Gibson "Ugly Ducklings" der 70er und 80er Jahre

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Ich möchte hier ein Sammelthema zu den ungeliebten Gibson Modellen der 70er und 80er erstellen. All jene, die damals nicht so erfolgreich waren und heute erschwinglich geblieben sind, sollen hier gezeigt werden.
Modelle wie die Marauder, die S-1, auch die Sonex und sonstige Exoten sollen hier besprochen werden und es würde mich freuen, wenn so mancher seine Wertschätzung zu diesen seltenen Stücken ausdrückt.
Sicher ist eine Les Paul attraktiver, wertvoller, begehrter aber auch diese alten Dinger haben etwas Liebe verdient und manche sind echt gut und es würde mich nicht wundern, wenn die Preise bald erheblich anziehen würden.

Ich mache den Beginn mit meinem Neuzugang - einer L6-S aus 1975.

Die L6-S erschien 1973 und hatte viel Neues in der Welt von Gibson zu bieten, was ja bekanntlich von eingefleischten Anhängern gar nicht goutiert wird.
Body und Hals waren zur Gänze aus Ahorn, 24 Bünde gab es erstmals bei Gibson und die Elektrik samt den Humbuckern steuerte Bill Lawrence bei.
Besonders war auch der Drehschalter, mit dem 6 verschiedene PU-Kombinationen angewählt werden konnten. Ich gehe hier nicht ins Detail, das kann man alles nachlesen.

Das Grundmodell wurde, später unter dem Namen Custom bis 1980 gebaut.
Von 1974-1979 gab es noch die einfachere Midnight Special mit geschraubtem Hals und die Custom mit set neck, beide mit einfacherer Schaltung und string through body.

Einige besondere Künstler setzen damals die L6-S ein, wie Santana, Al di Meola, Keith Richards, Price oder Mike Oldfield.

Gibson L6S-1974 Santana 1.jpg

Gibson L6S-Al Di Meola.jpg

Gibson L6S-Keith Richards.jpg

Gibson L6S-Mike Oldfield2.jpg

Gibson L6S-Prince.jpg


Nun aber zu meinem Exemplar aus 1975:

48 Gibson L6-S 1975 18.jpg

48 Gibson L6-S 1975 19.jpg


Der Originalkoffer ist besonders wichtig, weil die L6-S aufgrund der Breite nicht in den Les Paul Koffer passt.
Außen ist er einigermaßen mitgenommen, innen aber nahezu perfekt und frei von unangenehmen Gerüchen.

48 Gibson L6-S 1975 11.jpg


Die Gitarre ist stark gespielt worden, aber neu bundiert und daher perfekt bespielbar.
Ansonsten hat sie aber all das, was unter Charakter, Mojo oder sonstigen Prädikaten geschätzt wird.

48 Gibson L6-S 1975 20.jpg

48 Gibson L6-S 1975 24.jpg

48 Gibson L6-S 1975 33.jpg


Lackrisse kommen hier vom Alter und nicht von Murphy´s Rasierklinge.

48 Gibson L6-S 1975 31.jpg

48 Gibson L6-S 1975 22.jpg


Die Schlagplatte ist nur Original, wenn sie noch die Ziffern beim Drehschalter hat. Die Nachbauten haben das nicht.

48 Gibson L6-S 1975 37.jpg


Und zuletzt noch ein Vergleich mit den bekannten Schwestern, damit man die Proportionen einschätzen kann.

48 Gibson L6-S 1975 39.jpg


Und wie spielt sich das und wie klingt die Gute?

Die Bespielbarkeit ist durch die Neubundierung hervorragend, die Saitenlage niedrig. Gewöhnungsbedürftig und nicht für Wurstfinger geeignet ist allerdings der am Sattel recht schmale Hals. Ich komme gut damit zurecht, aber das mag nicht jedem liegen. Der Hals selbst ist angenehm gerundet, wenn auch flacher als bei R7 oder R9. Den slim taper eine modernen Les Paul wollte ich nicht, aber da ist mir die L6-S wesentlich angenehmer.

Und der Klang? Nicht so fett wie die Les Paul, aber schön rund und klar, ohne unangenehme Spitzen. Das liegt vermutlich auch am Alter und der heftigen Nutzung. Eingespielt im besten Sinne.
Hat aber trotz Ahorn auch nichts mit dem Fender Sound zu tun. Das twängt nicht, sondern bleibt immer glockig.
Für härtere Dinge würde ich die absolut nicht empfehlen, aber dafür durchaus für jazzige Klänge. In der Mitte, beim Blues, bei Clapton Nummern, fühlt sie sich wohl am besten an.
Verzerrt geht natürlich auch, aber da würde ich die Les Paul klar vorziehen.

Alles in allem eine Gitarre mit viel Charakter, Eigenständigkeit und dem Potential, zu den Lieblingsstücken zu gehören.
Noch zu erschwinglichen Konditionen zu haben, wer weiß, wie lange noch.


Ich würde mich freuen, wenn der thread mit weiteren Beispielen dieser Ära belebt wird. Ich hab derzeit nur die eine und kann nicht mehr beitragen.
 
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Wer sich für die Gibson Produktpalette der 70er und 80er interessiert, dem sei auch dieser YT-Kanal hier wärmstens ans Herz gelegt:

https://www.youtube.com/user/MrTrogly

Der gute Austin reviewt hier zwar nicht exklusiv 70er und 80er Jahre Gibsons, aber die Norlin-Ära ist sein besonderes Steckenpferd. Und auch wenn ich kein gesteigertes Interesse an oder eigene Erfahrungen mit solchen Gitarren habe, muss ich doch immer wieder staunen, was der da so alles ausgräbt.

Und: schönes Review, btw ;)
 
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Ja, Troglys Channel ist interessant, er hat auch über die L6-S ein sehr ausführliches Video gemacht:

Sein Demo-Objekt ist ein ganz frühes Exemplar mit den Block-Inlays, ansonsten aber mit meiner identisch.
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Die L6-S User Carlos Santana und Al di Meola waren ja in meiner aktiven Musikerzeit in den frühen 80ern absolute Götter auf der Gitarre.

Aber neben den oben gezeigten gab es noch viele andere L6-S User:

Dave Davies von den Kinks:

Gibson L6S-Dave Davies Kinks.jpg


Rory Gallagher

Gibson L6S-Rory Gallagher 1.jpg


Rich Williams von Kansas

Gibson L6S-Rich Williams Kansas.jpg


Tom Johnston von den Doobie Brothers

Gibson L6S-Tom Johnston Doobie Brothers.jpg


Bei ACDC spielten beide Youngs eine, Angus die Originale:

Gibson L6S-Angus Young ACDC.jpg


... und Malcolm das bekannt gewordene zerschnittene Stück mit double cutaway

Gibson L6S-Malcolm Young ACDC.jpg


Santana hatte ein psychedelisches Design auf einem Exemplar:

Gibson L6S-1974 Santana 5.jpg


Und dann waren da noch Devo, die mir allerdings nichts sagen ...

Gibson L6S-Devo.jpg


Soll also keiner behaupten, die L6-S hätte die Musikgeschichte nicht mit geschrieben.
 
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Furchtbares Teil, habe zuletzt eine gespielt. Wer Freude daran hat, bitte. :) Jedem das Seine. Nicht meins..., klanglich wie optisch.
 
...und was war soo schlimm, dass du die L6-S gleich als furchtbar bezeichnen musst?

Die Schönste ist sie nicht, da gebe ich dir recht - siehe Threadtitel, aber sie hat für mich auch optisch was, vor allem in der stark gebrauchten Form. Eine neue Reissue hätte ich auch nicht gekauft.

Zum Klang - es kommt halt ganz drauf an, was du willst und erwartest. Wenn es für dich nur den Les Paul Sound gibt, dann nimm eine Les Paul und vergiss die anderen.
Aber zu sagen, die L6-S klingt furchtbar, kann ich auch nicht verstehen. Ich finde, dass sie einen wunderbar warmen ausgewogenen Klang hat, nicht fett, aber auch nicht schrill. Eigenständig eben, aber für mich sehr angenehm.

Zur Haptik - zuerst mal verwundert der relativ dünne Body, aber er liegt völlig ausgewogen am Oberschenkel und ist nicht kopflastig wie eine SG oder das Gegenteil, wie die Les Paul. Durch das shaping liegt sie wunderbar am Körper an. Bis auf die geringe Sattelbreite, die Geschmackssache ist, lässt sie sich auch wunderbar leicht spielen.
Man darf nie vergessen, dass die 44 Jahre alt ist. Auch in der Elektrik knistert und kracht absolut nichts.

Also als Gurke kann man diese Gitarre sicher nicht bezeichnen. Everybody´s Darling ist sie sicher nicht, aber gerade das ist ein Teil des Reizes dieser Exoten.
Die Ausstrahlung eines solchen Vintage Instrumentes ist sowieso ganz eigen und mit neuen Gitarren nicht zu vergleichen.
 
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Das gestauchte gefällt mir auch nicht. Sieht irgendwie aus wie ne Paula die mit nem Nudelholz bearbeitet wurde.
Sie dürfte aber deutlich Leichter sein als eine Paula, oder?
 
Schon etwas leichter, aber durch das massive Ahorn auch kein Federgewicht.
 
...und was war soo schlimm, dass du die L6-S gleich als furchtbar bezeichnen musst?

Das Gewicht, der Klang (mehrere klangen leblos, ist nicht die erste L6, die ich angespielt habe), die Optik. Das ist für mich nix ganzes und nix halbes.
Aber wer Spaß an der Gitarre hat, soll ihn sich haben.
 
Deine ist für mich überhaupt kein hässliches Entlein, sondern eher der Schwan unter den Gibsons :great:. Nur der Hals sieht am Sattel wirklich arg schmal aus.
 
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Deine ist für mich überhaupt kein hässliches Entlein, sondern eher der Schwan unter den Gibsons :great:. Nur der Hals sieht am Sattel wirklich arg schmal aus.
Ist aber sehr gut spielbar. Ich habe auch eine Kramer XL-5 aus den 80ern mit dem speziellen Sattel, wo die Saiten noch mal um gut 2mm nach innen rücken, obwohl das Griffbrett gleich breit ist. Das ist für mich grenzwertig und die spiele ich nicht gern bei Stücken, die sich auf den ersten Bünden abspielen.
Bei der L6-S ist das hingegen gar kein Thema - da ist genug Platz und da geht das alles.

48 Gibson L6-S 1975 26.jpg


Die neuen Bünde sind natürlich auch hilfreich, was die Bespielbarkeit betrifft.
Hat denn sonst niemand Gibsons, die ins Thema passen und über die er (sie) gern hier berichten würde?
 
Soweit ich weiß hat @orange_hand sehr viele dieser ungewöhnlichen Gibsons, leider ist er seit Monaten nicht mehr im MB.
 
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Das müsste die Midnight Special sein...
 
Ja, das sollte eine Midnight Special sein. Man sieht zwar beim Video nicht, ob der Hals geschraubt ist, aber die Deluxe, die von vorne ähnlich aussieht, hatte ein Rosewoodgriffbrett.

Da fällt mir gerade auf, dass ich mich oben im ersten post verschrieben habe. Es sollte natürlich Deluxe anstatt Custom heißen bei: "Von 1974-1979 gab es noch die einfachere Midnight Special mit geschraubtem Hals und die DELUXE mit set neck, beide mit einfacherer Schaltung und string through Body."
 
Vielleicht hatten diese Instrumente ihre Zeit. Die gezeigten Künstler deuten auf die 70s hin.
Die Tatsache, daß Leute wie Gallagher und Santana dieses Modell gespielt haben dürfte nicht unbedingt gegen diese Gibson sprechen.
Auch wenn heutige Spieler andere Anforderungen und Klangvorstellungen haben.

Darüber hinaus ist es schön daß uns @fly me to the moon erneut mit tollen Bildern und informativen Texten erfreut...;)
 
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Das finde ich auch !!!
Großes Lob an @fly me to the moon
 
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Heute habe ich die L6-S wieder mal intensiv gespielt und vor ein paar Tagen fast 3 Stunden gemeinsam mit einem Freund, der eine Les Paul gespielt hat.

Sie macht wirklich Spaß und spielt sich sehr angenehm, wenn man sich an den schmaleren Sattel erst mal gewöhnt hat.

Mein Lieblingssound ist die Schalterstellung "2", also Neck PU alleine. Keine Überraschung, weil ich das bei den meisten Gitarren bevorzuge.
 
Hier mal meine Gibson Les Paul Recording von 1971. Schien wohl nie ein wirklicher Verkaufsschlager gewesen zu sein und ist bis heute auch recht unbekannt. Dabei war es Les Pauls eigener Favorit.
Ziemlich interessante Gitarre. Gerade die Schaltmöglichkeiten und die Low Impendance PU's




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--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
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Erst mal reiche ich zwei Bilder meiner 76er L6S (bei damals 6, inzwischen 7 LPs konnte ich mich nicht durchringen, sie zu behalten; sie hat einfach nichts hinzugefügt) und ein paar Infos zum Modell nach

DSC09226.JPG


ab9a_3.jpg


l6-s-controls.png
 

Anhänge

  • L6Swiring.pdf
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  • L6-S.pdf
    428,8 KB · Aufrufe: 261
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(hier ist in der Tat nicht viel los)

Hier mal meine Gibson Les Paul Recording von 1971. Schien wohl nie ein wirklicher Verkaufsschlager gewesen zu sein und ist bis heute auch recht unbekannt. Dabei war es Les Pauls eigener Favorit.
Ziemlich interessante Gitarre. Gerade die Schaltmöglichkeiten und die Low Impedance PU's
Die LP Recording, wie auch ihre Schwestern, die LP Personal (gitarrentechnisch identisch mit der Recording, hatte aber nahe der oberen Schulter eine Schwanenhalsmikrofonhalterung und dafür die Verkabelung bis zum Gitarrenausgang durchgebaut) und die LP Professional (eine etwas abgespeckte Personal - quasi eine Studio im Vergleich zur Custom Shop), waren nie als Massenprodukte gedacht, sondern für absolute Profs und insbesondere Studioarbeit (eben auch wegen der Low Impedanz PUs) konzipiert. Die Idee war: Eine Gitarre für verschiedenste Sounds/Anwendungen. In einer Band brauchte man das damals in den 70s nicht.

Hier erst mal der Vollständigkeit halber meine 73er Recording

IMG_1133.jpg


1970 gab es eine erste Serie/Variante der Recording mit noch einer anderen Elektrik; die beiden Ausgänge waren 1 x low impedance und 1 x high impedance, man halte also hier keinen Schalter zum Umschalten:

365a_3.jpg


So sieht die Personal (und ohne Gold Plating etc. die Professional) aus:

LP Personal 1.jpg


LP Personal 2.jpg




Soundbeispiele kann sich jeder selbst z.B. über YouTube mit den entsprechenden Schlagwörtern suchen.

Und dann gab es noch den Bass (ich glaube Entwistle spielte gelegentlich einen bei Aufnahmen):

lpr_ad_4a.jpg


Bei meinen immer wieder anstehenden Verkaufsüberlegungen war die Recording jeweils ziemlich schnell außen vor: Für mich die bessere Strat und Tele und … Da die Elektrik der Recording im Gegensatz zur Artist-Reihe mit aktiver Moog Elektrik nur passiv ist (für mich ein wahres Schaltungswunder) ist sie nicht so kritisch zu spielen, weil eben leichte Griff- und Anschlag-Fehler nicht "verstärkt" werden. Die Bauqualität und Materialien der Recording sind alleroberste Meisterklasse.
 
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