Probleme mit Notation bei "Rumänischen Volkstänzen" /Bartók arr. Anzelotti

  • Ersteller cantulia
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Mich interessiert das "Arrangement" auch nicht. Wie viele schon schrieben, entweder man nimmt gleich das Original und passt es für sich und sein System an, denn wie Du sagst, auf anderem M3 System mögen die Griffe in den M2 komplett anders sein und das "Arrangement" verliert sofort jeden Sinn.

Zudem ist es für mich doch ein Stück, dass man nicht heilig nehmen sollte, sondern wie eine Volksmusik. Insofern sollte es nicht so irre schwer sein. Ich habe mich ihm trotz Originalnoten eher klanglich genähert - also vom Gehör und von der Wirkung und so kann ich es durchaus ohne Noten zu jeder Gelegenheit spielen., was mir mit dem Original oder Anzellottis "Arrangement" richtig viel Mühe machen würde.
 
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aber mir scheint das Stück auf Klavier deutlich "leichter" spielbar als auf dem Akkordeon.
Ich habe es schon beim ersten Kontakt so eingeschätzt, ein Pianist sieht immerhin, wenn auch nur aus dem Augenwinkel, wohin er springt.
Allein die teils dreistimmigen Akkorde! Und, je nachdem, ob der Melodiebass "russisch-rückwärts" oder nicht angeordnet ist, stelle ich mir die Sprünge zu den MII-Basstönen auch spannend vor (hab's aber noch nicht ausprobiert).
Das mit den dreistimmigen Akkorden geht noch. Schlimmer ist die Springerei zu den Basstönen und zurück, besonders, wenn sie in den Grundbassreihen zu suchen sind.
Von der Lage der Akkorde ist man näher bei diesen dran, aber was man (ich jedenfalls..) nicht trainiert oder sich nicht bewusst ist, dass man das auch trainieren sollte, ist eben das Herumspringen zwischen den beiden Systemen. Zudem ist irritierend, dass sich diese Grundbässe in den zwei inneren Reihen näher beim Knie befinden und doch viel tiefer klingen. (jedenfalls bei C-Griff-Systemen, wo sich die tiefen Töne näher beim Kopf befinden).
Für Spieler mit russischem Converter, so denke ich, scheint das weniger ein Problem zu sein.
IMHO ist das Ganze ein unseliges Gestocher.
da sollte das im Beschreibungstext schon erkennbar sein.
ein Vermerk auf dem Titelblatt mit dem Hinweis auf MIII hätte da schon gereicht.
Wahrscheinlich hätten aber noch weniger Spieler*innen die Noten gekauft... :gruebel:
 
Das mit den dreistimmigen Akkorden geht noch. Schlimmer ist die Springerei zu den Basstönen und zurück, besonders, wenn sie in den Grundbassreihen zu suchen sind.
Das finde ich nicht, es hat ebenfalls eine Logik, egal auf welchem Convertersystem.

Übrigens finde ich interessant, dass hier schon mehrfach der Hinweis kam, dass das auf Klavier viel einfacher sei, bis hin zu " das spiele ich auf dem Klavier fast vom Blatt"

Das verstehe ich nicht. Warum ist das so viel einfacher?
Ist nicht alles Gewohnheit?
 
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es hat ebenfalls eine Logik, egal auf welchem Convertersystem.
Das hat m.E. weder mit der Logik an sich noch mit dem Aufbau der verschiedenen Convertersysteme zu tun. Die Crux ist die Verknüpfung des jeweils verschiedenen Aufbaus der beiden benutzten Systeme (MIII / Grundbässe MII).
Eine Frage: bist du während deines Studiums oder vorher Übungen für das Handling solcher Situationen aufbekommen?
Übrigens finde ich interessant, dass hier schon mehrfach der Hinweis kam, dass das auf Klavier viel einfacher sei, bis hin zu " das spiele ich auf dem Klavier fast vom Blatt"
Das Klavier hat nur ein System, an dem man sich orientieren muss.
 
Doch, es gibt eine Logik. Es sind zwar verschiedene Systeme, aber sie stehen in Zusammenhang, denn alle 4 Knöpfe gibt es das gleiche Intervall. Von jedem Ton aus!! Insofern sind es für mich nicht wirklich 2 paar Schuhe.
Natürlich sehe ich den Nachteil des Blindspiels ein, aber andererseits kann man riesige Sprünge absolut minimieren und wenn man das eine Weile macht, spielt man M2 und M3 kombiniert genauso wie M2 mit Bass und Akkordsystem.
 
nachdem jetzt schon so viele Themen angerissen worden sind, nutze ich die Gelegenheit - immerhin geht's ja doch auch noch um Bartok - meine Meinung wieder mal kund zu tun, dass mit MII schon einiges geht. Die rumänischen Tänze würde ich auch auf dem horizontalen Akkordeon spielen. Aber es gibt ja noch andere Stücke, wo man auch nicht sooo in die Tiefe gehen muss, und was auf dem (vertikalen) Akkordeon m.o.w. "vom Blatt" geht (wie man sieht/hört)

Beispiel -> nach dem Motto "ein Ton sagt mehr als hundert Fotos und mehr als tausend Worte" oder so ...



ansonsten: lasst euch nicht stören
 
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Zudem ist es für mich doch ein Stück, dass man nicht heilig nehmen sollte, sondern wie eine Volksmusik.

Den Kernpunkt ha ja schon @Boris_Z angesprochen - die Stücke von Bartok sind "kunstmusikalische Werke" und ist beileibe nicht das was die Leute in Rumänien als Volskmusik spielen. Das sind zwei verschiedene Welten. Und was und wie die originäre Musik in dem Land wirklich gespielt wird, das ist auch wieder wirklich eine Welt für sich. Das kann man nicht einfach so mit Noten oder auf einem Workshop lernen - das kann man sich nur aneigenen in dem man sich jahrelang damit beschäftigt. Im Prinzip ist das ein lebenslanger Lernprozess. Wobei ich jetzt nichit sagenwill: lass die Finger davon - Ganz im Gegenteil ich finds klasse , will aber nur sagen, dass das was ist mit dem man sich intensiver auseinadersetzen muss. Das ist nix was man so geschwind nebenbei sich reinziehen kann.

Wobei ich hier aus eigener Erfahrung mal sagen würde: Workshops sind unbedingt emopfehlenswert, weil man hier live von Tutor zu Schüler die Spielweise vermittelt bekommt. Auf die Weise könne soviel mehr an "Informationen" mit weitergegeben werden, wie man es nur durch Selbtstudium durch Videos und Notenvorlagen gar nicht schafft... Aber auch das ist dann nur zusätzlich eine Hilfestellung. Es bleibt trotz allem sehr viel eigene Arbeit zu absolvieren, wenn man der Blakanmusik im allgemeinen und der rumänischen im speziellen näherkommen will. Aber lohnenswert finde ich das auf alle Fälle!

Die Crux ist die Verknüpfung des jeweils verschiedenen Aufbaus der beiden benutzten Systeme (MIII / Grundbässe MII).

Das Problem hier ist wie halt öfter auch, dass das Arrangements sind, die speziell auf einen Spieler und dessen Equipement perfekt zugeschnitten ist. Und für die meisten anderen ists mehr oder weniger kompromisbehaftet... oder auch unspielbar, weil man einfach nicht die Leistungsklasse hat. Und Anzelotti kenn ich als Spieler mit hohen Ansprüchen und weniger als Kompomnist fürs breite Volk.

... Darauf deutet schon der Hinweis auf den Wechsel von MIII auf MII hin - das ist einerseits schon mal grundsätzlich was, wofür man bessere motorische Fähigkeiten aufweisen muss und dann muss auch noch die Anordnung der Töne des jeweiligen Instruments so passen wie bei dem Instrument auf dem das Arrangement ausprobiert wurde. Denn die Anordnung der MIII Töne und der MII Töne ist bei den Instrumenten mitunter sehr wohl unterschiedlich... und entsprechend kann der Schwierigkeitsgrad alleine dadurch nochmals ansteigen.

Die Angabe Schwierigkeitsgrad 3 (ist glaub ich "mittelschwer") schätze ich sehr so ein dass das bezogen auf Anzelotti ist... also für normale Spieler "sauschwer" bis nicht spielbar:evil:


Das Klavier hat nur ein System, an dem man sich orientieren muss.

Meine Gehversuche auf Klavier waren in der Summe (mangels eigenem Klavier ) ja eher bescheiden, aber immerhin habe ich diesen grundsätzlichen Faktor schon auch feststellen können. Mit manchen Stücken hab ich mich auf dem Klavier leichter getan. Lag zum einen daran, dass ich beide Hände immer im Blick haben konnte - wirklichen Blindflug musste ich da nicht machen und zum anderen hatte ich da durchgängig 5 Finger für die linke Hand zur Verfügung. Und wenn ich da Sprünge machen sollte, dann konnte ich das oft durch Spreizen der Hand und unter Verwendung des Daumens sehr deutlich entschärfen, so dass das oftmals nur ein größeres Spreizen der Hand war. Beim Akko sinds halt in der Regel 4 Finger auf der linken Seite und Sprünge heißt dann eben wirklich Sprung, weil man die restlichen 4 Finger nicht so weit abspreizen kann wie den Daumen und darüberhinaus auch wirklich im Blindflug. Das war dann für mich mit meinem bescheidenen Können am Klavier zumindest mit den Stücken die ich da so gespielt hatte tatsächlich öfter mal leichter als auf dem Akko.

Kann aber auch sein dass das wieder leichter werden würde, wenn das Stücke sind, die originär für Akko komoniert sind...
 
@maxito

Besser könnte ich das nicht zusammenfassen.

Wenn man sich da einarbeiten will, ist das eine Lebensaufgabe. Selbst bei hochkarätigen Akkordeonisten die nicht mit dieser Musik aufgewachsen sind und solche Stücke interpretieren, höre ich heraus dass da das "Salz in der Suppe" fehlt.

Davon sollte man sich nicht entmutigen lassen, am Ende muß es sich für einen selbst gut anhören und Spaß machen. Nicht jeder hat den Anspruch an absolute Authentizität.

Komisch finde ich die Bezeichnung Balkanmusik. Schon allein in Rumänien gibt es so viele regionale Stile die dermaßen unterschiedlich sind (von europäisch/ungarisch bis orientalisch geprägt) dass es absurd ist, eine so große Region mit solch unterschiedlichen Ländern und Kulturen musikalisch mit einem Begriff abzutun.
 
Komisch finde ich die Bezeichnung Balkanmusik. Schon allein in Rumänien gibt es so viele regionale Stile die dermaßen unterschiedlich sind (von europäisch/ungarisch bis orientalisch geprägt) dass es absurd ist, eine so große Region mit solch unterschiedlichen Ländern und Kulturen musikalisch mit einem Begriff abzutun.

Das stimmt ganz klar uneingeschränkt. Das ist aber eigentlich mit jeder Volksmusik so die ist immer in der Region verwurzelt und wenn man sich genauer auskennt, erkennt man die Unterschiede - je weiter man davon weg ist, desto mehr fallen nur die übergeordneten Gemeinsamkeiten auf. Und von uns in Mitteldeutschland aus gesehen ist da alles Musik aus der Balkanregion ist, wovon wir die Feinheiten nicht mehr unterscheiden können , sondern nur feststellen können dass das eine Musik ist, die sich von den hiesigen Gepflogenheiten sehr deutlich unterscheidet , aber dennoch irgendwo typische Elemente haben, die ihren eigen sind - so z.B. die Musik mit sehr vielen Trillern etc anzureichern und aufzupeppen.

Wer aus diesen Gegenden kommt wird sehr wohl auf die Feinheiten achten und die auch pflegen - so ich meinen Heimatdialekt spreche und mir die Unterschiede zum Nachbardorf auffallen, ist das meinen Freunden schon nicht mehr bewusst und auch nicht wahrnehmbar.

Die feinen regionalen Unterschiede in der Spielweise der Musik sind wie Dialekte - wer dort aufgewachsen ist, hört sofort wenn den einer spricht der sich den angeeignet hat oder ob der mit der Sprache aufgewachsen ist. Was aber nicht heißt, dass jemand der nicht damit aufgewachsen ist, diesen Dialekt schön findet und eben den deshalb auch versucht zu sprechen. Und das kann dann trotzdem schön sein, auch wenns nicht originär ist.
Und so ist´s mit der "Balkanmusik" auch - das ist eine Spielweise wie sie eben in den dortigen Regionen vorkommt und wenn man sich ein bissl damit auseiandersetzt macht die Musik auch irre Spaß - auch wenn ganz klar ist das man als "reingschmeckter" nie die Feinheiten lernen kann. Und so seh ich das auch nicht weiter schlimm an, wenn man dann mangels Detailwissen das Ganze unter dem Oberbegriff "Balkanmusik" läuft.

Das Problem hier also mitten in Deutschland ist dann halt, wen man an der Musik gefallen gefunden hat, dass man nur sehr schwer an die Musik rankommt... und demzufolge eben auch Stücke und Sammlungen nimmt de unter dem Begriff rumänische Tänze laufen, in der Hoffnung, dass das einen trotz alledem der Musik die eigentlich sucht näherbringt. Und je weiter man vom Ursprung weg ist desto schwerer wird es eben auch brauchbare Quellen und "Vorlagen" zu finden um an der Musik weiterzuarbeiten. Das ist ungefähr s, wie wenn du in Hamburg Schifahren lernen willst - das geht - aber du wirst nie die technischen Feinheiten draufkriegen, wie wenn du in den Alpen aufgewachsen bist. Und trotzdem kann man damit sehr viel Spaß haben.
 
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Ich bin sehr erfreut daß sich so viele an der Diskussion über die " Rumänische Volkstänze" von Béla Bartôk beteiligen, mit ihren verschiedenen Ansätzen und Inspirationen. Primär war zwar wirklich mein Problem daß ich "nur" klären wollte daß das "Arrangement" von Anzellotti mit einem MII nicht spielbar ist. Das war ja schnell geklärt. Doch das Näher-eingehen auf die rumänische Volksmusik, da ich ja eindeutig mein Interesse daran bekundet habe, finde ich nicht als Abschweifen vom Thema und bin dankbar dafür, speziell für Boris Tips und Links.
Ich werde mich in Muße damit beschäftigen.
Doch irgendwie wurde mehrfach darauf hingewiesen daß Bartôks "Rumänische Tänze" nicht viel mit rumänischer Volksmusik zu tun haben.
Mit dieser Aussage tue ich mich widerum erstmal, auch ohne jetzt direkt klar das Gegenteil beweisen zu können da ich mich damit nicht intensiv genug beschäftigt habe, schwer.
Ich frage mich ob ihr dem Bartôk da nicht unrecht tut.
Klar gab es in der "klassischen Musik" einige Kompositionen die vorgaukelten aus fremden Ländern zu stammen oder so tun sollten als ob sie den Musikstil fremder Länder darstellen würden, so wie: türkischer Marsch oder die Entführung aus dem Serail von Mozart, Aida von Verdi, Madam Butterfly von Puccini. Bei den Ungarischen Tänzen von Brahms scheint mir das aber schon etwas anders zu liegen, da wohl Brahms die Themen zeitgenössischer ungarischer Folklore als Vorlage benutzte.
Aber zurück zu Bartôk, da liegt das doch irgendwie gänzlich anders. Er war zusammen mit Zoltán Kodály einer der ersten Musikethnologen überhaupt, die beide großflächig in Ungarn und Rumämien (und auch anderen Ländern) die alten Volkslieder, -Tänze und - Weisen festhielten und aufnahmen, zu einem großen Teil sogar mit dem Phonographen. Den dritten Band der Ethnomusikologischen Schriften ( III, Rumänische Volkslieder aus dem Komitat Bihar) als Faksimile Nachdruck von Bartóks Privatausgabe mit noch nachträglich von ihm angefügten handschriftlichen Präzisierungen besitze ich und kann nur feststellen daß er extrem akribisch, auch gerade die Verzierungen, festgehalten hat. Er hat extra rumänisch gelernt um auch die Liedtexte richtig einordnen (Rumänien war zu der Zeit Anfang des 20. Jhdts ein Teil Ungarns - rumänische Freunde würden sagen ungarisch besetzt) und festhalten zu können und man sagt ihm nach daß er ein extrem feinfühliges Gehör hatte und kleinste Nuancen heraushören konnte. Seine musikethnologischen Studien wurden von der Academia Româna gedruckt und seine Spesen bezahlt.
Bei den 6 kleinen kurzen "Rumänische Tänze" von Bartôk sind jedem Stück angeführt aus welchem Ort/Gegend sie stammen. Auch wenn ich bisher noch nicht eines seiner 6 Stücke genau einem dieser im Rahmen der großflächigen musikethnologischen Studien in Rumänien aufgezeichneten und notierten Stücke zuordnen konnte, gehe ich davon aus daß es eindeutige Vorlagen für diese 6 "Rumänische Volkstänze" gab.
So intensiv er sich mit der rumänischen Volksmusik beschäftigte und bestrebt war diese so exakt wie möglich festzuhalten, erscheint es mir sehr unwahrscheinlich daß er hier "Fakes" komponierte, nur grob von rumänischer Volksmusik inspiriert.
Auch die Art der Stücke, in der Urfassung ganz einfach und klar nur für Klavier geschrieben, also nicht orchestriert und auf beeindruckende Wirkung eines Konzertpublikums hin arrangiert, lässt mich doch eher verstehen daß er bei diesen Stücken wirklich versuchte ganz bestimmte originale rumänische Lieder/Tänze, welche er bei seinen Studien kennenlernte, so einem breiteren Publikum nahezubringen. Daher in Noten fürs Klavier gefasst, weil dieses Instrument weit verbreitet eigentlich zu dieser Zeit überall verfügbar war. Natürlich wurden rumänische Volkslieder und Tänze originär nie auf einem Klavier gespielt, das ist kein Volks-Instrument.
Da wären wir beim Akkordeon, denn auch dieses ist ein recht junges Instrument so daß doch kar ist daß jahrhunderte alte Volkslieder und Tänze nichts mit einem Akkordeon zu tun haben.
Es wurden die Verzierungen und die Spielweise rumänischer/moldawischer Akkordeonspieler angesprochen und daß diese Art des Spielens nur duch intensives Beschäftigen vor Ort oder zumindest durch Beibringen lassen erlernt werden könne.
Dem stimme ich uneingeschränkt bei. In jedem der "Balkanländer", wobei man das ruhig auch größer auslegen könnte, gibt es Eigenheiten und Abarten der Verzierungen die typisch sind und den dortigen Stil prägen.
Vor ein paar Jahren hatte ich ein Video entdeckt in welchem ein Akkordeonist aus der Region an einem Stück demonstriert (um nicht zu sagen sich darüber lustig machte) wie sich die Interpretationsstile der Balkanregionen unterscheiden. Er spielte das gleiche Stück auf "kroatisch", "slowenisch", "serbisch", auf die "bulgarische Art" etc. .
Doch zum einen hängt die Art der Verzierungen stark vom Instrument ab auf welchem ein Lied gespielt wird zum anderen vom Können des Musikanten, zum Dritten von der Region und aber genauso auch vom Zeitgeschmack.
Und wie gesagt handelt es sich beim Akkordeon nicht um ein altes traditionelles Volksinstrument wie irgendwelche Hirtenflöten oder einfache Streichinstrumente wie die Gusle etc.. Das Akkordeon generell, und erst recht in seiner jetzigen Form, ist ein junges Kind. Und selbst wenn es schon seit vielleicht grob 130 Jahren in der Region gespielt wird stellt sich die Frage wie es früher auf Volksfesten gespielt wurde.
Alan Bern hat vor ein paar Jahren versucht der Musiktradition des Klezmers in Bessarabien (heute Moldawien), dem Land seiner Vorfahren, zu erforschen. Da gibt es eine sehr aufschlußreiche und interessante DVD von (The other europeans)
http://www.theothereuropeans.eu/
Alan war dabei auf der Suche nach dem autentischen Klang und es stellte sich heraus daß die heutigen Musiker der Region, selbst wenn sie die alten Lieder und Tänze noch kannten/spielten, sie in einer Art spielten die nicht der früheren entprach. Es kam ganz klar dabei heraus daß heutige Instrumentalisten im Balkan (natürlich pauschalisiert und wenn sie ihr Instrument beherrschen) eine extrem starke Tendenz haben immer schneller zu spielen und durch Unmengen an Verzierungen ihre Virtuosität demonstrieren wollen. Man kann diese Tendenz in den dortigen Musik-Fernsehshows die zum Großteil abschreckend sind und m.E. nichts mit der Volkslied/Tanz traditionen der Länder zu tun hat (aber das ist hier in D mit dem Musikantenstadl ja nicht anders) leicht erruieren. Mir scheint oft die Musik und der musikalische Ausdruck auf der Strecke zu bleiben.
Bemerkenswerte Ausnahme ist da Merima Kljuco, die vieles in einem viel langsameren Tempo spielt als ihre "Kollegen" und es liegt beileibe nicht an ihrem Unvermögen. Manchmal zeigt sie daß auch sie es "à la mode" kann.
Also die Frage, was ist die richtige Interpretation eines alten rumänischen Volksliedes/tanzes welches seit Jahrhunderten tradiert wurde auf einem Instrument welches kein traditionelles altes rumänisches Instrument ist und welches auch im Laufe seiner Verbreitung in der Gegend in den letzten 130 Jahren spieltechnisch großen Wandlungen unterworfen war, ist doch eher nicht zu beantworten. Früher war der Großteil der Lautari ein Wochenendsmusiker der auf Festen (oft zusammen mit Klezmorim in einer Gruppe) zum Tanz/Fest aufspielte, und gar nicht in der Lage war sehr virtuos zu spielen, auch schon daher weil man die Woche über händisch arbeiten mußte. Auch insofern ist die heutige virtuose Art der Verzierung keine Tradition.
Schon bei den "klassischen" Kompositionen von "Kunstmusikalischen" Werken tue ich mich schwer einzusehen mich genau an Vorgaben zu halten, denn ich bin der Interpret und ich nehme mir einfach gewisse Freiheiten an der sich meine Klavierlehrerin zwar ergötzte aber viele "Musikkritiker warscheinlich als Anmaßung empfunden hätten. Umso eher steht dieses Recht m.M. nach einem zu wenn man volkstradierte Musik interpretiert. Ich will gar nicht so spielen wie ein rumänischer heutiger Akkordeonist, ich will so spielen wie ich fühle daß es zu dieser Musik passt. Natürlich alles im Rahmen , aus einem 11/8 Kopanica darf kein Walzer entstehen dann wäre die Essenz verdorben.
Ich lasse mich gerne von anderen inspirieren und übernehme sicherlich auch bewußt oder unbewußt einiges was ich durch zuhören verinnerliche , und da Boris sagst Du wirklich wesentliches: schärfe lieber dein Gehör als auf Noten zu vertrauen.!!!

Falls jemand Näheres zu den Vorlagen Bartóks zu den "Rumänischen Volkstänzen" kennt möge er es gerne kundtun.

Einen großen Dank an Alle die sich hier beteiligten,

liebe Grüße,
Roland

Nachtrag:
Hier gibt's noch einiges an Infos über die "Rumänischen Tänze" von Béla Bartók auf englisch:

https://en.wikipedia.org/wiki/Romanian_Folk_Dances
 
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Ohne auch nur ein Fünkchen Information zu haben von denen @cantulia hier schreibt, empfinde ich das alles aus Bartoks Musik heraus genauso.
Es ist sehr urtümlich geblieben. Es "stinkt" noch nach Pferdemist, es duftet nach Wiesen und Rauch.
Und wenn man etwas reduzieren soll an der Musik, dann würde ich eher Bartoks "Verkopftheit" eindampfen und das Ursprüngliche erhalten.
Bei Anzellotti ist (ohne es geprüft zu haben) wahrscheinlich jede Bartoksche Nuance erhalten geblieben.
 
@cantulia

Vielen Dank für den ausführlichen Beitrag. Ich gebe dir in sehr vielen Dingen recht, du scheinst dich gut in dieser Musikwelt auszukennen.

Die ursprüngliche Volksmusik der Balkanländer war natürlich vor 100-150 Jahren wesentlich primitiver als heute, das stimmt auf jeden Fall. Wer alte Vorkriegsaufnahmen mal gehört hat, weiß wovon ich rede.
Es gab viel weniger Verzierungen, das Tempo war noch wesentlich langsamer und der (neuzeitliche) orientalische Einfluss geringer, sehr gut möglich, das hier noch mehr Ähnlichkeit mit Bartoks Stücken besteht. Das ist heute anders, ich gebe dir auch hier recht, ich mag persönlich dieses wetteifern um das schnellste und virtuoseste Spiel zwischen den Balkan-Akkordeonisten(nicht nur die) auch nicht, da bleibt tatsächlich viel Gefühl auf der Strecke, stattdessen gibt's Noten im irren Tempo wie aus dem Maschinengewehr und billige MIDI-Synthiebegleitung(besonders gerne in Serbien). Hier hat sich für mich persönlich herauskristallisiert, dass mir die Musik aus Bessarabien(Moldawien) am meisten zusagt, da hier trotz Virtuosität und Tempo, die Melodie und das zu transportierende Gefühl im Vordergrund stehen, kann aber auch einfach daran liegen, dass ich aus dieser Gegend komme.

Zu den Verzierungen fällt mir noch ein, dass diese oft auf wesentlich älteren Mustern basieren. Man versucht mit den "modernen" Instrumenten wie Akkordeon, charakteristische Merkmale der älteren traditionellen Instrumente nachzubilden. In Rumänien ist das z.B. das typische trabende oder galoppierende Begleitmuster auf dem Akkordeon dass sich an das Zymbal anlehnt. In Bulgarien versucht man mit der Klarinette(und zum Teil mit dem Akkordeon) den Gajda/Dudelsack nachzuahmen usw., meistens ist es den Musikern gar nicht bewusst.

The other europeans kenne ich, ein interessanter Film und die Musik dazu ist auch unterhaltsam da dort Musiker aus unterschiedlichen Musiktraditionen(Bulgarien, Ungarn, Moldawien, USA...) am Ende bessarabische/klezmer-stücke spielen die ich in anderen landestypischen Arrangements kenne. Die amerikanischen Teilnehmer fallen dabei meiner Meinung nach deutlich ab, man merkt dass sie nicht mit dieser Musik aufgewachsen sind, sondern sie sich angeeignet haben bzw. sich am amerikanischen Klezmer orientieren, der Anfang des 20. Jhdt. aufkam.
 

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