Nein - es ist genau so formuliert, wie es sein soll.
Gut, dann wirst du in den nächsten paar Minuten ein paar wichtige Sachen lernen
Also, wenn man den DT880 auf einem üblichen Messaufbau vermisst (IEC60711 Kuppler mit aufgesetztem Ohrkanal und flexiblem künstlichen Ohr), bekommt man diesen Frequenzgang (
blaue Kurve):
(Das ist übrigens exakt das Exemplar von
@lightsrout, wir haben den Kopfhörer bei uns in der Firma ein paar Abende lang ausgiebig vermessen).
Das entspricht dem Schalldruck direkt vor deinem Trommelfell. Also so als ob ich das "Signal" des Trommelfells direkt auslesen würde.
Diese Messung kann man nicht vergleichen mit einer "herkömmliche"n Frequenzgang-Messung zB von Studiomonitor-Lautsprechern, denn diese werden mit einem Messmikrofon in 1 m Abstand gemessen, während Kopfhörer mit Kunstköpfen (oder zumindest künstlichen Ohren) gemessen werden, und das Ohr den Frequenzgang gehörig beeinflußt.
Die dicke
grüne Linie zeigt das "Harman Target", das ist der "ideale Frequenzgang" für Kopfhörer (Das ganze ist wissenschaftlich recht gut erforscht, siehe dazu folgende Papers:
1,
2).
Mich interessiert natürlich in Wahrheit nur die
Abweichung vom Zielfrequenzgang. Bei Lautsprechern ist das einfach: Das Ziel ist "linear", also zeigt mir eine Messung direkt die Abweichung davon.
Bei Kopfhörern muss ich also zuerst den Zielfrequenzgang von den Rohdaten subtrahieren. Das nennt man dann den "
kompensierten Frequenzgang", und der kompensierte Frequenzgang soll natürlich so linear wie möglich sein - sprich der Frequenzgang des Kopfhörers sollte möglichst wenig vom Zielfrequenzgang abweichen.
Das sieht bei dieser Messung folgendermaßen aus:
Man sieht, dass der DT880 trotz seines Alters von fast 37 Jahren den Ziel-Frequenzgang des Harman Targets (die dazugehörige Forschung stammt aus 2013-2015!) nahezu ideal erfüllt! Nur die Frontvolums-Resonanz bei 6 kHz sowie der Bassbereich weichen ab.
Man kann natürlich streiten ob das Harman Target wirklich der ideale Frequenzgang ist. Vor allem wie stark der Pegel im Bassbereich sein soll ist enorm subjektiv, das zeigen auch div. Studien (
3,
4). Manche Target-Frequenzgänge lassen deshalb den Bassbereich außer acht, und betrachten nur den Frequenzgang oberhalb von ~250 Hz.
Wenn man die selbe Messung des DT880 mit einem anderen Ziel-Frequenzgang vergleicht (zB mit dem Target von
Tyll Hertsens), dann sehen die Rohdaten natürlich ident aus (
blaue Kurve):
Was allerdings anders aussieht, ist der Zielfrequenzgang (
grüne Linie).
Und die
Abweichung vom Zielfrequenzgang, sieht dann natürlich anders aus, da das Ziel ja jetzt anders formuliert wurde:
Ich habe zu dem Thema mit Sonarworks vor einiger Zeit ein paar Mails ausgetauscht - sie verwenden einen Zielfrequenzgang der dem Harman Target recht ähnlich ist (aus einem ähnlichen Ansatz abgeleitet), sich in Details aber unterscheidet. Details wollten sie nicht verraten.
Die Graphen die du,
@topo gepostet hast, entsprechen den kompensierten Frequenzgängen mit dem Sonarworks-Zielfrequenzgang, und unterscheiden sich deshalb ein wenig von den von mir geposteten, weil ich eben für die von mir gemachten Messungen einen anderen Zielfrequenzgang verwende.