Nachdem ich ja schon was zu meiner Gitarre geschrieben habe wollte ich auch noch mal was ausführlicher zu der von mir aufgebrachten Frage "Amp oder nicht" von meinen Erfahrungen berichten. Ich denke die Frage ist vielleicht für einige anderen Anfänger, Umsteiger und Wiedereinsteiger interessant.
Ausgangslage war dass ich generell eher Computer-affin bin und sowieso meist am Rechner sitze wenn ich spiele oder übe weil ich mit Justin lerne und meist irgendwelche Tabs aufhabe. Zudem haben mich die typischen Modelling-Combos beim antesten im Musikladen nicht wirklich überzeugt.
Daher habe ich mein Budget lieber erst mal in die Gitarre gesteckt und keinen Amp gekauft.
Mein erster Versuch war ein Behringer UCG102 USB-Interface das ich über ebay sehr billig geschossen habe und ein günstiger AKG Studio-Kopfhöhrer (kann man auch für anderes gut brauchen). Das habe ich mit meinem Android-Handy (deplike-app) und meinem Laptop (über Linux mit Guitarix und Tonelib GFX sowie über Windows mit dem ASIO4All Treiber und auch Tonelib GFX) genutzt. Generell finde ich diese Lösung ziemlich großartig. Die Software erlaubt es mir eine riesige Vielfalt von Sounds auszuprobieren, mit jede Menge Effekten rumzuspiele und als Anfänger überhaupt erst mal zu lernen wie welche Effekte und Amp-Parameter sich auswirken (in Guitarix kann man noch die Röhrentypen der Amp-Simulationen austauschen). Außerdem ist es ziemlich einfach mit ein bischen Übung den Sound eines bestimmten Songs zu immitieren so dass das Üben dann auch entsprechend Spaß macht. Die Lösung mit dem Handy ermöglicht es einem praktisch ohne Hardware mitzunehmen irgendwo unterwegs zu spielen. Ne Stereoanlage oder Box mit Line-In findet sich eigentlich immer überall. Außerdem ist es damit trivial Lernvideos oder Backing-Tracks oder so einzuspielen. Jetzt kommt das große ABER: Ich habe es nicht geschafft, mit diesem Setup die Latenz so weit runter zu bekommen wie ich wollte. Für langsame Stücke ist das kein Problem, und wenn ich geschlossene Kopfhöhrer habe und die laut genug mache auch nicht, aber wenn ich ein schnelleres Stücke schrammel und dazu singen will ist die Latenz so hoch dass es mich raus bringt. Das gilt übrigens für alle drei genannten Anbindungen des Konverters. Angeblich sind die Computer und Handies mit dem Apfel da besser, aber die Firma kommt für mich aus verschiedenen Gründen nicht in Frage. Ich gehe auch davon aus, dass eine dedizierte Soundkarte mit einer PCI-E Anbindung in einer Workstation da besser ist, aber das konnte ich mangels Hardware nicht testen. Wäre aber sicher eine gute Option wenn man eh ne Workstation rumstehen hat, Soundkarten kann man bestimmt auch billig bei ebay schießen.
Zweiter Versuch war dann ein 15W Röhren-Verstärker den ich von einem Kumpel ausgeliehen habe. Der Sound ist im cleanen bis leicht crunchigen klasse. Großes Problem dabei: Da ich in einer Mietwohnung lebe und meist eher früh am Morgen oder später am Abend zum Spielen komme kann ich den nur ganz leise betreiben und bin dann klangmäßig sehr stark eingeschränkt. So richtig High-Gain ein Solo zu spielen ist damit auch nicht drin (leise schlicht unmöglich und laut klingts nicht toll).
Schließlich habe ich über ebay ein G1on für wenig Geld geschossen und hab damit meine Ideal-Kompromiss-Lösung gefunden. Der Sound ist nicht ganz so gut wie vom Rechner, aber für meine Zwecke gut genug. Backing-Tracks kann ich über das aux-in einschleifen. 90% spiele ich eh mit dem Kopfhöhrer und wenn ichs laut brauche kommt halt die Stereoanlage oder eine Aktivbox ran. Das Benutzerinterface ist zwar eher bescheiden, aber ich kann das Ding über ToneLib Zoom vom Rechner ansteuern und habe dann ein sehr bedienbares Paket. Ich habe nicht die Freiheiten wie mit Guitarix, aber für meine Zwecke ist es immer noch mehr als ausreichend. Und die Latenz ist für mich nicht wahrnehmbar.
Da ich im Moment stilistisch überhaupt nicht festgelegt bin und alles spiele was ich mal gehört habe und mir gefiel und sowieso bevorzugt mit Kopfhöhrern spiele ist das G1on (oder jede andere Lösung in der Art) für mich ideal. Ich bin sicher wenn sich meine Fähigkeiten weiter entwickeln und ich einen bevorzugten Stil finde der mir am meisten Spaß macht zu spielen (und ich einen Keller habe) werde ich einen Amp finden und kaufen der dann zu mir passt. Aber zum Einstieg finde ich das kleine Ding in jeder Hinsicht wesentlich besser als einen günstigen Einsteiger-Amp. Achja, ins Gig-Bag passt es auch problemlos rein und mit normalen Akkus läuft es viele Stunden...