Bei den 12 schwarz-weißen Tasten, die wie bei einer Klaviatur angeordnet sind, und der Möglichkeit, Oktavlage und Legato einzustellen, würde ich stark auf einen Sequencer tippen.
Falls du mit Synthesizern nicht vertraut bist: ein Sequencer erlaubt es, Noten einzugeben, die dann in der eingegebenen Reihenfolge wieder ausgegeben werden. So kann man zum Beispiel ein Riff programmieren, welches dann auf Knopfdruck von einem angeschlossenen Synthesizer endlos abgespielt wird. Dadurch hat man in der Regel ein gleichmäßigeres Timing, als wenn man selbst spielt, und kann dazu noch die freien Hände für andere Dinge nutzen, z.B. um den Klang des Synthesizers zu verändern.
Dass das Gerät selbst Klang erzeugt, glaube ich weniger. Die vielen Ausgänge würden zwar zu einer Drum Machine passen, aber Drum Machines, deren Sounds chromatisch über 4 Oktaven programmiert werden können, die dafür jedoch keine Möglichkeiten zum Stummschalten der einzelnen Drums bieten, kenne ich nicht. Das wäre recht unpraktikabel. Zumal das Gerät nicht einmal einen Volume-Regler hat, was bei einem synthetischen Klangerzeuger eigentlich absolut notwendig ist.
Tempo, Tonhöhen über 4 Oktaven, Notenlängen von ganzen Noten bis 16tel, Gate und Legato…das wäre alles schon typisch für einen Sequencer. Das Display lässt erahnen, dass sich da auch mehrere Sequenzen speichern lassen, weswegen ich annehme, dass das Gerät digital ist.
Stellt sich natürlich die Frage: wozu die ganzen Anschlüsse?
Bei den 6,3mm(?)-Anschlüssen müsste ich raten. Denkbar wären 5 Zweier-Paare, die jeweils Pitch/CV und Gate ausgeben, also ein Signal für die Tonhöhe der Note und eins, um zu signalisieren, dass gerade eine gespielt wird. Bei einer Note im "Legato"-Modus könnte dann nur Pitch, aber nicht Gate gesendet werden, wodurch sich nur die Tonhöhe ändert, aber nicht eine neue Note ausgelöst wird…zumindest würde das zur Spielweise passen. Analog dazu wäre es denkbar, dass man mit dem "Gate"-Knopf programmiert, dass nur Gate gesendet werden soll. "Single" könnte dann vielleicht beides senden, also eine einzelne Note.
Das würde natürlich die Frage aufwerfen: warum 5 Zweier-Paare? Zwar wäre ein 5-spuriger Sequencer (das heißt: 5 verschiedene Sequenzen gleichzeitig) recht großzügig bemessen, aber für ein High-End-Modell auch nicht überraschend. Der Roland MC-8 von 1977 hatte beispielsweise schon 8 Spuren mit jeweils einem Zweier-Paar. Das wäre also nicht allzu abwegig. Aber beim Bedienfeld dürfte es eher schwer werden, fünf parallele Spuren zu programmieren…
Selbst bei 5*2 Ausgängen für den Sequencer bliebe natürlich noch einer übrig. Denkbar ist, dass sich ein Fußschalter oder ähnlicher Controller anschließen lässt, mit dem sich beispielsweise Start/Stop auslösen oder zur nächsten Sequenz wechseln lässt.
Aber ohne Beschriftung ist das natürlich - wie das meiste in diesem Beitrag - Spekulation. Wobei ich mindestens ein CV/Gate-Zweierpaar vermute, das wäre für einen solchen Sequencer das Minimum.
Zu guter Letzt der runde, schwarze DIN-Anschluss mit der länglichen, silbernen Umrandung, der heraussticht. MIDI wird es vermutlich nicht sein.
Das sieht nämlich anders aus und kommt mit 5 statt 7 Polen aus. Es wäre zwar möglich, dass man mit Adaptern oder ungenutzten Polen arbeitet, aber für MIDI wäre das eher die Ausnahme.
7-Pol-Din-Anschlüsse könnten theoretisch für einiges genutzt werden…womöglich gab es zu deinem Gerät noch ein zusätzliches Interface, um ihn über einen Computer oder Ähnliches zu programmieren. Synchronisation mit anderen Geräten (unter Umständen nur des selben Herstellers) würde aber bei einem Sequencer auch Sinn machen.
MIDI würde ich jedenfalls ausschließen. MIDI-Drum Machines und -Sequencer kamen auch erst 1983 wirklich auf den Markt und waren selbst dann noch nicht bei jedem Instrument eingebaut, wurden für Sequencer aber ziemlich unentbehrlich.
Insofern würde ich fast darauf tippen, dass dein Exemplar aus der Zeit vor ~1984 stammt. Aber auch nicht zu weit davor. Digitaler Speicher war selbst Ende der 1970er noch relativ teuer und bei Musik-Zubehör nicht unbedingt weit verbreitet.
Beim Design mit den Holz-Seitenleisten sowie den Tasten mit abgesenkten oberen Enden und roten LEDs würde ich das Alter auch etwa auf Ende der 1970er, Anfang der 1980er schätzen. Es erinnert in diesen Punkten optisch ein bisschen an den
Sequential Circuits Prophet-5 (1978).
Aber bevor du einen Zusammenhang vermutest: das ist wohl auch die einzige Gemeinsamkeit. Wäre dein Gerät von Sequential Circuits, würde es dessen Schriftzug recht prominent tragen. Die Schriftarten, die auf deinen Fotos zu sehen sind, würden auch nicht wirklich dazu passen. Und die Sequencer, die Sequential Circuits damals im Angebot hatte, sahen auch deutlich anders aus.
…
Dein Gerät habe ich jedenfalls noch nie gesehen. Deswegen sehr viel Mutmaßungen meinerseits, aber nur anhand von Bildern ist mehr gerade nicht drin.
Ein Name oder eine Herstellerangabe steht nicht drauf? Falls du ihn aufschraubst, findest du vielleicht auf den Platinen im Inneren einen Hinweis. Und die Funktion der Anschlüsse sollte sich so auch eingrenzen lassen. Aber lieber nur machen, wenn du ihn nachher auch wieder zusammensetzen kannst.
Über das Signal an den Ausgängen könnte man die Funktion auch ermitteln, wenn man passende Synthesizer oder zumindest entsprechende Messwerkzeuge besitzt.
Was altes Recording/Sequencer-Equipment angeht, hat
@Moogman vielleicht ein bisschen was dazu zu erzählen, vielleicht hat der dein Gerät ja schon mal gesehen.