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Strandberg Boden OS 7
So, ich hab mich dazu entschieden diesmal gleich in der ersten Woche ein „Honeymoon-Review“ zu schreiben
Hier kommen jetzt also ganz frische Eindrücke einer eher speziellen Gitarre, die ich sicher mit der Zeit noch präzisieren oder auch relativieren werde aber heute gibt´s die frische, emotionale Entdeckungstour der Strandberg Boden OS 7!
Vorgeschichte:
Zu 7-Saitern kam ich eigentlich aus einer fixen Idee heraus. Eine Nachbarband aus dem Probekeller fragte mich, ob ich nicht Bock habe auch bei ihnen Gitarre zu spielen, auch weil sie neuen Input wollten. Die Band ist im Stile des 90`Crossover, sollte aber auch etwas moderner werden.
Ich dachte mir also, ich hätte Bock auf tiefer gestimmte Gitarren und hab mich dann für eine 7-Saiter entschieden, einfach weil ich ja schon eine Band habe in der ich meine Strat zocke (und ich brauchte natürlich eine neue Gitarre, wer will denn Crossover mit ner Strat spielen...hust, Tom Morello,hust)
Also ein paar angezockt und eher gelangweilt gewesen von den sehr stereotypen „Metalgitarren“, die da so angeboten werden. So fiel die Wahl auf eine Jackson JS22-7 Dinky SB, die optisch fast noch die beste war, stimmstabil wirkte und vor allem nur 260€ kostete. Und weil ich ja neue Gefilde erobern wollte packte ich mir noch einen EMG 85-7 rein (nur Bridge + Vol-Poti).
Diese Gitarre kann nun genau eine Sache ganz ok, das ist voll auf die Fresse und für mich schreit sie auch danach, dass sie als 7-Saiter auch nur dafür da ist, dass man noch eine tiefere Saite hat, mit der man noch mehr auf die Fresse kann.
Sie ist mit ihrer 26,5er Mensur so groß, dass sie nicht wirklich Spaß macht, man keine 6-Saiter Sachen drauf spielen will, dass Fretboard wirkt endlos breit, usw.
Ich nehme sie also zu Proben in die Hand und das war´s. Macht auch wenig Spaß damit kreativ zu sein.
Beste Voraussetzungen also, um sich noch eine zu kaufen!
Warum also? Eigentlich gibt es nur einen Grund: Es stehen Gigs an und ich werde den Teufel tun mich einzig und allein auf meine Jackson zu verlassen! Nein, ich denke es ist echt furchtbar peinlich nur mit einer Gitarre zum Gig zu kommen und sich bei gerissener Saite entweder eine Gitarre bei den Kollegen leihen zu müssen (Geht sicher super bei ner 7-Saiter) oder schnell eine neue draufzuziehen. Das geht vielleicht noch mit unter 20 aber der Zug is abgefahren...
Also braucht es eine Neue!
Nur was? Optisch ist grundsätzlich alles beim Alten geblieben, 7-Saiter sehen aus wie, als ob auf allen der Hinweis „Metal only!“ klebt und das langweilt mich weiterhin.
Nun habe ich schon vor einer Weile hier im Board die Gitarren von Claas kennengelernt und steh voll auf die Leviathan, die ich letztes Jahr bei der Holy Grail Guitar Show auch schon in der Hand hatte. Claas macht ja auch viel Headless, ich war mir aber nie ganz sicher, ob ich eher mit oder ohne Kopf nehmen würde.
Egal, die Dinger kosten sowas wie dreieinhalbtausend und fallen damit leider ganz weit raus...
Aber dann kam ein Angebot in den Kleinanzeigen...und war immer noch zu teuer
Aber ich war angefixt und durch Zufall fand ich dann eine Standberg Boden OS7 in den Anzeigen, und dass auch noch in Berlin!
Die Farbe fand ich etwas...naja, und ich war mir eigentlich auch bei der Form gar nicht sicher aber die Specs dieser Gitarre haben mich so sehr überzeugt, auch weil der Vorbesitzer die EMG 707 gegen Bareknuckle Juggernauts getauscht und dazu den Toneknob durch einen Splitschalter ersetzt hatte.
Also mussten nur meine PRS Mark Holcomb, ne Garmin Fenix 5 und meine Audeze LCD-2 (ach, um die tut´s mir leid...) gehen und schon konnte die Strandberg kommen!
Also auf ans Eingemachte, hier ist meine Strandberg Boden OS 7:
Specs:
Bolt-On construction
Book-matched Flame Maple top
Chambered Swamp Ash body
Torso carve, arm bevel
EndurNeck™ profile neck
5-pc (3x) Birdseye Maple neck with Carbon Fiber/(2x) rosewood fillets
Birdseye Maple fretboard
26.25” – 25.5” scale
20” radius
24 x stainless steel frets
.strandberg* EGS Series 4 fixed bridge
EMG 707X pickups
3-way switch
Ebony Volume/Tone controls
Black hardware
Glow in the dark side dot markers
Glow in the dark fret markers (offset low > 12th < high)
Strandberg baut soweit ich weiß, ausschließlich Headless Gitarren, in verschiedenen Varianten und drei verschiedenen Linien: Die Production Line (Original/Original Series), die „kostengünstig“ in Korea gefertigt wird (ab ca 2200€), die Custom Shop Variante, die aktuell von Washburn in den USA gefertigt wird (ca 4000€) und die „Made to Measure“ Variante, bei der man dann mit Ola Strandberg direkt Kontakt hat und die dann voll Custom für dich gebaut wird (Preis wahrscheinlich noch höher )
Ich habe eine aus der OS Reihe, die so wie ich das überblicke auch so nicht mehr hergestellt wird, sondern jetzt Original heißt.
In allen Modellreihen kann man im gewissen Rahmen sich z.B. PU Varianten auswählen (z.B. EMGs oder Fishman).
Bei Strandberg heißt es oft „form follows function“, es geht darum, die Gitarre so nutzerfreundlich wie möglich zu gestalten und sie ergonomisch so zu konstruieren, dass das Gitarrespielen „leichter“ wird.
So kann man beim Korpus anfangen, der von einem Kumpel als „Metal-Zacken-Gitarre“ beschrieben wurde, bis ich deutlich gemacht habe, dass es eigentlich eine normale Stratform ist, bei der der hintere Teil fehlt, damit man an die Tuner kommt und der hintere untere Teil ausgeschnitten ist, damit sie eine weitere Sitzposition ermöglicht, bei der der Hals näher zu einem kommt (ähnlich der klassischen Gitarrenhaltung).
Da kommt dann schnell der Aha-Moment, auch bei Nicht Gitarristen.
Aber ich komme ins Schwafeln und werde lieber mal konkret und fang von vorne an:
Headless?
Das Erste, was ja nun ins Auge springt ist die Headless-Konstruktion. Und ich muss sagen, dass ich das schon immer cool fand, allerdings auch ein großer Fan von Kopflatten-Design bin und so hin und hergerissen war. Aber was soll´s ich wollte sie einfach haben und es ist mal ein Hingucker!
Und da die Gitarre nicht in meine Saitenstärke war musste ich ja auch gleich mal ran. Und siehe da, bis auf dass man für die Klemmung am Sattel einen Inbus braucht, ähnlich wie bei Floyd Rose Systeme, ist der Vorgang des Saiten Aufziehens der simpelste, den ich bisher hatte: Die Stimmschraube an der Brücke komplett lösen, dann die Klemmung am Sattel lösen und die Saite rausziehen und bei der neuen Saite umgekehrt.: Von hinten reinstecken (jaja), vorne durch den Sattel durch, mit etwas Zug anklemmen und dann die Stimmschraube rauf und stimmen.
Leicht die Saiten dehnen, nachstimmen, fertig. Find ich weniger fummelig als normale Tuner aber da kann man die Kirche im Dorf lassen, vom Handling bis zur Stimmstabilität, finde ich es ähnlich gut wie eine Gitarre mit Locking Tunern. Trotzdem Top!
Was ich beim Spielen aber feststellen konnte war, dass es theoretisch möglich ist, sich ganz schön die Finger aufzuschneiden, da 1. die Saitenenden ziemlich spitz vorne rausgucken und auch der Sattel selbst etwas scharf ist. So könnte man bei schnellen Bewegungen hin zum Kopfende (slides o.Ä.) über den Sattel hinauskommen und beim zurückbewegen fies hängenbleiben.
Ist mir nicht passiert und ich habe schon mehrere Sets mit der Gitarre durchgespielt auch mit vollem körperlichen Einsatz aber bei einer klassischen Strat kann dir sowas gar nicht erst passieren.
Größe/Gewicht?
Das zweite was auffällt, wenn man sie dann sieht und in die Hand nimmt ist die lächerliche Größe (das Gigbag ist ne Handtasche, ehrlich! Ich muss jedesmal lachen wenn ich es sehe und ich habe schon mehrmals vergessen, dass ich die Gitarre auf dem Rücken habe) und das nicht vorhandene Gewicht (2,3kg...ich sag nur Lebensqualität!).
Also, selbst wenn die Gitarre nicht gut wäre, dann müsste man trotzdem überlegen, ob man sie nicht behält, fürs Altenteil oder dem spontanen Hexenschuss.
Als ich sie zum ersten Mal in der Hand hielt, war mir auch sofort klar, dass ich mit der Gitarre auf die Bühne will, einfach weil es sich wie fast nix anfühlt.
Fanned Frets?:
Fällt auch schnell auf, auch wenn es nur eine sehr geringe Fächerung ist von 25,5 auf 26,25
Hier passten für mich die Specs auch perfekt, als Stratspieler liebe ich die 25,5er Mensur und die leichte Fächerung verspricht eben etwas mehr Saitenzug auf den tiefen Saiten und da ich die tiefste Saite auf A stimme passt das schon. Außerdem spiele ich ja schon die Jackson mit einer 26,5er Mensur, also war klar, dass es mir auch nicht zu groß wird.
Die Fanned Frets spielen auf jeden Fall im „Alltag“ keine Rolle, eigentlich merke ich es gar nicht, ist tatsächlich auch eher ergonomisch sinnvoll, weil die Finger selbst automatisch leicht „fächern“ beim am Hals entlang Wandern.
Ob sie zur Stimmstabilität beitragen oder die Intonation dadurch besser ist kann ich nicht wirklich sagen, nur eben, dass die Gitarre sehr stimmstabil ist, besser hab ich es noch nicht erlebt aber nun auch nicht wundersam...eine gute Gitarre kann das natürlich auch mit herkömmlicher Hardware.
Ein Plus sind für mich auf jeden Fall die Edelstahlbünde, für mich das eindeutig bessere Bundmaterial.
Pick Ups/Elektronik?
Bevor ich zum spannenden Teil komm, hier noch die oblgatorischen Infos:
Die Gitarre kam mit EMG707(x?), Drei-Wege-Schalter, Volume- und Tonepoti.
Der Vorbesitzer hat die EMGs durch Bareknuckle Juggernauts getauscht und aus dem Tonepoti ein Coilsplit Schalter gemacht.
Beide Umbauten waren für mich weitere Pluspunkte, da ich weder EMGs wollte noch einen Tonepoti brauche. Außerdem hab ich die Mark Holcomb PRS dafür abgegeben, da ist es doch fast Schicksal, dass ich wenigstens noch Mishas Pus bekomme
Klang?
Ist immer noch nicht der spannende Punkt für mich aber der wohl grundsätzlich wichtigste bei einem Musikinstrument...aber schwer zu beschreiben...
Die Gitarre klingt schon sehr klar, fast analytisch und ich finde mich schnell dabei, entweder sehr fettes, gainlastiges zu spielen oder sehr „cleane“ cleansounds, offene Arpeggien, o.Ä., sprich es passt auch sehr zu modernen Djentgeschichten, da die Gainsounds sehr aggressiv mittig und schnell daherkommen und die Saitentrennung im allgemeinen sehr fein ist (ist sicher auch den Pus geschuldet).
Für mich genau das, was ich wollte, zu mal ich die Gitarre mit der Splitoption und den PU-Stellungen sehr flexibel finde und man kann natürlich auch vieles andere bedienen.
Nur wirklich Vintage kann sie nicht und ich finde den Dynamikumfang nicht so riesig (auch hier vielleicht wieder die PUs), meine klassische Strat kann in diesen Bereichen die Boden so was von an die Wand spielen, diese Dynamik, dieser Rotz, usw ihr wisst schon.
Aber das muss die Strandberg ja gar nicht, sowas holt man sich nicht, wenn man auf der Suche nach Strat, LP, Tele, o.Ä. ist.
Aktuell hat der Vorbesitzer die Saitenlage recht tief gemacht, was Spaß macht aber auch den Ton härter macht, die Saiten knallen geradezu. Will gerade noch nix daran machen aber ich könnte mir vorstellen, dass ich da noch mal rangehe und schaue ob ich damit das Spielgefühl und auch die Dynamik etwas „verbessern“ kann.
Halsprofil?
Ja, das Halsprofil ist für mich das Spannendste an der Gitarre, fast würde ich mit Worten wie „Gamechanger“ rumwerfen aber ich kann mich gerade noch beherrschen
Zunächst einmal soviel: Wer gerne seine Gitarre zärtlich am Hals hoch nimmt, um über die weichen Rundungen zu streichen, ihn sanft durch die Hand gleiten zu lassen, der hat meinen Segen jetzt angewidert das Review wegzuklicken. Ich unterschreibe 100%ig, dass niemand den „Endurneck“ von Strandberg braucht, noch dass die Gitarre es irgendwie nötig hätte, dass man sie neu erfindet.
Und doch spiele ich mit dem Strandberg-Hals besser. Nicht gefühlt, sondern einfach wirklich sauberer, präziser und schneller.
So, was ist der „Endurneck“ nun?
Das Halsprofil der Strandberg ist nicht rund, sondern eckig! Keine Ahnung, ob es ein Trapezoid ist oder wer weiß was, es ist ein Dreieck, dem die Spitze gerade abgeschitten wurde.
Diese Fläche auf dem Dreieck ist aber nicht der Clou, sondern die Tatsache, dass sie wandert. An den ersten Bünden ist sie näher zu den tiefen Saiten und wandert zum Korpus hin zu den hohen Saiten.
So kann der Daumen auf dieser Fläche mit wandern und rutscht automatisch in eine ergonomisch sinnvolle Position: auf den ersten Bünden näher an den tiefen Saiten, optimal fürs Riffing und auf den hohen Bünden näher an die hohen Saiten für Solozeug.
Das wäre jetzt etwas sehr einfach erzählt und nun will ja nicht jeder genau so spielen aber dafür sind die zwei weiteren Seiten des Dreiecks, um dieses Prinzip seinem Spielstil anzupassen, jedenfalls gelingt mir das super intuitiv. Auch das Übergreifen mit dem Daumen geht recht gut (ist eher ein Halsbreite-Problem, könnte mit schmalen Finger schwieriger werden), ist aber nicht der Sinn der Sache und das merkt man auch – kein Vergleich mit einem runden Hals.
Mir machts richtig Spaß und ist wirklich förderlich für mein Spiel.
Ich glaube allerdings, dass das nur Sinn macht, wenn man seine Gitarre auch recht hoch am Körper hat, eher wie in sitzender Position, damit man die „richtige“ Handhaltung einnehmen kann. An den Kniekehlen hat man wohl weniger Vorteile von dem Halsprofil.
Fazit?
Ich hatte erst wenig Gitarren, die ich so sehr nicht aus der Hand geben wollte und in den letzten Tagen hatte ich zwar Urlaub aber hab meine ganzen Vormittagsplanungen versaut, weil ich nicht weg von ihr kam...
Ich bin vor allem wirklich beeindruckt, dass all die ergonomischen „Verbesserungen“ von Strandberg bei mir funktionieren. Mir macht die Gitarre Spaß, sie ist sooo leicht und klein, ich krieg mich gar nicht ein...und spielt sich so gut, dass ich nun auch mein 6-Saiter Set mit meiner Hauptband einfach mit der gespielt habe (7. Saite ignoriert) und selbst das macht richtig Laune und geht locker von der Hand.
Das sage ich in dem Wissen, dass ich meine Jackson, niemals so spielen würde, genauso wie den gesamt Bestand an 7-Saitern bei Just Music (hab ich angespielt...) da sind die Hälse für mich Fremdkörper, breit wie Sau und ungemütlich.
Ich wurde von Band- und Musikerkollegen in den letzten Tagen oft gefragt wie ich die Boden OS7 finde und mir kam immer ein Wort in den Sinn: überlegen.
Ich weiß, kein sinnvolles Wort für ein Musikinstrument aber das ist die Strandberg für mich.
überlegen.
So, ich hab mich dazu entschieden diesmal gleich in der ersten Woche ein „Honeymoon-Review“ zu schreiben
Hier kommen jetzt also ganz frische Eindrücke einer eher speziellen Gitarre, die ich sicher mit der Zeit noch präzisieren oder auch relativieren werde aber heute gibt´s die frische, emotionale Entdeckungstour der Strandberg Boden OS 7!
Vorgeschichte:
Zu 7-Saitern kam ich eigentlich aus einer fixen Idee heraus. Eine Nachbarband aus dem Probekeller fragte mich, ob ich nicht Bock habe auch bei ihnen Gitarre zu spielen, auch weil sie neuen Input wollten. Die Band ist im Stile des 90`Crossover, sollte aber auch etwas moderner werden.
Ich dachte mir also, ich hätte Bock auf tiefer gestimmte Gitarren und hab mich dann für eine 7-Saiter entschieden, einfach weil ich ja schon eine Band habe in der ich meine Strat zocke (und ich brauchte natürlich eine neue Gitarre, wer will denn Crossover mit ner Strat spielen...hust, Tom Morello,hust)
Also ein paar angezockt und eher gelangweilt gewesen von den sehr stereotypen „Metalgitarren“, die da so angeboten werden. So fiel die Wahl auf eine Jackson JS22-7 Dinky SB, die optisch fast noch die beste war, stimmstabil wirkte und vor allem nur 260€ kostete. Und weil ich ja neue Gefilde erobern wollte packte ich mir noch einen EMG 85-7 rein (nur Bridge + Vol-Poti).
Diese Gitarre kann nun genau eine Sache ganz ok, das ist voll auf die Fresse und für mich schreit sie auch danach, dass sie als 7-Saiter auch nur dafür da ist, dass man noch eine tiefere Saite hat, mit der man noch mehr auf die Fresse kann.
Sie ist mit ihrer 26,5er Mensur so groß, dass sie nicht wirklich Spaß macht, man keine 6-Saiter Sachen drauf spielen will, dass Fretboard wirkt endlos breit, usw.
Ich nehme sie also zu Proben in die Hand und das war´s. Macht auch wenig Spaß damit kreativ zu sein.
Beste Voraussetzungen also, um sich noch eine zu kaufen!
Warum also? Eigentlich gibt es nur einen Grund: Es stehen Gigs an und ich werde den Teufel tun mich einzig und allein auf meine Jackson zu verlassen! Nein, ich denke es ist echt furchtbar peinlich nur mit einer Gitarre zum Gig zu kommen und sich bei gerissener Saite entweder eine Gitarre bei den Kollegen leihen zu müssen (Geht sicher super bei ner 7-Saiter) oder schnell eine neue draufzuziehen. Das geht vielleicht noch mit unter 20 aber der Zug is abgefahren...
Also braucht es eine Neue!
Nur was? Optisch ist grundsätzlich alles beim Alten geblieben, 7-Saiter sehen aus wie, als ob auf allen der Hinweis „Metal only!“ klebt und das langweilt mich weiterhin.
Nun habe ich schon vor einer Weile hier im Board die Gitarren von Claas kennengelernt und steh voll auf die Leviathan, die ich letztes Jahr bei der Holy Grail Guitar Show auch schon in der Hand hatte. Claas macht ja auch viel Headless, ich war mir aber nie ganz sicher, ob ich eher mit oder ohne Kopf nehmen würde.
Egal, die Dinger kosten sowas wie dreieinhalbtausend und fallen damit leider ganz weit raus...
Aber dann kam ein Angebot in den Kleinanzeigen...und war immer noch zu teuer
Aber ich war angefixt und durch Zufall fand ich dann eine Standberg Boden OS7 in den Anzeigen, und dass auch noch in Berlin!
Die Farbe fand ich etwas...naja, und ich war mir eigentlich auch bei der Form gar nicht sicher aber die Specs dieser Gitarre haben mich so sehr überzeugt, auch weil der Vorbesitzer die EMG 707 gegen Bareknuckle Juggernauts getauscht und dazu den Toneknob durch einen Splitschalter ersetzt hatte.
Also mussten nur meine PRS Mark Holcomb, ne Garmin Fenix 5 und meine Audeze LCD-2 (ach, um die tut´s mir leid...) gehen und schon konnte die Strandberg kommen!
Also auf ans Eingemachte, hier ist meine Strandberg Boden OS 7:
Specs:
Bolt-On construction
Book-matched Flame Maple top
Chambered Swamp Ash body
Torso carve, arm bevel
EndurNeck™ profile neck
5-pc (3x) Birdseye Maple neck with Carbon Fiber/(2x) rosewood fillets
Birdseye Maple fretboard
26.25” – 25.5” scale
20” radius
24 x stainless steel frets
.strandberg* EGS Series 4 fixed bridge
EMG 707X pickups
3-way switch
Ebony Volume/Tone controls
Black hardware
Glow in the dark side dot markers
Glow in the dark fret markers (offset low > 12th < high)
Strandberg baut soweit ich weiß, ausschließlich Headless Gitarren, in verschiedenen Varianten und drei verschiedenen Linien: Die Production Line (Original/Original Series), die „kostengünstig“ in Korea gefertigt wird (ab ca 2200€), die Custom Shop Variante, die aktuell von Washburn in den USA gefertigt wird (ca 4000€) und die „Made to Measure“ Variante, bei der man dann mit Ola Strandberg direkt Kontakt hat und die dann voll Custom für dich gebaut wird (Preis wahrscheinlich noch höher )
Ich habe eine aus der OS Reihe, die so wie ich das überblicke auch so nicht mehr hergestellt wird, sondern jetzt Original heißt.
In allen Modellreihen kann man im gewissen Rahmen sich z.B. PU Varianten auswählen (z.B. EMGs oder Fishman).
Bei Strandberg heißt es oft „form follows function“, es geht darum, die Gitarre so nutzerfreundlich wie möglich zu gestalten und sie ergonomisch so zu konstruieren, dass das Gitarrespielen „leichter“ wird.
So kann man beim Korpus anfangen, der von einem Kumpel als „Metal-Zacken-Gitarre“ beschrieben wurde, bis ich deutlich gemacht habe, dass es eigentlich eine normale Stratform ist, bei der der hintere Teil fehlt, damit man an die Tuner kommt und der hintere untere Teil ausgeschnitten ist, damit sie eine weitere Sitzposition ermöglicht, bei der der Hals näher zu einem kommt (ähnlich der klassischen Gitarrenhaltung).
Da kommt dann schnell der Aha-Moment, auch bei Nicht Gitarristen.
Aber ich komme ins Schwafeln und werde lieber mal konkret und fang von vorne an:
Headless?
Das Erste, was ja nun ins Auge springt ist die Headless-Konstruktion. Und ich muss sagen, dass ich das schon immer cool fand, allerdings auch ein großer Fan von Kopflatten-Design bin und so hin und hergerissen war. Aber was soll´s ich wollte sie einfach haben und es ist mal ein Hingucker!
Und da die Gitarre nicht in meine Saitenstärke war musste ich ja auch gleich mal ran. Und siehe da, bis auf dass man für die Klemmung am Sattel einen Inbus braucht, ähnlich wie bei Floyd Rose Systeme, ist der Vorgang des Saiten Aufziehens der simpelste, den ich bisher hatte: Die Stimmschraube an der Brücke komplett lösen, dann die Klemmung am Sattel lösen und die Saite rausziehen und bei der neuen Saite umgekehrt.: Von hinten reinstecken (jaja), vorne durch den Sattel durch, mit etwas Zug anklemmen und dann die Stimmschraube rauf und stimmen.
Leicht die Saiten dehnen, nachstimmen, fertig. Find ich weniger fummelig als normale Tuner aber da kann man die Kirche im Dorf lassen, vom Handling bis zur Stimmstabilität, finde ich es ähnlich gut wie eine Gitarre mit Locking Tunern. Trotzdem Top!
Was ich beim Spielen aber feststellen konnte war, dass es theoretisch möglich ist, sich ganz schön die Finger aufzuschneiden, da 1. die Saitenenden ziemlich spitz vorne rausgucken und auch der Sattel selbst etwas scharf ist. So könnte man bei schnellen Bewegungen hin zum Kopfende (slides o.Ä.) über den Sattel hinauskommen und beim zurückbewegen fies hängenbleiben.
Ist mir nicht passiert und ich habe schon mehrere Sets mit der Gitarre durchgespielt auch mit vollem körperlichen Einsatz aber bei einer klassischen Strat kann dir sowas gar nicht erst passieren.
Größe/Gewicht?
Das zweite was auffällt, wenn man sie dann sieht und in die Hand nimmt ist die lächerliche Größe (das Gigbag ist ne Handtasche, ehrlich! Ich muss jedesmal lachen wenn ich es sehe und ich habe schon mehrmals vergessen, dass ich die Gitarre auf dem Rücken habe) und das nicht vorhandene Gewicht (2,3kg...ich sag nur Lebensqualität!).
Also, selbst wenn die Gitarre nicht gut wäre, dann müsste man trotzdem überlegen, ob man sie nicht behält, fürs Altenteil oder dem spontanen Hexenschuss.
Als ich sie zum ersten Mal in der Hand hielt, war mir auch sofort klar, dass ich mit der Gitarre auf die Bühne will, einfach weil es sich wie fast nix anfühlt.
Fanned Frets?:
Fällt auch schnell auf, auch wenn es nur eine sehr geringe Fächerung ist von 25,5 auf 26,25
Hier passten für mich die Specs auch perfekt, als Stratspieler liebe ich die 25,5er Mensur und die leichte Fächerung verspricht eben etwas mehr Saitenzug auf den tiefen Saiten und da ich die tiefste Saite auf A stimme passt das schon. Außerdem spiele ich ja schon die Jackson mit einer 26,5er Mensur, also war klar, dass es mir auch nicht zu groß wird.
Die Fanned Frets spielen auf jeden Fall im „Alltag“ keine Rolle, eigentlich merke ich es gar nicht, ist tatsächlich auch eher ergonomisch sinnvoll, weil die Finger selbst automatisch leicht „fächern“ beim am Hals entlang Wandern.
Ob sie zur Stimmstabilität beitragen oder die Intonation dadurch besser ist kann ich nicht wirklich sagen, nur eben, dass die Gitarre sehr stimmstabil ist, besser hab ich es noch nicht erlebt aber nun auch nicht wundersam...eine gute Gitarre kann das natürlich auch mit herkömmlicher Hardware.
Ein Plus sind für mich auf jeden Fall die Edelstahlbünde, für mich das eindeutig bessere Bundmaterial.
Pick Ups/Elektronik?
Bevor ich zum spannenden Teil komm, hier noch die oblgatorischen Infos:
Die Gitarre kam mit EMG707(x?), Drei-Wege-Schalter, Volume- und Tonepoti.
Der Vorbesitzer hat die EMGs durch Bareknuckle Juggernauts getauscht und aus dem Tonepoti ein Coilsplit Schalter gemacht.
Beide Umbauten waren für mich weitere Pluspunkte, da ich weder EMGs wollte noch einen Tonepoti brauche. Außerdem hab ich die Mark Holcomb PRS dafür abgegeben, da ist es doch fast Schicksal, dass ich wenigstens noch Mishas Pus bekomme
Klang?
Ist immer noch nicht der spannende Punkt für mich aber der wohl grundsätzlich wichtigste bei einem Musikinstrument...aber schwer zu beschreiben...
Die Gitarre klingt schon sehr klar, fast analytisch und ich finde mich schnell dabei, entweder sehr fettes, gainlastiges zu spielen oder sehr „cleane“ cleansounds, offene Arpeggien, o.Ä., sprich es passt auch sehr zu modernen Djentgeschichten, da die Gainsounds sehr aggressiv mittig und schnell daherkommen und die Saitentrennung im allgemeinen sehr fein ist (ist sicher auch den Pus geschuldet).
Für mich genau das, was ich wollte, zu mal ich die Gitarre mit der Splitoption und den PU-Stellungen sehr flexibel finde und man kann natürlich auch vieles andere bedienen.
Nur wirklich Vintage kann sie nicht und ich finde den Dynamikumfang nicht so riesig (auch hier vielleicht wieder die PUs), meine klassische Strat kann in diesen Bereichen die Boden so was von an die Wand spielen, diese Dynamik, dieser Rotz, usw ihr wisst schon.
Aber das muss die Strandberg ja gar nicht, sowas holt man sich nicht, wenn man auf der Suche nach Strat, LP, Tele, o.Ä. ist.
Aktuell hat der Vorbesitzer die Saitenlage recht tief gemacht, was Spaß macht aber auch den Ton härter macht, die Saiten knallen geradezu. Will gerade noch nix daran machen aber ich könnte mir vorstellen, dass ich da noch mal rangehe und schaue ob ich damit das Spielgefühl und auch die Dynamik etwas „verbessern“ kann.
Halsprofil?
Ja, das Halsprofil ist für mich das Spannendste an der Gitarre, fast würde ich mit Worten wie „Gamechanger“ rumwerfen aber ich kann mich gerade noch beherrschen
Zunächst einmal soviel: Wer gerne seine Gitarre zärtlich am Hals hoch nimmt, um über die weichen Rundungen zu streichen, ihn sanft durch die Hand gleiten zu lassen, der hat meinen Segen jetzt angewidert das Review wegzuklicken. Ich unterschreibe 100%ig, dass niemand den „Endurneck“ von Strandberg braucht, noch dass die Gitarre es irgendwie nötig hätte, dass man sie neu erfindet.
Und doch spiele ich mit dem Strandberg-Hals besser. Nicht gefühlt, sondern einfach wirklich sauberer, präziser und schneller.
So, was ist der „Endurneck“ nun?
Das Halsprofil der Strandberg ist nicht rund, sondern eckig! Keine Ahnung, ob es ein Trapezoid ist oder wer weiß was, es ist ein Dreieck, dem die Spitze gerade abgeschitten wurde.
Diese Fläche auf dem Dreieck ist aber nicht der Clou, sondern die Tatsache, dass sie wandert. An den ersten Bünden ist sie näher zu den tiefen Saiten und wandert zum Korpus hin zu den hohen Saiten.
So kann der Daumen auf dieser Fläche mit wandern und rutscht automatisch in eine ergonomisch sinnvolle Position: auf den ersten Bünden näher an den tiefen Saiten, optimal fürs Riffing und auf den hohen Bünden näher an die hohen Saiten für Solozeug.
Das wäre jetzt etwas sehr einfach erzählt und nun will ja nicht jeder genau so spielen aber dafür sind die zwei weiteren Seiten des Dreiecks, um dieses Prinzip seinem Spielstil anzupassen, jedenfalls gelingt mir das super intuitiv. Auch das Übergreifen mit dem Daumen geht recht gut (ist eher ein Halsbreite-Problem, könnte mit schmalen Finger schwieriger werden), ist aber nicht der Sinn der Sache und das merkt man auch – kein Vergleich mit einem runden Hals.
Mir machts richtig Spaß und ist wirklich förderlich für mein Spiel.
Ich glaube allerdings, dass das nur Sinn macht, wenn man seine Gitarre auch recht hoch am Körper hat, eher wie in sitzender Position, damit man die „richtige“ Handhaltung einnehmen kann. An den Kniekehlen hat man wohl weniger Vorteile von dem Halsprofil.
Fazit?
Ich hatte erst wenig Gitarren, die ich so sehr nicht aus der Hand geben wollte und in den letzten Tagen hatte ich zwar Urlaub aber hab meine ganzen Vormittagsplanungen versaut, weil ich nicht weg von ihr kam...
Ich bin vor allem wirklich beeindruckt, dass all die ergonomischen „Verbesserungen“ von Strandberg bei mir funktionieren. Mir macht die Gitarre Spaß, sie ist sooo leicht und klein, ich krieg mich gar nicht ein...und spielt sich so gut, dass ich nun auch mein 6-Saiter Set mit meiner Hauptband einfach mit der gespielt habe (7. Saite ignoriert) und selbst das macht richtig Laune und geht locker von der Hand.
Das sage ich in dem Wissen, dass ich meine Jackson, niemals so spielen würde, genauso wie den gesamt Bestand an 7-Saitern bei Just Music (hab ich angespielt...) da sind die Hälse für mich Fremdkörper, breit wie Sau und ungemütlich.
Ich wurde von Band- und Musikerkollegen in den letzten Tagen oft gefragt wie ich die Boden OS7 finde und mir kam immer ein Wort in den Sinn: überlegen.
Ich weiß, kein sinnvolles Wort für ein Musikinstrument aber das ist die Strandberg für mich.
überlegen.
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