Ein Wechsel der Saitenstärke kann viel Gutes, aber auch Schlechtes bewirken.
In welche Richtung das Pendel ausschlägt, hängt sehr stark davon ab, mit wie viel Kraftaufwand man spielt (Greif- und Schlaghand) und in welchem Genre man unterwegs ist.
Anfänger kommen in aller Regel mit sehr dünnen Saitenstärken (7er, 8er) eher nicht zu recht, weil noch häufig mit zu viel Kraftaufwand gespielt wird.
Merkliche Intonationsprobleme sind meistens die Folge. Wenn die Gitarre dann auch noch entsprechend hohe Bünde hat und der Sattel eventuell auch noch etwas zu hoch eingesetzt ist, dann kann das zu einem Intonationsdesaster werden.
Dünnere Saiten können einem aber sehr für ein ausgeprägteres Bending UND (Finger)-Vibrato helfen, vorausgesetzt, dass man den grundlegenden Bewegungsablauf schon ordentlich beherrscht. Insbesondere weites Rockvibrato aus dem Handgelenk und Zeigefinger lassen sich damit besser bewerkstelligen. Und dünnere Saiten zwingen einen förmlich dazu, mit wenig Kraftaufwand zu spielen, was für eine schnellere Gangart ohnehin Voraussetzung ist.
Die Mär von "Dicke Saiten = dicker Ton" wird aus meiner Sicht durch den folgenden Link ziemlich auf den Boden der Tatsachen zurückgeführt:
http://www.jeffperrinmusic.com/blog/string-gauges-of-50-legendary-guitar-players/
Es sind auffällig viele 9er (und auch 8er Saitenstärke) Spieler unter den Top50-Gitarristen (wie die Auswahl erfolgte, weiß ich nicht, aber die Namen sprechen für sich).
Interessant sind meines Erachtens auch Hybridsaitensätze aus 9er und 10er Stärke (z.B. von D'Addario).
Auf den hohen Saiten lässt sich damit einfacher benden bzw. Vibrato spielen (ich meine insbesondere weites Rock-Vibrato und 1 1/2 bis 2 Notenbendings). Die tiefen Saiten sind aber für Powerchords etc. schön volumenstark.
Ich selbst bin vor einigen Monaten auf Fender Malmsteen Signature Electric Strings in Standard-Tuning umgestiegen (bin aber überhaupt kein Malmsteen-Fan. Malmsteen selbst hat seine Gitarre dann auch noch zusätzlich auf Eb gestimmt und spielt mit scalloped Bünden). Der Saitensatz ist eine Mischung aus 8er (hohe E-Saite), 9er (H-Saite) und 10er (tiefe E-Saite) Saiten. Der Wechsel hat mir doch merklich geholfen, mein Vibrato noch zu verbessern.
Musste dadurch aber einige Einstellungen an der Gitarre vornehmen, um keinen merklichen Klangverlust zu erzielen (der erst einmal da ist):
Das Signal, was aus der Gitarre kommt ist dadurch erst einmal schwächer. Das lässt sich aber z.B. durch Veränderung der Pickuphöhe, Änderung der Pedaleinstellungen, Änderung der Ampeinstellungen, Änderungen der Speilweise doch ziemlich kompensieren.
Das ist auch bei Clean/Crunchsounds durchaus machbar. Man muss halt wissen, wo man hingreifen muss und ob ein etwaige "leichte" Klangeinbuße einem die deutliche Verbesserung beim Bending/Vibrato wert ist. Ein Billy Gibbons hat das beim Wechsel auf 7er/8er im Prinzip auch so gemacht, in dem er an der an passenden Stellen seiner Signalkette gegen gesteuert hat.
Beim Wechsel auf merklich dünnere Saiten (z.B. von 10er auf 8er) muss man aber dann (teilweise merklich) auch seine Spielweise ändern. Habe z.B. am Anfang überbendet. Auch bei der Pickinghand sollte man nicht mehr so stark reinhauen, weil die dünenren Saiten schlicht weiter ausschwingen (was klanglich durchaus Fülle bringen kann) und bei schnellen Spielen störend sein kann.
Grüße aus Franken - wolbai