Perfektionswahn in der Musik - wie seht ihr das?

  • Ersteller Kasper666
  • Erstellt am
Tiny Desk ist ja mal richtig krass nackig (akustisch...) :eek: :D :great:
 
Tiny Desk ist ja mal richtig krass nackig (akustisch...) :eek: :D :great:
Nicht immer akustische (siehe z.B. Suzanne Vega), aber notwendigerweise sehr stripped down und damit durchaus "revealing" ... denn (1) ist es interessant, wer sich da "hintraut" (und wer nicht), und (2) ist es auch spannend, wie die dann so an- und rüberkommen. Erinnert mich ein bisschen an das Zauberhafte der ersten paar MTV Unplugged Sachen damals.
 
Nicht immer akustische (siehe z.B. Suzanne Vega), aber notwendigerweise sehr stripped down und damit durchaus "revealing" ... denn (1) ist es interessant, wer sich da "hintraut" (und wer nicht), und (2) ist es auch spannend, wie die dann so an- und rüberkommen. Erinnert mich ein bisschen an das Zauberhafte der ersten paar MTV Unplugged Sachen damals.


Stimme Dir/Euch da absolut zu und NPR Tiny Desk Konzerte sind auch immer wieder eine Qualitätsgarantie. Manche Sachen erscheinen nochmal in einem ganz anderen Licht.

Hier zwei gute Beispiele für nicht (ganz) akustische Shows bei NPR Tiny Desk, die aber auch jeweils richtig gut sein können:


The Black Angels ... wenn sich eine Psychedelic Rock Band traut auf so vieles zu verzichten, Hut ab!


... und Kruanghbin, die ja sowieso schon recht reduziert sind, aber gerade das macht eben bei diesen Acts ja generell viel aus.


... jetzt will ich aber auch nochmal was von Austin Lucas einwerfen ;) :







Sorry, ... das waren evtl. ein paar Videos zu viel ... aber irgendwie ging es nicht anders.

Meiner Meinung nach braucht es da eben auch nicht mehr als die Musik, keine künstliche Perfektion, keine glänzende Plastikverpackung, keinen Glitzer, Rauch und Lichteffekte. Das ist alles mehr als genug, ziemlich basal und absolut gut. Bei den bisher genannten Beispielen spricht die Musik eben für sich. Die Frage ist eben, ob all die GLitzeracts auch im kleinen intimen Rahmen bestehen könnten. ... ich glaube bei vielen ist das nicht der Fall.
 
Wenn ich zu einem Konzert gehe und wenn ein Künstler für seine Arbeit bezahlt wird, dann erwarte ich mir TOP Leistung.

Ich halte diese Konsumentenhaltung für ziemlich daneben. Kein Künstler stellt sich auf die Bühne und liefert vorsätzlich eine schlechte Vorstellung ab. Im Gegenteil, man versucht doch immer, das Beste überhaupt zu geben es kommt aber möglicherweise nicht immer das Beste dabei raus. Tagesform, schlechte Umstände, persönliche Querelen, Fußpilz, whatever... bewirken vielleicht, daß egal wie sehr sich der Künstler bemüht, trotzdem nicht eine TOP Leistung dabei herauskommt.

Sich dann hinzustellen und Leistung einzufordern halte ich mindestens für geschmacklos.

Da sieht man auch, daß die Anfangsthese des Perfektionswahns leider stimmt. Kunst ist aber nicht etwas, das man maschinell perfekt auf Knopfdruck abliefern kann. Wenn alles gut zusammenpaßt, dann gibt es manchmal diese magischen Momente - aber die sind selten. Umso mehr sollte man sich darüber freuen, wenn man so einen Moment miterlebt, das kann man gar nicht mit einem Eintrittspreis aufwiegen.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Sich dann hinzustellen und Leistung einzufordern halte ich mindestens für geschmacklos.
du hast offensichtlich die Begründung für den oben von dir zitierten Satz nicht gelesen... und kehrst die ursprüngliche Aussage geradezu in's Gegenteil um. Grotesk politische Polemik :eek: :D
 
du hast offensichtlich die Begründung für den oben von dir zitierten Satz nicht gelesen... und kehrst die ursprüngliche Aussage geradezu in's Gegenteil um. Grotesk politische Polemik :eek: :D

doch, habe ich & kann dir auch nicht folgen. :weird:
 
Hier mal ein besserer Vergleich zum ersten Video:

 
...nicht nur die, sondern allgemein. Hat u.a. einen Abschluss in „Guitar Performance“ vom Berklee College of Music.

Noch so Beispiele für Vollprofis finden sich in den „Tiny Desk Concerts“ beispielsweise...


Als heimlicher Swiftie würde ich mir mal so ein Album von ihr wünschen. Ohne das bombastisch Aufgeblasene drumrum. Am besten so eins wie ihr Debutalbum :D Nur mal als Erwachsene mit Texten ohne Teenagerprobleme.

Ein weiteres Beispiel für Perfektionswahn in einer anderen Richtung ist das seit Jahren erwartete Album von Limp Bizkit, das seit 2012 in der Mache ist.
Wenn eine Band bzw in dem Fall der Sänger so unglaublich vernarrt ist, das Ding perfekt zu machen, dann nenne ich das ebenfalls Wahn.

Nebenbei, in dem Thread wurde DSDS genannt.. Ernsthaft? Weiterkommen nur ein paar gute Sänger und ein paar arme Schweine di eins Drehbuch passen.
 
(...) Ich bezahle und will dafür Qualität und nicht Gestümpere - da kann ich gegen eine kleine Spende zu einer Schulband gehen und kriege von denen wenigstens das Beste, was sie geben können, und Spaß!

Wenn Du ins Konzert oder in die Oper gehst, bekommst Du immer Qualität - Du bekommst für Dein Geld die Möglichkeit, den Künstler bei seiner Arbeit direkt zu erleben, und dazu gehören auch Fehler und Patzer, weil Menschen Lebewesen sind, die sich mit jedem Atemzug verändern; sie sind im Fluß, und diese Veränderung beeinflußt auch ihre augenblickliche Leistung.

Mit einem Handwerker schließt Du einen Vertrag über die zu erbringende Leistung ab; die Leistung ist klar definiert und ihre Qualität genormt (Material, Maße, Funktionalität). Haut der Handwerker daneben, kann/muß er (laut Vertrag) auf seine eigenen Kosten nachbessern. Bei einem Künstler ist es anders.

Die Leistung eines (sorgfältig vorbereiteten) Künstlers ist nicht zu jedem Augenblick gleich, auch wenn er immer sein Bestes gibt. Bei der Aufnahme einer CD kann man Fehler korrigieren - nochmal einsingen oder mit Reglern die Lautstärke anpassen (in der Tontechnik kenne ich mich nicht aus; ich meine eine tontechnische Nacharbeitung). Doch in einem Konzert bzw. in der Oper kann der Künstler seinen nicht ganz optimalen Ton nicht korrigieren, er muß weitersingen u/o -spielen. Soll nun Tristan nach seinem unglücklichen Ton anhalten und zum Dirigenten rufen: "Das muß ich jetzt aber nachbessern, gehen Sie bitte zurück zum Takt 318 ...".

Nein, ein Künstler kann während einer Vorstellung nicht nachbessern; er ärgert sich über seinen Fehler, weil er weiß, daß er das besser kann (in der letzten Probe lief alles super), und er kann nur hoffen, daß die Besucher Menschen sind, die Fehler verzeihen und zu seiner nächste Vorstellung wiederkommen.

Gruß, Bert
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Die Frage ist eben, ob all die GLitzeracts auch im kleinen intimen Rahmen bestehen könnten. ... ich glaube bei vielen ist das nicht der Fall.
Das hat man sich ja schon in den 90ern gefragt, deshalb MTV unplugged.
Ich glaub eher die Mehrzahl der "Großen" der Pop-Acts kann live, ohne viel Gedöns, überzeugen. Die haben ja alle nicht auf den großen Bühnen angefangen, sondern schon im Kindesalter.
Die derzeit größten Pop-Acts sind imho T.Swift (die kann es, wie weiter vorn zu sehen),

Rihanna begann in einer Schülerband und kann zweifelsfrei Singen, ob sie ein Instrument spielt weiß ich nicht:



Beyonce braucht kein Melodyne,



und Katy Perry hat auch in nem Chor angefangen.

 
Vielleicht liegt die ganze Kritik an einer nicht 100%igen Performance einfach daran, dass wir vergessen, das "Stars" auch nur Menschen sind und auch mal einen schei** Tag haben können.

Top-Profi Fussballer haben mal einen schlechten Tag, wo sie neben den Ball treten.
Formel 1 Fahrer setzen ihr Auto in die Leitplanke.
Ozzy vergisst den Text von Paranoid.
NOBODY ist 100% perfekt und liefert immer voll ab.

Was soll`s, das ist eben LIVE.
Es stellt sich immer die Frage: "Will ich Perfektion wie von CD oder will ich Realismus, Atmosphäre und das ganze Feeling drumrum.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Also wenn ich in ein (Profi)-Konzert gehe, dann erwarte ich als Basisdienstleitung 100% handwerkliche Perfektion. Keine vergeigten Anfänge, vergessene Texte oder Breaks, kein Scheisssound. Wenn ein musikalische Experiment mal in die Hose geht, ok, das gehört dazu. Aber Grundanforderung an einen Profi ist die Anforderung wie an jeder anderen Profi (sei es Handwerker, Arzt oder Schuster).

Anders sieht es natürlich bei Konzerten von Hobbybands aus...
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 3 Benutzer
Also wenn ich in ein (Profi)-Konzert gehe, dann erwarte ich als Basisdienstleitung 100% handwerkliche Perfektion.
100% ist unrealistisch, egal ob in der "U"- oder in der "E"-Musik. 100% handwerkliche Perfektion bekommst du auch beim Handwerker nicht und du selbst wirst sie auch nicht liefern können. Ich bin jedenfalls auch immer mit mir selbst nie zu 100% zufrieden, egal, welches ich Lob ich von anderen zugeworfen bekomme. - Ich erwarte aber eine solide handwerkliche Leistung, bei der ich nicht überlegen muss, ob sie Glücksfall ist.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Nunja, was ich erwarte und dann letzt endlich bekomme, ist eben nicht ganz Deckungsgleich. Trotzdem verlange ich von Profis, dass diese Ihr Handwerk beherrschen. Der Chirurg sagt auch nicht: Uppps, falschen Bein, naja kann ja mal passieren...
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Der Chirurg sagt auch nicht: Uppps, falschen Bein, naja kann ja mal passieren...
Doch, das passiert eben auch, wenngleich selten. Nun ist die handwerkliche Wahrscheinlichkeit, nach einer intensiven Vorbereitung auf die Operation das falsche Bein auszusuchen, wahrscheinlich deutlich geringer, als einen Einsatz mit dem Horn nicht 100%ig hinzubekommen.
Vergleiche es lieber mit einer nicht 100%igen Naht beim Chirurgen, einer nicht gestellten Frage beim Allgemeinmediziner, ...
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Falsches Bein amputiert? Passiert aber eben doch - siehe oben.
Es gibt den Unterschied zwischen Plan und Ist, Soll und Haben, Idee und Auführung etc. ja nicht zu Unrecht und nicht nur aus Jux und Dollerei.

Was anderes ist es, wenn ich über die Motivation oder die Haltung spreche. Dann besteht der Anspruch, das Beste zu geben, imho zu Recht. Allerdings heißt das auch vollkommen zu Recht: Optimum und nicht Perfektion. Optimum bezeichnet, das unter den gegebenen Umständen Beste zu geben. Das kann ein gebrauchter Tag sein, das kann ein schwerer Regen bei einem Open Air sein, das kann ein kurzfristig engagierter Ersatzdrummer bei einem Live-Gig sein ... aber dazu komme ich später.
Perfektion beschreibt eine Idealvorstellung, die man anstreben, aber höchst selten erreichen kann: die perfekte Welle ist nicht planbar.

Was planbar ist, ist Handwerk und ablieferbare Leistung. Was planbar ist, ist eine gute Vorbereitung, Logistik, ein gutes Team, Management, die zeitgerechte Bereitstellung von Equipment, einen guten soundcheck etc.
Sowas erwartet man zu Recht von Pink Floyd den Stones, Musicals und was einem noch weiteres im professionellen Bereich der Musikdarbietungen gegen gutes Geld angeboten und zumeist auch geliefert wird. Und wenn es da Mängel zu beklagen gibt, geht es um die Differenz zwischen Versprechen/Angebot und Ergebnis/Leistungserbringung - ein normaler und keineswegs ungewöhnlicher marktwirtschaftlicher Vorgang und kein genuin künstlerischer.

Wenn es nämlich um Kunst geht im Sinne eines schöpferischen Vorgangs (und nicht um das Abliefern einer Dienstleistung) sieht es ein klein wenig anders aus - und hier sind wir bei dem "dazu später":
Wenn Keith Jarret einen Konzertabend mit improvisierter Klaviermusik ankündigt, kann man immer noch davon ausgehen, dass Bühne, Akustik, Bestuhlung etc. dem Erwartbaren zu einem bestimmten Preis entsprechen.

Was man nicht erwarten kann, ist, dass im Kölner Konzert das wieder gegeben wird, was auf Platte, CD oder einem anderen Konzert genau so schon mal zu hören war. Ein Hörer, der sich darüber beschweren möchte, ist einfach nur absurd.

Zu diesem schöpferischen Vorgang gehört das nicht Planbare und es erfordert die Haltung des Sich-Einlassens - auf Seiten der Kunstschaffenden wie auf Seiten des Publikums.
Das wiederum ermöglicht auch Sternstunden, Unwiederbringliches, Einmaliges. Wie eben das Köln-Konzert von Keith Jarret. Bei dem sogar eine Panne - es war nicht der von ihm geforderte Flügel vor Ort, sondern ein anderer - fast dazu geführt hat, dass das Konzert abgesagt wurde. Und hätte Keith Jarret auf Perfektion bestanden, hätte es auch nicht stattgefunden.
Aber er hat sich mit dem Optimum begnügt und aus dieser Haltung ist etwas Großartiges und Einzigartiges entstanden.

Bezeichnenderweise gehen dabei übrigens die Meinungen durchaus auseinander - was auch darauf verweist, dass anders als bei reproduzierenden Leistungen, wo es ein Original als Bezugspunkt gibt, es bei schöpferischen Leistung diesen eben nicht gibt, weshalb der eine ein und das selbe Konzert sehr gut und ein andererdas gleiche Konzert nicht so gut finden kann - und diese Differenz auch zwischen Publikum und Künstler auftreten kann. Eine Entsprechung finden wir bei Interpretationen: bei gleicher handwerklicher Qualität, bei gleichen guten Bedingungen und gleicher Motivation etc. kann das Ergebnis bei gleich hoher Qualität sehr unterschiedlich sein - und das ist kein Mangel, sondern Ausdruck einer schöpferischen Leistung.

x-Riff
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 8 Benutzer
@x-Riff ...warum kann man hier keine Kekse geben?
Ich habe dem nichts hinzuzufügen.
Super auf den Punkt gebracht. :great::great::great:
 
Ich kann meinem Vorredner nur zustimmen, bravo!:great:
 
Es stellt sich immer die Frage: "Will ich Perfektion wie von CD oder will ich Realismus, Atmosphäre und das ganze Feeling drumrum.
Es ließe sich auf fragen, ob "Perfektion wie von CD" oder eine andere Form von Perfektion gewünscht ist. Oder um es noch deutlicher zu fragen: Soll es "Perfektion wie von CD" oder "Perfektion wie von CD" sein?

Hintergrund: Ich habe mal in einem Radiointerview mit einem Künstler, dessen neue CD gerade rauskam, erfahren, dass es zwei verschiedene Versionen gab: Eine fürs Radio, wo bestimmte Vorgaben in Bezug auf die Dynamik erfüllt werden mussten, und eine fürs Publikum. Beide Versionen können die Erwartungen der Leute formen, die ggf. viel Geld für Konzertkarten ausgeben... und beide sind (rein technisch und handwerklich) "perfekt".

Natürlich werden auch noch andere Erwartungen und/oder Hoffnungen eine große Rolle spielen, und die von Leuten, die sich etwas intensiver mit Musik beschäftigen und vielleicht dieselben Instrumente spielen wie die, die auf der Bühne zum Einsatz kommen, sind möglicherweise nicht repräsentativ :nix:
 
Der Chirurg sagt auch nicht: Uppps, falschen Bein, naja kann ja mal passieren...

Ein paar versemmelte Töne mit einem schweren ärztlichen, nicht mehr reparablen Fehler zu vergleichen ist schon ziemlich daneben...................:bad:
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben