So, jetzt hab ich etwas mehr Zeit, rede und Antwort zu stehen
Danke für die Blumen
Also zur Stimme: Ich find sowohl die Aufnahme als auch die Performance okay. Damit lässt sich was anstellen
(Klar ist noch Luft nach oben, aber ich persönlich wäre froh, könnte ich so singen wie du)
Bei der Gitarre muss ich
@whitealbum zustimmen. Das Problem liegt mehr an der Gitarre als dem Gesang. Einerseits sind die oberen Mitten sehr spitz, andererseits, und das stört mich fast mehr, triffst du vermutlich mit dem Plektrum immer wieder die Holzdecke der Gitarre. Dieses Geräusch was dabei entsteht, lässt sich leider nicht zähmen. Das lässt sich nur durch eine bessere Performance beheben. Wenn wir grad bei der Performance sind: Ich finde immer auf die 1, 2und, und auf die 4: diese Anschläge sind zu kräftig gespielt, da würde ich mir mehr Gefühl wünschen. hmmm "kräftig" ist vielleicht der falsche Ausdruck, ich würde mal versuchen einfach langsamer durch die Saiten zu Schrummen, sodass es ein langgezogenes "Rrrrrrrrrrrriiing" gibt, anstatt ein kurzes "BAM"
Das Piezzosignal. Hmmm also meiner Erfahrung nach, ist das für Livesituationen super, aber im Studio erreicht man mit einem Mikrofon bessere Aufnahmen. Es kann jedoch nicht schaden, das Signal mit aufzunehmen. Man muss es ja nicht unbedingt benutzen, aber falls man es braucht, steht es zur Verfügung
Wie du angetönt hast, willst du das Signal vielleicht mit dem Mikrofonsignal mischen. Das ist eine gute Idee, aber dabei unbedingt die Synchronizität und die Phasenlagen der beiden Spuren beachten! Wenn eine Spur der anderen nur 1-2 millisekunden hinterherhinkt, hat das massive Auswirkungen auf den Klang. Stichwort Kammfiltereffekt und Phasenauslöschungen.
So, nun zum Mix, was hab ich denn da genau gemacht?
Vorweg mal: Ich mach sowas immer aus dem Bauch heraus. Ich hör mir das an, und entscheide dann was getan werden muss. Das ist nicht immer gleich, je nach Rohmaterial sieht das Vorgehen unter Umständen ganz anders aus.
Wenn ich ein Mix beginne, pegle ich als Erstes mal alle Spuren grob ein, und hör mir das als Gesamtes an. Niemals schalte ich gleich zu Beginn die einzelnen Spuren auf Solo. Ich muss mir erstmal ein überblick übers Ganze verschaffen, um entscheiden zu können, wo ich mit den Einzelspuren überhaupt hin will. In welchen Frequenzbereichen Probleme durch überlagerungen entstehen etc... Klar kommt es bei der Bearbeitung auch mal vor, dass ich eine Spur Solo schalte, um etwas besser hören zu können, aber danach auch gleich wieder zurück zum Gesamtkontext. Wie schon angesprochen wurde, ist eine neutrale Abhöre sehr wichtig, um das richtig beurteilen zu können, und auch Gehörschulung und Erfahrung ist natürlich wichtig. Teure Plugins spielen dabei eher eine untergeordnete Rolle. (ist natürlich schön wenn man sie hat, aber nicht zwingend nötig. Bei einer DAW sind eigentlich immer alle essentiellen Tools mitgeliefert, die man so braucht.
Am Gesang hab ich folgendes gemacht, in dieser Reihenfolge in der Signalkette:
EQ:
-Highpassfilter bei 60Hz / 12dB/Oct (um das gröbste Rumpeln mal zu entfernen)
-moderate -3dB Absenkungen bei 300Hz, 600Hz, 2kHz, 10.8kHz (Resonanzen)
-moderate +3dB Anhebungen bei 1,7kHz (Da kommt die Atmung schön raus) und bei 5kHz (für etwas mehr Präsenz), zudem eine Shelf-Anhebung über 16kHz (luftigkeit)
Kompressor 1:
Ratio 10:1, 0.3ms Attack, 300ms Release. Bis zu ca 6dB Gainreduction. (Dieser Kompressor soll in erster Linie die Peaks abfangen. Normalerweise nehme ich dafür eine viel kürzere Releasetime. Das klang hier aber aus welchen Gründen auch immer, nicht wirklich gut.)
Kompressor 2:
Ratio 2:1, 40ms Attack, 500ms Release. Bis zu ca 4dB Gainreduction (Dieser Kompressor soll länger anhaltende Pegelunterschiede ausgleichen.)
Paralell Fuzz Distortion:
Bisher war die Bearbeitung nur um den Gesang ausgewogen zu machen, und Pegelunterschiede auszugleichen. Aber hier mit dem Fuzzdistortion Plugin kommt erstmals Farbe ins Spiel. Dafür kannst du alles Mögliche nehmen, was man in die Verzerrung fahren kann. Natürlich klingen die alle Unterschiedlich, aber eins haben sie gemeinsam: Das Signal wird "verdichtet" und es entstehen harmonische Obertöne. Die Stimme rückt nach vorn im Mix, und klingt frischer.
Hier hab ich das paralell gemacht, also einerseits ist das Hauptsignal unverändert hörbar, und das verzerrte Signal hab ich nur ganz leise hinzu gemischt. (Mein Plugin hat nen Wet/Dry Regler, da geht das direkt im Plugin. Das geht aber nicht mit allen Plugins. Falls das der Fall ist, kannst du ein Bus anlegen, und das Hauptsignal auf den Bus routen. Dann kannst du das in einem separaten Kanal verzerren, ohne das Hauptsignal zu beeinflussen.
Man kann das Signal aber auch komplett durch den Verzerrer schicken. (nur solltest dann nur ganz sachte Verzerrung fahren)
Das ist Klanglich was ganz Anderes als paralell, aber verkehrt ist es auch nicht. Ich hab halt paralell sehr gute Erfahrungen gemacht.
DeEsser:
Ich bin grad selber überrascht, dass der DeEsser erst jetzt kommt, in der Kette. Und er greift auch nur minimal ein. Von da her: Ein Kompliment an die Aufnahme! Normalerweise schenke ich Zischlauten mehr Aufmerksamkeit, was hier jedoch gar nicht nötig war
nochmal EQ:
Highpass bei 137Hz, 6dB/Oct. Breite +3dB Anhebung bei 1kHz, schmale Absenkung bei 6kHz, bei 8.2kHz Anhebung +3dB.
So, das wars erstmal mit der Bearbeitung der Einzelspur.
Nun zu den Effekten:
2 unterschiedliche Hallräume für Gitarre/Gesang, und ein sporadisches Delay.
Die sind jeweils entsprechend auf ein Aux-Kanal gelegt, und somit komplett unabhänging von den Einzelspuren zu bearbeiten.
Hall Vocals:
60ms Predelay. Leider hat mein Hallplugin keine Anzeige für die länge der Hallfahne. Ich schätze mal die liegt bei ca 3 sekunden. Nach dem Hallplugin mit einem EQ bearbeitet:
unterhalb 600Hz Highpass, oberhalb 5kHz Lowpass. Und bei 2kHz eine 4 dB Absenkung. (AbbeyRoad Trick) =damit kriegst fast jeden Hall in den Mix eingebettet, ohne dass untenrum irgendwas mulmt oder obenrum was zischelt. Damit der Hall mehr in den Hintergrund geht, die Absenkung bei 2kHz.
Hall Gitarre:
Predelay: 20ms. wesentlich kürzere Hallfahne als bei den Vocals. Das würde sich bei der Gitarre zu sehr aufschaukeln. Danach selber AbbeyRoad Trick mit dem EQ.
Delay Gesang:
hier hab ich aus Spass an der Freude etwas rum gespielt. Ich hab nur einzelne Wörter des Gesangs raus auf das Delay geschickt. Das Delay hat derartig viel Feedback (langer Ausklang) das würde sonst auch alles aufschaukeln, zudem wollte ich den Effekt nur an einigen Stellen, um etwas Leben einzuhauchen.
Das Delay hab ich dann mit einem Verzerrer "kaputt gemacht"
Danach mitem EQ unterhalb 220Hz ein Highpass. Die zischelnden Höhen hat bereits der Verzerrer erledigt, da hab ich kein Lowpass mehr eingesetzt.
Zuguterletzt hab ich das Signal noch Sidechaingeduckt. Also immer dann wenn die Stimme singt, wird das Delay von einem Sidechainkompressor unterdrückt, und wenn du aufhörst zu singen, kommt das Delay nach vorn. Die Stimme behält immer die Oberhand, obwohl der Effekt sehr "raumfüllend" ist.
Gitarren allgemein:
Darauf möchte ich nicht zu tief eingehen, da das Resultat auch nicht wirklich überzeugend wurde.
Einzig zur Stereobreite:
Ich hab die Gitarre kopiert, also 2 Gitarrenspuren. Eine nach halbrechts, die andere ganz nach links, und etwas verzögert zur rechten Gitarre, zudem etwas leiser. Die EQ Einstellungen sind auch unterschiedlich. Rechts präsent, links eher dumpf. Dadurch wird die Gitarre breiter, und der Gesang hat in der Mitte des Panoramas freie Bahn, und muss nicht mit der Gitarre konkurrieren.
So das wars
Ich hoffe du kannst damit was anfangen