Wil_Riker
Helpful & Friendly Akkordeon-Moderator
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Einleitung
Bei Flugreisen ist für Akkordeonspieler die Mitnahme ihres Instruments normalerweise heikel und schwierig; auch wenn es als teures Sondergepäck aufgegeben wird, bleibt dabei oft ein mulmiges Gefühl, ob es unbeschadet am Zielort ankommt. Der Transport wertvoller und empfindlicher Handzuginstrumente in der Passagierkabine ist i. d. R. nicht möglich, da sie die Abmessungen für Handgepäck überschreiten. Eine clevere Lösung des Problems stellt der Flugzeugrucksack "Concert Traveller" dar, bei dem das Instrument in zwei handgepäcktaugliche Hälften geteilt wird. Für den Auftritt bei einem internationalen Folklorefestival auf Kreta haben eine Musikerkollegin und ich zwei Exemplare der Rucksäcke angeschafft und auf Praxistagulichkeit getestet.Zwei Anmerkungen vorab:
- Die Fotos sind als Thumbnails eingebunden - zur kompletten Ansicht in voller Größe einfach anklicken!
- Das fotografierte Gigbag wurde durch Aufkleber individualisiert, deshalb sind hier einzelne Partien zur Anonymisierung geschwärzt.
Maße, Verarbeitung, Funktionsprinzip
Zwar gibt es Akkordeons in unzähligen unterschiedlichen Ausführungen von zahlreichen Herstellern, aber der "Concert Travaller" ist lediglich in zwei verschiedenen Größen erhältlich, so dass (fast) alle Akkordeons hineinpassen sollten. Ausschlaggebendes Maß ist hierbei hauptsächlich die Größe der Diskantastatur; Standardbass-Akkordeons (und Knopf-Bayans) mit Tonumfang von bis zu ca. 41 Diskanttasten und 120 Bässen passen i. d. R. in das kleinere Modell - für größere Konzertinstrumente (und Piano-Bayans) mit 45 Diskanttasten und vorgelagertem M III sollte man eher das größere Modell wählen. Auf der o. g. Bestellseite des Anbieters sind 5 Parameter aufgeführt, anhand derer man sich orientieren kann (Bezugsausrichtung ist die Abstellung des geschlossenen Akkordeons auf den Füßen am Bassboden). Bleibt man bei allen Angaben innerhalb der ersten Maßangabe, reicht das kleinere Modell:A: Gesamtbreite (Außenmaß Diskantgriffbrett) - bis 56 cm oder bis 60 cm
B: Gesamthöhe (Kante Diskantgriffbrett bis Kante Bassfüße) - bis 26 cm oder bis 29 cm
C: Korpushöhe - Diskant bis 14 cm oder bis 16 cm bzw. Bass bis 24 cm oder bis 25 cm
D: Korpustiefe (Balgtiefe) - bis 24 cm oder bis 26 cm
E: Korpusbreite (Außenmaß Bassgehäuse) - bis 56 cm oder bis 60 cm
Bei kleineren Instrumenten, die den Stauraum nicht komplett ausfüllen, könnte/sollte der Rucksack entsprechend zusätzlich ausgepolster werden (Schaumstoff, Luftpolster, Textilien), um ein Hin- und Herrutschen des Instruments beim Transport zu vermeiden. Innen ist der Rucksack komplett mit weichem Stoff ausgekleidet, so dass keine Beschädigungen am Instrumentenkorpus zu befürchten sind. Die Außenhülle besteht aus wasserabweisendem Nylongewebe. Zwischen Außenhaut und Innenfutter ist eine stabilisierende Einlage vorhanden, die grobe Stöße abfangen und Standfestigkeit gewährleisten sollte. Für die Teilung sind zwei Zwischenböden enthalten, die jeweils beidseitig mit Nylon bezogen sind.
Die Reißverschlüsse bestehen aus Kunststoff (Zähne) bzw. Metall (Zipper) - zum einen gibt es sie an der Öffnung zum Beladen des zusammengebauten Rucksacks, zum anderen an der Verbindungsstelle beider Hälften (bzw. für die Zwischenböden), sowie an der ca. 32 x 17 x 4 cm großen Außentasche, die für kleinere Utensilien geeignet ist. Apropos Verbindungsstelle: Hier können die Reißverschlüsse an allen vier Kanten durch eine überstehende Nylon-Lasche mit Klett/Flausch überdeckt werden, und an der Außenseite sind zusätzlich zwei Schnallenverschlüsse vorhanden, damit sich beide Teile nicht unkontrolliert trennen können.
Zum Tragen mit der Hand sind Textilgriffe vorhanden: Zum einen an der langen Kante des Diskantteils, so wie man es üblicherweise von herkömmlichen Rucksäcken für Akkordeons kennt.
Zum anderen zweiteilig an der Nahtstelle zwischen Diskant- und Bassteil, was es ermöglicht, beide Teile einzeln daran zu tragen, aber auch in zusammengebautem Zustand (dann ummantelbar mit Hilfe einer Nylonlasche mit Klett/Flausch).
Die beiden gepolsterten Rucksackriemen sind auf die Einzelteile verteilt, d. h. in getrenntem Zustand kann man das jeweilige Teil über einer Schulter tragen, wenn man die Hände frei haben möchte. Ist der Rucksack zusammengefügt, ist er in herkömmlichen Sinne über beiden Schultern tragbar und zwar so, dass das Instrument mit Balg in vertikaler Richtung orientiert ist, nicht in horizontaler, so wie bei den meisten Akkordeon-Gigbags. Die Seite, die dann beim Abstellen mit dem Boden in Berührung kommt, besitzt je Hälfte vier rutschfeste Pyramidenfüße - die Seite mit dem Bassboden derer fünf.
Praxistest, Verarbeitung
Nach dem Vermessen unterschiedlicher "gängiger" Akkordeons (die Anschaffung zweier Flugrucksäcke sollte nicht privat, sondern für einen Verband erfolgen, so dass zukünftig verschiedene Nutzer mit unterschiedlichen Instrumenten in den Genuss der Rucksäcke kommen können) war klar, dass hier das kleinere Modell reichen sollte - hier betragen die Transportmaße der beiden Hälften jeweils ca. 60 x 24 x 26 cm.Da ich mich bis hierher geschickt um die Nennung des Preises für einen Rucksack herumgedrückt habe: Dieser ist tatsächlich "auf Anfrage", und da ich nicht als Privatperson bestellt habe, sondern im Namen einer Organisation, mag ich hier ungern öffentlich eine Zahl in den Raum stellen - allerdings kostet so ein Spezialrucksack natürlich mehr als ein (gutes) herkömmliches Gigbag .
Auch wenn das Entfernen der Balgnägel am Akkordeon beispielsweise mit einer kleinen Kombizange (oder einer Kuchengabel ) funktioniert, wurde kurzerhand auch eine spezielle Balgnagelzange mitbestellt. Wichtig ist, dass der Balg am Bassteil verbleibt, d. h. es werden lediglich die Nägel an der Verbindung zum Diskantgehäuse gezogen. Dies ist insofern sinnig, als dass die Stimmstöcke dort, im Gegensatz zu den Bass-Stimmstöcken, eben nicht in den Balg hineinragen - und dementsprechend ist auch der "Schnitt" des Rucksacks angelegt. Die entfernten Nägel habe ich übrigens in einem kleinen Druckverschlussbeutel in der Außentasche verstaut.
Wie man sieht, ist bei meiner 96-bässigen Pigini Helipolka noch ordenlich Platz an den Seiten, was nicht weiter verwundert, da der Rucksack ja auch für Akkordeons mit max. 120 Bässen (z. B. Hohner Atlantic) ausgelegt ist. Damit hier nichts hin und her rutscht, sollte man in diesem Fall die Leerräume noch entsprechend ausstopfen, z. B. mit Luftpolsterkissen oder Textilien, die man ohnehin (im Handgepäck) mitnehmen möchte - im konkreten Anwendungsfall waren es bei mir eine leichte Fleecejacke plus Reiselektüre und bei meiner Begleiterin (mit Hohner Concerto III N - 72 Bässe) ein Stricktuch sowie ein gefütterter Schuhbeutel.
In geteiltem Zustand verpackt wurden die Rucksäcke dann für den Transport zum Flughafen zunächst an den Zwischenböden wieder zusammengeklettet, um sie in herkömmlichen Sinne bis zum Check-in auf dem Rücken tragen zu können (Bild siehe ganz unten - identisches Aussehen wie beim auf einteilig zusammengebautem Rucksack). Da die Flugreise in einer Gruppe erfolgte, war schon im Vorfeld vereinbart worden, dass zwei weitere Mitreisende auf eigenes Handgepäck verzichten und je ein Akkordeon-Teil als ihr kostenloses Handgepäckstück mitführen, um einen Aufpreis zu vermeiden (bei Alleinreisen kommt man natürlich nicht darum herum, ein zweites Stück Handgepäck zu buchen). Und obwohl für Gruppenreisen ja ein Gesamtkontingent für Handgepäckstücke existiert, so dass nicht jedes Teil einzeln vermessen/gewogen werden musste, hätten sowohl Maße als Gewicht der Gigbag-Teile die Vorgaben der Fluglinie (in diesem Fall Condor) eingehalten.
Geteilt gingen die beiden Instrumenten dann nacheinander durch die Sicherheitskontrolle, wo sie wie erwartet für etwas Verwunderung und Nachfragen sorgten . Später im Flugzeug war das Verstauen in den Gepäckfächern kein Problem, und nach der Ankunft wurden die Rucksäcke wieder zusammengeklettet, um sie in die Unterkunft auf dem Rücken tragen zu können - und dort erfolgte dann die "Wiedervereinigung" von Bass- und Diskantteilen, sowie der Umbau der geteilten Rucksäcke auf einteilig .
Vor dem Rückflug nach Deutschland dann wieder das gleiche Spiel wie vor dem Hinflug...
Generell hat mich die einfache, aber dennoch durchdachte Funktionalität des Gigbags wirklich begeistert, und die Verarbeitung macht einen hervorragenden roadtauglichen Zustand - sowohl das Außengewebe, als auch Versteifungen und weiches Innenfutter. Hier ist also nicht so schnell zu erwarten, dass Rucksack und/oder Instrument beim Transport beschädigt werden. Insbesondere die Tatsache, dass das Akkordeon nicht quer, sondern hochkant auf dem Rücken transportiert wird, d. h. der Rucksack nicht links und rechts über den Rücken hinausragt und man potentiell hängenbleiben oder anstoßen kann, ist dabei nicht hoch genug bewerten .
Natürlich hat diese Qualität ihren Preis, aber da sicher nicht massenweise Gigbags dieser Art für diesen speziellen Zweck und das oft belächelte "Nischen-Instrument" Akkordeon gefertigt/verkauft werden, halte ich das Preis-Leistungsverhältnis dennoch für mehr als angemessen.
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