Hey "Neuling":
kann es sein, dass dich die Forumsgemeinschaft missversteht? Ich denke es geht Dir nur ums Verständnis, nicht ums Machen?
Ein Fall den ich mir vorstellen könnte: Deine Tochter will Musikerin werden und sucht einen Produzenten. Dann muss Geld ausgegeben werden um das wirst Du gefragt ob Du etwas dazuschießen würdest. Dann willst Du natürlich wissen, wofür Dein Geld ausgegeben wird. So oder so ähnlich?
Das rückt Deine Frage in ein deutlich anderes Licht. Die User hier raten Dir vor allem vom "Selber machen" ab - was ich auch tun würde. Wenn es aber darum geht nur die Mechanismen der "Produktion" zu überschauen, dann kann ich Dich nur ermutigen Dir den Überblick zu verschaffen.
Angenommen das ist der Fall: Ich kenne das selbst. Ich möchte eine App produzieren habe aber keine Ahnung wie lange man wieviele Leute dafür "anstellen" müsste. Wie soll ich als Laie auf einem Gebiet beurteilen, ob mir der Profi grade das Geld aus der Tasche zieht, dubiose Verträge anbietet, unnötiges in Rechnung stellt ect.
Ich kann dir gleich die schlechte Nachticht geben: auch nach 0.5 - 1 Jahren recherche und telefonieren kann ich das immernoch nicht einschätzen. Und wenn die Beträge dann dann in die 10tausende gehen bereitet das einem schonmal die eine oder andere schlaflose Nacht. Es ist wohl so, dass man diese Erfahrung einfach machen muss. Erstmal bescheißen lassen, und dann wissen wie der Hase läuft. So oder so ähnlich... naja.
Ansonsten kannst Du viele allgemeine Informationen über Musikproduzenten online finden. Ich habe da nicht so die riesen Erfahrung aber durfte mal einen mit ein paar No. One hits in D und USA kennen lernen.
Ich glaube gewisse Eigenschaften habe alle guten Musikproduzenten: sie kommen alle von einem Instrument (viele haben vorher Band- und Tourerfahrungen gemacht), sie haben gute Fähigkeiten in Gehörbildung (Akkorde/Umkehrungen) und Musiktheorie (Formen, Akkordbeziehungen, Kadenzen) sowie Arrangement (Instrumentenkunde, Klangsynthesen) also alles in allem eine sehr gute Vorstellungskraft im Bereich Harmonie und Sound. Das lässt sie schnell arbeiten und spart den Künstler Zeit und Geld. Sie kennen ihr Studioequipment (Computer und Recordingtechnik) aus dem efef (schreibt man das so?) und können an einem Tag mit einem Sänger gut 2 Songs schreiben/arrangieren und aufnehmen + etwas Misch- und Studioarbeit (wobei das dann natürlich Massentaugliche ...naja Massenware sein wird).
Sie haben meistens ihren festen Profikreis, mit dem sie zusammenarbeiten - denn Produzenten sind meistens die Schnittstelle zwischen dem Künstler und dem was entstehen soll. Soll heißen: der eine Pdoduzent ist nebenbei noch begnadeter Arrangeur - dann macht er das selbst. Für die Texte arbeitet er jedoch mit seinem Typen in London zusammen, der ihm über Nacht noch einen Text zum Thema ... wie wärs mit "Liebe" schreibt. Den hat er mal als Jurymitglied bei einem talentwettbewerb in LA kennengelernt.... - Produzenten sind allesamt wahnsinnig gut vernetzt. Sie gleichen ihre Schwächen in einzelnen Disziplinen aus mit ihren Kontakten. Ein Produzent kann so entweder direkt oder indirekt jedes Problem vom leeren Blatt bis zum Nummer 1 Hit lösen. Zumindest theoretisch natürlich.
Produzenten sind immer technisch auf dem höchsten Niveau, kaufen ständig neue Plugins, kennen die Musiker, Komponisten und Studioszene der wichtigen Länder (und ihrer Branche).
Die meisten sind musikbranchenbezogen aber wohl spezialisiert. In der Biographie wird man sehen ob jemand auf Pop und deren Abteilungen oder eher auf Metal oder Elektro spezialisiert ist. Jemand der alles macht muss das nicht schlecht machen, wird aber wahrscheinlich nicht "überall" up to date sein können.
Mal ein Beispiel: Eine "Sängerin", möchte gerne in die Charts hat aber keine Songs. Komisch? Naja wenn die "Sängerin" mal 3. bei Germanies Next Topmodel war und sind dann durch die Moderatoren und Instragramszene gebumst hat, will sie vielleicht unter welcher Vorstellung auch immer nun eben singen und ein Album aufnehmen. Die hat dann vielleicht ein kleines Managment das zumindest so gut vernetzt ist, dass sie ein Termin bei einem Produzenten der Größenordnung "Sarah Connor" bekommt. Dem singt sie was vor, vielleicht kann sie ja sogar ganz passabel singen - nichts besonderes usw. Dann würde der Produzent - sofern er den Auftrag bekommt - organisieren, dass Songs geschrieben werden. Texte geschrieben werden. Arrangements erstellt werden. Musiker den Kram einspielen (wer wann wo mit welchem Equipment zu welchen Konditionen), gemischt und gemastert wird usw ect. Ein produzent kann prinzipiell dem Künstler diese Punkte allesamt abnehmen, dafür wird er auch bezahlt und kann 3 mal im jahr in den Urlaub fliegen während der Künstler da nun nicht unbedingt reich mit wird. Klingt unfair? Dann nochmal an das Beispiel "Model und IT Girl will eigenes >Mallorca Album<" denken
Und wenn das Managment dieses IT Girls eben ein "Hip Hop" Attitude aufgebaut hat, dann sollte der Produzent das eben auch so umsetzen können.
Tja... so siehts aus ne...
Ein anderer Fall: Luise Müller singt seit sie 6 Jahre ist - inzwischen seit 7 Jahren im Grevesmühlener Gospelchor. Spielt Klavier und Gitarre, liebt Stevie Wonder, kennt Dizzy Gillespie und sagt dem Schlagzeuger ihrer Band was er am besten in der Bridge spielen soll. Es ist offensichtlich, dass ein Produzent hier anders arbeiten muss. So komisch es klingt aber in beiden Fällen, kann der Produzent die "richtige" Arbeit leisten. Nicht den Texter aus London nehmen, sondern Luises Texte mit ihr zusammen noch ein bisschen rundfeilen. Tonarten anpassen um im richtigen Moment mehr Druck aus der Stimme zu kitzeln. Voicings für die Gitarre schreiben und eine (Live)Band zusammenstellen. Will Luise eher Live oder aus Werbespots in Erscheinung treten. Für Live muss ein ganz anderer Sound und eine andere Band, die auch optisch zu Luise passt zusammengestellt werden. Der Produzent kenn genug Leute, die Leute kennen.
Und wenn Luise wirklich ein rundes Album haben will, dann sollte unbedingt noch eine ballade rauf, die man mit dem Produzenten, oder wenn es nicht klappt, die dann der Produzent alleine schreibt. Luises Stil kennt er ja und er hat gute Fähigkeiten stilgerecht zu komponieren. Außerdem sollte Luise noch dringend überlegen Song Nr. 8 rauszuschmeißen und Nr. 2 wäre besser nur mit Klavier und Gesang. Und wenn man Song Nr 5 noch auf 3 Minuten runterkürzt könnte man überlegen die Charts anzugreifen. Da kommen dann aber wieder ganz andere mechanismen ins Spiel...
Ich hoffe, das gibt dir ein erstes Bauchgefühl dafür, wo Produzenten überall ihre Kompetenzen haben. Und klar: wir reden hier von einem Status, der 2-3 deutschlandweit oder international bekannte Acts in der Biographie stehen hat. So jemand macht das auch nicht zu "Studentenpreisen" und dass das Album dann später ein Erfolg wird, kann niemand versprechen (siehe "Cold Fact" von Rodriguez). Ein guter Produzent ist aber in der Hinsicht auch ehrlich und nicht selten daran interessiert den Künstler als "seinen Schützling" zu betrachten. Steigt der Künstler dann kraft seines Erfolges auf so wechselt er häufig auch den produzenten. Das dürfte an den Labels liegen, bei denen mann dann meistens irgendwann unter Vertrag steht. Die haben eben wiederum "ihre" Produzenten.
Ähnlich wie beim Fußball, wo ein Spieler aus einem 2.Ligaverein aufgrund seines Erfolges dann irgendwann einfach zu einem Erstligaverein wechselt.
Das sind alles Profis und letztlich auch gewissermaßen Dienstleister, allerdings ist eine gute Verbindung zwischen Produzent und Künstler enorm wichtig.
So das war doch ein roman und soll nur ein Überblick sein über das, was da so im Produzentenalltag grundlegend passiert. Ich hoffe es hilft. Du kannst Deine Fragen auch gerne noch weiter konkretisieren.