Reinigung der Zugriegel

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doc-harry
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liebe Hammondfreunde,

wie bereits angekündigt, werde ich nachfolgend beschreiben, wie man die Zugriegel seiner Hammond wieder auf Vordermann bringen kann.

Ein paar Worte vorweg: eine Hammond ist ein Mix aus Feinmechanik und Elektronik; d.h. es gibt nichts an dieser Orgel, wozu man Kraft benötigt oder was nur mit Gewalt geht
(ausgenommen man will sie transportieren) - das heißt aber auch: wenn irgendetwas klemmt oder nicht so will wie man es erwartet - lieber zweimal hingucken um das
Problem zu lösen. Wie bei allen Wartungsarbeiten, die man selbst ausführen will, gilt:
lasst euch Zeit (plant für das Reinigen der Zugriegel ruhig mal 4-5 Stunden ein) - Hektik verleitet nur dazu Fehler zu machen. Auch benötigt ihr einen ruhigen und sauberen
Arbeitsplatz, wo die Teile notfalls auch mal über Nacht liegen bleiben können.
Hilfreich ist es, sich vor Beginn der Arbeiten das erforderliche Handwerkszeug und ein paar Behältnisse für Schrauben und andere Kleinteile parat zu legen.
Wer dann noch darauf achtet, keine Schrauben aufzudrehen, die nicht explizit genannt werden und nur die Reinigungs- und Schmiermittel verwendet, die ich ebenfalls verwende, wi rd die Arbeiten problemlos und erfolgreich durchführen können.
Es hilft auch beim späteren Zusammenbau, wenn man sich Notizen und/oder Fotos macht.

Als erstes gilt: Stecker raus.
Jetzt muss der Deckel der Orgel entfernt werden. Dazu ist die Rückwand abzunehmen und die beiden Schrauben an der Unterseite der oberen Strebe herauszudrehen.

PICT0154.JPG


Weiterhin ist der Deckel mit je zwei Schrauben neben der Platte mit dem Start-und Run-Schalter und entsprechend auf der linken Seite der Orgel gesichert (bei der A100 sitzt hier der Hall-Regler).

PICT0155.JPG


Bei einer A100 wird jetzt das Poti für die Hall-Regelung entfernt. Dazu den Knopf abziehen, die Zentralmutter lösen und das Poti nach unten herausnehmen. Der Deckel kann nun abgenommen werden - dabei auf die knapp bemessenen Kabel zum Start- und Run-Schalter und zur Pilot-Lamp achten.
Meist genügt es, eine Kabelschelle mit der die Kabel befestigt sind, zu lösen um den erforderlichen Spielraum zu erhalten.
Nun hat man direkten Zugang zur Drawbar-Box. Zunächst alle Zugriegel ganz herausziehen.

Dann werden alle Kabel an den Zugriegeln abgelötet.
Farben (wenn man hinter der Orgel steht von links nach rechts): weiß, grau, lila, blau, grüm, gelb, orange, rot, braun.

PICT0156.JPG


Nun kann die Zugriegelbox abgeschraubt werden. Ganz wichtig dabei: alle kleinen Schrauben sind absolut tabu - diese keinesfalls entfernen.

Um die Box zu lösen, sind folgende Schrauben herauszudrehen (Zählung von links):
Vordere Reihe (zu den Manualen): Nr. 4, 10, 14, 22, 34, 28, 40.
Hintere Reihe: Nr. 4, 10, 16, 22, 28, 34, 40

Die Kabelbäume zu den Sammelschienen der Drawbars sind links und rechts mit einer Schelle befestigt. Diese aufbiegen oder die beiden Befestigungsschrauben lösen. Die größere Schraube hat unter der Box eine Gegenmutter - daher beim Lösen mit einer Hand die Mutter von unten sichern. Die kleine Schraube herausdrehen und nach Abnehmen der Schelle sofort wieder einschrauben. Während die kleine Schraube raus ist, darf keinesfalls (!) einer der äußeren Zugriegel bewegt werden.
Jetzt können auch die Kabel an den Sammelschienen abgelötet werden. Farben von hinten nach vorne): schwarz, braun, rot, orange, gelb, grün, blau, lila, grau.

PICT0157.JPG



Damit ist der erste Schritt geschafft - die Drawbar-Box kann nun in die Werkstatt mitgenommen werden.

PICT0158.JPG



Jetzt empfiehlt es sich zunächst die Schraubenlöcher zur Befestigung in der Orgel zu markieren. Ich habe dafür weiße Farbkleckse vewendet.
PICT0160.JPG


Nun wird die Box umgedreht und die Zugriegelköpfe werden abgeschraubt - Vorsicht: das ist sehr alter Kunststoff, der entsprechend spröde sein kann.

PICT0162.JPG


Nachdem alle Zugriegelköpfe abgeschraubt sind, wird die Box wieder umgedreht und die Zugriegel werden herausgenommen. Dazu die Kontaktfedern mit den Fingern nach unten
drücken und die Zugriegel einzeln nach hinten herausziehen.

PICT0163.JPG


PICT0164.JPG


PICT0165.JPG


Zur eigentlichen Reinigung müssen die Kontaktfedern nun von den Zugriegeln abgeschraubt werden. Zur Reinigung der Kontaktfedern bevorzuge ich ein Ultraschallbad aus lauwarmem Wasser mit ein paar Tropfen Spülmittel. Der Grund hierfür findet sich an den Kontaktfedern selbst:
Auf der Oberseite sitzen zwei Kontakte, die auf der Unterseite durch einen sehr dünnen Widerstandsdraht miteinander verbunden sind. Das sind die sogenannten Smooth-Drawbars.
Durch die beiden Kontakte wird sichergestellt, dass immer einer der beiden Kontakte zu einer der Sammelschienen Kontakt hat. Der dünne Widerstandsdraht (1 Ohm) sorgt dabei für einen nahezu stufenlosen Übergang.
PICT0167.JPG

[
PICT0166.JPG



Dieser Widerstandsdraht ist sehr empfindlich und kann bei einer Reinigung mit Lappen oder Pinsel schnell beschädigt werden.
Der zweite Teil der Reinigung der Kontaktfedern besteht darin, das alte Lötzinn an den dreieckigen Enden zu entfernen. Um das alte Lötzinn mit einer Konsistenz ähnlich wie Honig
eingigermaßen einfach absaugen zu können, empfiehlt sich die Zugabe von etwas neuem Lot.
Nach der Reinigung werden die Widerstandsdrähte per Sichtkontrolle (Lupe) und Widerstandsmessung überprüft. Falls einer der Drähte defekt ist, kann man als Ersatz einen kleinen 1-Ohm Widerstand (SMD) einlöten.

PICT0168.JPG


Defekte Drähte sind oft der Grund dafür, dass die Zugriegel kratzen oder Sprünge aufweisen.
Die eigentlichen Zugriegel sind aus stabilem Messing und können daher bedenkenlos mit Lappen und Spiritus gereinigt werden.
Sind auch diese gereinigt, werden die Kontaktfedern wieder an die Zugriegel angeschraubt. Dabei darauf achten, dass die Löcher in den dreieckigen Plättchen genau in die Führungsnasen am Zugriegel einrasten. Die Zugriegel können nun erst einmal zur Seite gelegt werden.

Nun sind die Sammelschienen an der Reihe. Dazu werden die restlichen großen Schrauben mit Gegenmutter aus dem Zugriegelgehäuse herausgenommen. Die Stehbolzen mit Mutter werden nicht gelöst - außerdem nochmal der ausdrückliche Hinweis: keine der kleinen Schrauben darf entfernt werden.
Sind die großen Schrauben alle entfernt, kann der Boden abgenommen und zur Seite gelegt werden.

PICT0169.JPG


Danach werden die seitlichen Führungen der Zugriegel herausgenommen. Diese legt man sich zweckmäßigerweise so hin, wie sie herausgenommen wurden um sie später wieder in der gleichen Richtung an der gleichen Stelle einzusetzen.

PICT0171.JPG


Nun können die Sammelschienen (Busbars) mit Lappen und Spiritus gereinigt werden. Dabei nur in Längs-und nicht in Querrichtung wischen. Anschließend trägt man auf die Sammelschienen eine dünne Schicht Vaseline auf. Bitte beachten: auch hier gilt weniger ist mehr. Zuviel Fett ist nur ein Magnet für Staub und anderen Schmutz. Die weißen Kunststoffplatten in deren Rillen die Sammelschienen sitzen, reagieren sehr empfindlich auf den Kontakt mit chemischen Stoffen. Oft schon hat der Einsatz von ungeeigneten Mitteln dafür gesorgt, dass diese einfach zerbröseln.

PICT0174.JPG


Nach den Busbars sind die seitlichen Führungen der Zugriegel an der Reihe. Diese werden auf der Tischplatte liegend ebenfalls mit Lappen und Spiritus gereinigt.

Das war's eigentlich schon - nun kann man sich daran machen, das Ganze wieder zusammenzusetzen. Erst den Boden des Zugriegelgehäuses, dann die gereinigten Zugriegel mit den Kontaktfedern von hinten nach vorne durchschieben. Dazu die Feder mit den Fingern gegen den Zugriegel drücken.
Nun vorsichtig die Zugriegelköpfe wieder anschrauben. Anschließend wird die gesamte Zugriegeleinheit in der Orgel eingesetzt und alle Litzen angelötet.
Bevor man die Orgel wieder zuschraubt, muss man nun noch prüfen, ob sich durch das Abschrauben der Zugriegelbox der Vibratoschalter gelöst hat.
Der sitzt unter dem schwarzen Blech unter den Zugriegeln (Abdeckblech der Tasten des Obermanuals) und ist dummerweise mit einer Schraube befestigt, die die Zugriegelbox hält.
Man erkennt einen gelösten Vibratoschalter daran, dass beim Wiederanschrauben der Zugriegeleinheit eine Schraube keinen Halt findet, bzw. dass einige
Tasten des Obermanuals klappern. Ist das der Fall, dann muss man die beiden großen Schrauben links und rechts in dem schwarzen Blech (die verbinden
Ober-und Untermanual miteinander), sowie zwei dahinterliegende Holzschrauben herausdrehen. Nun kann man das Abdeckblech über dem Obermanual vorsichtig anheben
und den Vibratoschalter nach oben drücken. Jetzt dreht man die Schraube fest, die vorher bei der Montage der Zugriegel keinen Halt gefunden hat.

Viele Grüße,
Harald
 
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Hallo Harald,
Das ist genial, wie du das gemacht hast. Vielen Dank für die genaue Anleitung. Damit kommen sicher auch Laien wie ich zurecht :) ...
Eigentlich solltest Du das fortsetzen, so a`la "Hammond inside", jede Wartung und Reparatur dokumentieren.Du kannst ja mal drüber nachdenken, wenn Du mal viiieel Zeit hast.
Schönen Sonntag noch
Bertram
 
Hallo Harald,

erste Sahne, klasse gemach!!!

Da werde ich mich auch mal ran machen.

Braucht man insgesamt tatsächlich 4-5 Stunden?

Gruß Michael
 
Danke für die Blumen -
ja, täuscht euch nicht mit dem Zeitaufwand, es sind wahnsinnig viele Schrauben aufzudrehen um an die Innereien zu kommen - und weil man keinen Akkuschrauber einsetzen kann dauert das einfach.

Viele Grüße,
Harald
 
Harald du bist mein Held
vielen vielen Dank! Eine echte Hilfe!
 
ich brauch nochmal Hilfe. ich bekomme den vibrato schalter einfach nicht fest. nur hochdrücken reicht da irgendwie nicht, die wackelt auch hin und her. die einzige Schraube die kein grip hat ist bei mir die vordere 16 aber so viel ich auch probier da tut sich nix. hat jemand einen tip?
 
vorne 16 passt - Vibratoschalter mit der einen Hand nach oben drücken und gleichtzeitig von der anderen Seite die Schraube reinfummeln - muss funktionieren. ggfs. den Schalter dabei ein wenig hin und her bewegen.

Gruß,
Harald
 
hallo harald danke. das Problem ist jetzt gelöst.
Es klappt auch wie du es gesagt hast. Ich muss mich einfach zu doof angestellt haben.

Grüße aus Berlin und besten Dank nochmal für die Anleitung.
 
hallo harald,
ich bin neu im forum und bin mir auch nicht sicher ob meine antwort gelesen wird da der beitrag ja schon einige tage alt ist. ich habe probleme mit den drawbars meiner cv, sprich kratzen und aussetzer in manchen positionen. die drawbars der cv sind ja gerastet, ist die reinigung wie du sie beschreibst ausreichend oder kann es bei den ratched drawbars noch andere probleme geben.
schon mal vielen dank,

grüße jürgen
 
hallo Jürgen,

die Anleitung gilt genauso auch für die älteren ratched drawbars.
Allerdings wirst du diese nie soweit bringen, dass es beim Verstellen der Zugriegel bei gedrückten Tasten keine Aussetzer und Störgeräusche gibt - das ist bei denen ganz normal.

Gruß,
Harald
 
hallo harald,
vielen dank für deine antwort. die aussetzer sind nicht nur wärend die zugriegel betätigt werden, sondern auch wenn sie in eine neue position gebracht wurden. oft genügt dann ein leichtes berühren des zugriegels und der ton ist da. deshalb verspreche ich mir von der reinigung schon eine verbesserung und werde mich sobald mehr zeit zwischen zwei auftritten ist mal an das projekt wagen. wäre eine umrüstung auf ungerastete drawbars denkbar und wenn ja wie aufwändig/teuer wäre ein solcher umbau?

viele grüße jürgen
 
Hallo Jürgen,

eine Möglichkeit wäre es, sich die smooth drawbars aus einer anderen Orgel zu holen. Alan Dickson in den USA hat ab und an mal einzelne Drawbars im Angebot (http://www.ebay.de/sch/items/Musiki...acatZ619QQ_ssnZadickson?_trksid=p3911.c0.m282), ansonsten könnte man auch bei Brian Davenport oder Michael Ansorge anfragen. Wenn du eine Drawbarbox hast, sollte es eigentlich nicht viel mehr sein als umlöten und verschrauben.

Viele Grüße,
Martin
 
Hallo Jürgen,

einfacher geht es, denn das ist sehr wichtig, dass die Kontaktfedern nach dem Reinigen justiert werden, also dass sie wieder gerade sind und keine Biegung mehr haben. Dadurch wird die Spannung wieder größer und somit der Kontakt wieder richtig hergestellt.
Bevor du die Box auseinander baust, kannst du das ja mal an einem Zugriegel testen. Mir ist dieses Problem bekannt und es konnte so immer behoben werden.

Gruß Günter
 
Martin hat's schon geschrieben:
der einfachste Weg wird es sein, sich einen Satz gebrauchte Smooth-Drawbars zu besorgen.
Es gibt in den USA auch sogenannte "Conversion Kits" zu kaufen, mit denen die alten Zugriegel umgerüstet werden können.
Die kosten je nach Anbieter aber 300 - 400 US$ - da sollte man sich dann aber genau überlegen, ob einem das so viel Geld wert ist.

Gruß,
Harald
 
vielen dank für eure antworten,
dann mach ich mich mal auf die suche nach gebrauchten drawbars, vielleicht hat ja auch im forum jemand was passendes. stellt sich aber natürlich die preisfrage, wieviel dürfte ein kompletter satz wohl kosten? die von harald erwähnten 300-400 bucks sind mir die sache weder für das us kit, noch für gebrauchte drawbars wert. mit den gerasteten drawbars läßt sich wenn sie zuverlässig funktionieren eigentlich ganz gut leben aber ein wechsel wäre bei der sowieso anstehenden reinigung ja ganz praktisch, mal sehen.
an martin: ich habe versucht meine preamp pläne zu hinterlegen, bisher hats aber irgendwie nicht geklappt. entweder der beitrag wurde noch nicht freigegeben oder ich war zu doof...

grüße jürgen
 
Hallo Jürgen,

ich habs gefunden - danke für den Hinweis. Die Datei ist nun freigeschalten.

Viele Grüße,
Martin
 
Könnte bitte mal einer von unseren Experten beschreiben, was genau der Unterschied von den verschiedenen Zugriegelarten ist, und in welchen Orgeln diese zu finden sind.

Gruß

Günter
 
So wie es aussieht, hat auf meine Frage auch niemand eine Antwort. Aber so etwas gibt es halt auch.

Gruß Günter
 
hallo Günter,

das steht eigentlich schon im Thread drin - bei der Beschreibung, wie die Kontaktfläche der Schleifer zu reinigen und der Widerstandsdraht bei den Smooth Drawbars zu prüfen ist.

Gruß,
Harald
 
hallo Harald,

vielen Dank für deinen Hinweis. Das hätte ich ja sehen müssen, war eigentlich eine dumme Frage von mir.

Gruß Günter
 

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