GeiGit
Helpful & Friendly User
[WORKSHOP] DIY-A-Gitarren-Mikrofonhalter für verschiedene Mikrofone zum Anklemmen an meine Lowden S22
Vorgeschichte
Hallo ihr lieben Freunde der ungewöhnlichen Anbauten und kurriosen Erfindungen rund um das Thema Gitarren-Abnahme!
Als ich vor einiger Zeit meinen DIY-Geigen-Mikrofon-Halter zum Anklemmen vorstellte kam von @Blues-Opa die Idee, ob man so etwas in abgewandelter Form denn nicht auch für Gitarren bauen könnte? (klick). - ...und diese Idee brannte sich in mein Gedächtnis und ich überlegte eine Zeit lang immer wieder, wie das den eventuell aussehen und funktionieren könnte ...
Die erste Idee war simpel: Einfach längere Schrauben statt der abgewinkelten Schrauben in die Schlösschen eindrehen und oben eine Platte an die Schrauben montieren
-> Sie scheiterte am eher seltenen Gewinde M3,5mm und der nötigen Schraubenlänge.
Als ich dann durch den Austausch der Kinnhalterklemme an meiner E-Geige (siehe Review) die ausgebaute Klemme übrig hatte, wurden die Ideen konkreter.
Vermessung der gewünschten Mikrofonposition
Als erstes nahm ich an meiner Lowden S22 Maß für die der Halter bestimmt war:
(Bilder zur Vollansicht und für weitere Informationen anklicken)
Im Bild seht ihr meine bewährte Mikrofonposition für Aufnahmen meiner Lowden S22 mit meinem AudioTechnica AT2035. Sie muss nicht für jede Gitarre und jedes Mikrofon passen, da muss man schon vorher seine Versuche mit Mikrofonständer machen um den optimalen Platz für die verwendete Gitarre und das verwendete Mikrofon zu finden. in meinem Fall war die Position jedenfalls mit einem Halter an der Gitarre zu erreichen, also ging es weiter:
Erstes Muster
Ich habe einen Kunststoffwinkel mit drei M6-Gewinden gebaut, auf die ich ein modifiziertes Reduziergewinde (3/8" auf 5/8"27) für die Montage der Mikrofonklemme schrauben kann.
Es kann dann (je nach Mikrofon) im gewünschten Abstand an eines der drei Gewinde für die Mikrofonklemme geschraubt werden.
Der Winkel selbst liegt am Gitarrenkorpus an und ist unten mit einer Geigen-Kinnhalter-Klemmschraube (auch "Schrauben und Schlösschen für Kinnhalter" genannt) ergänzt.
Die beiden Schraubenwinkel, die normalerweise in den Kinnhalter geschraubt werden, habe ich dabei um 90°Grad nach innen, gegeneinander gedreht und in den Winkel geschraubt.
Dazu habe ich die Gewinde in die Löcher mit einem (Gott sei Dank bei meinem Arbeitgeber vorhandenen) M3,5-Gewinderschneider geschnitten.
(Bilder zur Vollansicht und für weitere Informationen anklicken)
Nachteile des Halters
Leider war der Halter so noch nicht sicher genug. Beim Spannen des Schlösschens glitt der Winkel des Halters über die Kante nach hinten und rutschte dann vom Gitarrenkorpus ab. Mit passender Gummiunterlage funktionierte es zwar, war mir aber als Dauerlösung zu gefährlich.
Trotzdem war ich auf den Klang von Mikrofonaufnahmen meiner Lowden S22 aus dieser Position gespannt und wollte den Halter zumindest mal allgemein prüfen um eventuelle weitere Verbesserungsmöglichkeiten zu finden. So lange würde das Anti-Rutsch-Gummi (hoffentlich) halten!
(Bilder zur Vollansicht und für weitere Informationen anklicken)
Ich schraubte also mein Audio Technica AT2035 mit der Original-Halterspinne auf den neuen Gitarren-Klemmhalter und befestigte noch provisorisch zusätzlich mein "No Name"-Kleinmikrofon an die Mikrofonspinne. Es hatte sich schon bei der Geigenabnahme und beim Geigen-Saitenhaltervergleich bewährt. Ich werde dieses "No Name-Mikrofon" auch hier weiterhin "DIY-Mikro" nennen.
Erste Vergleichsaufnahmen DIY-Mikro & AT2035
Um Vergleichsaufnahmen zu bekommen und das DIY-Mikro eventuell auch für zukünftige Live-Abnahmen zu nutzen und auf dessen Eignung zu qualifizieren, brachte ich es an der Klemmschraube der AT2035-Haltespinne provisorisch an:
(Bild zur Vollansicht und für weitere Informationen anklicken)
Ich schloss beide Mikrofone an mein Cakewalk UA25EX an und pegelte sie aus.
Anschließend nahm ich meine Gitarre ganz normal im Sitzen auf den Schoß und spielte eine kurze Improvisation ein:
1. Picking mit den Fingernägeln und dem Daumen ohne Nagel
2. Strumming mit den Fingernägeln
3. Strumming mit dem Plektrum
Ich ließ die Aufnahme dann abspielen und improvisierten noch eine Runde dazu - vorallem um auch den Klang auf den höheren Bünden zu hören.
Dazu verwendete ich kein Plektrum, sondern den Fingernagel des Zeigefingers "in Plektrum-Haltung" (also kein "Aufwärts-Zupfen", sondern ein "Abwärts-Zupfen").
Die Aufnahme ist roh! Keine Effekte, kein Kompressor, keine Klangbearbeitung, also der direkte Mikrofonklang.
https://soundcloud.com/geigit/worship-improvisation-auf-lowden-s22-mit-at2035-diy-mikro-aufgenommen
Panorama:
Rhythmus: AT2035 70% links, DIY-Mikro 70% rechts
Melodie: AT2035 50%links, DIY-Mikro 50% rechts
Ich muß sagen: ich finde beide Mikrofone einzeln durchaus gut, mag aber vorallem die Stereo-Kombination!
Das wäre für eine Aufnahme-Session im (Home-) Studio bisher mein Favorit!
Für eine Live-Abnahme als zweites Signal zum Untersteg-Piezo im Sitzen, oder Stehen gespielt, würde ich dann aber auf jeden Fall das leichtere und unauffälligere DIY-Mikro bevorzugen.
Optimierung des Halters
Die Gitarre lag dann mit dem angebrachten Halter noch den Abend lang neben mir auf dem Sofa und mein Blick fiel immer wieder auf und meine Gedanken kreisten immer wieder um ihn...
Das erkannte Problem musste lösbar sein! Die Frage war klar: Wie kann ich konstruktiv verhindern, dass die Klemmschraube vom Korpus rutschen kann? Das Abrutschen lag ja eindeutig an den um 90° gedrehten oberen Schraubwinkeln die durch die Drehung nun eine zusätzliche Klappachse ermöglichten. Ich könnte sie zwar um 180° drehen, hätte aber dann einen großen Korpusabstand des Kunststoffwinkels und eine größere Spannweite für den Auflagewinkel auf die Decke.
Und dann kam die Inspiration und der Lösungsgedanke schoß durch meinen Kopf: Der Kunststoffwinkel muß länger werden! Er darf nicht nach zwei Dritteln der Zarge enden, sondern muss den kompletten Klemmschraubenbereich, also die komplette Zargenbreite und noch ein Stück über die Bodenkante hinaus gehen. Dann lehnt sich die Klemmschraube an diesen Winkel an und kann nach hinten nicht mehr weg. Das Gelenk bekommt also einen "Endanschlag".
Somit ist die Konstruktion dann so sicher, als wenn der Halter einteilig gebaut wäre. Danke Jesus für die Inspiration!
...Aber Er legte noch eine Idee drauf und schenkte mir den Gedanken, dass man den überragenden Halterteil auch nach oben und nicht nur nach unten machen könnte... aber davon später mehr...
Bleiben wir erstmal beim ersten Halter und dessen Überarbeitung.
Ich schraubte also den Winkel nach Feierabend wieder auseinander und fertigte den Teil für die Zarge neu und lang genug an. Wie schon beim Prototyp schliff ich den zur Zarge gewandten Teil an der Bandschleiferrolle konkav, damit die Rundung der Zarge Platz hat und sich der Winkel schlechter verdrehen kann.
Zusätzlich baute ich noch ein 50mm Distanzstück um auch normale Kleinmembraner im richtigen Abstand und Winkel montieren zu können.
Nun war die nötige Stabilität gegeben und das Abrutschen nicht mehr möglich, da sich die Klemmschraube am Kunstoffhalter abstützt und nicht nach hinten ausweichen und dadurch nicht abrutschen kann.
(Bilder zur Vollansicht und für weitere Informationen anklicken)
Ein zweiter Halter im "Upside-Down-Design" für das DIY-Mikro
Ich hatte es eben schon erwähnt, dass mir eine weitere Idee geschenkt wurde: Man könnte den überragenden Halterteil nach oben und nicht nach unten gehen lassen. Das wäre vorallem dann interessant, wenn man ein Lavaliermikrofon direkt an den Halter befestigen und trotzdem ausreichend Korpusabstand für einen passenden Mikrofonwinkel ohne zusätzlichen Aufbau haben möchte.
Vom Wechsel meiner Kinnstütze an meiner akustischen Geige hatte ich ja noch die alte Klemmschraube (siehe Review) und konnte somit beide Halter aufbauen.
Ich konkretisierte die Idee also und wollte den zweiten Halter natürlich für mein DIY-Mikro. Um ihn für eine eventuelle Live-Abnahme auf der Bühne attraktiver zu machen überlegte ich viele verschiedene Materialien, landete aber am Ende bei Makrolon (eine Art "Plexiglas"), da man es thermisch verformen und als Winkel biegen kann.
Also suchte ich ein entsprechendes Stück in der Restekiste, fand ein Streifen 10mm-Material und sägte es auf die bewährte Breite von 30mm.
Die Länge ließ ich noch länger, damit ich den Winkel leichter (und "berührungsfreundlicher") biegen konnte.
Ich markierte die gewünschte Position des Winkels mit einem roten Edding, erhitzte dann diesen Bereich mit einem Heißluftgebläse rundum gleichmäßig bis er weich und biegbar war. Dabei ist es gut, wenn der abzubiegende Teil noch lang genug ist und man ihn noch außen im "kalten Bereich" mit den Fingern anfassen kann. Ich bog den Winkel über ein Stück Rohr ab und ließ ihn wieder abkühlen. Nach Erkalten blieb die gewünschte Form bestehen.
Anschließend schliff ich die Außenkanten erneut, bohrte die 3,1mm-Löcher, schnitt das 3,5mm-Gewinde ein und bohrte oben die beiden Befestigungslöcher für den Mikrofonhalter.
Anschließend klebte ich die farblosen "Anti-Rutsch-Gummis" auf Winkel, die Klemmschraube und auf die Stirnkante im Mikrofonbereich (als Unterlage für den Mikro-Halter).
Anschließend befestigte ich den Mikrofonhalter in bewährter Form mit einem Kabelbinder und fertig war der komplette Halter!
Er war bei weitem einfacher herzustellen als die große Version und war unauffälliger an der Gitarrenzarge.
Auch er könnte natürlich oben eine zweite Abwinkelung in gewünschter Höhe bekommen um dann ein normales Mikrofonständergewinde für die Montage von diversen Mikrofonklemmen zu erhalten.
Bilder der Halter
(Bilder zur Vollansicht und für weitere Informationen anklicken)
Das DIY-Mikrofon mit Makrolon-Halter und Line 6 G30-Gitarrenfunk an der Lowden S22
Für den Live-Betrieb eröffnet sich durch die unauffällige Mikrofonmontage in Kombination mit einem Line 6 Relay G30-Gitarrensender für das Mikrofon und einem zweiten G30 am Gitarrenband (siehe Workshop) für den internen Abnehmer (in meinem Fall ein passiver K&K FanTaStick Stereo) eine große Bewegungsfreiheit für den Gitarristen!
Für den Tontechniker am Mischpult ergeben sich durch die beiden getrennt ankommenden Signale und die konstante Mikrofondistanz des Mikros ganz andere Möglichkeiten hin zur optimaleren Klangbearbeitung und -Mischung beider Signale!
Er kann dem Gitarristen dann z.B. nur den rückkopplungsarmen Untersteg-Piezo auf den Monitor geben, für das Publikum aber ein transparentes Mischsignal bereitstellen.
(Bilder zur Vollansicht und für weitere Informationen anklicken)
Ich hoffe, dass ihr euch durch die Bilder und Aufnahme einen kleinen Eindruck der Möglichkeiten machen konntet. Sollten Dinge unklar, oder Fragen offen geblieben sein, dann schreibt und fragt nach! Davon lebt ja so ein Workshop!
Fazit
Ich finde genial, was aus so einer Idee alles werden kann! Im Heimstudio hilft die konstante und identische Mikrofonpossitionierung vorallem auch dann wenn man paar Tage später merkt, dass ein Teil nochmal eingespielt werden muss. Dann schraubt man den Halter wieder an die Stelle und hat zumindest die Konstanz in der Mikrofonposition.
Im Livebetrieb ist das DIY-Mikrofon eine schöne Ergänzung für alle bei denen der Sound der Gitarre sehr wichtig ist, die sich aber trotzdem Bewegungsfreiheit wünschen und nicht auf den "topfigen" Sound eines Mikrofons im inneren der Gitarre stehen, sondern Wert auf den Außenklang und eventuell auch auf die Anschlaggeräusche durch das Plektrum legen.
Eine leise Monitor- und Bühnenlautstärke, oder In-Ear-Monitoring hilft natürlich dabei dann auch "nur" die Gitarre einzufangen.
(Bilder zur Vollansicht und für weitere Informationen anklicken)
Ideen zum Nachbau
Hier mal eine kleine "Möglichkeitensammlung" für moddifizierbare Mikrofonklemmen, die teilweise auch für Lavaliermikrofone gehen:
DPA-Halter
Erhöhung mit Gelenk 3/8tel
Erhöhung mit Schwenkadapter
Adapterclip
Stativklammer
Die "Schoeps-Variante" VA1 VA2 VA3"
Schlußfrage
Besteht Interesse verschiedene Mikrofone an der Lowden S22 mit diesen Haltern zu hören, oder ist der Anwendungsfall zu sehr "gitarrenabhängig" für Euch?
Ich mache mir die Mühe von so einem Vergleichs-Workshop mit weiteren Aufnahmen nur, wenn wirkliches Interesse besteht!
Ansonsten danke ich für euer Interesse und freue mich über Rückmeldungen und Nachfragen!
Wer noch mehr von mir lesen möchte, darf gerne durch meine Reviews und Workshops stöbern.
Seid gesegnet!
- Eigenschaft
Zuletzt bearbeitet: