Ohne Trenntrafo würde ich da erst mal nicht weiter machen ... sonst
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An sich kann das ja ein schönes Projekt sein, so ein altes Radio wieder an´s laufen zu bringen. Gibt denn der Plan einen Hinweis darauf, ob am Chassis Netz anliegen sollte? Kann ich mir aber nicht so recht vorstellen, da die Gehäuse solcher Geräte und alle Bedienelemente nicht vollisoliert oder gar gekapselt sind. Also erst mal den ´Kurzen´ finden. Wobei ich mich erinnere, dass mir mal ganz alte Fernseher begegnet sind, wo am Chassis tatsächlich Netzspannung anlag. Aber da waren die Gehäuse so gestaltet, dass man das Chassis bei der normalen Benutzung nicht berühren konnte.
Möglicherweise handelt es sich auch nur um eine kapazitiv eingestreute "Geister"spannung, die am Chassis anliegt ohne dass Ströme fließen können. Da die sehr hochohmigen DMM´s praktisch keine Last am zu messenden Objekt darstellen, zeigen sie solche Spannungen voll an. Diese Spannungen brechen aber bei der geringsten Last zusammen, was man mit einem hochohmigen Widerstand, z.B. 1 MOhm, der zwischen den Messleitungen angebracht ist, leicht überprüfen kann. Geht damit die Spannung weg, wäre es eine solche prinizipiell ungefährliche eingestreute Spannung.
In dem Fall würde ich an das Chassis für den späteren Betrieb den Schutzleiter anschließen (die alten Geräte hatten in der Regel nur eine zweiadrige Netzleitung und keine "Schutzerde"), dann ist die Spannung weg.
Aber wie oben gesagt, würde ich bei Reparaturen
unbedingt immer (nicht nur) bei diesen alten Teilen mit Trenntrafo arbeiten, auch wenn der Netztrafo im Radio selber die Netztrennung herstellt (kann man leicht am Schaltplan verifizieren). Da liegen einfach zu viele Leitungen und Anschlüsse offen.
Das Kabel, an das sich der Schukostecker verirrt hatte gehört zur UKW-Dipol-Antenne, die oben im Gehäuse angebracht ist, wie Du ja schon selber festgestellt hast. Diese Kabel hatten einen einfachen Stecker mit zwei Bananenstecker-Pins und den sollte man in die UKW-Antennensteckerbuchse hinten am Gehäuse einstecken, wenn man keine Außenantenne hatte, die man ansonsten bevorzugt dort anschloss. Wahrscheinlich war der originale Stecker abgegangen und irgendein Depp hat dann den Schukostecker dran gemacht, weil er vielleicht in die Antennenbuchse vom Maß her irgendwie passte. Sollte den mal jemand wirklich an Netzstrom angeschlossen haben, hat es dann sicher einmal laut geknallt und der Antennendraht wäre hin. Könnte man aber leicht ersetzen, wenn gewünscht. Spuren einer solchen Aktion sollte man aber eigentlich noch finden können.
Ist den die Rückwand noch dabei? Dort waren die Bezeichnungen der Anschlüsse stets aufgedruckt.
Meistens konnte man noch einen externen Lautsprecher anschließen und oft gab es noch einen Phono-Eingang für den Anschluss eines Plattenspielers (den man ggf. als AUX-Eingang verwenden könnte - die Beschriftung der Tasten vorne sollte Aufschluss geben, wenn man z.B. dort auf "Phono" schalten kann). Zwei Eingänge meine ich jedenfalls an der braunen Pertinaxplatte erkennen zu können, die man im ersten Bild unten sehen kann. Das müssten die Anschlüsse für die Antennen sein (für LW konnte man eine zweite Antenne anschließen).
Im Bild von der Unterseite erkennt man zwei weitere Anschlussbuchsen. Die können für a) Lautsprecher und b) Phono sein. Der Schaltplan gibt Auskunft.
Der Ferritstab (im ersten Bild rechts abgebildet, mit eine Spule an einem Ende) ist offensichtlich drehbar. Vielleicht ist dort die Schnur abgegangen, wozu die lose Feder gehört(e). Das ist die MW-Antenne, die üblicherweise bei so großen Empfangsgeräten deshalb drehbar war, um sie zwecks besserem Empfang ausrichten zu können. Dass der große Siebelko mit einer Mutter verschraubt waren, wurde ja schon gesagt und wieder fest ist er ja auch schon. Kannst Du die Kapazität messen? Wenn sie noch o.k. sein sollte, würde ich den unbedingt drin lassen, schon alleine wegen der Optik.
Bei der Reinigung mit Druckluft keinen zu großen Luftdruck einstellen und immer mit einem laufenden Staubsauger dabei arbeiten. Sonst pustet man sich eventuell noch Schmutz in die Gehäuse, wo die Drehkondensatoren zur Frequenzabstimmung untergebracht sind und die mögen Schmutz nicht so sehr.
Der schwarze Belag innen an den Röhren muss nicht auf einen Defekt hinweisen, hast Du ein Labornetzgerät, wo Du den Heizfaden mit 6,3 Volt testen kannst (alle Röhren sollten "E" als ersten Buchstaben haben)?
Ich wünsche jedenfalls toi, toi, toi bei deinem Vorhaben! Kenntnisse sind ja vorhanden, Vorsichtsregeln sind Dir bekannt und ein DMM ist auch vorhanden, sollte also klappen.
Das war - je nach Position des Steckers in der Steckdose - bei (vielen) alten Röhrenradios normal.
Das hier zur Debatte stehende Gerät hat aber einen Netztrafo und meiner Einschätzung und Erfahrung nach sollte da keine Netzphase am Chassis anliegen, egal, wie der Stecker gedreht ist.
Die alten Fernseher, von denen ich oben schrieb, hatten keine solchen Netztrafos, sondern waren schaltungstechnisch direkt am Netz angeschlossen. Die Röhrenheizungen (1. Buchstabe der Kennung war "P") hingen über einen Vorwiderstand in Serie auch direkt am Netz. Solche "Allstromgeräte" ohne Netztrafo gab es wohl auch bei Radios, mir ist aber bisher noch kein Allstrom-Radio begegnet (gibt es wohl auch nur noch in einschlägigen Museen). Bei dem Radio hier handelt es sich aber mit Sicherheit nicht um ein solches "Allstromgerät".
Die Phono-Eingänge dieser alten Radios waren für Schellack-Schallplattenspieler bestimmt. Zu dieser Zeit gab es noch keine Norm für eine Entzerrung wie später RIAA für Vinyl. Der Phono-Eingang sollte also im Prinzip linear sein im Frequenzgang (im Rahmen der damals möglichen Linearität), was ihn als AUX-Eingang durchaus brauchbar machen sollte.