Beispiele für verschiedene Klangerzeugung gesucht

  • Ersteller Jabberwack
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5. Sequential Circuits Drumtraks
Die nächsten, die "Hier!" schrieen und mit einer Drummachine wedelten, waren Sequential Circuits. Das war 1984. Die Drumtraks hatte gute Karten, denn auch wenn die im selben Jahr auf den Markt gekommene Linn 9000 ein Featuremonster war, war sie auch wieder horrende teuer. Und die Drumtraks hatte ihre eigenen netten Features. Zum einen lud SCI geradezu zum Selberbrennen von Samples auf EPROMS ein – standardmäßig kam die Drumtraks mit Samples, die von DMX und LinnDrum abgesamplet worden waren (!). Für richtig guten Sound war also Eigeninitiative gefragt. Dafür beherrschte sie Sequencing auf heutigem Niveau. Während die Linn 9000 immer noch separate Speicherplätze für unterschiedliche Lautstärken desselben Sample verwendete, konnte bei der Drumtraks die Lautstärke pro Sound und Event im Sequencer programmiert werden. Und nicht nur die, sondern auch die Tonhöhe.

Hab ich erwähnt, daß die Drumtraks von vornherein mit MIDI kam – als erste ihrer Art, vor der Linn 9000? Aber gut, SCI selber hat Anfang 1983 mit dem Prophet-600 einen der ersten beiden Synthesizer mit MIDI vorgestellt.

Bis hierhin könnte man das so aufteilen: Linn war der Alleskönner für die Hitmacher. Oberheim war für den Hip-Hop. Und die Drumtraks war für die Frickelnasen im elektronischen Underground.

Eine Referenzsongliste für die Drumtraks aufzustellen, ist folglich noch schwieriger als für die DX, denn die Drumtraks "imitierte" im Grunde nur die Maschinen von Linn und Oberheim – wie gesagt, außer man brannte sich seine eigenen Samples oder ließ brennen.
Es gibt einen Song, der richtig gut zeigt, was die Drumtraks gut kann: "Kiss" von Prince & The Revolution. Diese frickelige Hi-Hat ist kennzeichnend für die Drumtraks – die Werkspatterns klingen ganz ähnlich.

Okay, nun die beiden Drummachines, auf die alle gewartet haben.

Roland TR-808
Spätestens seit der Acid-House-Welle, ausgelöst 1987 von "Acid Tracks" vom Chicagoer DJ-Trio Phuture, ist die von Kakehashi-sama persönlich entwickelte 808 die Mutter aller Drummachines und die meistgeklonte ihrer Art. Sie kam in etwa zwei Jahren Bauzeit auf fast die gleiche Stückzahl wie der Minimoog in elf Jahren (12.000 Stücker), beide sind aber extrem gesucht und teuer.

Eigentlich war sie bei Erscheinen hoffnungslos veraltet mit ihrer vollanalogen Klangerzeugung. 1980 gab es schon die Linn LM-1, auch wenn die horrende teuer war. 1981 kam die Oberheim DMX, die nur etwa die Hälfte kostete. Und die Dinger gaben technologisch den Ton an. Allerdings kostete die 808 nur etwa die Hälfte einer DMX. Im Gegensatz zur TB-303, mit der man bis 1987 wirklich nichts anfangen konnte, war die 808 eigentlich immer irgendwie da, meist im Hip-Hop-Underground, und manchmal brach sie in den Mainstream durch.

Daß sie nicht wie eine echte akustische Schießbude klingt, hat letztlich kaum jemanden wirklich gestört – denn um so mehr klang sie, na ja, wie eine 808. Während die DMX den Funk in den Hip Hop brachte, brachte die 808 das Fett. Bis zur ultradeepen "UUUuuuuuuuummmm"-Kick sollte es zum Glück noch eine Weile dauern.

Berühmte 808-Tracks:
  • Afrika Bambaataa & the Soulsonic Force – "Planet Rock"
    Schon anno '82, als die 808 noch gebaut wurde, schnappte sich der Hip-Hop-Papst Arthur Baker eine davon, programmierte erstmal den typischen Beat aus Kraftwerks noch fast neuem Album Computerwelt nach und stellte fest: Das ist ja richtig funky! Darauf baute sich dann "Planet Rock" auf – und nicht nur das, denn "Planet Rock" zog eine ganze Welle an Hip-Hop-Nummern mit identischen oder ähnlichen Beats nach, etliche davon wieder von Baker.
  • Marvin Gaye – "Sexual Healing"
    Die 808 kann sogar Soul-Schmachtfetzen. "Sexual Healing" steht exemplarisch für die verfrickelten Patterns, die man der 808 Mitte der 80er gern entlockte.
  • Phil Collins – "One More Night"
    Ja, auch Phil hatte eine 808. Als Schlagzeuger. Aber was Drummachines anging, war Phil Collins in den 80ern fast so besessen wie heute Moby.
  • Whitney Houston – "I Wanna Dance With Somebody"
    Hier hören wir besonders im Intro, aber auch in den Refrains die typische 808-Percussion: die Handclaps und die sogenannte Cowbell. Noch im selben Jahr (1987) lernte die 808, die Leute richtig auf die Tanzflächen zu treiben.
    [*]Pet Shop Boys – "West End Girls" (1984)
    Die Urfassung des ersten Hits von Neil & Co. zeichnet sich dadurch aus, daß ebendiese Percussion per Hand eingehämmert wurde, während eine Linn LM-1 stur immer denselben Beat fuhr.
    [*]Jean Michel Jarre – "Fourth Rendez-vous"
    Der wohl geradeste 808-Beat überhaupt. Elf Jahre später, auf der Oxygène 7–13, kam die 808 in den 90ern an.


Roland TR-909
Die 1983er Nachfolgerin der 808 konnte schon zur Hälfte Samples. Sie kostete dasselbe wie die 808, aber 1983 war kaum jemand mehr bereit, für eine immer noch derart unrealistisch klingende Drummachine, der obendrein der Druck der 808 fehlte, zwölfhundert Dollar hinzulegen. Die 909 drückte anders, aber dieses Drücken wurde eigentlich erst ein halbes Jahrzehnt später interessant. Im Grunde war die 909, von der immer noch 10.000 Stück unters Volk gebracht wurden, nur eine Zwischenstufe zu den voll samplebasierten TR-707 und TR-727. Besonders markant fallen bei der 909 die Snare und die Hi-Hats aus, die einen Einsatz jenseits von Dance-Stilen erschweren.

Richtig zu Ruhm kam die 909 erst in der großen Acid-, Techno- und House-Zeit ab den späten 80ern. Stellvertretend dafür eine der ersten 909-Nummern, die es in die Charts schafften:
  • Madonna – "Vogue"
    In jener Zeit kokettierte Madonna mit dem Bar-Jazz der 30er Jahre, denn sie spielte eine der Hauptrollen in der Comicverfilmung Dick Tracy, in der sie auch mehrere Songs hatte. Die fanden allerdings nicht ihren Weg auf den offiziellen Soundtrack, denn Madonna brachte ihr eigenes "Album zum Film" heraus: I'm Breathless. Die große Hit-Single stach allerdings stilistisch heraus: "Vogue", eine glitzernde House-Nummer, die mit damals üblichen House-Klischees nicht gerade sparte. Die TR-909 war in ihrem Element, noch dazu traf sie auf das berühmte Piano der Korg M1, das endlich seinen natürlichen Lebensraum gefunden hatte.
Dann wären da noch:
  • Phil Collins – "Take Me Home"
    Phil hat das schon richtig gemacht. Wer 808 sagt, muß auch 909 sagen, besonders auf dem Drummachine-Schaulauf-Album No Jacket Required. Die 909 in einer so ruhigen Nummer einzusetzen, klappte nur, indem die Snare gar nicht verwendet wurde.
  • Phil Collins – "Sussudio"
    Mit Programmiertricks und Processing kann man die 909 zu etwas bändigen, das mit Earth, Wind & Fires legendären Phenix Horns in denselben Song paßt. Doch.
  • Adamski feat. Seal – "Killer"
    Daß da eine 909 am Werk ist, merkt man sofort, wenn die Hi-Hat einsetzt und Fransen in den Mix schneidet.
  • Jean Michel Jarre – Chronologie
    In der Ära des House kam auch der Meister nicht um die 909 herum und setzte sie sehr artgerecht ein.
Fun fact: Doktor Avalanche, die Drummachine der Sisters Of Mercy, war sowohl eine TR-808 als auch darauffolgend eine TR-909. Als Nachfolger der 909 konnten die Sisters sich immer noch nur eine Oberheim DMX leisten.


Martman
 
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Reaktionen: 2 Benutzer
Toller Überblick für Einsteiger und Interessierte! Vielen Dank dafür.

Mal eine Frage am Rande, was ist wenn man als Orgelmensch bzw. Keyboarder diese Drumpatterns mal nachbauen möchte.
Wie geht man da als Mensch ohne Ahnung von Schlagzeug heran? Raushören/Filtern? Oder gibt es irgendwo eine Art Nachschlagewerk für Drummachines?
 
Bei so bekannten Beispielen wie den oben genannten ist es wahrscheinlich am einfachsten nach "<Songtitel> drum pattern" im Netz zu suchen. Alternativ nach MIDI oder Guitar Pro Dateien für den Song. Letztere enthalten oft auch das gesamte Arrangement und können mit dem Open Source Programm Tuxguitar angesehen und in MIDI umgewandelt werden.
 
Manchmal hat man das Glück, und irgendjemand hat genau von der Nummer eine Grafik mit dem Pattern erstellt, die man mittels Bildersuche online finden kann. Die gibt's aber nicht überall.

Oder jemand hat berühmte Patterns direkt auf einer Drummachine nachgebaut, für gewöhnlich auf genau dem Modell, das im Original gemacht wurde, und die dann auf YouTube gestellt. Beispielsweise sollte es mindestens zwei Videos geben, wo jemand auf einer Linn LM-1 diverse Prince-Patterns ("Let's Go Crazy", "When Doves Cry", "1999" etc.) nachgebaut – natürlich nur Sachen, für die Prince selbst die LM-1 verwendet hat. Oder 80er-Jahre-Hip-Hop-Klassiker auf der TR-808 (bzw. einem guten Klon) oder der Oberheim DMX/DX. Da gibt's dann aber keine wie auch immer geartete optische Darstellung, sondern man muß das Pattern raushören (was einfach geht, weil da meistens wirklich nur die Drummachine spielt).

Natürlich sollte man dann schon wissen, was eine Bass Drum/Kick Drum ist, was eine Snare Drum ist, was eine Hi Hat ist usw., manchmal auch, wie sich was auf welcher Drummachine anhört. Die Cowbell auf einer TR-808 hört sich beispielsweise nicht mal annähernd nach einer Kuhglocke an, und gerade deswegen muß man wissen, daß dieser komische elektronische Percussionklang eine Cowbell sein soll.

Ich befürchte auch, daß sich nicht jedes Pattern problemlos übertragen läßt auf eine elektronische Orgel bzw. ein Arranger-Keyboard mit eher generischen Drumsounds. Zum einen hat man nicht zwingend immer alle Sounds, die man bräuchte.

Zum anderen ist es gerade bei Patterns, die im Original von analogen Drummachines kommen – aber nicht nur da –, so, daß sie mit irgendwelchen generischen Sounds (vor allem mit noch relativ neuen Samples eines richtigen Schlagzeugs) nicht richtig "zünden" oder gar überhaupt nicht funktionieren. Beispiele:
  • Ein Killerfeature der (digitalen, samplebasierten) Linn LM-1 ist, daß man die "Tonhöhe" von jedem einzelnen Sample sehr drastisch verstellen kann. Das hat einen sehr eigenen Klang. Ein Beispiel wäre da Prince, der bei Songs wie "1999" den Rimshot extrem nach unten gestimmt hat, so daß daraus fast schon ein ganz eigener Sound wurde. Mit den unveränderlichen Rimshots, wie man sie in den Rhythmusgeräten von Arranger-Keyboards und Orgeln vorfindet, kommt man da nicht mal in die Nähe, und man wird auch lange und vergeblich nach etwas suchen, was auch nur so ähnlich klingt. Eigentlich kommt man da nur hin mit einem Drumsampler und einem Sample eines schon fertig nach unten gepitchten LM-1-Rimshot.
  • Wenn man versucht, mit gesampletem Naturschlagwerk das Pattern von "Oxygène 2" bzw. "Oxygène 4" von Jean Michel Jarre nachzubauen (stammt von einer vollanalogen Korg MiniPops-7), wird man entweder auf das Problem stoßen, daß man keine Cuica hat, oder auf das Problem, daß die sogenannte "Cuica" in der MiniPops-7 mit einer echten Cuica nur extrem entfernte Ähnlichkeit hat – und eine gesamplete echte Cuica an dieser Stelle überhaupt nicht geht.
  • Generell die analogen, überwiegend presetbasierten Rhythmusgeräte der 70er Jahre mit ihrem primitiven, grindig-kitschigen Klopfgeist-Charakter. Sei es das, was ein Sly Stone ("Family Affair") oder Timmy Thomas ("Why Can't We Live Together") mit dem Maestro Rhythm King gemacht hat, seien es die Roland-CR-68/78-Eskapaden von Blondie ("Heart Of Glass") oder Phil Collins ("In The Air Tonight"). Da ist die genaue Figur, die da läuft, kaum wichtiger als der Sound der Kiste. Mit dem abgespielten HiFi-Klang einer echten Schießbude kann man das vergessen.
  • House im allgemeinen. Daß dem generischen Schlagwerk der eigenen Tischhupe die Schärfe der Snare und der Hi-Hat einer TR-909 fehlt, kann man sich noch schönreden. Aber eine gesamplete echte Bass Drum ("Bupp") kann so eine typische ultratiefe, lang ausklingende Wummer-Bass Drum aus einer TR-808 ("UUUuuuuuuuuuummm") nicht ansatzweise ersetzen.


Martman
 
Du vergisst, dass heute gängige "Tischhupen" (wann lernst du endlich mal, diese Geringschätzigkeit abzulegen?) durchaus nicht nur "Naturschlagwerk" im Samplevorrat haben, sondern durchaus auch typische DM-Sounds. Nicht alle einzelnen natürlich, aber durchaus etliche. Man muss also gar nicht versuchen, eine "echte" Bassdrum nach "Ummmm" klingen zu lassen - man nimmt einfach das "Ummmm" als Basis, das es in mindestens 2-3 Variationen sogar in den billigsten GM-Schleudern gibt.
Oder man sucht und findet im Netz die Originalsamples so ziemlich jeder Drummachine, die je gebaut worden ist und verwendet die, wo nötig...
 
Wieviele Arranger (außer absoluten Topmodellen) und vor allem wieviele Heimorgeln aus nicht deutscher Fertigung (um zigtausend Euro schwere Schiffe von Wersi außen vor zu lassen, die theoretisch in der Lage wären, NI Maschine zu fahren)...
...haben einen Drumsampler eingebaut?


Martman
 

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