25,5”), sondern ist mit 25”, also 635 mm, etwas kürzer gehalten.
Allerdings ist man damit noch nicht einmal bei der kurzen Gibson Mensur (628 mm, 24,5”) angekommen, sondern bei der Mitte, also der PRS-Mensur. Gitarren mit dieser Mensur würde Herr Paul Reed Smith mit der Wood Library für gut betuchte Gitarren-Liebhaber im Hinterkopf wohl nicht als “Lerner-Instrumente” bezeichnen… Es handelt sich m.M. daher vielmehr um eine alternative Mensur, nicht um ein Merkmal eines Lern-/Einsteigerinstruments.
Natürlich gehen Bends durch die kürzere Mensur minimal besser von der Hand, aber hier dürfte jeder Saitenstärkenwechsel mehr bewirken, als die geringfügig kürzere Mensur. Tomo Fujita, seines Zeichens Berklee-Lehrer und YouTube-Koryphäe und maßgeblich an der Entwicklung der AZES-Serie beteiligt, hatte dazu mal gesagt, dass man die Mensur gewählt habe, die bequem für alle Vorlieben zu spielen sei. Ziel erreicht!
Am ehesten dem Merkmal der Lern-Gitarre entspricht noch die etwas kleinere Korpus-Größe. Ich habe ein paar Vergleichsbilder mit meiner American Profession II-Strat angefügt.
Der Unterschied ist optisch gering, aber spürbar. Sie trägt gleichzeitig dazu bei, dass ein oft vorgefundener Nachteil bei günstigeren Instrumenten hier wohl vermutlich nicht vorkommt, nämlich teils sehr schwere Instrumente durch Wegfallen jeglicher Holzvorauswahl. Durch den kleineren und schmalen Korpus aus Pappel werden verschieden schwere Holz-Stücke viel weniger (Achtung, Wortspiel “ins Gewicht fallen”.
Das Test-Exemplar wiegt genau 3 kg, was perfekt zu dem Instrument passt und langes Spielen im Stehen ermöglicht.
Die Tuner haben den von Vintage-Mechaniken bekannten Split-Shaft, also von oben einzufädelnde Saiten. Ich liebe diese Art der Mechanik und habe sie auf vielen meiner Gitarren. Sie halten die Stimmung sehr ordentlich. Auch die Stimmung selbst geht gut von der Hand, keine Ausreisser beim Widerstand o.ä.
Ich kenne es von manchen Instrumenten mit Pappel-Korpus, dass sich die Resonanz-Übertragung nicht so knackig am Instrument anfühlt, eher ein “schwammiges” undefiniertes Gefühl beim Spielen gibt, oder aber sich auch einfach “tot” anfühlt. Das ist bei diesem Instrument nicht im Ansatz der Fall. Die gefühlte Resonanz ist knackig und sehr deutlich und direkt beim Spielen spürbar. So soll es m.E. sein.
Am ehesten der Klasse des Instruments entsprechend fühlt sich noch die Hals-Rückseite an. Dabei ist die Haptik keinesfalls negativ, sondern entspricht dem Gefühl des “rohen Holzes” z.B. einer Squier Affinity am Hals. Allerdings: Ich hatte neulich eine PRS Silver Sky mit Maple Neck für knapp 3.000 € in der Hand, die exakt dieses Anfassgefühl des Halses bietet. Es handelt sich daher m.E. eher um eine Präferenz, als um eine Qualitätsunterscheidung. Unbehandelt ist der Ahorn-Hals nämlich sicherlich nicht, nur vermutlich nicht aufwendig satiniert beschichtet, sondern dünn versiegelt. Das Spielgefühl ist damit wirklich toll, wenn es auch nicht an die m.M.n. perfekte Haptik eines Roasted Maple Necks einer AZ herankommt.
Das Halsprofil geht in die Richtung der AZ-Serie, unterscheidet sich aber dennoch spürbar. Es ist ein mittleres D-Profil, etwas flacher als bei der AZ-Serie, wobei das Griffbrett durch die kürzere Mensur schneller Richtung Korpus breiter wird. Insgesamt ist das Halsprofil ein sehr angenehmes und wohl für sehr viele Hände sehr kompatibles Profil, das dem Ziel dienen dürfte, möglichst wenig “im Weg” zu sein.
Die Lackierung ist super ausgeführt. Ich habe nicht mit der Lupe gesucht, konnte aber bei normaler Benutzung keine erkennbaren Lackfehler o.ä. finden. Der Hals sitzt sehr passgenau in der Halstasche. Auch ist der Saitenverlauf perfekt zentriert über der Mitte des Griffbretts. Letzteres ist ein Merkmal, das mir persönlich sehr wichtig ist, aber selbst bei manch höherpreisigem Instrument oft erschreckend vernachlässigt wird.
Die Brückenböckchen an der festen Brücke sind gebogenes Stahl, vermeiden dabei aber das Fenderproblem der herausstehenden Madenschrauben durch intelligent angepasstes Design.
Insgesamt handelt es sich also um ein sich toll anfühlendes, leichtes und tadellos verarbeitetes Instrument, das keine 300€ kostet.
Als Einsteiger-Instrument erfüllt es exakt den Zweck, den man bei günstigen Gitarren oftmals nicht erreicht: Aus der Box heraus top eingestellt kann man hier sofort loslegen, ohne dass einem scharfe Bünde, 4mm Saitenlage oder ein krummer Hals die Gitarre schon verleiden, bevor man so richtig loslegt.
Wo ist also der Haken? Vielleicht beim Sound?
Sound:
Die Gitarre hat die typische S-Typ-Tonabnehmerbestückung, also drei Single Coils. Alternativ gibt es wie gesagt noch eine Variante mit HSS-Anordnung.
Die Pickups sind als “3 Essentials Single Coils” bezeichnet. Es gibt einen Volumen- und einen Tone-Poti. Zusätzlich zur typischen SSS-Schaltung gibt es noch den sog. “dyna-MIX8”-Schalter, einen kleinen Kippschalter, der über den 5 way Switch alternative Sounds bietet, die weit über die Möglichkeiten einer klassischen S-Typ-Gitarre hinausgehen. Auch hier blitzt wieder der Anspruch von Ibanez durch, hier nicht nur eine Einsteiger-/ Lerngitarre zu liefern, sondern ein vollwertiges, flexibel einsetzbares Instrument. Einen Einsteiger dürfte die vorhandene Möglichkeit über den dyna-MIX8-Schalter, die jeweils nebeneinander gelegenen Single Coil Spulen in Serie als “widespread-Humbucker” zu schalten, sowie dazu noch die Mittelposition einer Tele durch Parallelschaltung der beiden äußeren Single Coils zu simulieren, herzlich wenig interessieren.
Im Gegenteil dürfte die Masse an Ton-Varianten hier bei einem reinen Einsteigerinstrument eher verwirren. Andererseits hatte schon meine 1995 erworbene Billig-Ibanez mit Floyd Rose-Grusel (zu)viele Schaltungen, die ich auch damals als Einsteiger schon nicht verstanden habe . Es ist also wohl auch Teil der Ibanez-DNA, hier das Mögliche zu bieten, statt zu simplifizieren.
Auch die große AZ-Serie bietet diese Varianz an Tönen. An dieser Stelle hat man also nicht den Eindruck, weniger zu erhalten.
Die Tonabnehmer selbst, drei “Ibanez Essential Single Coils”, haben Keramik-Magnete. Und sie bieten auf’s erste Hören genau die Sounds, die man von einer S-Typ-Gitarre erwartet. Gerade die Hals-Position hat einen klaren, stratigen Sound, leicht hohl und mit etwas Zerre angenehm kratzig. Auch Mitte und Bridge bieten die erwarteten Sounds, wobei die Bridge nicht zu schrill und/oder dünn ist, sondern mit Zerre für sich genommen schon genug “Fleisch” bietet. Auch die Zwischenpositionen (2 und 4) haben den erwarteten “Quack”. Soundbeispiele finden sich in meinem von mir unten verlinkten Test-Video.
Typisch für Pickups mit Keramik-Magneten fehlt mir persönlich etwas Charakter und Tiefe im Sound. Die Sounds sind sehr “offensichtlich”, ohne dass es noch viel zu entdecken gibt. Anders kann ich es nicht beschreiben. Das ist keinesfalls schlecht. Im Gegenteil, man bekommt in dieser Preisklasse genau die Sounds, die man von einem derartigen Instrument erwartet. Und das ist für sich genommen schon super! Es gibt keinen Ausfall, kein “zu dumpf” oder “zu schrill”. Und man muss bedenken: Auch die Stock-Pickups der über 1.000 € liegenden ersten AZ Serie trafen nicht jedermanns Geschmack und waren Gegenstand von Kritik. Mit diesen Pickups hier kann man sehr gut arbeiten. Dazu kommt, dass es ja noch die Soundvariationen über den “dynaMIX8”-Schalter gibt, die ebenfalls alle sehr brauchbar sind. Die Schaltung von Neck und Mitte in Serie gibt einen sehr dicken, leicht dumpfen Sound. Mit ausreichend Zerre kann sie damit schön singen. Dennoch ist diese Schaltung nicht mein Favorit. Anders sieht es da mit der Kombination von Neck und Bridge aus, also die “Tele-Schaltung”. Damit gelingen schöne funkige Riffs. Auch die Kombination Mitte und Bridge in Serie überzeugt mich voll und ganz. Es entsteht ein Sound, der an einen Humbucker an der Bridge erinnert. Mit ausreichend Zerre klingen Rockriffs richtig gut.
Es gibt also auch bei den Sounds keinen Ausfall. Alle Soundvariationen bieten eine Eigenständigkeit, die man sonst eher von teureren Instrumenten kennt. Die Pickups sind auch super aufeinander abgestimmt.
Fazit:
Man merkt bei der Ibanez AZES31, dass die gesamte Gitarre nicht nur aus einzelnen Komponenten zusammengesetzt, sondern als Gesamtkonzept entworfen wurde und sehr gut durchdacht ist.
Tomo Fujita als Mastermind hinter der Serie ist natürlich auch als mit Herzblut lehrender Gitarrist prädestiniert für ein Gitarrenkonzept, das gleichermaßen für Anfänger geeignet ist, als auch dem Fortgeschrittenen genug bietet, um als Instrument interessant zu sein.
Für Anfänger ist das Ding mit das beste, was ich bisher in der Preisklasse gespielt habe. Es wurde genau auf die Dinge Wert gelegt, die für eine gute Bespielbarkeit und Haptik entscheidend sind. Astreine Bundbearbeitung, ein sehr kompatibles Halsprofil, gute Balance, geringes Gewicht, klassische Sounds in Kombination mit modernen Erweiterungen, interessante Farben von knallig bis dezent, und besonders wichtig: Kein echter Nachteil. Nichts, was den Preis nahe legt. Sollte Ibanez dieses Level an Qualität durch die Serie halten können, gibt es für Einsteiger m.E. nichts besseres.
Aber auch für den fortgeschrittenen Gitarristen bietet die Serie für den Preis eine gute Alternative zur großen AZ, wenn das Geld gerade mal nicht so locker sitzt. Auch als Modding Plattform kann sie herhalten, da man alles tauschen kann, aber nicht muss. Man kann sich also austoben, ohne den Eindruck zu haben, dass man hier zwingend Hand anlegen muss.
Gut, die Farbe ist nicht so meins. Da würde ich wohl eher zu dem Modell in Ivory (ausgeblichenes Gelb) greifen, oder bei der HSS Variante mit Tremolo das Purist Blue wählen, ein sehr edles türkis-blau. Aber das ist reine Geschmackssache und entzieht sich der Bewertung.
Ich hatte sehr viel Spaß mit der Gitarre.
Parallel habe ich noch ein Review-Video für YouTube aufgenommen. Das Video hat mangels Recording-Equipment nur den Raum-Sound. Auch habe ich keinerlei Professionalitäts-Anspruch, sondern lediglich Spaß bei der Sache ;-). Also bitte ich um Nachsicht bei der Beurteilung.
Wer Interesse hat, kann sich das Video gerne zu Gemüte führen, ggfs. nur zu den Sound-Beispielen spulen.
Die wesentlichen Punkte aus meinem Text finden sich auch in dem Video.
Danke für Eure Aufmerksamkeit und danke an hack_meck für die Gelegenheit, mir dieses Instrument in aller Ruhe anzuschauen.
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