Stratomano
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Seitdem ich meine geliebte Fender Custom Shop 1960 Stratocaster in olympic white wegen einer musikalischen Schaffenskrise 2008 verkauft hatte, trauerte ich ihr immer hinterher.
Sie war gut, sehr gut. Aber eigentlich wollte ich genau diese Gitarre in einer anderen Farbe: Burgundy Mist.
Und plötzlich gab es ein Angebot im Internet. Da habe ich nicht mehr lange gefackelt und nun ist sie da:
Kurze Geschichte über den Custom Shop
Schon lange vor dem „Custom Shop“ baute Fender auf speziellen Kundenwunsch Gitarren nach deren Vorgaben. Aber die waren für „normale Musiker“ kaum zugänglich. Bekannte Gitarristen hatten da wesentlich weniger Hürden zu überwinden.
Anfang der 80er Jahre kam der Gedanke, einen „Custom Shop“ aufzubauen. CBS hatte jedoch andere Probleme und kein Interesse daran. Die leitenden Akteure bei Fender (nicht CBS) hatten nur all zu gut mitbekommen, dass Fender auf der „Strasse“ an Boden verlor, hauptsächlich wegen der mangelnden Qualität und weil man auf neue Strömungen und Bedürfnisse der Musiker nicht schnell genug einging.
Ein CBS Manager erläuterte damals in einem Interview, dass Fender schlechte Erfahrungen mit Custom Instrumente gemacht hatte und deshalb der Schwerpunkt auf den Brot-und-Butter Instrumenten bleiben würde. Sehr Kurzsichtig!
Gitarrenbauer wurden bei Fender damals nach Quantität bezahlt. 1981 gab es 6 Gitarrenbauer und jeder musste mindestens 50 Gitarren/Tag bauen, damit er bezahlt wurde. Wenn er mehr schaffte, wurde höher bezahlt. Die Qualität der Gitarren ließ teilweise sehr zu wünschen übrig (lt. Dan Smith, damals seit August 1981 Leiter der Qualiltätskontrolle, hatten 98% der in einer Stichprobe von über 800 untersuchten Gitarren Qualitätsmängel !!). Groteske Ausrutscher wie eine Sunburst Gitarre auf der unter dem durchscheinenden Lack mit schwarzem Stift ein Kreis gemalt war mit der Aufschrift, „Astloch, nicht für Sunburst" zeigten das erhebliche Problem von Fender.
Nachdem 1985 CBS Fender an eine Investorengruppe unter Leitung des damaligen Fenderpräsidenten William „Bill“ Schultz verkaufte, wuchs der schlummernde Gedanke „Custom Shop“ zu einem festen Vorhaben, welches dann 1987 umgesetzt wurde.
John Page, seit 1978 bei Fender, und George Blanda sollten den Custom Shop aufbauen.
Problem: John Page hatte 1986 gekündigt und George Blanda machte Karriere als Senior Projektentwickler in der Forschung- und Technikabteilung.
Somit verhandelte Dan Smith mit Michael Stevens, einem texanischen Gitarrenbauer, den Custom Shop aufzubauen.
Ende 1986 war Page pleite und rief bei Fender an. Page kam zurück zu Fender und gründete mit Michael Stevens den Custom Shop. Sie sind für viele bekannte Modelle wie das Eric Clapton-, Robert Cray- oder Danny Gatton-Modell verantwortlich.
Stevens baute als erster eine Set-Neck-Gitarre für Fender, bei der auf dem Headstock erstmalig in der Fendergeschichte der Name des Gitarrenbauers und auf der Rückseite das alte Fender Custom Shop-Logo prangerte: Das LJ-Modell (Larry Jameson).
Heute eine gesuchte Gitarre, sehr Les Paul-like mit Binding, Stoptail und Humbucker. Es wurden nur 30-40 gebaut. Preise liegen bei 10.000 Euro (z.B. Guitar Point).
Stevens verließ Fender 1990 wieder um seinen eigenen Shop inTexas zu gründen. Somit wurde John Page der Chef des Custom Shops.
Der Custom Shop startete ursprünglich als kleiner Schuppen mit gerade mal 80qm und 2 Mitarbeitern neben dem Fender Gebäude. Schnell wurde klar, dass der Custom Shop eine wichtige Rolle für Fender spielen würde. In wenigen Monaten, nachdem man eigentlich mit 5-6 Gitarren/Monat gerechnet hatte, schoßen die Bestellungen in die Hunderte.
Der Rest ist Geschichte. Mehr Gitarrenbauer wurden benötigt, John Page war nicht nur Chef des CS (er verließ den Custom Shop Ende 1998), sondern auch der R&D-Abteilung, was dazu führte, dass man die Kundenwünsche, die an den Custom Shop herangetragen wurden, sehr schnell auch in die regulären Fenderproduktionen einbringen konnte. Man hatte sozusagen ein Ohr am Puls der Zeit und konnte bis runter zu den Basismodellen sehr schnell auf den sich verändernden Markt reagieren.
1995
1995, das Jahr in dem die hier vorgestellte Gitarre gebaut wurde, hatte der CS bereits 50 Angestellte (Masterbuilder, spezialisierte Fachkräfte und Lehrlinge).
Die Masters damals waren:
Zu den hochspezialisierten, ich nenne es mal „Partsbuildern“ gehörte u.a. auch Herbie Gastelum, der für sehr viele Hälse des Custom Shops verantwortlich ist.
Im November 2017 ging der seit 1961 bei Fender angestellte „King of feel“ nach 56 Jahren Fenderzugehörigkeit in Rente. Die „letzten 40 Jahre“ war er für die Hälse bei Fender zuständig. Viele Masterbuilder haben bei ihm gelernt.
Auch bei der hier vorgestellten Gitarre hat er den Hals gemacht. Laut Plek-Messung (Bigfoot Guitars) überraschenderweise ein Compound Radius von 9,5 auf 12, was damals nicht üblich war. Im Interview sagte Herb mal, „es ist wichtig den Hals in der Hand zu haben. Mit modernen Geräten kann man alles 1:1 kopieren, aber nicht das Feeling.“
Die Produktion der Gitarren war limitiert auf ca. 12 - 22 / Tag, insgesamt um 5000 Gitarren/Jahr, davon 400-500/Jahr als Einzelanfertigungen.
Konfus wurde es in den 90ern durch die unüberschaubare Menge an Gitarrenmodellen, welche alle den Namen Fender trugen: US made, Custom Shop, Japan-made, Mexico-made und Squire Korea. Über 40 verschiedene Modelle mit z.Teil überlappende Namen. Zum Beispiel gab es Mitte der 90er Jahre auch eine U.S. Standard als American Standard limited edition mit matching headstock, ähnlich den Gitarren aus dem Custom Shop.
Custom Shop regular guitars
Der Custom Shop produzierte neben „Art“-Gitarren, Einzelanfertigungen und Limited Editions (das erste Model war die „Homer Haynes Limited Edition (HLE) Stratocaster)“ auch reguläre Gitarren. Mitte der 90er Jahre gehörten dazu:
Einige Gitarren gingen nach der Entwicklung in die reguläre Serienproduktion von Fender über wie die „Stevie Ray Vaughan“ oder die „Eric Clapton“ Somit sind diese Gitarren im Custom Shop entwickelt und designed, manchmal auch anfänglich produziert, schließlich aber kostengünstiger in die Fenderproduktion übergegangen.
Die „Team-Built“ Custom Classics blieben Custom Shop Gitarren, darunter auch diese 1960 Stratocaster.
„Team-Built“ bedeutet nicht mindere Qualität. Nachdem die Master-Builder in aller Munde sind, wird die Team-Built etwas Stiefmütterlich behandelt. Aber eine Team-Built kann durchaus ein Vorteil sein, da spezialisierte Gitarrenbauer ihren Part, den sie TOP beherrschen, einer Gitarre hinzufügen.
Viele bekannte Gitarren sind Team-Builts wie die
„Schultz-o-Caster“
„Aloha Stratocaster“
„Playboy 40th Anniversary Strat“
„Custom Shop 40th Anniversary Stratocaster Diamond Dealer Edition“
„Waylon Jennings Tribute“
oder die sagenhafte
„First Breath“ Stratocaster (siehe unten):
1960 Stratocaster Custom Shop with matching headstock in Burgundy Mist Metallic (1992 - 1999)
(Part.-No. 010-6000-866)
Interessanterweise tauchen diese Gitarren in „Gruhn‘s Guide to Vintage Guitars“ nicht korrekt auf (3. Auflage, Seite 102: „1960 Stratocaster........color: u.a. auch „black“ => gab es lt. Fender Katalog nicht. Gebaut von 1997-1999 => stimmt nicht).
Dort gibt es auch noch die „`60 Stratocaster“, wie im Fenderkatalog beschrieben, aber bei Gruhn handelt es sich um das „Time Machine“ Modell ab 2000.
Im „Price Guide 2020“ des Vintage Guitar Magazine (Seite 107) stehen zwar korrekt die Baujahre, sie wird als „60 Stratocaster“ bezeichnet, vom matching headstock als auffallendes Merkmal wird nichts geschrieben.
Im Fenderkatalog von 1994 steht sie als `60 Stratocaster beschrieben:
Das COA weißt sie allerdings, wie sehr häufig gesehen, als „1960 Stratocaster“ aus. Es gibt auch COAs mit der Bezeichnung „ `60 Stratocaster“
KONFUS !!!
Im Custom Shop Magazin Mitte der 90er Jahre ist sie mit der Bezeichnung „1960 Stratocaster“ beschrieben und im Buch „Fender Custom Shop Guitar Gallery“ taucht sie öfter auf (jeweils in Olympic white).
Der Listenpreis 1994 war 2149,99 USD. Damit war sie gleich teuer wie die Set-Neck Gitarren aus dem Custom Shop und z.B. teurer als die SRV (1429,99 USD), die Robert Cray (1999,99 USD) oder das „Eric Clapton“ Modell (1529,99 USD)
Das waren 1994/1995 weit über 3000,- DM !
Zum Vergleich: Eine reguläre Standard Stratocaster aus US Fertigung lag bei 409,99 USD.
Eine US Vintage Serie 62er Stratocaster lag bei 1329,99 USD, die auf 1954 Stück limitierte 40th Anniversary 54 Stratocaster war gelistet mit 1849,99 USD.
Die 1960 Stratocaster gab es in 3 Ausführungen:
Die Gitarren sind, wenn auch inkonsequent, an eine Stratocaster aus 1960 angelehnt. Einige Specs sind nicht „vintage“ korrekt, wie z.B. die Position der Pickguard-Schraube zwischen Neck und Middle-PU. Aber auch hier gibt es Variationen. Einige 1960 Stratocasters haben die Schraube korrekt gesetzt. Eine Beziehung zur Seriennummern konnte ich nicht erkennen.
Es gibt folgende Seriennummern (Fender Homepage):
Wo sind die Unterschiede?
Ich habe es nicht rausbekommen.
Gut:
R könnte „Relic“ sein, gab es aber bis 1995 noch nicht. Oder vielleicht „Reissue“ (?)
V könnte „Vintage“ sein, aber diese Gitarren unterscheiden sich z. T. äußerlich nicht von den CN-Nummern.
CN könnte „Custom Shop Nineties“ sein…..?
Leider sind die Gitarren nicht so häufig, so dass mir zu wenig Material zur Verfügung steht. Im Internet findet man keine vernünftige Antwort dazu (da steht `ne Menge Quatsch....)
Die Zahl nach den Buchstaben CN ist entweder eine 4 oder eine 5. Die 2. Zahl ist bei den gefundenen Exemplaren bisher immer eine „0“
Bei V-Nummern folgt in der Regel eine 0.
CN-Nummer eines Exemplar von Dez. 1994, Burgundy Mist (BM)
Exemplar von 1998 in BM
Meine „Verflossene“ in olympic white mit V0-Nummer (1993):
Eine Exemplar in SB mit CN40xxxx-Nummer (1995)
Man könnte denken, alle Olympic white sind V0-Nummern.........und heißen eigentlich „`60 Stratocaster“, aber im Fender Custom Shop-Katalog ist die Olympic white als „1960 Stratocaster“ bezeichchet………und CN-Nummern gibt es auch bei den Weißen……
Fender Mix up: business as usual......?
Zurück zu dieser Gitarre:
In der Regel ist das Routing im Body mit Abschirmlack ausgekleidet:
PUs sind 3 Texas Specials, die im Rahmen der SRV Strat entwickelt wurden (Ende der 80er Jahre) und seit der SRV in vielen Gitarren zum Einsatz kommen.
Neck-PU: 5,96 kOhm, Middle-PU: 6,23 kOhm, Bridge-PU: 6,58 kOhm
Der Body ist aus Erle und wurde im April 1994 hergestellt. Was wohl die 62 bedeutet??
Der Maple-Hals mit Indian Rosewood-Fretboard ist von Januar 1994 und wurde von Herbie Gastelum (siehe oben) bearbeitet. Die „3“ steht für das C-Shape mit 9,5 Radius.
Die schwarzen Zeichen kann ich nicht deuten.
Halsbreite am Sattel: 42 mm, am 12. Bund: 52 mm.
Halsdicke am Sattel: 22,4 mm, am 12. Bund: 24,1 mm
Verschraubt ist der Hals mit einer Halteplatte mit Custom Shop Logo. Das Logo auf der Halsplatte habe ich bisher nicht bei den V0-Seriennummern gesehen.
Auf der Rückseite findet man die klassischen Federn ohne geblocktes Tremolo.
Unter Schwarzlicht sind die im Laufe der Jahre eintretenden Verfärbungen des Lacks gut zu erkennen.
Das Custom Shop Logo auf der Rückseite der Kopfplatte ist regelhaft unter dem Klarlack:
Auf der Vorderseite sind die Decals auf dem Klarlack.
Zu guter Letzt:
Gewicht: 3,5 kg
Zum Klang schreibe ich nichts, man ist ja immer subjektiv, nur soviel:
Diese hier wird bleiben. Eine andere 1960 Stratocaster, streng limitierte Ausgabe auf 30 Stück von 1996 habe ich wieder zurück geschickt.
Fazit:
Ich habe immer meiner weißen 1960 Stratocaster von 1993 nachgeweint. Nun habe ich mehr als einen Ersatz gefunden.
Wenn jemand die Gelegenheit bekommt, so ein Exemplar zu erwerben => antesten, es könnte sich lohnen.
Sie war gut, sehr gut. Aber eigentlich wollte ich genau diese Gitarre in einer anderen Farbe: Burgundy Mist.
Und plötzlich gab es ein Angebot im Internet. Da habe ich nicht mehr lange gefackelt und nun ist sie da:
Kurze Geschichte über den Custom Shop
Schon lange vor dem „Custom Shop“ baute Fender auf speziellen Kundenwunsch Gitarren nach deren Vorgaben. Aber die waren für „normale Musiker“ kaum zugänglich. Bekannte Gitarristen hatten da wesentlich weniger Hürden zu überwinden.
Anfang der 80er Jahre kam der Gedanke, einen „Custom Shop“ aufzubauen. CBS hatte jedoch andere Probleme und kein Interesse daran. Die leitenden Akteure bei Fender (nicht CBS) hatten nur all zu gut mitbekommen, dass Fender auf der „Strasse“ an Boden verlor, hauptsächlich wegen der mangelnden Qualität und weil man auf neue Strömungen und Bedürfnisse der Musiker nicht schnell genug einging.
Ein CBS Manager erläuterte damals in einem Interview, dass Fender schlechte Erfahrungen mit Custom Instrumente gemacht hatte und deshalb der Schwerpunkt auf den Brot-und-Butter Instrumenten bleiben würde. Sehr Kurzsichtig!
Gitarrenbauer wurden bei Fender damals nach Quantität bezahlt. 1981 gab es 6 Gitarrenbauer und jeder musste mindestens 50 Gitarren/Tag bauen, damit er bezahlt wurde. Wenn er mehr schaffte, wurde höher bezahlt. Die Qualität der Gitarren ließ teilweise sehr zu wünschen übrig (lt. Dan Smith, damals seit August 1981 Leiter der Qualiltätskontrolle, hatten 98% der in einer Stichprobe von über 800 untersuchten Gitarren Qualitätsmängel !!). Groteske Ausrutscher wie eine Sunburst Gitarre auf der unter dem durchscheinenden Lack mit schwarzem Stift ein Kreis gemalt war mit der Aufschrift, „Astloch, nicht für Sunburst" zeigten das erhebliche Problem von Fender.
Nachdem 1985 CBS Fender an eine Investorengruppe unter Leitung des damaligen Fenderpräsidenten William „Bill“ Schultz verkaufte, wuchs der schlummernde Gedanke „Custom Shop“ zu einem festen Vorhaben, welches dann 1987 umgesetzt wurde.
John Page, seit 1978 bei Fender, und George Blanda sollten den Custom Shop aufbauen.
Problem: John Page hatte 1986 gekündigt und George Blanda machte Karriere als Senior Projektentwickler in der Forschung- und Technikabteilung.
Somit verhandelte Dan Smith mit Michael Stevens, einem texanischen Gitarrenbauer, den Custom Shop aufzubauen.
Ende 1986 war Page pleite und rief bei Fender an. Page kam zurück zu Fender und gründete mit Michael Stevens den Custom Shop. Sie sind für viele bekannte Modelle wie das Eric Clapton-, Robert Cray- oder Danny Gatton-Modell verantwortlich.
Stevens baute als erster eine Set-Neck-Gitarre für Fender, bei der auf dem Headstock erstmalig in der Fendergeschichte der Name des Gitarrenbauers und auf der Rückseite das alte Fender Custom Shop-Logo prangerte: Das LJ-Modell (Larry Jameson).
Heute eine gesuchte Gitarre, sehr Les Paul-like mit Binding, Stoptail und Humbucker. Es wurden nur 30-40 gebaut. Preise liegen bei 10.000 Euro (z.B. Guitar Point).
Stevens verließ Fender 1990 wieder um seinen eigenen Shop inTexas zu gründen. Somit wurde John Page der Chef des Custom Shops.
Der Custom Shop startete ursprünglich als kleiner Schuppen mit gerade mal 80qm und 2 Mitarbeitern neben dem Fender Gebäude. Schnell wurde klar, dass der Custom Shop eine wichtige Rolle für Fender spielen würde. In wenigen Monaten, nachdem man eigentlich mit 5-6 Gitarren/Monat gerechnet hatte, schoßen die Bestellungen in die Hunderte.
Der Rest ist Geschichte. Mehr Gitarrenbauer wurden benötigt, John Page war nicht nur Chef des CS (er verließ den Custom Shop Ende 1998), sondern auch der R&D-Abteilung, was dazu führte, dass man die Kundenwünsche, die an den Custom Shop herangetragen wurden, sehr schnell auch in die regulären Fenderproduktionen einbringen konnte. Man hatte sozusagen ein Ohr am Puls der Zeit und konnte bis runter zu den Basismodellen sehr schnell auf den sich verändernden Markt reagieren.
1995
1995, das Jahr in dem die hier vorgestellte Gitarre gebaut wurde, hatte der CS bereits 50 Angestellte (Masterbuilder, spezialisierte Fachkräfte und Lehrlinge).
Die Masters damals waren:
- J.W. Black (einer der ersten Masterbuilder. Verantwortlich u.a. für die Idee der Relics und maßgeblich an den ersten Relics in Zusammenarbeit mit Vince Cunetto beteiligt. Erstmalig auf der NAMM im Januar 1995 präsentiert).
- Mark Kendrick
- John English
- Fred Stuart
- Alan Hamel
- Gene Baker
- John Suhr
- Stephen Stern
- John Page, wenn er denn Zeit fand
Zu den hochspezialisierten, ich nenne es mal „Partsbuildern“ gehörte u.a. auch Herbie Gastelum, der für sehr viele Hälse des Custom Shops verantwortlich ist.
Im November 2017 ging der seit 1961 bei Fender angestellte „King of feel“ nach 56 Jahren Fenderzugehörigkeit in Rente. Die „letzten 40 Jahre“ war er für die Hälse bei Fender zuständig. Viele Masterbuilder haben bei ihm gelernt.
Auch bei der hier vorgestellten Gitarre hat er den Hals gemacht. Laut Plek-Messung (Bigfoot Guitars) überraschenderweise ein Compound Radius von 9,5 auf 12, was damals nicht üblich war. Im Interview sagte Herb mal, „es ist wichtig den Hals in der Hand zu haben. Mit modernen Geräten kann man alles 1:1 kopieren, aber nicht das Feeling.“
Die Produktion der Gitarren war limitiert auf ca. 12 - 22 / Tag, insgesamt um 5000 Gitarren/Jahr, davon 400-500/Jahr als Einzelanfertigungen.
Konfus wurde es in den 90ern durch die unüberschaubare Menge an Gitarrenmodellen, welche alle den Namen Fender trugen: US made, Custom Shop, Japan-made, Mexico-made und Squire Korea. Über 40 verschiedene Modelle mit z.Teil überlappende Namen. Zum Beispiel gab es Mitte der 90er Jahre auch eine U.S. Standard als American Standard limited edition mit matching headstock, ähnlich den Gitarren aus dem Custom Shop.
Custom Shop regular guitars
Der Custom Shop produzierte neben „Art“-Gitarren, Einzelanfertigungen und Limited Editions (das erste Model war die „Homer Haynes Limited Edition (HLE) Stratocaster)“ auch reguläre Gitarren. Mitte der 90er Jahre gehörten dazu:
- Signature Serie (1988 gab es die ersten beiden Modelle):
- Eric Clapton (1988)
- Yingwie Malmsteen (1988)
- Jeff Beck
- Stevie Ray Vaughan
- Robert Cray
- Richie Samborra
- Dick Dale
- James Burton
- Danny Gatton
- Albert Collins
- Clarence White
- Jerry Donahue
- Robben Ford
- Stuart Ham
- Set Neck Serie
- Set-Neck Floyed Rose Strat
- Set-Neck Stratocaster
- Set-Neck Telecaster
- Set-Neck Telecaster C/A
- Telecoustic Custom
- Custom Classics Serie
- 1954 Stratocaster
- 1960 Stratocaster (gebaut von 1992 - 1999)
- Sparkle Telecaster
- Bajo Sexto Telecaster (24 Bünde!!)
- American Classic Strat
- Vintage Precision Custom Bass
- Lefthand:
- 52 Telecaster
- 57 Stratocaster
- 62 Stratocaster
- 57 Precision Bass
- 62 Jazz Bass
Einige Gitarren gingen nach der Entwicklung in die reguläre Serienproduktion von Fender über wie die „Stevie Ray Vaughan“ oder die „Eric Clapton“ Somit sind diese Gitarren im Custom Shop entwickelt und designed, manchmal auch anfänglich produziert, schließlich aber kostengünstiger in die Fenderproduktion übergegangen.
Die „Team-Built“ Custom Classics blieben Custom Shop Gitarren, darunter auch diese 1960 Stratocaster.
„Team-Built“ bedeutet nicht mindere Qualität. Nachdem die Master-Builder in aller Munde sind, wird die Team-Built etwas Stiefmütterlich behandelt. Aber eine Team-Built kann durchaus ein Vorteil sein, da spezialisierte Gitarrenbauer ihren Part, den sie TOP beherrschen, einer Gitarre hinzufügen.
Viele bekannte Gitarren sind Team-Builts wie die
„Schultz-o-Caster“
„Aloha Stratocaster“
„Playboy 40th Anniversary Strat“
„Custom Shop 40th Anniversary Stratocaster Diamond Dealer Edition“
„Waylon Jennings Tribute“
oder die sagenhafte
„First Breath“ Stratocaster (siehe unten):
1960 Stratocaster Custom Shop with matching headstock in Burgundy Mist Metallic (1992 - 1999)
(Part.-No. 010-6000-866)
Interessanterweise tauchen diese Gitarren in „Gruhn‘s Guide to Vintage Guitars“ nicht korrekt auf (3. Auflage, Seite 102: „1960 Stratocaster........color: u.a. auch „black“ => gab es lt. Fender Katalog nicht. Gebaut von 1997-1999 => stimmt nicht).
Dort gibt es auch noch die „`60 Stratocaster“, wie im Fenderkatalog beschrieben, aber bei Gruhn handelt es sich um das „Time Machine“ Modell ab 2000.
Im „Price Guide 2020“ des Vintage Guitar Magazine (Seite 107) stehen zwar korrekt die Baujahre, sie wird als „60 Stratocaster“ bezeichnet, vom matching headstock als auffallendes Merkmal wird nichts geschrieben.
Im Fenderkatalog von 1994 steht sie als `60 Stratocaster beschrieben:
Das COA weißt sie allerdings, wie sehr häufig gesehen, als „1960 Stratocaster“ aus. Es gibt auch COAs mit der Bezeichnung „ `60 Stratocaster“
KONFUS !!!
Im Custom Shop Magazin Mitte der 90er Jahre ist sie mit der Bezeichnung „1960 Stratocaster“ beschrieben und im Buch „Fender Custom Shop Guitar Gallery“ taucht sie öfter auf (jeweils in Olympic white).
Der Listenpreis 1994 war 2149,99 USD. Damit war sie gleich teuer wie die Set-Neck Gitarren aus dem Custom Shop und z.B. teurer als die SRV (1429,99 USD), die Robert Cray (1999,99 USD) oder das „Eric Clapton“ Modell (1529,99 USD)
Das waren 1994/1995 weit über 3000,- DM !
Zum Vergleich: Eine reguläre Standard Stratocaster aus US Fertigung lag bei 409,99 USD.
Eine US Vintage Serie 62er Stratocaster lag bei 1329,99 USD, die auf 1954 Stück limitierte 40th Anniversary 54 Stratocaster war gelistet mit 1849,99 USD.
Die 1960 Stratocaster gab es in 3 Ausführungen:
- Sunburst (ohne matching headstock)
- Olympic white (Tortoise shell Pickguard, matching headstock)
- Burgundy Mist Metallic (matching headstock)
Die Gitarren sind, wenn auch inkonsequent, an eine Stratocaster aus 1960 angelehnt. Einige Specs sind nicht „vintage“ korrekt, wie z.B. die Position der Pickguard-Schraube zwischen Neck und Middle-PU. Aber auch hier gibt es Variationen. Einige 1960 Stratocasters haben die Schraube korrekt gesetzt. Eine Beziehung zur Seriennummern konnte ich nicht erkennen.
Es gibt folgende Seriennummern (Fender Homepage):
Wo sind die Unterschiede?
Ich habe es nicht rausbekommen.
Gut:
R könnte „Relic“ sein, gab es aber bis 1995 noch nicht. Oder vielleicht „Reissue“ (?)
V könnte „Vintage“ sein, aber diese Gitarren unterscheiden sich z. T. äußerlich nicht von den CN-Nummern.
CN könnte „Custom Shop Nineties“ sein…..?
Leider sind die Gitarren nicht so häufig, so dass mir zu wenig Material zur Verfügung steht. Im Internet findet man keine vernünftige Antwort dazu (da steht `ne Menge Quatsch....)
Die Zahl nach den Buchstaben CN ist entweder eine 4 oder eine 5. Die 2. Zahl ist bei den gefundenen Exemplaren bisher immer eine „0“
Bei V-Nummern folgt in der Regel eine 0.
CN-Nummer eines Exemplar von Dez. 1994, Burgundy Mist (BM)
Exemplar von 1998 in BM
Meine „Verflossene“ in olympic white mit V0-Nummer (1993):
Eine Exemplar in SB mit CN40xxxx-Nummer (1995)
Man könnte denken, alle Olympic white sind V0-Nummern.........und heißen eigentlich „`60 Stratocaster“, aber im Fender Custom Shop-Katalog ist die Olympic white als „1960 Stratocaster“ bezeichchet………und CN-Nummern gibt es auch bei den Weißen……
Fender Mix up: business as usual......?
Zurück zu dieser Gitarre:
In der Regel ist das Routing im Body mit Abschirmlack ausgekleidet:
PUs sind 3 Texas Specials, die im Rahmen der SRV Strat entwickelt wurden (Ende der 80er Jahre) und seit der SRV in vielen Gitarren zum Einsatz kommen.
Neck-PU: 5,96 kOhm, Middle-PU: 6,23 kOhm, Bridge-PU: 6,58 kOhm
Der Body ist aus Erle und wurde im April 1994 hergestellt. Was wohl die 62 bedeutet??
Der Maple-Hals mit Indian Rosewood-Fretboard ist von Januar 1994 und wurde von Herbie Gastelum (siehe oben) bearbeitet. Die „3“ steht für das C-Shape mit 9,5 Radius.
Die schwarzen Zeichen kann ich nicht deuten.
Halsbreite am Sattel: 42 mm, am 12. Bund: 52 mm.
Halsdicke am Sattel: 22,4 mm, am 12. Bund: 24,1 mm
Verschraubt ist der Hals mit einer Halteplatte mit Custom Shop Logo. Das Logo auf der Halsplatte habe ich bisher nicht bei den V0-Seriennummern gesehen.
Auf der Rückseite findet man die klassischen Federn ohne geblocktes Tremolo.
Unter Schwarzlicht sind die im Laufe der Jahre eintretenden Verfärbungen des Lacks gut zu erkennen.
Das Custom Shop Logo auf der Rückseite der Kopfplatte ist regelhaft unter dem Klarlack:
Auf der Vorderseite sind die Decals auf dem Klarlack.
Zu guter Letzt:
Gewicht: 3,5 kg
Zum Klang schreibe ich nichts, man ist ja immer subjektiv, nur soviel:
Diese hier wird bleiben. Eine andere 1960 Stratocaster, streng limitierte Ausgabe auf 30 Stück von 1996 habe ich wieder zurück geschickt.
Fazit:
Ich habe immer meiner weißen 1960 Stratocaster von 1993 nachgeweint. Nun habe ich mehr als einen Ersatz gefunden.
Wenn jemand die Gelegenheit bekommt, so ein Exemplar zu erwerben => antesten, es könnte sich lohnen.
- Eigenschaft