Hi,
spekulieren macht ja Spaß, aber mir wird hier ein bisschen zu viel auf die bisherigen Boss-Produkte geschaut. Ich denke, das GT-1000 ist gar nicht unbedingt als Nachfolger des GT-100 konzipiert, sondern zunächst mal als Ergänzung nach oben. Für mich weist die schon recht selbstbewusste Preisgestaltung eher darauf hin, dass die COSM-Produkte bis auf weiteres erhalten bleiben. Mindestens die neueren GT-1 und GT-001, vielleicht sogar das GT-100 als "Mittelklasse".
Soo schlecht finde ich die auch gar nicht, ich benutze immer noch mein GT-Pro, teils mit externen Preamps, aber auch die COSM-Models. In Sachen Modelling-Geschmack gehöre ich anscheinend nicht zum Mainstream, jedenfalls fand ich die GTs immer etwas unterbewertet. Die Effekte sind zwar auch mMn besser als die Amps, mit vernünftiger Einstelllung kann man aber auch aus denen ne Menge rausholen. Der größte Schwachpunkt waren eindeutig die Cab-Sims, aber in Kombination mit dem Resonance-Effekt (der in der Anleitung leider nicht wirklich erklärt wird und von 99% der Benutzer ignoriert wird) gehts schon viel besser. Als reiner Preamp mit Effekten, über eine gute Endstufe und Gitarrenboxen ist der Sound dagegen absolut brauchbar und nach meiner Erfahrung im Bandsound auch durchsetzungsfähiger als die meisten Line6-Teile - wobei ich in soweit keine Erfahrungswerte mit den HD- und Helix-Teilen habe.
Wie dem auch sei: aus alledem kann man nicht unbedingt Schlüsse für das GT-1000 ziehen. Das erste, was mir auffiel, ist das Fehlen der Bezeichnung "COSM". Nun also "AIRD"
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Ich denke, dass Boss jetzt tatsächlich einen ganz anderen technischen Ansatz für das Modelling verwendet als bisher. Immerhin hat man zuvor jahrzehntelang am Begriff COSM festgehalten, obwohl man es ja angesichts der Kritik mit einem neuen Fantasienamen hätte versuchen können. Die Beschreibung rückt das AIRD in die Nähe von Impulsantworten, ist also auf das Klang
resultat gerichtet - während die alte Bezeichnung auf den Versuch hinwies, die einzelnen technischen Komponenten eines Amps in ihrem Verhalten rechnerisch zu erfassen. Ich halte den alten Ansatz rein theoretisch übrigens für flexibler, und im Grunde macht Fractal mit dem Axe-FX nichts anderes - allerdings mit wesentlich mehr Prozessorpower und detaillierteren Algorithmen, und daran hats dann wohl beim COSM gefehlt.
Meine Erwartung bzw. Spekulation ist, dass das GT-1000 deutlich anders bzw. realistischer klingen wird, aber eher weniger tiefe Eingriffe in die Models zulassen wird. Der Trend scheint mir auch eher in diese Richtung zu gehen, jedenfalls für den Massenmarkt. Gefragt ist die unkomplizierte Reproduktion die Sounds bekannter Aufnahmen und legendärer Amps - erst recht solche, die man sich nicht leisten kann, schon gar nicht in dieser Menge.
Ich freue mich jedenfalls auf das Antesten und bin vorsichtig optimistisch. Ich denke mal Boss ist sich durchaus im Klaren darüber, dass sie ein großes Problem haben, wenn sie mit dem Teil nicht den Anschluss an den heutigen Stand der Technik finden. Das Soundniveau des Helix sollte da mindestens der Maßstab sein. Der Preis dürfte darauf hinweisen, dass Boss selbst das Resultat in dieser Klasse für konkurrenzfähig hält.
Ich persönlich würde mich allerdings wohl nur für eine Rackversion erwärmen können - besser geschützt und weniger Kabelsalat auf der Bühne, zumal bei Kombination mit Amps/Preamps. Ich habe in der Vergangenheit immer mal mit Boss-Leuten gesprochen, aber die sahen dafür auch beim GT-100 keinen Markt. Vielleicht ändert sich das mit der neuen Generation und Preisklasse - wenn schon so viele Anschlüsse da sind, will man die ja auch nutzen, und sie dann nicht immer neu verkabeln müssen. Es ist sicher kein Zufall, dass es Profi-Geräte wie Kemper, Axe-FX und Helix in Rackform gibt.
Gruß, bagotrix