Individualunterricht online?

[Shana]

Ein Thema, das ich bei der ganzen Debatte um online Unterricht vermisse ist nicht technischer, sondern psychischer Natur.

Gerade wenn es sich um laute Instrumente und Gesang handelt. Viele SchülerInnen müssen in ihrer Wohnung davon ausgehen, daß die Nachbarschaft sie hört und das wirkt auf so manchen ausgesprochen hemmend. Und das gerade jetzt, wo umzu auch so gut wie immer jemand da ist. Ich hatte erst heute eine Schülerin, die - obwohl "nur" ihre Familie anwesend ist, deutlich weniger gibt als was sie könnte.

Wenn ich es mir so anschaue wird bei mir tatsächlich der Online Unterricht von genau denen angenommen, die entweder externe Räume zur Verfügung haben (weil z.B. selber Musikerin) oder bei denen die Wohnsituation deutlich priviligiert ist.

Ich würde sehr gerne mehr Online Unterricht geben, habe es allen meinen SchülerInnen mehrfach angeboten mit einer kostenfreien Probestunde... aber nur 5 haben es bisher angenommen. Ich vermute stark, was abhält ist 1. der Faktor Mietwohnung versus singen, 2. das Geld zu sparen bei freien Verträgen und erst dann die Hemmungen in Bezug auf die Technik.

Das üben ist ja auch schon immer ein für viele schwieriges Thema, wenn es um das singen geht, wahrscheinlich noch weitaus schwieriger als bei anderen Instrumenten, weil es eben auch so nah an der eigenen Person ist...

Was meint ihr und welche Erfahrungen habt ihr mit diesem Aspekt?

 

[bluestime]

Eine Frage, die ich noch in die Runde stellen möchte:
Wie kommt ihr online an neue Schüler? Habe schon auf Ebay Kleinanzeigen und Facebook inseriert, aber noch keine Rückmeldung bis jetzt.

 

[scenarnick]

Was meint ihr und welche Erfahrungen habt ihr mit diesem Aspekt?

Eine sehr gute Beobachtung, @Shana

Ich bin zwar in der glücklichen Lage, einen eigenen Musikraum zu haben und auch nach Gusto üben zu können. Trotzdem versuche ich auch meine Online-Stunden in Zeiten zu legen, in denen ich das Haus "für mich allein" habe (vom Hund abgesehen). Es ist vielleicht nicht mal so die räumliche Situation, sondern eher die "Publikums"-Situation, die da einen Unterschied macht, selbst zwischen Üben und Stunde.

Etwas überspitzt hat das mal jemand in einem sehr schönen Meme zusammengefasst:

In der Stunde ist man "der Schüler" und meist (auch in fortgeschrittenem Alter) nicht so "souverän" wie wenn man für sich alleine übt...

 

[HempyHemp]

Eine Frage, die ich noch in die Runde stellen möchte:
Wie kommt ihr online an neue Schüler? Habe schon auf Ebay Kleinanzeigen und Facebook inseriert, aber noch keine Rückmeldung bis jetzt.

Hallo,

meiner Meinung nach erhöht der Online-Unterricht zwar die theoretische Reichweite, überregional aber vorallem die Konkurrenz . Ich habe bereits mehrere Anfragen erhalten, alle jedoch ausnahmslos über die Wege, die ich bereits vorher beworben habe (eigene Homepage, ebay-Kleinanzeigen, google...) und ausschließlich so regional, dass wir in Zukunft auch die Möglichkeit haben werden uns persönlich zu treffen. Die regionale Komponente ist momentan das einzige, was dich (oder mich oder andere Lehrenden) von den allermeisten (plötzlich auftauchenden) Online-Angeboten massiv unterscheidet, selbst wenn man sich zur aktuellen Zeit nicht persönlich trifft.

 

[hack_meck]

Hier ist ja schon einen Moment Ruhe drin ...


Mich würde jetzt interessieren, ob es teilweise sogar bei Online Unterricht bleibt ... Mein Gitarrenlehrer sagte dazu, dass einige Schüler wohl bei Online bleiben werden, weil sie jetzt ohne Fahrtzeiten auskommen und sich was zeigen lassen können. Und die wenigsten sind tatsächlich spielerisch so stark, dass sie mit ihm zusammen spielen (was Online halt gar nicht geht).

Wir haben unsere "Real-Stunde" dann auch erst mal mit einem zünftigen JAM über 15 Minuten begonnen. Das musste von beiden mal "gesagt" werden ...


Gruß
Martin

 

[scenarnick]

Mich würde jetzt interessieren, ob es teilweise sogar bei Online Unterricht bleibt

Spannende Frage, lieber @hack_meck

Für Saxophon wird es bei mir zu 80% bei Online Unterricht bleiben. Auch wenn der Lehrer in derselben Stadt wohnt hab ich ne Fahrzeit von ca. 1 Stunde hin und 30 Minuten zurück wegen Berufsverkehr. Für das Singen arbeite ich mittlerweile mit einer Lehrerin in Neustadt an der Weinstraße - "mal eben" hinfahren ist nicht möglich.

Was ich aus anderen Diskussionen zum gleichen Thema mitgenommen habe ist, dass die Entscheidung ob es bei Online bleiben kann oder nicht auch vom Niveau abhängig ist. Anfänger am Instrument - genau wie Fortgeschrittene - werden eher nicht Online bleiben. Beim Anfänger ist doch häufig noch ein "Eingreifen" oder "zeigen" im Sinne von "Vormachen in 3D" erforderlich, beim Fortgeschrittenen ist der Wunsch zu Jammen und dadurch auch Dinge wie Zusammenspiel zu verbessern sehr stark und wichtig. Die "Mittelstufe" zu der ich mich durchaus zähle wird Aufgaben gestellt bekommen, die allein zu bewältigen sind und durchaus von Online Unterricht profitieren. (Übungsräume vorausgesetzt)

Aus meiner Sicht: Ich bin "Online" glücklich was den Unterricht angeht, freue mich aber wieder auf Zusammenspiel außerhalb des Unterrichts.

 

[McCoy]

Für mich hat das Online-Unterrichten auch einen Vorteil gebracht: Z.B. gibt es einen Schüler, der einen längeren Klinikaufenthalt hat. Letztes Jahr mußte der Unterricht während der ganzen Zeit ausfallen, jetzt können wir Online-Unterricht machen. Ein anderer Schüler, der gelegentlich auf Geschäftsreise ist, kann seinen Unterricht jetzt mit mobiler Tastatur aus dem Hotelzimmer wahrnehmen.

Ansonsten ist mir das Face2Face-Unterrichten schon lieber: Ich begleite meine Schüler oft mit Gitarre oder Schlagzeug, dadurch lernen sie Zusammenspiel und Taktgefühl besser.

Viele Grüße,
McCoy

 

[marcel71]

Kommt auch auf die Örtlichkeit an.

Die Umsetzung der Hygienevorgaben hat Lehrer/Lehrerin in eigenen Räumlichkeiten i.d.R. selbst im Griff.

Wenn der Unterricht aber in den Räumlichkeiten von Schüler/Schülerin stattfindet, wie es z.B. beim Schlagzeugunterricht meines Sohnes der Fall ist, liegt das nicht im Einflussbereich des Lehrers. Wir haben daher noch Online-Unterricht.