So, seit Freitag habe ich das Update nun auch.
Und dieses Mal ist das 2.5-Update, auf das ich mich beziehe, tatsächlich neu.
Mal ein
kleines Review für zwischendurch...
Aktuell lässt sich die
Installation nur über das Web ausführen, genauer gesagt über
Novations Components-Patchverwaltung. Da der Browser MIDI unterstützen muss, geht es allerdings nur mit Chrome und Opera.
Oh, und über Facebook oder Google muss man sich auch anmelden. Nervig, schließlich habe ich schon einen Account für Novation und Focusrite. Zukünftige Updater werden das Problem wohl nicht haben: Eine Standalone-Version von Components wurde angekündigt, war allerdings noch nicht für registrierte BS2-Besitzer verfügbar, als ich nachgeschaut habe.
Mit angeschlossener Bass Station 2 kann man das Update dann im Browser ausführen, es wird an das Gerät gesendet und gleich installiert. Sehr kuriose Methode, aber es funktioniert...bei mir zumindest im zweiten Anlauf.
Die
Paraphonie ist ein ziemlich cooles Feature. Oszillator 1 auf Rechteck und eine Oktave nach unten, Oszillator 2 auf Dreieck und schon hat man einen Chiptunes-artigen Split-Sound.
Oszillator 1 kriegt anscheinend standardmäßig die niedrigere Note zugewiesen, Oszillator 2 die höhere. Allerdings erfolgt die Zuweisung nicht streng nach niedrigster und höchster Note, wie man es von manchen monophonen Synths gewohnt ist. Hinter der Zuweisung steckt ein etwas komplexerer Algorithmus, der der Spielweise ein Stück weit zu folgen scheint.
Es ist beispielsweise problemlos möglich, eine tiefe oder hohe Note zu halten und mit der anderen Hand Legatoläufe zu spielen. Selbst wenn alle fünf Finger dieser anderen Hand auf Tasten liegen, bleibt die gehaltene Note unbeeindruckt. Mit etwas Übung funktioniert das ziemlich gut.
In manchen Situationen scheinen die Oszillatoren kurz ihre Rolle zu wechseln, was dann recht irritierend ist, aber mit etwas Anpassung der Spielweise sollte man das in den Griff bekommen.
Hüllkurve und Filter sind natürlich nicht für beide Oszillatoren unabhängig, einen doppelten Monosynth hat man durch das Update also nicht gewonnen. Sounds mit Release sind auch eher kritisch, da beim Loslassen beide Oszillatoren auf die zuletzt losgelassene Taste wechseln, was recht unschön klingt. Zweistimmige Drones gehen dank des "Latch"-Buttons dafür umso besser. Man sollte also bedenken, was mit Paraphonie funktioniert und was nicht.
Das Einstellen/Abstellen des
Filter-Trackings macht in 8 Stufen genau das, was es soll. Gerade bei Lead-Sounds, die nach Vintage klingen sollen, hat mich das bisher immer etwas gestört. Die klingen oben rum jetzt etwas seidiger. Selbst bei zwei nur Oktaven auf der Tastatur merkt man das. Über ein externes Keyboard mit mehr Tasten macht es umso mehr Spaß.
Envelope Retriggering ist ganz nett und erzeugt schnell ein paar ungewöhnliche Rhythmen. Ohne BPM-Sync der Hüllkurven dürfte es allerdings etwas schwer werden, das mit anderen Geräten, vor allem Sequenzern, in Einklang zu bringen. Ein eher experimentelles, aber interessantes Feature.
"
Oscillator Error" ist leider nicht ganz das "Oscillator Drift", das ich mir erhofft hatte und das manche Seiten angekündigt haben. Bei Tastendruck werden beide Oszillatoren zufällig verstimmt, diese Verstimmung bleibt dann aber stabil bis zur nächsten Note. Freilaufende Oszillatoren mit ihren Schwankungen und dementsprechend variierenden Schwebungen (wie sie beim Prophet Rev 2 der "Slop"-Parameter erlaubt) hat die BS2 also noch nicht. Vielleicht ließ sich das auch nicht per Update nachholen, weil die DCOs in ihrem Stimmverhalten zu "streng" sind?
Wer diesen Drift haben will, kann ihn aber - wie bisher - bekommen, wenn er die Tonhöhe eines Oszillators mit einem der LFOs moduliert, und den LFO auf S+H, langsame Geschwindigkeit ohne Key-Sync und mit hohem Slew-Parameter einstellt.
Man sollte erwähnen, dass die Einstellungen von Oscillator Error etwas grob sind. Die erste aktive Stufe ist bei manchen Verstimmungen schon recht deutlich, die höheren Stufen klingen dann ziemlich kaputt. Gerade bei früheren Patches, bei denen die Oszillatoren über den "Fine"-Parameter gegeneinander verstimmt werden mussten, ist zusätzlicher Oscillator Error schnell zu viel des Guten.
Bei neu erstellten Patches ist Oscillator Error dennoch eine gute Idee, die man ruhig als Allererstes aktivieren kann. Sie gefällt mir deutlich besser als die statische Verstimmung über "Fine", die bisher die Standard-Methode war.
Microtuning ist eine Welt für sich...ich werde es wohl auf 440 Hz gleichstufig belassen, aber hier kann man sich ziemlich austoben. 8 Presets gibt es schon, von gewöhnlicher Pentatonik über indische und chinesische Sonderfälle bis hin zu Wendy Carlos' "Super Just Intonation". Über MIDI-Sysex kann man auch eigene Skalen erstellen, allerdings sind die Hexadezimal-Codes dafür etwas kryptisch.
Code:
F0 7F 00 08 02 00 01 45 47 00 00 F7
macht z.B. aus einem A4 ein B4, wie das Handbuch zum Update verrät. Nun...gut zu wissen.
Die
neuen Presets sind ziemlich genau auf dem Niveau der bisherigen, aber zeigen die neuen Möglichkeiten auf. Vieles wird man nicht brauchen, aber das Durchstöbern nach dem Update ist als kleine Einführungstour ganz unterhaltsam.
Die
benutzerdefinierte Begrüßungsnachricht ist eigentlich eine nutzlose Spielerei, die die Zeit fürs Hochfahren verlängert und die sich wohl kaum ein Nutzer gewünscht hat...
...trotzdem liebe ich diese Funktion. Es hat einen gewissen Charme, im Jahr 2018 eine 7-Segment-Anzeige so zu programmieren, dass sie mit Mühe und Not den gewünschten Text anzeigt. Das Display war selbst bei Markteinführung 2013 nicht mehr zeitgemäß und wurde öfters bemängelt. Eine neue Anzeige kann man aber natürlich nicht nachpatchen, insofern gefällt mir, dass Novation hier aus der Not eine Tugend macht.
Bis zu 32 Zeichen kann man über den Bildschirm laufen lassen lassen, dafür kann man wieder auf MIDI-Sysex setzen oder aber - deutlich bequemer - den Components-Editor für exakt diese Nachricht benutzen. Buchstaben (groß und klein), Ziffern, Leerzeichen und Trennstriche kann man dort eingeben und kriegt direkt im Browser angezeigt, wie es auf dem Display aussehen wird. Die fertige Nachricht kann man dann an die BS2 senden und kriegt sie ab dem nächsten Hochfahren angezeigt:
Bei dem Display muss man natürlich mit Einschränkungen arbeiten. Ein "w", "m" oder "v" ist kaum zu erkennen und oft machen Ersetzungen Sinn. Eine 6 sieht zum Beispiel mehr nach "G" aus als die "9", die Components dafür verwendet.
Aber wenn es dann klappt, hat man das Innere seines Synths personalisiert - das gibt es auch nicht all zu häufig, erst recht nicht in der Preisklasse. Mir gefällt es. Vielleicht sind das aber auch nur nostalgische Erinnerungen an die Zeit, als ich mit Klassenkameraden auf Taschenrechnern Nachrichten ausgetauscht habe.
Alles in allem hat sich das Update wirklich gelohnt. In den 5 Jahren seit Einführung hat die Bass Station 2 einiges an Konkurrenz bekommen, mit mehr Features und Mojo, niedrigerem Preis oder - wie beim Filtertracking - weniger Einschränkungen. Da kommt es sehr gelegen, dass Novation sich die am häufigsten genannten Userwünsche zu Herzen nimmt und oben drein noch ein bisschen was extra spendiert.
Ob man damit denn bis zum 25. Jubiläum der ersten Bass Station warten musste, ist eine andere Frage. Aber dem Geburtstagskind sei das mal erlaubt. Solche Updates sind schließlich selten genug und eine Bass Station 3 oder Bass Station 2 Deluxe mit den selben Neuerungen wäre genauso denkbar gewesen. So gibt es die neuen Features für alte Nutzer umsonst und das ist Grund genug zur Freude.
Meine BS2 stand schon öfters mal auf der Abschussliste, weil sie zu wenig genutzt wurde. Aber jedes Mal, wenn ich sie hervorgeholt habe, hatte ich wieder genug Inspiration gesammelt, dass ich sie dann doch behalten habe.
Mit dem neuen Update macht die Kiste mehr Spaß denn je und ich denke, der Synthesizer wird mich noch eine ganze Weile begleiten...
Wer würde schon einen Synth abgeben wollen, der einem bei jedem Hochfahren mit einem Lächeln eine Umarmung anbietet?