bagotrix
Helpful & Friendly User
Hi,
um mal zur Ausgangsfrage zurückzukehren...: vielleicht sollte man mal die Frage nach dem "Warum" in Sachen Griffbrett beiseite lassen und sich auf die Frage nach den einzelnen Serien konzentrieren. Ob es nun Optik, Haptik oder Sound sind, der TE hat schon eine Maple Neck-Strat und will als zweite Strat eine Alternative.
Vielleicht wäre es hilfreich, sich einfach mal die Unterschiede der einzelnen Serien vor Augen zu führen. Immerhin setzen eine American Original oder Mexico Classic ja doch schon deutlich andere Schwerpunkte als die American Professional. Letztere scheint der heimliche Liebling zu sein, ist aber wohl auch am oberen Ende des Budgets angesiedelt. Also würde ich mal kurz sammeln:
- Wie sieht es mit der Bespielbarkeit aus?
Die Vintage-orientierten Serien haben, ob US oder Mexico, stärker gewölbte Griffbretter und schmalere Bünde. Was magst Du lieber? Ich komme auf kleinen Bünden einfach nicht so gut zurecht, sei es bei Hammer-Ons und Pull-Offs oder beim Saitenziehen. Da kann eine Vintage-Gitarre die größte Granate sein, ich spiel darauf einfach ein Stück schlechter. Umgekehrt mag ich eine noch spürbare, aber gemäßigte Wölbung lieber als die ganz flachen Griffbretter der meisten moderneren Gitarren. Erfahrungsgemäß haben die meisten Spieler dann doch eine gewisse Präferenz in diesen Dingen. Das solltest Du Dir also bewusst machen bzw. in Dich hineinhören. Ich persönlich finde zB die Hälse der gerade abgelösten American Special mit der seltenen Kombination aus 9,5" Radius und dicken Jumbo-Bünden optimal. Bis auf die große Kopfplatte vielleicht, irgendwas ist halt immer...
- Brauchst Du einen 22. Bund?
Für mich ist ein fehlender Bund ein ziemliches K.O.-Kriterium. Ich spiele seit 35 Jahren nur Gitarren mit mindestens 22 Bünden, und wenn ich in E oder A ein Solo spielen soll, fühle ich mich ohne das höchste D ziemlich hilflos. Die Hälfte meiner Klischee-Schlusslicks funktioniert ohne Bending aufs E nämlich nicht mehr...
- Benutzt Du das Tremolo / Vibrato, und wenn ja, wie intensiv? Magst Du die Art, wie die jeweilige Bridge reagiert?
Auch ein klassisches Vintage-Trem kann man sehr verstimmungsarm betreiben, wenn es sauber eingebaut und gut eingestellt ist. Dennoch ist das Gefühl mit dem 2-Punkt-Trem etwas anders, schon leichtgängiger und mit vergrößertem Verstimmungsbereich. Auch der Sound ist etwas anders, ganz klassische Sounds werden schon auch durch die Vintage-Hardware geprägt. Die Noten unter den Fingern fühlen sich auch unabhängig von der Vibratofunktion beim Spielen etwas anders an, wenn man dafür ein wenig sensibel ist. Ich habe jedenfallls das recht deutliche Gefühl, inensiver mit dem Holz verbunden zu sein. Ob das auf Dich zutrifft, darauf solltest Du mal beim Antesten verschiedener Serien achten. Es mag auch ein Stück Einbildung sein, und ich würde das auch nicht als besser oder schlechter bezeichnen, aber letztlich ist das wurscht, denn wir reden ja auch von einem Gegenstand, dessen Qualität auch darin besteht, ein ganz subjektives Gefühl zu vermitteln.
- Magst Du glänzend lackierte Hälse, oder kommst Du besser auf einer matten Oberfläche zurecht?
So mancher kann sich nicht mit dem etwas "speckigen" Gefühl eines Glanzlacks anfreunden, hat das Gefühl, da kleiben zu bleiben usw.. Ich denke, sowas sollte man nicht einfach beiseite schieben, denn es ist etwas, was einen mit der Zeit dann nerven könnte. Klar kann man dann noch mit Schleifpapier rangehen, aber bei einer neuen Gitarre...? Umgekehrt kann einem der matte Hals auch zu rutschig sein, und den glänzend zu bekommen ist nochmal ein ganzes Stück aufwendiger.
- Bedeutet es Dir irgendwas, wo die Gitarre herstammt?
Auch hier rede ich von etwas, das im Grunde keine Rolle spielen dürfte - wenn denn eine Gitarre nur irgendein Werkzeug wäre. Ist sie aber nicht, und der Wunsch, mal eine "richtige" US-Fender zu besitzen, ist definitiv ein Faktor. Oder kann umgekehrt sogar belasten, wenn man sich im Grunde nicht wohl dabei fühlt, eine fast 1.500 € teure Gitarre über eine Kneipenbühne zu schwingen. Die Kratzer, Dings und Dongs kommen ja schon im Proberaum so gut wie unweigerlich irgendwann rein, und das fällt so manchem deutlich leichter, wenn die Gitarre keinen vierstelligen Wert repräsentiert.
Die Aufzählung kann nicht erschöpfend sein, aber ein bisschen Selbstreflexion ist bei der Preisspanne und den deutlich unterschiedlichen Features auf jeden Fall hilfreich. Das Aussuchen der konkreten Gitarre ist schon schwer genug, wenn man die richtige nur noch aus ein oder zwei Serien herausfiltern muss.
So, ganz zum Schluss kann ich mich doch nicht zurückhalten und muss meine ganz persönliche Sicht zu Maple und Rosewood loswerden. Ich kam ja lange überhaupt nicht auf Einteilern zurecht, und das hat gar nichts mit mehr oder weniger Höhen zu tun. Ich habe schon sehr drahtige Rosewood-Strats und ganz obe eher zurückhaltende Mapleneck-Strats erlebt. Da haben solche Dinge wie der Zuschnitt des Holzes (flatsawn/quartersawn), die Härte des verwendeten Stücks und natürlich der Body auch viel Einfluss.
Für mein Gefühl spielt sich der wesentliche Unterschied aber in den Hochmitten und deren speziellem Einschwingverhalten ab. Hier habe ich bei wirklich allen Maplenecks einen mehr oder weniger starken "Buckel" im Frequenzgang wahrgenommen, der in der Einschwingphase besonders dominiert. In der Ausschwingphase macht sich das aber bei weitem nicht so bemerkbar. Man kann das ganz gut mit "knochig" oder - positiver besetzt - auch mit "glockig" umschreiben. Das habe ich so bei RW-Strats nicht erlebt, die klingen eigentlich immer ausgeglichener über alle Frequenzen und haben nicht diese spezielle Anschlagsbetonung. Ich denke übrigens, dass viel schon an der schlichten Tatsache des Zusammenleimens aus zwei Stücken liegt. Es gibt ja auch "Maple Caps", also Ahornhälse mit aufgeleimtem Ahorngriffbrett, und da ist dieses Phänomen mMn schon um einiges schwächer ausgeprägt. Es ist aber auch eine durchaus bekannte Tatsache, dass zusammengesetzte Materialien weniger ausgeprägte Resonanzen aufweisen als einteilige. Jedes Stück hat ja etwas unterschiedliche Resonanzeigenschaften, und die gleichen sich beim Zusammenleimen gegenseitig aus. Das war auch ein wichtiger Grund dafür, dass man in den 80ern für Edelbässe der damals neuen betont Hi-Fi-mäßigen Soundrichtung oft sieben- und mehrstreifige Hälse verwendet hat.
Gruß, bagotrix
um mal zur Ausgangsfrage zurückzukehren...: vielleicht sollte man mal die Frage nach dem "Warum" in Sachen Griffbrett beiseite lassen und sich auf die Frage nach den einzelnen Serien konzentrieren. Ob es nun Optik, Haptik oder Sound sind, der TE hat schon eine Maple Neck-Strat und will als zweite Strat eine Alternative.
Vielleicht wäre es hilfreich, sich einfach mal die Unterschiede der einzelnen Serien vor Augen zu führen. Immerhin setzen eine American Original oder Mexico Classic ja doch schon deutlich andere Schwerpunkte als die American Professional. Letztere scheint der heimliche Liebling zu sein, ist aber wohl auch am oberen Ende des Budgets angesiedelt. Also würde ich mal kurz sammeln:
- Wie sieht es mit der Bespielbarkeit aus?
Die Vintage-orientierten Serien haben, ob US oder Mexico, stärker gewölbte Griffbretter und schmalere Bünde. Was magst Du lieber? Ich komme auf kleinen Bünden einfach nicht so gut zurecht, sei es bei Hammer-Ons und Pull-Offs oder beim Saitenziehen. Da kann eine Vintage-Gitarre die größte Granate sein, ich spiel darauf einfach ein Stück schlechter. Umgekehrt mag ich eine noch spürbare, aber gemäßigte Wölbung lieber als die ganz flachen Griffbretter der meisten moderneren Gitarren. Erfahrungsgemäß haben die meisten Spieler dann doch eine gewisse Präferenz in diesen Dingen. Das solltest Du Dir also bewusst machen bzw. in Dich hineinhören. Ich persönlich finde zB die Hälse der gerade abgelösten American Special mit der seltenen Kombination aus 9,5" Radius und dicken Jumbo-Bünden optimal. Bis auf die große Kopfplatte vielleicht, irgendwas ist halt immer...
- Brauchst Du einen 22. Bund?
Für mich ist ein fehlender Bund ein ziemliches K.O.-Kriterium. Ich spiele seit 35 Jahren nur Gitarren mit mindestens 22 Bünden, und wenn ich in E oder A ein Solo spielen soll, fühle ich mich ohne das höchste D ziemlich hilflos. Die Hälfte meiner Klischee-Schlusslicks funktioniert ohne Bending aufs E nämlich nicht mehr...
- Benutzt Du das Tremolo / Vibrato, und wenn ja, wie intensiv? Magst Du die Art, wie die jeweilige Bridge reagiert?
Auch ein klassisches Vintage-Trem kann man sehr verstimmungsarm betreiben, wenn es sauber eingebaut und gut eingestellt ist. Dennoch ist das Gefühl mit dem 2-Punkt-Trem etwas anders, schon leichtgängiger und mit vergrößertem Verstimmungsbereich. Auch der Sound ist etwas anders, ganz klassische Sounds werden schon auch durch die Vintage-Hardware geprägt. Die Noten unter den Fingern fühlen sich auch unabhängig von der Vibratofunktion beim Spielen etwas anders an, wenn man dafür ein wenig sensibel ist. Ich habe jedenfallls das recht deutliche Gefühl, inensiver mit dem Holz verbunden zu sein. Ob das auf Dich zutrifft, darauf solltest Du mal beim Antesten verschiedener Serien achten. Es mag auch ein Stück Einbildung sein, und ich würde das auch nicht als besser oder schlechter bezeichnen, aber letztlich ist das wurscht, denn wir reden ja auch von einem Gegenstand, dessen Qualität auch darin besteht, ein ganz subjektives Gefühl zu vermitteln.
- Magst Du glänzend lackierte Hälse, oder kommst Du besser auf einer matten Oberfläche zurecht?
So mancher kann sich nicht mit dem etwas "speckigen" Gefühl eines Glanzlacks anfreunden, hat das Gefühl, da kleiben zu bleiben usw.. Ich denke, sowas sollte man nicht einfach beiseite schieben, denn es ist etwas, was einen mit der Zeit dann nerven könnte. Klar kann man dann noch mit Schleifpapier rangehen, aber bei einer neuen Gitarre...? Umgekehrt kann einem der matte Hals auch zu rutschig sein, und den glänzend zu bekommen ist nochmal ein ganzes Stück aufwendiger.
- Bedeutet es Dir irgendwas, wo die Gitarre herstammt?
Auch hier rede ich von etwas, das im Grunde keine Rolle spielen dürfte - wenn denn eine Gitarre nur irgendein Werkzeug wäre. Ist sie aber nicht, und der Wunsch, mal eine "richtige" US-Fender zu besitzen, ist definitiv ein Faktor. Oder kann umgekehrt sogar belasten, wenn man sich im Grunde nicht wohl dabei fühlt, eine fast 1.500 € teure Gitarre über eine Kneipenbühne zu schwingen. Die Kratzer, Dings und Dongs kommen ja schon im Proberaum so gut wie unweigerlich irgendwann rein, und das fällt so manchem deutlich leichter, wenn die Gitarre keinen vierstelligen Wert repräsentiert.
Die Aufzählung kann nicht erschöpfend sein, aber ein bisschen Selbstreflexion ist bei der Preisspanne und den deutlich unterschiedlichen Features auf jeden Fall hilfreich. Das Aussuchen der konkreten Gitarre ist schon schwer genug, wenn man die richtige nur noch aus ein oder zwei Serien herausfiltern muss.
So, ganz zum Schluss kann ich mich doch nicht zurückhalten und muss meine ganz persönliche Sicht zu Maple und Rosewood loswerden. Ich kam ja lange überhaupt nicht auf Einteilern zurecht, und das hat gar nichts mit mehr oder weniger Höhen zu tun. Ich habe schon sehr drahtige Rosewood-Strats und ganz obe eher zurückhaltende Mapleneck-Strats erlebt. Da haben solche Dinge wie der Zuschnitt des Holzes (flatsawn/quartersawn), die Härte des verwendeten Stücks und natürlich der Body auch viel Einfluss.
Für mein Gefühl spielt sich der wesentliche Unterschied aber in den Hochmitten und deren speziellem Einschwingverhalten ab. Hier habe ich bei wirklich allen Maplenecks einen mehr oder weniger starken "Buckel" im Frequenzgang wahrgenommen, der in der Einschwingphase besonders dominiert. In der Ausschwingphase macht sich das aber bei weitem nicht so bemerkbar. Man kann das ganz gut mit "knochig" oder - positiver besetzt - auch mit "glockig" umschreiben. Das habe ich so bei RW-Strats nicht erlebt, die klingen eigentlich immer ausgeglichener über alle Frequenzen und haben nicht diese spezielle Anschlagsbetonung. Ich denke übrigens, dass viel schon an der schlichten Tatsache des Zusammenleimens aus zwei Stücken liegt. Es gibt ja auch "Maple Caps", also Ahornhälse mit aufgeleimtem Ahorngriffbrett, und da ist dieses Phänomen mMn schon um einiges schwächer ausgeprägt. Es ist aber auch eine durchaus bekannte Tatsache, dass zusammengesetzte Materialien weniger ausgeprägte Resonanzen aufweisen als einteilige. Jedes Stück hat ja etwas unterschiedliche Resonanzeigenschaften, und die gleichen sich beim Zusammenleimen gegenseitig aus. Das war auch ein wichtiger Grund dafür, dass man in den 80ern für Edelbässe der damals neuen betont Hi-Fi-mäßigen Soundrichtung oft sieben- und mehrstreifige Hälse verwendet hat.
Gruß, bagotrix