Hm, naja. Du sagst das jetzt, dass du deine Position nicht dogmatisch vertrittst, aber du argumentierst sehr viel mit Dogmen. Das meine ich nicht als Beleidigung,
Keine Sorge, die höfliche, sachliche und respektvolle Art in der du schreibst ist gar nicht geeignet, jemanden zu beleidigen!
Und so schnell wäre ich auch nicht beleidigt, ich kann schon was ab wenn es sein muss. Außerdem kann man sich auch respektvoll "fetzen" - wenn man es kann.
Zum Thema "dogmatisch" schreibe ich weiter unten.
Das stimmt natürlich alles, beschriebt aber nicht wirklich die Rap-Szene. Gerade dort herrscht die Vorstellung vor, dass man sich von unten nach oben kämpft, ohne sich von den Türstehern der Industrie aufhalten zu lassen. Produzenten und Verkäufer sind daher weniger ein Faktor.
Wenn Protest und Provokation aber so viel "Erfolg" hat, dass er zur Konsumware wird, was ist dann noch daran Protest? Das wäre eine Art inverser "Erfolg", keiner in der Sache, aber einer auf dem "Markt". Eigentlich sogar eine Perversion von "Erfolg".
Tatsächlich ist es ein bizarrer Wesenszug der aktuell stark vorherrschenden neoliberalen Denkwelt, die Leute sich austoben zu lassen auf ´Nebenkriegsschauplätzen". Ob Gender-Debatte oder Subkultur-Protest, man ´gönnt´ den Leuten diese Spielwiesen gerne, denn dann sind sie beschäftigt, können sich dort in endlosen Debatten oder ´bösen´ Tiraden austoben - und ganz schamlos werden dann kaum noch hinter Kulissen versteckt von den eigentlichen Drahtziehern die eigentlichen Geschäfte gemacht.
Für mich nicht. Ich bin vorsichtig dabei, vom Medienkonsum auf den Zustand einer Generation zu schließen. Zumal die Erfahrung zeigt, dass es in jeder Generation solche gibt, die über die jeweilige "Jugend von heute" urteilt. Demnach müsste ja alles schlechter werden - das Gegenteil ist aber der Fall.
Jein, ich hätte eigentlich genug Anlass, mir selber zu widersprechen, denn in meinem Beruf als Musikschullehrer komme ich genug mit Jugendlichen zusammen und kenne viele, die kritisch denken und sich engagieren. Die aktuelle Protestbewegung vieler Jugendlicher in den USA gegen die Waffengeilheit der NRA und ihrer Anhänger stimmt auch hoffnungsfroh, auch wenn es gerade mit Trump und seiner hochegoistischen und reaktionären maximal-Absahner-Truppe eine eher düstere Zeit dort ist.
Aber übertriebene Ich-Bezogenheit, Gleichgültigkeit und reine Konsumorientierung begegnen mir halt ebenso.
Wie du selbst sagt, sagt das weniger über die Jugendlichen und viel mehr über das Bildungssystem.
Sicher, für die Defizite des Bildungssystems kann man nicht die Jugendlichen verantwortlich machen, sie sind ja die eigentlichen Opfer dieser Defizite.
Für mich ist es überhaupt kein Argument, sondern schlicht ein Statement. Und ich stimme dem Statement auch zu, aber mir sagt das, dass deine Denkstruktur grundsätzlich dogmatisch geprägt ist.
Würde es helfen, statt von Dogmen von Überzeugungen, einer (inneren) Haltung, Konsequenz und Geradlinigkeit im Denken, von Gewissheiten und Erkenntnissen zu sprechen? Und davon, diese klar und deutlich auszusprechen?
Wer leidet eventuell darunter? P.S.: Die wenigsten KZ-Insaßen hören Gangsta Rap
Aber sicher, es leben ja auch nur noch sehr wenige der ehemaligen KZ-Insassen und von denen wird kaum jemand oder wahrscheinlich niemand Rap hören. Aber muss es denn
konkret Betroffene geben und muss man erst mit ihnen konfrontiert sein, um inne zu halten und sich Formulierungen wie die der beiden Rapper zu untersagen?
Ist es nicht eher gerade das Wesen von Empathie, dass ich mir
vorstellen kann, dass ich jemanden mit meinen Texten verletze, sogar zutiefst verletze und auf das übelste beleidige? Und wenn in absehbarer Zukunft gar niemand mehr von den KZ-Überlebenden auf der Welt sein wird, wäre das der Freifahrtschein für solche üblen Texte bzw. Texter?
Es ist eben genau anders herum. Im Gedenken an die Opfer des 3. Reichs geht es doch gerade um den Respekt der Toten, Ermordeten gegenüber. Aller Toten, Ermordeten und Opfer gegenüber. Um die
eigene Vorstellung des unendlichen und unsäglichen Leids.
Es ist wie mit dem Vorsatz "Nie wieder Krieg!". Nach zwei Weltkriegen war das sicher die tiefe Erkenntnis und ein tiefes Bekenntnis so gut wie aller Überlebenden und Nachgeborenen für lange Zeit und wirkt durchaus erkennbar bis heute nach. Aber mit dem zunehmenden Abstand zu den Kriegen in Europa scheint dieses Bekenntnis bei manchen zu schwinden und die in vielen Ländern zunehmende Abgrenzungspolitik beschreitet für mich einen unheilvollen Weg hin zu immer tiefer werdenden Gräben zwischen den Ländern. Und aus Abgrenzungen und Gräben werden schnell Grenzverletzungen und Schützengräben!
Es ist nicht nur Trump mit seinem "America first", Orban verfolgt schon lange denselben Gedanken für Ungarn, ebenso ist es in Polen und überhaupt in all den rechten Köpfen, sei es Wilders in Holland, Le Pen in Frankreich oder hier bei uns die AfD, die kaum noch verblümt erkennen lässt, dass sie den "Biodeutschen", den weißen Einheimischen, den ´gesunden Volkskörper´ als Ideal sieht. Wenn man sie gewähren ließe, käme ´arisch´ womöglich auch bald wieder aus dem braunen Sumpf hervor gekrochen.
Ich habe nie einen Krieg persönlich erlebt, kenne und weiß aber genug von Krieg und Zerstörung, dass ich mir
vorstellen kann, welches Unheil Krieg bedeutet.
Mit der Klimakatastrophe geht es mir ebenso. Ich brauche nicht den letzten Beweis für deren Existenz. Aufgrund der vorliegenden Fakten, Thesen und Prognosen kann ich mir sehr gut
ausmalen, dass damit ein unbeherrschbares Desaster auf die Menschheit zukommt und dass man alle Anstrengungen unternehmen muss, die Richtung zu ändern. Argumente habe ich genug beisammen wie ich denke, und hinterfragt habe ich auch vieles, aber es ist doch gerade mein "Bauchgefühl" das mich besonders stark auffordert und animiert so zu denken wie beschrieben, die Zweifel zu hegen und zu äußern, zu mahnen und vehementer meine Überzeugungen zu vertreten.
Ich versuche aber auch meine eigenen Argumente genau so zu hinterfragen und mich nicht auf ein Bauchgefühl zu verlassen.
So schlecht ist das Bauchgefühl im übrigen nicht. Unser Gehirn ist noch genauso gestrickt wie vor zigtausend Jahren. Wenn es im Unterholz hinter der steinzeitlichen Jagdgruppe laut knackte war keine Zeit für Nachdenken und Analyse ob es nur ein herunter fallender Ast war oder ein Mammut. Die Reaktion war "Scheißegal, was es ist, erst mal nur schnell weg hier!".
Auch wenn das Bauchgefühl für den ´modernen´ Menschen ein überkommenes Relikt zu sein scheint das bitteschön dem Verstand den Vortritt lassen sollte, ist es doch nach wie vor eine Stimme, die wir nicht überhören sollten, sondern die wir in unsere Überlegungen ernsthaft einbeziehen sollten.
Gerade ein kritischer Geist sollte diese innere Stimme nicht zum Schweigen bringen. Nur wer ohne Verstand daher schwadroniert gibt sich seinem Bauchgefühl ohne Hinterfragen hin, lässt es sinnlos gewähren und merkt nicht einmal, wie er zum sehr leicht manipulier- und steuerbaren Spielball anderer wird.
Dem Kundigen, dem Aufmerksamen, Hellhörigen und Wachen jedoch kann diese innere Stimme ein wertvoller Ratgeber sein.
P.S.
... wirklich weit ab vom Thema ...
... oder doch in Wirklichkeit ganz nah dran?