Diese Geräte richten sich immer weniger an den reinen Techniker, sondern an den Musiker/Anwender. Der dann in seinem Kämmerlein sitzt und angesichts all der fachchinesischen Beschriftungen verzweifelt. An einem Knopf namens "Air" traut man sich doch viel eher zu zu drehen als an einem mysteriösen Shelf.
Also, etwas mehr Empathie bitte.
Bitte nicht missverstehen, ich gönne sowohl den Firmen ihren Umsatz, es hängen ja auch Arbeitsplätze dran, und es ist immer besser ´abgedrehte´ (bzw. überhaupt) Preamps zu bauen als Kanonen! Den Anwendern gönne ich auch ihre Zufriedenheit mit ihrer Technik, so sie ihre Bedürfnisse wie auch immer erfüllt.
Nichtsdestotrotz sind die Unterschiede hörbar.
Gut, aber wenn es technisch gesehen tatsächlich die jeweiligen Einsatzfrequenzen sind...
Da der Filter, wie im Bode-Plot zu sehen, schon relativ weit unten bei 2 kHz einsetzt und dann kontinuierlich ansteigt um (wiederum dem Plot nach zu urteilen) bei 20 kHz den Boost von 3/6 dB zu erreichen, muss seine Wirkung hörbar sein. Bei 30 kHz ist der Boost allerdings noch etwas größer, insofern ist die Angabe im Datenblatt wie es bei Thomann auf der Artikelseite angegeben ist, nicht ganz korrekt.
Aber hier wird deutlich, was ich mit "Marketing" in diesem Zusammenhang meine:
Da wie im Plot zu erkennen der Filter eine Glockenkurven-Charakteristik hat,
muss seine Mittenfrequenz mit dem maximalen Boost über 20 kHz liegen, wenn er bis 20 kHz nur sanft ansteigend anheben soll. Würde man seine Mittenfrequenz bei 20 Khz ansetzen, würde die Filterkurve bei gleicher Charakteristik erstens noch tiefer einsetzen und zweitens vor 20 kHz steiler ansteigen.
Da ich unterstelle, dass dieser "Air-EQ" in seiner akustischen Wirkung einem klassischen Kuhschwanz/Shelving-Filter gleich kommt, stößt mir die Angabe der ominösen 30 kHz etwas sauer auf.
Bei einem Shelving-Filter kann man zwar den maximalen Boost bei seiner oberen Flanke angeben, bei Shelving-Höhen-Reglern für Audiozwecke also üblicherweise 20 kHz, aber mehr auch nicht. Angaben für noch höhere Frequenzen machen bei diesen Filtern keinen Sinn.
Selbst auf die Angabe "20 kHz" kann man verzichten, da das ohnehin jedem klar ist, der weiß, was ein Kuhschwanz-/Shelving-Filter ist (so geschieht es ja auch, eine Beschriftung wie z.B. "High Boost" nebst einer Angabe der dB-Schritte an der Stellknopf-Skala, so vorhanden, reicht da völlig aus).
Anders natürlich bei dem Glocken-Filtertyp, bei dem man logischerweise (und durchaus korrekterweise) dessen
Mittenfrequenz angibt, hier also jene 30 kHz. Hört sich aber gleich viel imposanter an, gerade für den technisch
nicht versierten Musiker. Ein technisch Versierter wüsste das einzuordnen und würde das als nichts besonderes betrachten.
Daher rührt mein Eindruck, dass man diese Art Filter für die Anhebung der Höhen mehr oder weniger nur einsetzt, um mit exorbitanten Frequenzangaben protzen zu können. Man könnte auch den tatsächlichen Boost-Pegel bei 20 kHz angeben als der üblich angesetzten maximalen oberen Hörgrenze und den "Buckel" bei der deutlich höheren Mittenfrequenz einfach ignorieren, da Gehör-akustisch irrelevant. Oder halt doch gleich den üblichen Shelving-Filter einsetzen.
Aber genau das wird eben
nicht gemacht, für mich also Marketing.