Es geht um Vibes und Sound. Genaues Nachäffen bis hin zu in die personifizierte Rolle eines Musikers zu schlüpfen, dessen Equipment und Stil genau zu kopieren ist doch schon irgendwie seltsam...!? Massenhaft AC/DC und Deep Purple Tribute Bands usw.---puh, macht das Spass?
Na ja, 70er-Jahre-Bratgitarren-Hardrock ist jetzt nicht unbedingt
das Genre für Tributebands. Gibt's auch, es gibt Leute, die das gern spielen (meist Hardcore-Fans der Originale, weil die auch am meisten Ahnung von der Materie haben), und es gibt Leute, die das gern sehen wollen (nicht selten selbst Hardcore-Fans, aber auch die, die keinen Bock haben, ein Schweinegeld hinzulegen für Tickets für "AC/DC", wenn "AC/DC" nur noch für Angus Young plus Gastmusiker steht).
Tributebands sind eher zu Hause in Genres, in denen es um mehr geht als "einfach mal so richtig ordentlich den Arsch abrocken". In Genres und bei Bands, wo der Aufwand der exakten Kopie ein ganzes Stück genauer ist – und wo die Fans im Publikum auch genauer hinhören. Progressive Rock ist da erst der Anfang.
Ok, wenn die Leute Spass haben bei "Stahlzeit" weil sie sich kein Rammstein Ticket kaufen konnten, oder sich "Still Collins" anschauen oder gar "Wobby Riliams" (!) ists gut, aber halt Geschmacksache...mit Beigeschmack...
Ich wage mal zu behaupten, hochdetailgetreue Replika-Covers von Robbie-Williams-Studioaufnahmen (weil die ganzen Robbie-Hörer nur die Studioaufnahmen kennen und daher auch genau die erwarten – außerdem hat Robbie auch live eingeflogene Studiobackings dabei) sind nicht gerade einfach zu bringen, in einer Livesituation erst recht nicht. Auf Genesis ab
Trick Of The Tail bzw.
...And Then There Were Three und die Phil-Collins-Solosachen trifft dasselbe zu, zunehmend mit jedem Album.
Wobei "Musical Box" schon richtig gut waren!...
Die sind immer noch Referenz. Die gehen wirklich bis ins allerkleinste Detail. Ich meine, der Keyboarder tourt (!) unter anderem mit einem über 45 Jahre alten, seltenen, empfindlichen originalen ARP ProSoloist, weil ein Verghese ProSoloist Rack – der ausdrücklich für Genesis-zu-Gabriel-Zeiten-Replika-Tributebands entwickelt wurde – zum einen nicht ins Bühnenbild paßt und zum anderen immer noch einen Tick, ein paar Nuancen anders klingt als ein echter ARP ProSoloist.
Es gibt immer noch viele Niveau-interessierte Musikclub Besitzer für die das Wort "Coverband" fast ein Schimpfwort ist, die sich aber trotzdem für eine sehr eigenständige Gruppe die fremde Songs spielen begeistern lassen und diese dann gerne stolz ihrem Publikum servieren...
"Coverband" hat einfach zwei häßliche Beigeschmacke. Der eine ist die rumplige Amateurkapelle, die für Eigenkompositionen zu blöde ist und nie aus dem Probenraum rauskommt. Der andere ist Tanzband und Top40.
Als anständige Tributeband hat man da schon größere Chancen. Ich hab schon Tributebands in Konzert- und Mehrzweckhallen gesehen, und das Logo hier in Hamburg hat (oder hatte) im Sommer die Tradition, an die drei Wochen lang jeden Abend eine andere Tributeband im Laden zu haben.
Wie gut man als Band ankommt, die die Musikauswahl einer Tributeband ("Wir spielen nur AC/DC...") und den Stil einer Coverband ("..., aber in unserem eigenen Stil") kombiniert, kann ich nicht sagen. Ich nehme aber mal an, die meisten Clubbetreiber erwarten, wenn man sagt, daß man sich auf eine Band spezialisiert hat, Tribute auf entsprechendem Niveau. Wenn man denen dann sagt, daß man in seinem eigenen Stil spielt, dann kommt man möglicherweise so rüber, als sei man außerstande, den Stil der Band, deren Musik man spielt, nachzuahmen, und kriegt die Tür gleich wieder vor der Nase zugeknallt. Und dann bucht der Clubbetreiber Quo oder Bon Scott oder Pfefferminz.
Es ist ja sowieso schwierig, eine Band finanziel erfolgreich zu entwickeln. Wenn du den Show-Effekt verweigerst - das ist ja das, was du vorschlägst - wird es noch sehr viel schwieriger.
Richtig. Als normale Coverband kann man allenfalls wirklich Geld machen, wenn man das beruflich als vollprofessionelle Top40-Band macht. Dafür müssen alle Musiker in der Band wirklich top notch und in allen Genres gleichermaßen zu Hause sein. Und der Markt ist immer noch heiß umkämpft.
Bei dem, was ihr vorhabt, weiß ich nicht, ob ihr überhaupt einen Fuß auf den Boden bekommen werdet. Davon leben können wird man sicherlich nicht.
Im Tribute-Bereich ist es wiederum so, daß man, wenn man damit viel Geld einnehmen will, auch entsprechend viel Geld ausgeben muß, mehr noch als jede Top40-Band. Während Top40-Bands nämlich schon mal an die 100–150 Gigs pro Jahr auf Stadtfest- oder Zeltbühnen mit moderatem finanziellem Aufwand spielen, spielen extrem hochdotierte Tributebands allenfalls ein paar Dutzend Konzerte pro Jahr, die dann in Mehrzweckhallen gegen Ticketverkauf stattfinden und vor allem um so aufwendiger sind. Beispiel: Top40-Bands bringen kein Bühnenbild mit – die großen Tributebands bringen eins mit, das auch schon mal bis ins kleinste Detail dem Bühnenbild einer konkreten Tournee ihres Originals vor 30, 35, 40, 45 Jahren entspricht bis hin zu mehreren hundert PAR-Kannen von einem Typ, der seit Jahrzehnten nicht mehr hergestellt wird. Das endet dann damit, daß eine der ganz großen Tributebands für ein einziges Konzert wahrscheinlich mehr Ausgaben hat als eine professionelle Top40-Band für alle ihre Gigs über das ganze Jahr.
Ich habe schon von einem Fall gelesen, wo eine Tributeband, die, na ja, sehr ambitionierte Mittelklasse war und aufgrund des Aufwandes selten auftrat, für ein Konzert sehr viel Geld vorab hinlegen mußte; eine hochdotierte Top40-Band in derselben Gegend zu derselben Zeit hätte, um das Geld einzunehmen, zwei Wochenenden lang jeweils zwei, drei Gigs spielen müssen. Das Konzert wurde kurzfristig abgesagt, und auch aufgrund des großen finanziellen Lochs ging die Band in eine Pause, die letztlich zu ihrer Auflösung führte. Sie waren einfach nicht mehr imstande, ein weiteres Konzert zu finanzieren – und hätten sie es versucht, und das wäre auch geplatzt (der Schock saß ja noch tief), dann hätten sie wirklich ernsthafte finanzielle Probleme gehabt.
Ich schlage jetzt auch noch mal den Bogen in die Geschichte. Die Beatles haben vor ihrer großen Karriere auch vor allem Songs anderer Interpreten gespielt, die Stones am Anfang auch. Und sie sind sich dabei treu geblieben.
Nur daß die Beatles nicht anfingen als Chuck-Berry-Tributeband und die Stones nicht als Willie-Dixon-Tributeband.
Martman