Eben ... wenn nichts weiter verstellt wird, wird die Hypotenuse (die Saitenlänge) bei Winkeländerung von Gamma kürzer.
Hi,
richtig ist, dass geometrisch annähernd ein rechtwinkliges Dreieck vorliegt, das auch, wie Du schreibst, für die hier erforderliche Berechnung auf dem Kopf steht, sprich auf der Kathete zwischen A und C.
Nur ist Gamma nicht der Halswinkel. Gamma ist der (üblicherweise rechte) Winkel, in dem die Bridge auf dem Korpus steht, bzw deren Stehbolzen bei einer TOM. Dieser Winkel wird üblicherweise auch nicht bei einem mit Winkel eingesetzten Hals verändert.
Um die Diskussion mal auf den Boden der Fakten zu stellen: Man kann das natürlich auch ganz exakt ausrechnen.
(Klar ist: Für die Platzierung der Bridge muss dann noch die Kompensation für die mechanische Steifigkeit der Saite hinzugerechnet werden, die sich ja nun einmal weigert, bei der Schwingunge in einem unmittelbar an Sattel und Saitenreiter angesetzten, mathematisch exakten Sinus zu schwingen... Die Saitenauflage muss also eh immer ein Stück weiter hinten platziert werden als am Mensurpunkt. Für die reine Berechnung der
Veränderung der Bridge-Position in Relation zum Halswinkel kann das aber außen vor bleiben, denn diese Verlängerung kommt ja in beiden Fällen in gleicher Weise hinzu).
Also, nehmen wir zum Rechnen mal eine Fender-Mensur an. Bei einem Halswinkel von Null beträgt die Mensur 64,8 cm, und die Bridge muss in der gleichen Entfernung (plus Kompensation, s.o.) zum Sattel liegen.
Beim durchgehenden Hals können wir wohl von einem flachen Body ausgehen. Verändern wir den Halswinkel also wie bei der obigen Flattop, haben wir 3°. Dadurch wird sich der Punkt der Saitenauflage rechnerisch um ca. 3,4 cm nach oben verlegen müssen. Abziehen müssen wir natürlich den Abstand Saite/Korpus, der ja schon beim geraden Einbau nicht 0 ist. Griffbrett und Bünde haben ja einen gewisse Höhe, die Saite liegt auch noch mit einem gewissen Abstand über den Bünden, idR kommt noch ein Absatz des Halses hinzu. 1 cm sollte da keine allzu verwegene Annahme sein, sodass die Saitenauflage 2,5 cm vom Korpus entfernt erfolgt.
Nehmen wir mal 3 cm, um den Extremfall zu testen.
Jetzt müssen wir berechnen, wie lang die Ankathete des Winkels Alpha (= Entfernung des Sattels zum Mensurpunkt auf der Korpusoberfläche) sein muss, damit die Hypotenuse (=tatsächliche Mensur) immer noch bei 64,8 cm bleibt, wenn man die Gegenkathete von Alpha (=Abstand Saitenauflage zur Korpusoberfläche) um volle 3 cm verlängert. Dann kommen wir zu einem Ergebnis von annähernd 0,9 mm. Ich muss
@murle1 also recht geben, dass das in der Praxis zu vernachlässigen ist.
Nun haben es Winkel aber so an sich, dass sich scheinbar kleine Änderungen mit wachsender Entfernung zunehmend deutlich auswirken. Rechnen wir das ganze nämlich für 5° durch, ergeben sich immerhin 2,5 mm Unterschied in der Platzierung. Bei exotischeren Saitenstärken und/oder einer Bridge mit geringem Verstellbereich könnte sich das durchaus bemerkbar machen.
Bei einem durchgehenden Hals halte ich einen solchen Winkel auch für eher realitätsfern, aber ich wollte doch mal aufzeigen, dass eine Auswirkung des Halswinkels auf die Mensur zumindest rechnerisch eben doch vorliegt. Im Fall des TE wird man wohl nicht in den Bereich praktischer Auswirkungen kommen, aber bei extremeren Winkeln sollte man es vorsichtshalber doch mal durchrechnen.
Nicht zu den Extremfällen würde ich übrigens ausgerechnet die Les Paul Standard zählen. Denn hier kommt noch die Korpuswölbung hinzu, die auch einen Teil des Winkelausgleichs übernimmt. Denn die 5° werden ja relativ zur Korpusunterseite gemessen, während sich der entscheidende (=Befestigungs-)Punkt für den Gitarrenbauer ja auf der physischen Korpusoberfläche befindet. Die TOM sitzt aber meist nicht höher über dem Body als bei flachen Gibsons wie Junior oder Special. Die Veränderung gegenüber einem Hals ohne Winkel auf einem flachen Body wird sich damit auch eher in dem Bereich bewegen, wie er sich oben bei einem Halswinkel von nur 3° errechnet hat.
Gruß, bagotrix