escarbian
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DSM Humboldt Electronics - Simplifier / Zero Watt Amplifier & Stereo CabSim
Vorgeschichte:
In unserer Zeit, in der kaum noch jemand große und schwere Röhren-Amps und Cabinets durch die Gegend schleppen will, kommen neben den Modeler-Amps wie Kemper, Axe-Fx und Helix zunehmend auch noch kleinere und leichtere Lösungen auf den Markt, die man sogar auf dem Pedal-Board unterbringen kann. Letztere sind aufgrund ihrer Flexibilität und einfachen Einbindung ins Setup besonders für Studio-Anwendungen, Home-Recording oder Home-Practicing sehr interessant. Nachdem ich mich schon eine Weile über das neue Strymon Iridium informiert hatte, kam ein neues Amp-Pedal auf den Markt, welches mich aufgrund seiner vielfältigeren Anschlußmöglichkeiten und Features inklusive Stereo-Sound noch mehr interessierte, der DSM Humboldt Electronics Simplifier. Neben der weißen Version für Gitarre gibt es auch noch eine schwarze Version für Bass. Es handelt sich nach Angaben des Herstellers um einen vollständig analogen (!) "Zero Watt" Amplifier mit Cab-Simulationen ("3 classic PREAMP, full featured POWERAMP simulator + Stereo CABSIM"). Der Simplifier zählt also nicht zu der Kategorie der oben genannten Modeling-Amps. Das Pedal ist eine Kollaboration der chilenischen Pedal-Companies DSM Noisemaker und Humboldt Electronics.
Nach einiger Lieferzeit bei Bestellung über einen niederländischen Shop auf Reverb.com ist der weiße Simplifier nun seit einigen Wochen auf meinem Wohnzimmer-Pedalboard und ich möchte über erste Erfahrungen berichten.
Details und Ausstattung:
Der DSM Simplifier wird in einer schicken schwarzen bedruckten Box mit Magnetverschluß geliefert. Netzteil und gedrucktes Manual sind nicht Bestandteil des Lieferumfangs, letzteres kann jedoch über die Hersteller-Webseite per PDF erhalten werden. Auf 17 Seiten wird alles Wichtige auch bildlich sehr gut verständlich veranschaulicht. Das Pedal ist für seinen Leistungsumfang und die ganzen Anschlüsse fast schon klein und zierlich und findet problemlos auf dem Pedalboard seinen Platz. Lediglich über die Positionierung der vielen Anschlußkabel muss man sich Gedanken machen hinsichtlich Steckerdurchmesser und Winkelung. Die Verarbeitung des in Chile handgefertigten Pedals ist hervorragend.
Im Prinzip ist der DSM Simplifier von den Bedienelementen her erstmal aufgebaut wie ein "normaler" Amp. Rechts finden sich zwei Regler für Volume und Gain des Preamps. Dazwischen kann man mit einem Kippschalter aus drei Voicings auswählen: AC Brit (Vox AC30), American (Fender Blackface) und MS Brit (Marshall Plexi). Darunter befinden sich drei kleine Potis für den Dreiband-EQ Treble/Mid/Bass. Links der Preamp-Sektion sind die Regler für die 0-Watt "Endstufe", welche die Interaktionen von Endstufen-Röhren, Ausgangsübertrager und Speaker-Feedback emulieren soll. Unter den beiden Reglern für Presence (Hi-Mid) und Resonance (Low-End) kann man per Kippschalter die Auswahl der "Endstufen-Röhren-Sounds" aus 6L6, EL34 und KT88 treffen. Auf der linken Seite finden sich dann die Einstellungen für die Cab-Simulationen. Man kann kanalgetrennt zwischen 1x12, 2x12 und 4x12 auswählen. Darüber hat man die Option, die Mikrofon-Position kanalgetrennt zwischen Off-Axis und Center stufenlos zu regulieren. Auf der rechten Seite des Gehäuses findet sich noch ein Kippschalter für Spread On/Off, um eine Dual-Cab-Aufstellung zu emulieren.
Nun zu den Anschlüssen: an der Front befinden sich 6,3 mm Klinkenbuchsen für Input, der Mono-Send der Fx-Loop, sowie der Left & Right(Mono)-Return der Fx-Loop. Links davon zwei 3,5 mm Klinkenbuchsen für Aux-In und den Kopfhörer-Ausgang, welcher mit daneben befindlichem Dreh-Poti in der Lautstärke reguliert wird. Auf der Rückseite befinden sich links zwei XLR-Buchsen für Stereo-Ausgang für beispielsweise Audio-Interface, FRFR-Boxen oder PA-Anlage. Ein kleiner Switch stellt hier ein Ground-Lift zur Verfügung. Auf der rechten Seite sind zwei 6,3 mm Klinken-Ausgänge, die ebenfalls als Stereo-Ausgang genutzt werden können, oder auch als Mono-Ausgang für einen weiteren Amplifier oder Re-Amping.
Mit jeweils einem kleinen Switch pro Ausgang kann man hierfür u.a. den Ausgang auf Mono-Summensignal stellen, oder auch eine "Thru"-Option wählen. Dabei wählt der dem rechten Klinken-Ausgang zugeordnete Schalter zwischen OUT R (re. Kanal, wie XLR-R-Out) oder Out Mono-Summensignal. Der dem linken Klinkenausgang zugehörige Schalter wählt zwischen OUT L oder THRU, welches einem kompletten Bypass des Simplifier entspricht. Bei dieser THRU-Option hat man also die Möglichkeit, über die beiden XLR-Ausgänge Stereo in ein Audio-Interface oder eine PA-Anlage zu gehen, dazu über den rechten Klinkenausgang mit ebenfalls komplettem Simplifier-Signal in eine weitere FRFR-Aktivbox oder Monitor und ZUSÄTZLICH das am Input des Simplifier anliegende Signal (dann aber auch ohne die Fx-Loop des Simplifer) in einen weiteren Amplifier geben zu können, oder für Re-Amping zu nutzen.
Größe: 115 x 65 x 55 mm (B x T x H):
Gewicht: 430 g
Stromversorgung: 9V DC (center negative)
Stromaufnahme: 80 mA
Bilder:
Und so ist der Simplifier derzeit zentral in meinem Board integriert:
Das Signal geht von der Gitarre in den Quartermaster Switcher/Looper. Der Simplifier befindet sich mit dem "Always-On" Chase Tone Secret Preamp in Loop 8.
Meris PolyMoon (Delay) und Mercury 7 (Reverb) sind in der Stereo-Fx-Loop des Simplifier eingebunden.
Über die XLR-Ausgänge geht der Sound weiter in Stereo zum HiFi-Amp meiner CD-Anlage.
Bedienung und Klang:
Das vielleicht Wichtigste vorab: der Simplifier macht seinem Namen alle Ehre und ist spielend leicht und intuitiv zu bedienen. Einstöpseln, ein paar Einstellungen, und man hat richtig guten Sound. Zu meinen Beschreibungen möchte ich anmerken, daß ich den Simplifier nur auf dem Peadlboard im Wohnzimmer nutze, also so bis "gehobene Zimmerlautstärke" (mit Smartphone-App gemessen meist zwischen 70-85 dB). Musikbereich ist hauptsächlich cleaner Amp mit diversen Effekt-Pedalen für Ambient-Sounds und Looping. Delay und Reverb befinden sich hier als Stereo-Effekte in der Fx-Loop des Simplifier.
Ich spiele den Simplifier inzwischen hauptsächlich über die XLR-Ausgänge mit der Cab-Sim in meine CD-Audio-Anlage (ASR Emitter II HD mit Acapella Monostatos Boxen), um auch in den Genuß der Stereo-Effekte meiner Meris-Pedale (Mercury 7 und PolyMoon) kommen zu können. Der HiFi-Amp sollte allerdings schon etwas Power-Reserven haben, denn er wird ja nicht mit einem Line-Pegel gefüttert. Besonders der Stereo-Sound aus dem PolyMoon und dem Mercury 7 gibt dem Ganzen beeindruckend Raum und Fülle im Vergleich zu Mono.
Dazu mal ein kurzes, simples Ambient-Soundfile. Man möge mit die schlechte Qualität nachsehen. Es wurde nur schnell im Wohnzimmer mit Smartphone aufgenommen.
https://soundcloud.com/user-383256950/simplifier-test-file
Ich kann aber auch aus dem rechten Klinkenausgang mit dem Mono-Summensignal (Switch auf "SUM MONO", inklusive der Simplifier-Fx-Loop) in den FX-Return meines (noch vorhandenen) Mesa Express Röhren-Amps gehen und dessen Endstufe nutzen. Dabei fehlt mir dann aber der faszinierende Stereo-Effekt der Meris Pedale, auf den ich immer weniger gern verzichten möchte.
Für eher klassische Sounds gehe ich aus der linken Klinkenbuchse (Switch auf "THRU") direkt in den Mesa Express. Also im Prinzip vom Pedalboard in den Amp mit dem Simplifier im Bypass. Dabei fehlen natürlich die Modulationseffekte der Simplifier Fx-Loop.
Darüber hinaus kann ich auch recht einfach das komplette Board mit ins Musik-Zimmer nehmen und über die dort stehenden Laney IRT-X (FRFR-Aktiv) spielen.
Und wenn es mal ganz leise sein muss, nehme ich den Kopfhörer-Ausgang, der ebenfalls einen guten Stereo-Klang hat. Die eigene Lautstärke-Regelung des Kopfhörer-Ausgangs ist dabei sehr hilfreich. Insgesamt muss ich muss sagen, daß aufgrund des überzeugenden Sounds des Simplifier der Röhren-Amp nur noch ganz selten zum Einsatz kommt, seitdem der Simplifier auf dem Board ist. Die Verwendungsmöglichkeiten sind also sehr vielseitig.
Mein für die Ambient-Sounds bevorzugter Preamp am Simplifier ist dabei "American" mit der 2x12 CabSim, da er als cleane Basis für die Pedale die beste Grundlage bietet.
Die Preamp-Settings kommen ihren Vorbildern, soweit ich das beurteilen kann, klanglich schon nahe, wobei es lange her ist, daß ich einen Vox (AC15) gespielt habe, und einen richtigen Marshall Plexi hatte ich nie. Das müßten andere Nutzer dann auch erstmal für sich bei höherer Lautstärke, oder im Bandkontext, beurteilen. Die drei Voicings sind unterschiedlich laut, das heißt: "MS Brit" deutlich lauter als "AC Brit", welcher ein wenig lauter als "American" ist. Das kann man dann mit dem Volume nach Wunsch anpassen. Übliche 70er Jahre Sounds bekommt man mit MS Brit und höherem Gain sicher sehr gut hin, für Metal-Sounds benötigt der Simplifier aber entsprechende vorgeschaltete Pedale.
Mit dem EQ und den Reglern für Presence und Resonance kann man sich seinen Wunsch-Sound sehr gut fein einstellen. Die unterschiedlichen Endstufen-Röhren-Optionen machen sich in meinem genutzten Lautstärke-Bereich zwar hörbar, aber noch nicht sehr stark bemerkbar. Das soll wohl erst bei höheren Lautstärken zum tragen kommen. Die Cab-Sims passen zu ihren dazugehörigen Preamp-Voicings recht gut, wobei man auch schon mal ungewohnte Kombinationen oder unterschiedliche Cab-Sims je Kanal ausprobieren kann. Die 4x12 hat dabei ein gutes Bass-Fundament. Die Mic-Position für die Cabs ist von eher dunkel bei "Off-Axis" bis zu heller bei "Center" gut hörbar und auch kanalgetrennt stufenlos einstellbar.
Der seitlich angebrachte Spread-Switch soll durch kanalgetrennte Phasenverschiebung bestimmter Frequenzen einen Pseudo-Stereo-Effekt mit räumlicherem Klang erzeugen. Das macht sich natürlich insbesondere im Mono-Betrieb bemerkbar. Das Signal wird dabei etwas lauter mit minimal mehr Gain und erhält hörbar mehr Transparenz und Räumlichkeit. Es klingt insgesamt besser, von daher ist bei mir der Switch eigentlich dauerhaft auf ON.
Ein weiterer Pluspunkt ist für mich, daß der Simplifier über alle Ausgänge sehr rauscharm ist, sofern man das Gain im "MS Brit"-Preamp nicht voll aufdreht. Erwähnen möchte ich noch, daß beim Umschalten der Preamps und der Cabinets manchmal ein Knack-Geräusch auftritt, welches wohl dem analogen Charakter der Schaltung zugrunde liegt. Solche Knack-Geräusche habe ich an meinem Röhren-Amp auch.
Als Nachteil wird in einem YouTube-Video angemerkt, daß der Volume-Regler nicht nur die Gesamt-Lautstärke, sondern auch den Send-Fx beeinflußt. Das kann bei bestimmten höheren Einstellungen von Volume und Gain ein Clipping des Fx-Loop Signals bewirken. Laut DSM Humboldt läßt sich das Problem vermeiden, wenn man zunächst das gewünschte Maß an Gain einstellt, und dann das Volume regelt. Zuhause, oder für Home-Recording, spielt das ohnehin keine Rolle, und auf der Bühne sollte das nötige Volume dann eben aus der PA, oder der FRFR-Box kommen.
Für meine diversen Home-Anwendungen ist der Simplifier jedenfalls ein begeisternd gut klingendes und einfach zu bediendendes Tool zu einem sehr attraktiven Preis (wobei die Notwendigkeit einer Endstufe/FRFR-Aktivbox beachtet werden muss). Es verträgt sich exzellent mit Pedalen und läßt sich einfach in ein Pedal-Board integrieren.
Gerade die vielen "Wohnzimmer-Gitarristen" auf der langen Suche nach dem heiligen Gral des auf Bedroom-Level gut klingenden Röhren-Amps sollten dem Simplifier vielleicht mal eine Chance geben. Wenn mir mein Mesa Express nicht so ans Herz gewachsen wäre, könnte ich inzwischen auch gut auf ihn verzichten.
Für den Einsatz auf der Bühne werden manche Anwender sicher die Umschaltung der Preamp-Voicings per Pedal oder MIDI vermissen. Man hat keine Presets, auch keinen USB-Anschluß oder sonstige Verbindungen zur Steuerung oder zum Editieren. Hier kommt eben zum Tragen, daß man es mit einem analogen Gerät zu tun hat. Das muss jeder für sich entscheiden, was ihm da für welchen Zweck wichtig und unverzichtbar ist.
Zur Frage, ob nun das Simplifier oder das Iridium besser ist, gibt es erwartungsgenäß sehr unterschiedliche Auffassungen und inzwischen auch einige direkte Vergleichs-Videos (siehe weiter unten im Ergänzungs-Post). Der klangliche Vergleich zum Strymon Iridium fehlt mir leider, sodaß ich dazu nichts beitragen kann. Für meine Anwendungen vermisse ich jedoch weder klanglich noch funktionell irgendetwas und bin einfach hundertprozentig mit der kleinen Wunderkiste zufrieden.
Soundbeispiele auf YouTube:
DSM Noisemaker
Humboldt Electronics
Andertons Music Co
Brett Kingman
https://youtu.be/nByJbzj_1z8
Pete Thorn
https://youtu.be/2GW1V-sBUAM
Worship Tutorials
https://youtu.be/QCKb6Lx4LR8
Pro:
Contra:
Preis (Stand 09/2020)
309,-- bis 328,-- Euro in ausgewählten deutschen Shops (meist mit Lieferzeit)
Link zur Hersteller-Webseite:
https://www.simplifieramp.com/
Manual zum Download:
https://www.simplifieramp.com/simplifier-manual
Alternativen:
Fazit:
Wer zuhause, oder in welchem Einsatzbereich auch immer, eine gute Abhör-Anlage zur Verfügung hat, sei es Audio-Interface mit Studio-Monitoren, FRFR-Box(en), hochwertiger Audio-HiFi-Verstärker, Kopfhörer, oder für Bühne PA-Anlage, der findet im analog aufgebauten DSM Simplifier eine preiswerte Kleinformat-Lösung mit tollem Klang für die gebräuchlichsten Brot- und Butter-Sounds. Wer Hi-Gain oder Metal-Sound will, braucht entsprechende Pedale davor, oder einen anderen Amp. Die einfache und übersichtliche Bedienbarkeit des Pedals ist ein großer Vorteil, gerade auch im Vergleich zu den sehr komplexen Modeling-Amps.
Der DSM Simplifier teilt sich derzeit die Marktnische mit dem Strymon Iridium, welches aufgrund der Produktionskapazität von Strymon im Gegensatz zum Simplifier immer lieferbar ist. Aufgrund der vielfältigen Anschlüsse und der Stereo-Ausgabe einschließlich Stereo-Fx-Loop hat der Simplifier für meine Heimanwendungen allerdings die Nase vorn.
Conflicts of Interest: keine (ich habe das Pedal selbst gekauft und bekomme auch sonst keine Zuwendungen für dieses Review)
Vielen Dank für's Lesen.
Fragen und Anmerkungen sind gerne willkommen.
Vielleicht steuert ja demnächst mal ein Anwender aus dem Musiker-Board seine Bühnen-/PA-Erfahrungen mit dem Simplifier bei, oder auch Ansichten zum Vergleich mit dem Strymon Iridium.
Gruß, Helmut
Vorgeschichte:
In unserer Zeit, in der kaum noch jemand große und schwere Röhren-Amps und Cabinets durch die Gegend schleppen will, kommen neben den Modeler-Amps wie Kemper, Axe-Fx und Helix zunehmend auch noch kleinere und leichtere Lösungen auf den Markt, die man sogar auf dem Pedal-Board unterbringen kann. Letztere sind aufgrund ihrer Flexibilität und einfachen Einbindung ins Setup besonders für Studio-Anwendungen, Home-Recording oder Home-Practicing sehr interessant. Nachdem ich mich schon eine Weile über das neue Strymon Iridium informiert hatte, kam ein neues Amp-Pedal auf den Markt, welches mich aufgrund seiner vielfältigeren Anschlußmöglichkeiten und Features inklusive Stereo-Sound noch mehr interessierte, der DSM Humboldt Electronics Simplifier. Neben der weißen Version für Gitarre gibt es auch noch eine schwarze Version für Bass. Es handelt sich nach Angaben des Herstellers um einen vollständig analogen (!) "Zero Watt" Amplifier mit Cab-Simulationen ("3 classic PREAMP, full featured POWERAMP simulator + Stereo CABSIM"). Der Simplifier zählt also nicht zu der Kategorie der oben genannten Modeling-Amps. Das Pedal ist eine Kollaboration der chilenischen Pedal-Companies DSM Noisemaker und Humboldt Electronics.
Nach einiger Lieferzeit bei Bestellung über einen niederländischen Shop auf Reverb.com ist der weiße Simplifier nun seit einigen Wochen auf meinem Wohnzimmer-Pedalboard und ich möchte über erste Erfahrungen berichten.
Details und Ausstattung:
Der DSM Simplifier wird in einer schicken schwarzen bedruckten Box mit Magnetverschluß geliefert. Netzteil und gedrucktes Manual sind nicht Bestandteil des Lieferumfangs, letzteres kann jedoch über die Hersteller-Webseite per PDF erhalten werden. Auf 17 Seiten wird alles Wichtige auch bildlich sehr gut verständlich veranschaulicht. Das Pedal ist für seinen Leistungsumfang und die ganzen Anschlüsse fast schon klein und zierlich und findet problemlos auf dem Pedalboard seinen Platz. Lediglich über die Positionierung der vielen Anschlußkabel muss man sich Gedanken machen hinsichtlich Steckerdurchmesser und Winkelung. Die Verarbeitung des in Chile handgefertigten Pedals ist hervorragend.
Im Prinzip ist der DSM Simplifier von den Bedienelementen her erstmal aufgebaut wie ein "normaler" Amp. Rechts finden sich zwei Regler für Volume und Gain des Preamps. Dazwischen kann man mit einem Kippschalter aus drei Voicings auswählen: AC Brit (Vox AC30), American (Fender Blackface) und MS Brit (Marshall Plexi). Darunter befinden sich drei kleine Potis für den Dreiband-EQ Treble/Mid/Bass. Links der Preamp-Sektion sind die Regler für die 0-Watt "Endstufe", welche die Interaktionen von Endstufen-Röhren, Ausgangsübertrager und Speaker-Feedback emulieren soll. Unter den beiden Reglern für Presence (Hi-Mid) und Resonance (Low-End) kann man per Kippschalter die Auswahl der "Endstufen-Röhren-Sounds" aus 6L6, EL34 und KT88 treffen. Auf der linken Seite finden sich dann die Einstellungen für die Cab-Simulationen. Man kann kanalgetrennt zwischen 1x12, 2x12 und 4x12 auswählen. Darüber hat man die Option, die Mikrofon-Position kanalgetrennt zwischen Off-Axis und Center stufenlos zu regulieren. Auf der rechten Seite des Gehäuses findet sich noch ein Kippschalter für Spread On/Off, um eine Dual-Cab-Aufstellung zu emulieren.
Nun zu den Anschlüssen: an der Front befinden sich 6,3 mm Klinkenbuchsen für Input, der Mono-Send der Fx-Loop, sowie der Left & Right(Mono)-Return der Fx-Loop. Links davon zwei 3,5 mm Klinkenbuchsen für Aux-In und den Kopfhörer-Ausgang, welcher mit daneben befindlichem Dreh-Poti in der Lautstärke reguliert wird. Auf der Rückseite befinden sich links zwei XLR-Buchsen für Stereo-Ausgang für beispielsweise Audio-Interface, FRFR-Boxen oder PA-Anlage. Ein kleiner Switch stellt hier ein Ground-Lift zur Verfügung. Auf der rechten Seite sind zwei 6,3 mm Klinken-Ausgänge, die ebenfalls als Stereo-Ausgang genutzt werden können, oder auch als Mono-Ausgang für einen weiteren Amplifier oder Re-Amping.
Mit jeweils einem kleinen Switch pro Ausgang kann man hierfür u.a. den Ausgang auf Mono-Summensignal stellen, oder auch eine "Thru"-Option wählen. Dabei wählt der dem rechten Klinken-Ausgang zugeordnete Schalter zwischen OUT R (re. Kanal, wie XLR-R-Out) oder Out Mono-Summensignal. Der dem linken Klinkenausgang zugehörige Schalter wählt zwischen OUT L oder THRU, welches einem kompletten Bypass des Simplifier entspricht. Bei dieser THRU-Option hat man also die Möglichkeit, über die beiden XLR-Ausgänge Stereo in ein Audio-Interface oder eine PA-Anlage zu gehen, dazu über den rechten Klinkenausgang mit ebenfalls komplettem Simplifier-Signal in eine weitere FRFR-Aktivbox oder Monitor und ZUSÄTZLICH das am Input des Simplifier anliegende Signal (dann aber auch ohne die Fx-Loop des Simplifer) in einen weiteren Amplifier geben zu können, oder für Re-Amping zu nutzen.
Größe: 115 x 65 x 55 mm (B x T x H):
Gewicht: 430 g
Stromversorgung: 9V DC (center negative)
Stromaufnahme: 80 mA
Bilder:
Und so ist der Simplifier derzeit zentral in meinem Board integriert:
Das Signal geht von der Gitarre in den Quartermaster Switcher/Looper. Der Simplifier befindet sich mit dem "Always-On" Chase Tone Secret Preamp in Loop 8.
Meris PolyMoon (Delay) und Mercury 7 (Reverb) sind in der Stereo-Fx-Loop des Simplifier eingebunden.
Über die XLR-Ausgänge geht der Sound weiter in Stereo zum HiFi-Amp meiner CD-Anlage.
Bedienung und Klang:
Das vielleicht Wichtigste vorab: der Simplifier macht seinem Namen alle Ehre und ist spielend leicht und intuitiv zu bedienen. Einstöpseln, ein paar Einstellungen, und man hat richtig guten Sound. Zu meinen Beschreibungen möchte ich anmerken, daß ich den Simplifier nur auf dem Peadlboard im Wohnzimmer nutze, also so bis "gehobene Zimmerlautstärke" (mit Smartphone-App gemessen meist zwischen 70-85 dB). Musikbereich ist hauptsächlich cleaner Amp mit diversen Effekt-Pedalen für Ambient-Sounds und Looping. Delay und Reverb befinden sich hier als Stereo-Effekte in der Fx-Loop des Simplifier.
Ich spiele den Simplifier inzwischen hauptsächlich über die XLR-Ausgänge mit der Cab-Sim in meine CD-Audio-Anlage (ASR Emitter II HD mit Acapella Monostatos Boxen), um auch in den Genuß der Stereo-Effekte meiner Meris-Pedale (Mercury 7 und PolyMoon) kommen zu können. Der HiFi-Amp sollte allerdings schon etwas Power-Reserven haben, denn er wird ja nicht mit einem Line-Pegel gefüttert. Besonders der Stereo-Sound aus dem PolyMoon und dem Mercury 7 gibt dem Ganzen beeindruckend Raum und Fülle im Vergleich zu Mono.
Dazu mal ein kurzes, simples Ambient-Soundfile. Man möge mit die schlechte Qualität nachsehen. Es wurde nur schnell im Wohnzimmer mit Smartphone aufgenommen.
https://soundcloud.com/user-383256950/simplifier-test-file
Ich kann aber auch aus dem rechten Klinkenausgang mit dem Mono-Summensignal (Switch auf "SUM MONO", inklusive der Simplifier-Fx-Loop) in den FX-Return meines (noch vorhandenen) Mesa Express Röhren-Amps gehen und dessen Endstufe nutzen. Dabei fehlt mir dann aber der faszinierende Stereo-Effekt der Meris Pedale, auf den ich immer weniger gern verzichten möchte.
Für eher klassische Sounds gehe ich aus der linken Klinkenbuchse (Switch auf "THRU") direkt in den Mesa Express. Also im Prinzip vom Pedalboard in den Amp mit dem Simplifier im Bypass. Dabei fehlen natürlich die Modulationseffekte der Simplifier Fx-Loop.
Darüber hinaus kann ich auch recht einfach das komplette Board mit ins Musik-Zimmer nehmen und über die dort stehenden Laney IRT-X (FRFR-Aktiv) spielen.
Und wenn es mal ganz leise sein muss, nehme ich den Kopfhörer-Ausgang, der ebenfalls einen guten Stereo-Klang hat. Die eigene Lautstärke-Regelung des Kopfhörer-Ausgangs ist dabei sehr hilfreich. Insgesamt muss ich muss sagen, daß aufgrund des überzeugenden Sounds des Simplifier der Röhren-Amp nur noch ganz selten zum Einsatz kommt, seitdem der Simplifier auf dem Board ist. Die Verwendungsmöglichkeiten sind also sehr vielseitig.
Mein für die Ambient-Sounds bevorzugter Preamp am Simplifier ist dabei "American" mit der 2x12 CabSim, da er als cleane Basis für die Pedale die beste Grundlage bietet.
Die Preamp-Settings kommen ihren Vorbildern, soweit ich das beurteilen kann, klanglich schon nahe, wobei es lange her ist, daß ich einen Vox (AC15) gespielt habe, und einen richtigen Marshall Plexi hatte ich nie. Das müßten andere Nutzer dann auch erstmal für sich bei höherer Lautstärke, oder im Bandkontext, beurteilen. Die drei Voicings sind unterschiedlich laut, das heißt: "MS Brit" deutlich lauter als "AC Brit", welcher ein wenig lauter als "American" ist. Das kann man dann mit dem Volume nach Wunsch anpassen. Übliche 70er Jahre Sounds bekommt man mit MS Brit und höherem Gain sicher sehr gut hin, für Metal-Sounds benötigt der Simplifier aber entsprechende vorgeschaltete Pedale.
Mit dem EQ und den Reglern für Presence und Resonance kann man sich seinen Wunsch-Sound sehr gut fein einstellen. Die unterschiedlichen Endstufen-Röhren-Optionen machen sich in meinem genutzten Lautstärke-Bereich zwar hörbar, aber noch nicht sehr stark bemerkbar. Das soll wohl erst bei höheren Lautstärken zum tragen kommen. Die Cab-Sims passen zu ihren dazugehörigen Preamp-Voicings recht gut, wobei man auch schon mal ungewohnte Kombinationen oder unterschiedliche Cab-Sims je Kanal ausprobieren kann. Die 4x12 hat dabei ein gutes Bass-Fundament. Die Mic-Position für die Cabs ist von eher dunkel bei "Off-Axis" bis zu heller bei "Center" gut hörbar und auch kanalgetrennt stufenlos einstellbar.
Der seitlich angebrachte Spread-Switch soll durch kanalgetrennte Phasenverschiebung bestimmter Frequenzen einen Pseudo-Stereo-Effekt mit räumlicherem Klang erzeugen. Das macht sich natürlich insbesondere im Mono-Betrieb bemerkbar. Das Signal wird dabei etwas lauter mit minimal mehr Gain und erhält hörbar mehr Transparenz und Räumlichkeit. Es klingt insgesamt besser, von daher ist bei mir der Switch eigentlich dauerhaft auf ON.
Ein weiterer Pluspunkt ist für mich, daß der Simplifier über alle Ausgänge sehr rauscharm ist, sofern man das Gain im "MS Brit"-Preamp nicht voll aufdreht. Erwähnen möchte ich noch, daß beim Umschalten der Preamps und der Cabinets manchmal ein Knack-Geräusch auftritt, welches wohl dem analogen Charakter der Schaltung zugrunde liegt. Solche Knack-Geräusche habe ich an meinem Röhren-Amp auch.
Als Nachteil wird in einem YouTube-Video angemerkt, daß der Volume-Regler nicht nur die Gesamt-Lautstärke, sondern auch den Send-Fx beeinflußt. Das kann bei bestimmten höheren Einstellungen von Volume und Gain ein Clipping des Fx-Loop Signals bewirken. Laut DSM Humboldt läßt sich das Problem vermeiden, wenn man zunächst das gewünschte Maß an Gain einstellt, und dann das Volume regelt. Zuhause, oder für Home-Recording, spielt das ohnehin keine Rolle, und auf der Bühne sollte das nötige Volume dann eben aus der PA, oder der FRFR-Box kommen.
Für meine diversen Home-Anwendungen ist der Simplifier jedenfalls ein begeisternd gut klingendes und einfach zu bediendendes Tool zu einem sehr attraktiven Preis (wobei die Notwendigkeit einer Endstufe/FRFR-Aktivbox beachtet werden muss). Es verträgt sich exzellent mit Pedalen und läßt sich einfach in ein Pedal-Board integrieren.
Gerade die vielen "Wohnzimmer-Gitarristen" auf der langen Suche nach dem heiligen Gral des auf Bedroom-Level gut klingenden Röhren-Amps sollten dem Simplifier vielleicht mal eine Chance geben. Wenn mir mein Mesa Express nicht so ans Herz gewachsen wäre, könnte ich inzwischen auch gut auf ihn verzichten.
Für den Einsatz auf der Bühne werden manche Anwender sicher die Umschaltung der Preamp-Voicings per Pedal oder MIDI vermissen. Man hat keine Presets, auch keinen USB-Anschluß oder sonstige Verbindungen zur Steuerung oder zum Editieren. Hier kommt eben zum Tragen, daß man es mit einem analogen Gerät zu tun hat. Das muss jeder für sich entscheiden, was ihm da für welchen Zweck wichtig und unverzichtbar ist.
Zur Frage, ob nun das Simplifier oder das Iridium besser ist, gibt es erwartungsgenäß sehr unterschiedliche Auffassungen und inzwischen auch einige direkte Vergleichs-Videos (siehe weiter unten im Ergänzungs-Post). Der klangliche Vergleich zum Strymon Iridium fehlt mir leider, sodaß ich dazu nichts beitragen kann. Für meine Anwendungen vermisse ich jedoch weder klanglich noch funktionell irgendetwas und bin einfach hundertprozentig mit der kleinen Wunderkiste zufrieden.
Soundbeispiele auf YouTube:
DSM Noisemaker
Humboldt Electronics
Andertons Music Co
Brett Kingman
https://youtu.be/nByJbzj_1z8
Pete Thorn
https://youtu.be/2GW1V-sBUAM
Worship Tutorials
https://youtu.be/QCKb6Lx4LR8
Pro:
- sehr guter, rauscharmer Klang dreier klassischer Amp-Sounds (Vox, Fender, Marshall)
- exzellente Verarbeitung
- Stereo-Out und Stereo Fx-Loop
- umfangreiche Anschlußmöglichkeiten
- Aux-In
- regelbarer Kopfhörer-Ausgang
- einfache Bedienung
- kleine Abmessungen, geringes Gewicht
- sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
Contra:
- (noch?) beschränkte Verfügbarkeit
- (keine Presets, keine MIDI-Steuerung, z.B. für Bühne)
Preis (Stand 09/2020)
309,-- bis 328,-- Euro in ausgewählten deutschen Shops (meist mit Lieferzeit)
Link zur Hersteller-Webseite:
https://www.simplifieramp.com/
Manual zum Download:
https://www.simplifieramp.com/simplifier-manual
Alternativen:
- Strymon Iridium
- NUX Solid Studio IR & Power Amp Simulator
- Atomic Ampli-Firebox
- BluGuitar Amp1 (Mercury oder Iridium) (hat die Endstufe mit drin!)
Fazit:
Wer zuhause, oder in welchem Einsatzbereich auch immer, eine gute Abhör-Anlage zur Verfügung hat, sei es Audio-Interface mit Studio-Monitoren, FRFR-Box(en), hochwertiger Audio-HiFi-Verstärker, Kopfhörer, oder für Bühne PA-Anlage, der findet im analog aufgebauten DSM Simplifier eine preiswerte Kleinformat-Lösung mit tollem Klang für die gebräuchlichsten Brot- und Butter-Sounds. Wer Hi-Gain oder Metal-Sound will, braucht entsprechende Pedale davor, oder einen anderen Amp. Die einfache und übersichtliche Bedienbarkeit des Pedals ist ein großer Vorteil, gerade auch im Vergleich zu den sehr komplexen Modeling-Amps.
Der DSM Simplifier teilt sich derzeit die Marktnische mit dem Strymon Iridium, welches aufgrund der Produktionskapazität von Strymon im Gegensatz zum Simplifier immer lieferbar ist. Aufgrund der vielfältigen Anschlüsse und der Stereo-Ausgabe einschließlich Stereo-Fx-Loop hat der Simplifier für meine Heimanwendungen allerdings die Nase vorn.
Conflicts of Interest: keine (ich habe das Pedal selbst gekauft und bekomme auch sonst keine Zuwendungen für dieses Review)
Vielen Dank für's Lesen.
Fragen und Anmerkungen sind gerne willkommen.
Vielleicht steuert ja demnächst mal ein Anwender aus dem Musiker-Board seine Bühnen-/PA-Erfahrungen mit dem Simplifier bei, oder auch Ansichten zum Vergleich mit dem Strymon Iridium.
Gruß, Helmut
- Eigenschaft
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