Uli
Mod Emeritus
Als Backup für meinen Gallien Krueger MB800 suchte ich ein günstiges Topteil ähnlicher Leistung, da ich bisher als Ersatz nur den MB200 hatte, der logischerweise etwas hinter der Leistung des MB800 zurückbleibt. Neben anderen, meist teureren Kandidaten, kam auch das Hartke TX600 Topteil in Betracht, das ebenfalls mit einer modernen Class-D Schaltung daherkommt, als Besonderheit aber eine Röhre in der Vorstufe mitbringt. Als sich eine günstige Gelegenheit bot, griff ich zu und bin jetzt stolzer Besitzer dieses Prachtstücks:
Die Frontseite sieht jetzt nicht so wertig aus wie die des MB800, allerdings auch nicht ausgesprochen billig. Auffällig ist der Tragegriff, den man in die rechte Gehäuseseite integriert hat, was grundsätzlich keine schlechte Idee ist. Da es sich bei dieser Trageposition aber anbietet, das Gerät dann auch auf der linken Gehäuseseite abzustellen, hätte ich dort ein paar Gummi- oder Plastikfüße gut gefunden. So verkratzt man die Seite schnell, wenn man da nicht möglichst gleich zu Anfang selbst nachbessert.
Die Bedienelemente sind übersichtlich und die Frontplatte wirkt nicht überladen, obwohl es auch ein paar kleine Extras gibt. Der Mute-Schalter ist mittlerweile wohl eher schon Standard, der Brite-Knopf für die Höhenanhebung und der Einknopf-Kompressor sind dagegen ein kleiner Luxus, auch wenn ich persönlich mit beiden nicht sehr viel anfangen kann. Der Kompressor mag Sinn machen, wenn man nicht eh schon einen im Floorboard hat, allerdings arbeitet er eher als Limiter, was sicher ganz sinnvoll sein kann und deshalb auch bei anderen Herstellern zu finden ist. Besagter Brite-Knopf erzeugt eine 6dB Anhebung im 10kHz Bereich, die sich primär in stärkerem Rauschen äußert, so an der Box der oder die Hochtöner eingeschaltet sind.
Rückseitig gibt es einen DI Ausgang mit Ground-Lift, der allerdings nur das Signal hinter der Klangregelung bereitstellt, für den Pre Eq müßte man den Klinkenausgang des Röhrenvorverstärkers verwenden. Beim Ausgang kann man zwischen Speakon und Klinke wählen, mittlerweile auch Standard.
Der Kunststoffgriff, der für die 3kg Lebendgewicht locker ausreicht, ist mit ein paar Schrauben schnell entfernt, so kann ich einen Blick ins Innere werfen.
Leider reicht der Blick aber nicht bis zur Röhre, weshalb ich auch die Gehäuseschalen entferne. Die Vorstufenröhre steckt in einer Aluminium-Abschirmhülse auf einer eigenen kleinen Platine. Die Hülse, in der eine kleine Druckfeder steckt, dient gleichzeitig auch als Halterung, damit sich die Röhre nicht durch Erschütterungen aus dem Sockel bewegen kann. Es ist eine 12AX7 des russischen Herstellers Sovtec, der einer der wenigen verbliebenen Hersteller für Röhren ist, allerdings durchaus einen guten Ruf hat.
Nach Einschalten dauert es einen Moment, bis sich die Reglerskalen beleuchten, was aber nicht weiter stört, weil man bis zum Erreichen der Betriebstemperatur der Röhre ohnehin etwas Zeit einrechnen muß. Die Leuchtskalen sind zwar ganz dekorativ, leider hat man aber an der Frontplatte die jeweilige Reglerbeschriftung nicht ebenfalls aus lichtdurchlässigem Kunststoff gefertigt, weshalb man die jeweilige Lage der Regler schon verinnerlicht haben sollte, wenn es mal auf der Bühne dunkel ist.
Zwei Dinge fand ich beim ersten Soundcheck in der Bandprobe bemerkenswert:
- zum einen die unerwartet warme Klangfarbe (die tatsächlich etwas an alte Röhrenamps erinnert) und zum anderen
- der subjektive Eindruck eines (für 600W) erstaunlich geringen Outputs.
Das dauerhafte Betreiben an der Leistungsgrenze hat unter anderem zur Folge, daß der Lüfter nach einiger Zeit auf Hochtouren läuft. Obwohl das recht geräuschvoll ist, stört es im Bühnenbetrieb nicht, dafür sind dort die anderen Geräusche zu laut. Da er einen "echten" Netzschalter hat, sollte man diesen nach der Nutzung nicht sofort abschalten, weil sonst auch der Lüfter sofort ausgeht und die dann sprunghaft ansteigende Wärme möglicherweise Schäden verursachen könnte. Idealerweise also erstmal ohne Eingangssignal ein paar Minuten kühlen lassen, bevor man ihn vom Netz nimmt.
Fazit:
Für kleinere Bühnen ist der Verstärker sicher ideal. Braucht man die angegebene Leistung nicht, ist es ein schöner, handlicher Head für vergleichsweise kleines Geld, der zumindest mir klanglich so gut gefällt, daß ich ihn auf jeden Fall als Backup und für den Proberaum behalten werde.
- Eigenschaft