[Amp] Palmer EINS - Class A Röhrenverstärker

escarbian
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Palmer EINS - Class A Röhrenverstärker


Vorgeschichte:

Okay, der Kleine ist jetzt nicht mehr wirklich neu, aber da ich schon das Review zum Palmer DREI geschrieben hatte, und dieser kleine Amp hier im MB bisher nicht wirklich beachtet worden ist, habe ich mich entschlossen, dem Palmer EINS auch noch ein Review zukommen zu lassen. Vielleicht interessiert es ja doch noch den ein oder anderen hier im Board.
Kleine Röhren-Tops, aka Lunchbox- oder Brotbüchsen-Amps, sind in den letzten Jahren sehr in Mode gekommen, wobei hier beim Palmer EINS die Angabe Lunchbox schon fast wieder eine Übertreibung ist, denn der Winzling hat wirklich sehr kleine Abmessungen.
Herausgekommen war der Palmer EINS schon im Jahr 2013, aber im Gegensatz zu seinem größeren Bruder ist er immer noch in Produktion.
Mein geschätzter Palmer DREI war letztlich neben der Neugierde auf die Zusatz-Features auch der Grund, weshalb ich bei einem günstigen Second-Hand-Angebot nicht lange gezögert habe, um ihm (ohne wirkliche Notwendigkeit ;) ) sein kleines Brüderchen zur Seite stellen zu können.


Details und Ausstattung:

Das Äußere mit seinem etwas spröden Charme eines technischen Messgerätes der 1960er Jahre teilt er mit seinem größeren Bruder, dem Palmer DREI. Technisch hat der einkanalige Amp allerdings einige kleine Details unter der Haube zu bieten, die beim DREI nicht anzutreffen sind. Hiermit sind weitere Ausgänge gemeint, die es erlauben, den Palmer EINS besser in seine Umgebung einbeziehen zu können. Natürlich kann man den Palmer EINS ganz normal per Lautsprecher-Ausgangsbuchse wahlweise an ein 8 Ohm oder 16 Ohm Cabinet anschließen. Darüber hinaus bietet er aber einen DI-Ausgang ("Simulated Output") an, mit dem man ihn direkt, zum Beispiel für Recording-Zwecke, mit einer DAW oder einem Audio-Interface verbinden kann. Hierzu verfügt er über eine integrierte Lautsprecher-Simulation und eine eingebaute passive Load-Box, sodaß man auch ohne angeschlossenes Cabinet arbeiten kann. Die Technik hierfür stammt aus der Palmer-eigenen DI-Box PDI-09, wobei im Palmer EINS die Klangcharakteristik "normal" der PDI-09 verwendet wird.
Als weitere Besonderheit gibt es einen Hi Z-Ausgang, der es ermöglicht, das komplette Signal der Röhrenschaltung wie einen "Vorverstärker" an eine Endstufe oder einen beliebigen anderen Verstärker weiterzugeben. Oder man verwendet den Palmer EINS einfach wie ein Röhren-Overdrive-Pedal für's Pedalboard. Falls man ein Pedal mit integriertem Effektweg (Effekt-Loop) besitzt, empfiehlt es sich, den EINS dann direkt in diesen Effektweg einzubinden, um mit der Volume-Regelung flexibel zu bleiben.

Der Zwergen-Amp kommt gut verpackt mit ausführlichem zweisprachigem Manual. Wie schon vom Palmer DREI gewohnt, ist das Material und die Verarbeitung des in Deutschland hergestellten Amps grundsolide. Das Gehäuse besteht aus stabilem 2,5 mm Stahlblech. Mit seinen Abmessungen von 20,6 x 12,8 x 10,8 cm (BxTxH) und seinen leichten 2,47 kg ist er beinahe überall unterzubringen.
Frontseitig zeigt sich der Palmer EINS sehr übersichlich und aufgeräumt: neben der links angeordneten Eingangsbuchse findet sich je ein Regler für Volume und Tone. Dazwischen ein Taster für die Boost-Funktion der Vorstufe. Ganz rechts befindet sich der Netzschalter mit einer Betriebsleuchte.
Auf der Rückseite bietet der Palmer einen Spannungswähler (110 oder 230 V), sowie die oben erwähnten DI- und Hi Z-Ausgangsbuchsen. Daneben je eine Klinkenbuchse für 8 oder 16 Ohm Speaker-Cabinets. Alle 6,35 mm Klinkenbuchsen sind sehr solide aus Metall gefertigt und verschraubt.
Lüftungsschlitze vorne und hinten sorgen für eine ausreichende Belüftung der Röhren.

Nun zur Leistung: 1 Watt .. .. !?! Da wird erstmal manch einer müde lächeln. Aber 1 Watt Class A können ganz schön laut werden! Die Leistung bezieht der EINS standardmäßig aus einer ECC83 Vorstufenröhre (V1) und einer ECC82 für die Endstufe (V2). Er benutzt also eine sonst für Vorstufen vorgesehene Röhre auch in der Endstufe. Es können dabei in der V1 auch ECC81 und weitere Kombinationen in V2 mit ECC81, ECC82 und ECC83 erfolgen und damit die Klangeigenschaften modifiziert werden. Hierfür kann die schwarze Haube des Amps nach Lösen von je zwei seitlichen Inbus-Schrauben abgehoben werden (siehe Bilder).
Ich gebe hier definitiv keine Empfehlung ab, dies zu tun, wenn man sich nicht absolut auskennt, was man tut. In einem Röhren-Amp können trotz gezogenem Netzstecker weiterhin lebensgefährlich hohe Spannungen anliegen!

Zu den Röhren-Kombinationen gibt Palmer im Manual folgende Informationen:
  • V1: ECC83 - V2: ECC83: Leiser, verzerrt viel schneller, einiges mehr an Gain, Leadsound.
  • V1: ECC83 - V2: ECC81: Lauter als Variation „1“, leiser als die Standard Konfiguration, mehr Gain, zerrt etwas schneller.
  • V1: ECC81 - V2: ECC82: Bleibt etwas länger clean, etwas mehr Headroom, dunklerer Zerrsound.
  • V1: ECC81 - V2: ECC83: Leiseste Konfiguration, Zerrt etwas später als Variation „1“, Zerre lässt sich sehr fein regeln.
Die Gleichrichtung findet auf Halbleiter-Basis (solid state) statt.


Bilder:

Palmer-EINS-2.jpg


Die sehr übersichtlich gestaltete Front.



Palmer-EINS-4.jpg


Und die Rückseite mit Simulated Output (DI) und Hi Z Output neben den Ausgängen für 8 und 16 Ohm Speaker-Cabinets.



Palmer-EINS-9.jpg


Beim Blick unter die Haube links die V1 mit einer ECC83, rechts die V2 mit einer ECC82.



Palmer-EINS-10.jpg


Gut sichtbar das Palmer PSM09 Sound-Modul für den Simulated Out (DI) Ausgang.



Palmer-EINS-13.jpg


Mit glimmenden Röhren.



Palmer-Amps-10.jpg


Und hier noch ein Bild zu der Größenrelation von Palmer EINS und Palmer DREI.




Bedienung und Klang:
Gleich zu Beginn der wichtige Hinweis: der Palmer EINS hat keinen Master-Regler! Man sollte sich also im Klaren sein, wo der hauptsächliche Einsatzbereich des Amps liegen wird: Wohnzimmer-Übungs-Amp, oder Proberaum? Wenn man zuhause Amp-Zerre haben will, sollte einem bewußt sein, daß es auch bei 1 Watt sehr laut wird. Dagegen dürfte es im Proberaum schwierig werden, bei höherem Volume noch einen Clean-Sound zu bekommen. Gewisse Anpassungen sind durch die Verwendung anderer Röhrenkombinationen (siehe oben) möglich, dies habe ich aber nicht ausprobiert. Bei mir kommt der Palmer EINS nur zuhause zum Einsatz.
Mit dem Volume-Regler stellt man sich zunächst einmal die gewünschte Lautstärke ein. Damit ist der Zerrgrad dann mehr oder weniger vorgegeben, kann aber durch die Boost-Funktion der Vorstufe noch angeblasen werden. Auf "Wohnzimmer-Lautstärke" (Volume bis ca. 10-11 Uhr) bleibt der Amp noch weitgehend clean, insbesondere mit Single-Coil-PUs. Das Volume oberhalb von 12-13.00 Uhr ist mir zuhause definitiv zu laut. Den Grundton des EINS würde ich als eher neutral bezeichnen, das heißt, er klingt jetzt nicht wie ein typischer Vox-, Marshall-, Mesa-, o.a.-Amp . Im Zusammenspiel mit entsprechenden Effekt-Pedalen läßt sich aber auch bei gemäßigter Lautstärke fast jeder Sound von kräftigerem Crunch bis zu Hi-Gain produzieren. Zum Beispiel kann ich mit meinem KHDK Dark Blood Distortion einen sehr druckvollen Hi-Gain Sound erreichen, den man aus dem kleinen Amp gar nicht vermuten würde. Er ist also eine sehr gute Basis für die Verwendung von Effekt-Pedalen. Wenn man jetzt nicht unbedingt einen Clean-Sound braucht, ist der Kleine sicher auch gut für manchen Proberaum oder auch Bühnen-Auftritt, denn man kann ihm ja mit einer Endstufe oder PA noch entsprechende Power verleihen.
Der Palmer EINS reagiert sehr direkt und dynamisch auf den Anschlag. Mit dem Tone-Regler läßt sich der Höhenanteil sehr gut regeln, was sich insbesondere im Boost-Modus von Vorteil zeigt. Der Boost liefert einen merklichen Gain-Schub mit Betonung der Höhen.
Der Klang des DI-Ausgangs (Simulated Output) in eine DAW läßt sich zu einem recht brauchbaren Sound anpassen. Die Cab-Simulation klingt ansprechend, man kann den EINS also ganz gut für Recording verwenden.
Die Verwendung des EINS als Röhren-Overdrive-"Pedal" mittels des HiZ-Ausgangs in die Pedalkette, oder direkt in einen Amp (oder eine Endstufe) bringt ebenfalls klanglich gute Resultate. Um die Anpassung des Setups flexibel zu gestalten, ist es aber sinnvoll, den EINS in ein Pedal mit einer Effekt-Loop einzubinden, denn sonst ist Sound und Lautstärke des gesamten Signals vom Volume-Pegel des EINS abhängig. Mir persönlich würde aber der Signalweg mit der ganzen Verkabelung zu komplex werden. Deshalb verwende ich den Palmer EINS nur als sehr flexiblen und unkomplizierten Übungs-Amp mit Pedalboard.

Zum Sound gibt es einige gute Demo-Videos bei YouTube. Insbesondere das erste Video von Thomas Schuber zeigt ausführlich die klanglichen Eigenschaften des Palmer EINS sehr gut auf.



Soundbeispiele auf YouTube:


GearGossip (Thomas Schuber)




David Wallimann




SonicFrogTV




Palmer Instruments




Palmer Instruments






Fazit:
Der Palmer EINS ist für mich ein sehr vielseitig einsetzbarer und aufgrund seiner geringen Größe sehr mobiler und unkomplizierter (Übungs-) Amp. Dank seiner zusätzlichen Ausgänge (DI Simulated & Hi Z) und der integrierten Load-Box eignet er sich auch für einfaches und schnelles Recording ohne mikrofoniertes Cabinet oder als Soundquelle für weitere Amps oder Endstufen. Im Clean-Bereich ist er gerade auch in Kombination mit Pedalen wunderbar zuhause einsetzbar, wo deutlichere Amp-Zerre aber mangels eines Master-Reglers kaum auf tolerablem Lautstärkeniveau erreichbar ist. Mit entsprechenden Pedalen geht jedoch (fast) alles, und es lassen sich sehr vielfältige Sounds bis in Hi-Gain-Bereiche in dynamischer Röhrensound-Qualität aus dem Palmer EINS herausholen.


Pro:
· kraftvoller Class A Röhrensound
· variable Einsatzmöglichkeiten durch DI-Ausgang und Hi Z-Ausgang
· integrierte Loadbox
· solide Verarbeitungsqualität
· Größe und Gewicht
· gutes Preis-Leistungsverhältnis

Contra:
· kein Master-Regler (daher Amp-Zerre im Wohn-/Musikzimmer eher nicht realisierbar)
· (ein Kopfhörer-Ausgang zum leisen Üben wäre genial gewesen)


Preis:
UVP: 259,-- Euro
Ladenpreis 199,-- Euro


Link zur Hersteller-Webseite:
http://www.palmer-germany.com/mi/de/EINS-1-Watt-Vollr_oumlhren-Gitarrenverst_aumlrker-PEINS.htm

Conflicts of Interest: keine


Vielen Dank für's Lesen.
Fragen und Anmerkungen sind gerne willkommen.
Gruß, Helmut
:hat:
 
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Für dieses liebvolle Schätzen und (Wortspiel) "Nachampfinden" dieser Geräte mit dem Design aus den Anfängen des U-Boot-Krieges gibt es erst einmal Gebäck! :)
 
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Bittesehr. :)

Und ich bin auch immer wieder überrascht, wie laut eine ECC82 sein kann (in meinem Traynor Darkhorse).
 
wie laut eine ECC82 sein kann (in meinem Traynor Darkhorse).
Das ist/war ja von der Ausstattung auch ein interessantes Teil. Da hätte ich damals, wenn ich denn zu der Zeit schon gesucht hätte, auch schwach werden können.
Ich habe nun eben erst dein Review dazu aus 2013 gefunden und gelesen, auch von deiner Odyssee mit diesem Amp. Hast du denn nun den Egnater noch?
 
Hat schon jemand den Palmer Eins als Preamp vor einem Vox AC Amp betrieben?
 
Vielleicht habe ich in den nächsten Tagen mal noch Zeit, ihn vor meinem AC15 zu spielen.
Bisher hatte ich den EINS nur mal probeweise in den Palmer DREI und den Positive Grid Bias Rack gespielt.
Wie im Review bereits beschrieben, ist das Ganze nicht sehr praktikabel, wenn man den EINS nicht in der Effekt-Loop eines Pedals oder eines Loop-Switchers hat.
Es ginge sicher auch mit zwei AB/Y Switchern, um den EINS dann in der Signalkette "ein- und ausschalten" zu können.
Da ich sehr gute Boost/Overdrive Pedale habe, hatte ich das dann nicht weiter vertieft.
 
...Ich habe nun eben erst dein Review dazu aus 2013 gefunden und gelesen, auch von deiner Odyssee mit diesem Amp. Hast du denn nun den Egnater noch?

Du, nee - das Tweakerle habe ich schon lange nicht mehr. Darkhorses habe ich - einen, der top funktioniert und einen, der noch aus der Brummserie stammt. Den möchte ich noch richten.
Aber auch für die Darkhorses kommt die Zeit, zu gehen. Einer ist schon annonciert. ;):whistle:
 
Hi,
Hat jemand einen Palmer Eins mit einer ECC82 von TAD in der V2 betrieben?
Ich habe eine Electro Harmonix ECC82 gegen eine TAD ECC82 getauscht. Seit dem verzerrt der Eins ganz komisch. Wenn ich die EH wieder rein mache, klingts normal. Die zweite TAD ECC82 brachte das selbe Ergebnis. Hat jemand eine Idee woran das liegen könnte?
 
Hatte nur die Original-Röhren benutzt, daher kann ich dazu nichts beitragen. :nix:
Inzwischen ist der EINS auch weg, da ich mich auf meinen DREI beschränken wollte.
 
Oh, du gehörst zu den wenigen die einen DREI ergattert haben
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Falls du ihn verkaufen willst, sag Bescheid :D
 

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